Orbital Sciences (881947, ORB) und das Einzelaktien-Risiko

Der folgende Artikel erschien schon Mittwoch 29.10.14 09:30 in Hari Live

Wir haben schon oft über das Einzelaktien-Risiko gesprochen, dem natürlich auch immer eine Einzelaktien-Chance gegenüber steht, die wir zuletzt immer wieder bei Biotech-Aktien beobachten konnten, wenn eine Nachricht den Kurs um 20% stiegen liess.

Nun ist im Bereich Raumfahrt bei Orbital Sciences das Gegenteil passiert, deren Antares Rakete -> ist beim Start explodiert. <-.

Es ist übrigens in meinen Augen die grosse Plage der Raumfahrt und letztlich auch ein Hindernis bei der bemannten Raumfahrt, dass man immer noch auf diese "fliegenden Treibstoff-Bomben" beim Start angewiesen ist. Es ginge schon längst anders und konventionell viel sicherer - wie im Flugzeug sozusagen - nur sind diese Varianten zunächst viel teurer.

-> Eugen Sänger <- und Junkers bzw. später MBB hat an so einem Konzept schon in den 60er Jahren gearbeitet und es gibt gar keinen Zweifel, dass es technisch funktionieren könnte.

Nur ist eben bei so einem Konzept der technologische Initial-Aufwand viel höher und es ist viel einfacher und schneller, einen Metallmantel um eine Bombe zu legen und die Bombe unten anzuzünden und gezielt abfackeln zu lassen - auch Rakete genannt. 😉 Solange die kommerzielle Hauptlast primär unbemannte Satelliten sind, nimmt man diese wiederkehrenden und bei der Technik letztlich unvermeidbaren Unglücke in Kauf und ist trotzdem immer noch billiger unterwegs.

Erst ein Anstieg der bemannten Raumfahrt, durch Tourismus zum Beispiel, wird den Druck erhöhen, solche Konzepte wie von Sänger umzusetzen und dann werde diese auch gebaut werden. Und mit solchen Konzepten fliegt man, wenn ausgereift, letztlich genau so sicher bzw unsicher wie heute im Flugzeug auch.

Aber wie auch immer, mit dem gestrigen Event haben wir nun perfektes Anschauungsmaterial, wie der Markt mit so einem Einzelfall-Unglück umgeht. Bis zum Unglück hat sich Orbital Sciences hervorragend entwickelt.

Als ich die Aktie hier am 14.12.2012 unter dem Titel: -> Orbital Sciences - Wie man im All Geld verdient <- ausführlich vorgestellt habe, stand sie bei 12,78 USD, gestern vor dem Crash bei 30,37 USD oder 137% höher - das darf man wohl eine erfolgreiche Entwicklung nennen. 😉

Nachbörslich ist ORB um ca. 15% gefallen und wird daher heute wahrscheinlich um die 25 USD eröffnen. Und warum das eine spannende Marke ist, zeigt uns das Wochenchart:

ORB 29.10.14

Wenn ORB von hier aus wieder steigen sollte und der Markt diesen - im wahrsten Sinne des Wortes "Einschlag" - ohne weitere Abgaben verdauen sollte, wäre das ein Zeichen grosser Stärke der Aktie, die ohne den Crash schon zum erneuten Schub nach oben ansetzte.

So verrückt sich das nach so einem Event anhört, wenn der Markt das nun mit nur 15% Minus verdauen sollte, wäre es eher ein Kaufsignal, denn bei einer Marktkapitalisierung von nur 1,8 Milliarden, können solche Katastrophen sich zu existenzgefährdenden Krisen auswachsen.

Insofern wird es höchst spannend zu beobachten, wie der Markt nun damit umgeht. Denn bei Aktien die einen "Lauf" und ein positives Marktsentiment haben, wird das Einzelaktien-Risiko oft überschätzt. Denn selbst wenn ein überraschender Einschlag kommt, tendiert ein starker Markt dazu, diesen zu verdauen und danach zur Tagesordnung überzugehen. Das starke, positive Sentiment solcher Aktien, hält also auch singuläre Einschläge aus.

Ganz anders herum ist es bei negativem Sentiment, wenn der Markt sowieso schon hellhörig ist und zweifelt. Wenn dann ein Einschlag kommt, ist die Reaktion des Marktes in der Regel verheerend.

Bei Aktien in positiven Trends aber, muss man gar nicht so furchtsam sein, weil der Markt mehr verdauen kann, als wir glauben. Es wird nun spannend sein zu beobachten, wie das bei ORB abläuft.

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Euro und Dollar EURUSD – Race to the Bottom

Der folgende Artikel erschien schon Freitag 24.10.14 12:00 in Hari Live

Ein Blick auf das EURUSD Währungspaar, das ja für uns massive Implikationen bei allen Asset-Klassen hat, offenbart im Tageschart eine Struktur, die für mich eher für eine bärische Konsolidierung im fortlaufenden Abwärtstrend spricht:

EURUSD t 14.10.14

Wenn das so passiert, wird von dem Moment an, wo EURUSD aus dem Dreieck heraus fällt, auch der Druck auf den Goldpreis wieder steigen, womit das hier zuletzt gezeigte Szenario eines Tauchers unter 1180 USD schnell auf den Radar kommt.

Damit eine echte Wendeformation entsteht und man einen weiter fallenden Euro erst einmal von der Agenda nehmen kann, müsste EURUSD nun schnell über 1,30 steigen. Das würde das Gesamtbild deutlich ändern, davon gehe ich aber eher nicht aus.

Wenn es aber weiter runter geht, könnte EURUSD erst oberhalb 1,20 dann wieder eine Unterstützung finden, deren Bedeutung im Wochenchart schnell deutlich wird:

EURUSD 24.10.14

Sollte diese aber auch nicht halten und aufgrund Disparitäten in der Notenbank-Politik (EZB expansiv, FED bremsend) auch die 1,20 fallen, eröffnet sich ein bedeutender, freier Raum, in dem EURUSD schnell auf Parität zum Dollar fallen könnte, wie man im Monatschart sieht, das bis in die 80er Jahre zurück geht:

EURUSD m 24.10.14

Ob das so kommt ist für mich allerdings zweifelhaft, da wir ja schon jetzt gesehen haben, dass die FED eine zu starke Aufwertung des Dollars nicht zulassen will, weil das Ihrer Strategie des Anschubs des Wachstum in den US zuwider läuft.

Der "Race to the Bottom" der weltweiten Währungen ist also im vollen Gange und das spricht dafür, dass EURUSD dann um 1,20 erst einmal einen längerfristig validen Boden finde.

Für die europäischen Aktien ist das insofern wichtig, als wir solange von einer fortdauernden Unterperformance der europäischen Aktienmärkte ausgehen müssen, wie sich keine Stabilisierung bei EURUSD abzeichnet. Denn solange gibt es keinen guten Grund für Asset-Manager an der Wallstreet, das Kapital in Assets zu schieben, bei denen eine Entwertung durch Währungsverfall zu erwarten ist.

Sobald diese Stabilisierung aber da ist, wird sich die Wahrnehmung des Marktes ins Gegenteil kehren und man wird den kurzfristig positiven Effekt auf die europäische Wirtschaft, durch erhöhte preisliche Wettbewerbsfähigkeit in den Fokus rücken. Insofern ist die Zeit für die europäischen Märkte vielleicht dann gekommen, wenn diese Stabilisierung eintritt.

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Trading – Von Abwehr auf Angriff umschalten

Der folgende Artikel erschien 21.10.14 18:20 in Hari Live und wird hier in gekürzter Form in den freien Bereich gestellt

Kennen Sie das auch? Wenn eine Mannschaft beim Fussball zu stark in die Defensive gerät und sich zurück drängen lässt und nur auf die Verteidigung konzentriert, dann sehen wir oft am Spielfeldrand den Trainer mit den Armen rudern und "Raus! Raus!" schreien.

Meistens hören die Spieler das aber gar nicht mehr, zu sehr ist ihre Psyche nun auf Abwehr gerichtet. Dass man auch Angriff spielen könnte, scheint in der Dynamik des Momentes vergessen. Und schnell zwischen Abwehr und Angriff hin und her zu schalten, ist eine der Übungen, die nur gute Mannschaften so richtig "drauf" haben.

Auch an der Börse ist das für uns eine der schwierigsten Aufgaben. Und ich bin ganz sicher, einigen von Ihnen ist das in den letzten Tagen so gegangen.

Da dürften auch einige dabei sein, die eher etwas zu spät unter dem Eindruck der doch immer weiter fallenden Kurse ausgestiegen sind und erst spät das getan haben, was ich schon viel weiter oben gepredigt habe: Risikomanagement.

Und die dann bei dem brutalen und auch für mich überraschenden Taucher des DAX unter 8500 am Donnerstag Vormittag, ermattet aber glücklich durchgeschnauft haben, weil sie endlich draussen waren. Jetzt hätte es für diese Anleger immer weiter runter gehen können, nur will uns der reflexive Mr. Market diesen Gefallen nie tun, denn der hört systemimmanent genau dann auf zu fallen, wenn die Letzten raus geschüttelt wurden. Und so wurde der unerwartete Taucher unter 8500 zur brutalen Bärenfalle. Eine ähnliche Falle wurde den Bären noch einmal heute im frühen Handel aufgestellt.

So kam der Rebound über 8500, der ein erstes Zeichen einer möglichen Wende war. Und im S&P500 Future deutete sich parallel der Doppelboden an, den ich noch am Donnerstag 16.10. Nachmittag mit den deutlichen Worten "Achtung!" in Hari Live thematisiert hatte und von dem wir so schön profitieren konnten.

Jetzt hätten viele also ab letzten Donnerstag schnell und flexibel von Abwehr auf Angriff umschalten müssen, oder zumindest sich langsam eine Angriffsstrategie zurecht legen, wenn sie nicht kurzfristig, sondern mittelfristig agieren. Nur vielen dürfte das emotional gegen den Strich gegangen sein, endlich ist man draussen und will nun auch mal seine Ruhe haben!

Und deshalb machen wir Menschen dann erst einmal gar nichts und bleiben in unserem dominanten Modell (hier Defensive), das ja zuletzt so hervorragend funktioniert hat. Und wenn die Kurse dann doch steigen, kommt auch die Reue dazu, nicht dabei zu sein. Und die nagt an uns und macht unzufrieden.

Man könnte also sagen, unsere Psychologie ist ein Tanker, der zu lange braucht um sich zu lösen und zu drehen. Wie leicht oder schwer es uns dabei fällt, von Abwehr auf Angriff umzuschalten, ist aber auch stark vom Typus abhängig. Gerade der Typus "Gründler", den ich hier schon einmal beschrieben habe - Menschen also, die Dingen gerne auf den "Grund" gehen und typischerweise sich auch gerne in Details vertiefen - tut sich schwer damit, schnell umzuschalten. Wer dagegen eher immer das "grosse Ganze" im Blick behält, alles mitbekommen will und Details daher vermeidet wo möglich, hat es da psychologisch einfacher in einem volatilen Markt.

Und deshalb ist es so eminent wichtig, dass wir uns mit unserer Strategie, wie zum Beispiel mit dem Pattern Trading, das ich Ihnen zuletzt am S&P500 so erfolgreich gezeigt habe, einen objektiven Rahmen geben, dem wir dann auch folgen. Denn der Rahmen - wie bei mir die Muster (Pattern) - sagt einem dann schon, wann es Zeit wird von Abwehr auf Angriff umzuschalten. Dass das funktioniert, haben wir gerade wieder gesehen.

In jedem Fall aber müssen wir dieses Grübeln vermeiden, wie die Kurse morgen sein werden. Das macht uns nur fertig und wir bleiben dann in der Regel im alten Verhalten und warten ab und sind dadurch gerade nicht in der Lage umzuschalten.

Also: es gibt viele Wege von Abwehr auf Angriff umzuschalten. Der "normale" und für die meisten auf der mittelfristigen Zeitebene wohl auch Richtige, ist der gleiche Weg, mit dem wir aus dem Markt ausgestiegen sind: der inkrementelle Einstieg in Schritten anhand der Marken und Muster.

Aber es gibt eben auch Methoden, mit denen man aggressiv solche Rebounds spielen kann und frühzeitig dabei sein - mit höherem Risiko natürlich. Dafür aber ist für diese Methoden egal, ob es sich um einen nachhaltigen Rebound oder nur um einen mehrtägigen Bounce im bestehenden Abwärtstrend handelt - Hauptsache der Kurs steigt die nächsten 24 Stunden, dann ist man bei solch aggressiven Einstiegen in Wende-Momentum, schon auf der sicheren Seite.

Welchen Weg man aber auch für sich persönlich geht, entscheidend ist, dass man den Wechsel von Abwehr auf Angriff überhaupt vollzieht und nicht verschläft, weil man keine Lust hat, sich schon wieder auf eine neue Situation einzustellen.

Denn ohne Angriff, kann man kein Spiel gewinnen. Beim Fussball ist das so. Ohne Abwehr aber auch nicht. Das Umschalten zwischen beidem, ist das grosse Geheimnis des Erfolges - nicht nur beim Fussball!

Und mit aktivem Handeln am Markt, können auf die Dauer nur die Menschen erfolgreich sein, die es lieben und es spannend finden, sich auf neue Situationen einzustellen.

Wer diese Psychologie nicht in sich hat, sollte sich eine langfristig orientierte, eher passive Strategie zurecht legen, die idealerweise rein von Indikatoren getrieben wird. Und die damit für Ruhe und Beständigkeit sorgt.

Oder er kann zwar aktiv handeln, muss aber den Zeithorizont so wählen, dass er nur auf langfristigen Charts agiert und sich daher für die täglichen Schwankungen nicht interessiert. Das erfordert aber auch die geistige Disziplin, das tägliche Geschehen und die Nachrichten in den Medien ignorieren zu können.

Den eines ist der Markt garantiert nicht: ruhig und beständig. Ich *liebe* ihn dafür! 😀

Ihr Hari

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Gold mit Lebenszeichen – das grosse Bild der Lage

Ganz ausnahmsweise und nur weil heute Dienstag ist 😉 , kommt heute auch mal ein topaktueller Artikel in den freien Bereich, wie ich ihn zur Marktlage seit Wochen mehrmals am Tag schreibe und wir so der massiven Korrektur frühzeitig aus dem Weg gegangen sind.
Hier ist, was mir heute zu Gold einfällt. Erschienen ist der Artikel in Hari Live Heute 10:05 Uhr

Im Forum entstehen Fragen nach der Stärke von Gold. Und ja, ich sehe das auch und habe auch Witterung aufgenommen.

Nicht nur, dass der Goldpreis das Tief vom 03. Juni nach oben überschritten hat, er hat auch die 50-Tage-Linie genommen.

Und vor allem bemerkenswert ist, dass der Goldpreis nun wieder fallen sollte, wo die US Indizes scheinbar wieder zur Stärke finden. So war es in den letzten 2 Jahren, wenn die Indizes nach oben liefen, fiel Gold.

Genau das tut der Goldpreis nun aber nicht und das macht mich wirklich aufmerksam. Es ist denkbar, dass hier unter der Decke doch eine Wende läuft und die nun zunehmend interessanten COT Daten passen auch in das Bild und erlauben, den Gedanken an eine Wende zu denken.

Es ist darüber hinaus sehr ruhig um Gold geworden und auch das ist sehr positiv. Bedeutende Böden entstehen eigentlich immer, wenn es sehr ruhig wird und ein Asset still und leise hochschiebt.

Also: Aufmerksamkeit ist nun unbedingt notwendig für alle, die am Sektor interessiert sind.

ABER .....

Mein letzter Beitrag zu Gold datiert vom Dienstag 23.09.14 09:00 und in dem habe ich die nun ablaufende Stärke präzise antizipiert, wie überhaupt Gold in diesem Jahr zu "meinem Hündchen" geworden zu sein scheint und immer brav gemacht hat, was ich erwartet habe.

Ich habe hier noch einmal das Chart vom 23.09.:

XAUUSD 23.09.14

Und nun zeige ich Ihnen - etwas besser aufgelöst - die aktuelle Lage:

Gold 21.10.14 4

Sie sehen wie perfekt der Ablauf bisher entsprechend des Charts vom 23.09. war. Und Sie sehen auch, warum wir noch etwas warten sollten, bevor wir voreilig Schlüsse ziehen.

Wenn Gold es schaffen sollte, diese Trendlinie zu übersteigen und damit auch die alte wichtige Unterstützungs/Widerstandszone im Bereich 1270-1280 zu übersteigen, dann - aber erst dann - werde ich deutlich optimistischer und bin bereit den Gedanken der "grossen Wende" anzudenken.

Wer dagegen mittel- bis langfristig agiert, hat selbst da keinerlei Handlungsbedarf. Denn das grosse Bild spricht eine klare Sprache:

Gold 21.10.14 3

Erst wenn Gold das Hoch vom 10. Juli bei 1346 übersteigen kann, das dann eng mit der fallenden Trendlinie korrelieren würde, wäre auf mittelfristiger Ebene Relevantes passiert. (Blauer Kreis)

Und erst wenn Gold über 1400 steigt und das 38er Fibonacci Retracement hinter sich lässt, ist eine echte Wende auf mittel- und langfristiger Ebene mit guter Wahrscheinlichkeit im Gange. (Grüner Stern)

Seien wir nun also aufmerksam und offen für alle Möglichkeiten. Ziehen wir aber noch keine voreiligen Schlüsse. Der Preis ist der ultimative Richter, sonst nichts.

Ihr Hari

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Grundlagen des Shortens – Wat is en Dampfmaschin?

Im Premium Bereich habe ich auf Wunsch der Mitglieder eine Reihe zu den Grundlagen des Shortens (für Anfänger) begonnen.

Hier ist der erste Artikel vom Montag 13.10.14 13:00 Uhr, der erklärt, was es eigentlich mit der "Wertpapierleihe" auf sich hat und wie ein Leerverkauf funktioniert.

Die weiteren Artikel der Reihe, bis hin zu konkreten Instrumenten, bleiben dem Premium-Bereich vorbehalten.

Im Forum war Ende letzter Woche von unserern Mitgliedern der Wunsch vorhanden, ob ich nicht mal einen Grundsatzartikel zum Shorten schreiben könnte, um die Grundlagen zu erklären für die, die das noch nie gemacht haben.

Das will ich gerne tun. Beim Nachdenken darüber, wie ich das "didaktisch" am Besten anfasse, wurde mir schnell klar, dass das Thema zu umfangreich für einen einzigen Artikel ist.

Mit dem heutigen Tage beginne ich daher eine Serie "Shorten", in der ich in lockerer Folge die Grundlagen vermitteln will, je nachdem wann ich dazu Zeit und Lust finde.

Zu Beginn denke ich, ich muss erst einmal erklären, was ein Leerverkauf überhaupt ist und was es mit der Wertpapierleihe auf sich hat. Und warum man als normaler Anleger von all dem wenig merkt, wenn man zum Beispiel mit einem CFD einfach Short geht.

Denn wenn Otto Normalverbraucher oder die Politik - deren intellektuelles Niveau zu dem Thema auch nicht weiter als das von Joe SixPack ist - die Worte "Leerverkauf" hört, dann löst das ja sofort Schnappatmung aus und Bilder von Zigarren rauchenden Zockern wabern durch das Hirn. Zocker, die wie der Gottseibeiuns, nur Böses im Schilde führen und treue und ehrlich arbeitende Firmen "manipulieren" wollen. Ganz zu schweigen von den bösen Zockern, die ja an den Nahrungsmittelpreisen Schuld sein sollen - irgendwie halt, so richtig fassen kann Joe SixPack das zwar nicht, aber wird schon irgendwie die Richtigen treffen. 😉

Da wir uns mit so Plattheiten hier aber nicht zufrieden geben wollen, müssen wir mal die Grundsatzfrage stellen:
-> Wat is en Dampfmaschin? <-.
Äh .. Entschuldigung, ich meinte natürlich "Wat is en Leerverkauf", aber so oder so: "Da stelle mer uns janz dumm!" 😉

Wir begeben uns daher in einem Gedankenspiel zurück in das Jahr 1850, in das schöne Land Kalifornien, in dem gerade ein Goldrausch tobt. Sie haben einen Bekannten, der einen kleinen Claim ergattern konnte und tatsächlich ist es ihm gelungen so viel Gold heraus zu holen, dass er das nun in einen 10-Unzen Barren pressen konnte, den er nun wie seinen Augapfel hütet - "mein Schatzzzzzz" halt. 😉

Sie als kundiger und rationaler Beobachter, sind aber der festen Überzeugung, dass die aktuell aufgerufenen Goldpreise viel zu hoch sind und bald wieder zusammen klappen werden. Ihr Bekannter sieht das aber ganz anders herum, er ist euphorisiert und glaubt, dass der Goldpreis nur den Weg nach oben kennt, weswegen er seinen Barren auch nicht hergeben will.

Sie aber, würden so gerne aus Ihrem Wissen, dass Gold bald fallen wird, Kapital schlagen. Nur wie sollen Sie das tun? Es gibt kein Internet und noch nicht einmal Telefon. Mit wem sollen Sie denn handeln? Sie können auch zu keiner Bank gehen, die Ihnen einen "Short" auf Gold anbieten kann und als Gegenpartei dient. Das Einzige was Sie haben, ist so ein Goldhändler in der Kleinstadt, der jeden Tag am Nachmittag einen Kurs raushängt, der (hoffentlich) von einer Börse im fernen New York abgeleitet ist. Dieser Kurs ist Ihr einziger Massstab, nur wie wollen Sie damit von Ihrem Wissen um einen fallenden Goldpreis profitieren?

Da fällt Ihnen wieder Ihr Bekannter ein und Sie haben eine innovative Idee. Sie bieten Ihrem Bekannten an, seinen Goldbarren von ihm zu leihen und garantieren ihm, ihm den Goldbarren genau drei Monate später wieder zu geben. Sobald Sie den Barren geliehen haben, gehen Sie zum Händler und verscherbeln den Barren für Dollar. Da Sie ja davon ausgehen, dass der Barren drei Monate später weniger wert ist, rechnen Sie damit, dass Sie einen Barren zum Zurückliefern an Ihren Bekannten dann in 3 Monaten beim Händler billiger zurück kaufen können. Die Differenz ist Ihr Gewinn!

Theoretisch ist das eine superbe Idee. So könnten Sie von fallenden Kursen profitieren, weil Sie heute etwas verkaufen, das Sie sich geliehen haben, um es dann in der Zukunft billiger zurück zu kaufen.

Das Dumme ist nur, warum sollte Ihr Bekannter da mitmachen? Er hat den Barren doch heute schon und hat keinen Vorteil davon, Ihnen den zu leihen und damit sogar noch ein Risiko zu gehen, dass Sie ein Betrüger sein könnten und mit dem Barren einfach verschwinden. Und ohne einen realen Barren den Sie über den Tresen schieben, wird Ihnen der Goldhändler heute kein Geld auszahlen.

Um Ihrem Bekannten den Deal schmackhaft zu machen, müssen Sie ihm also etwas anbieten und das ist sinnvollerweise ein Zins oder eine Gebühr dafür, dass er Ihnen den Barren leiht. Sie bieten ihm also einige Prozent des Barrenwertes für die Leihdauer an, die sie ihm sofort zahlen werden. Diese "Leihgebühr" schmälert zwar am Ende Ihren Gewinn, aber immerhin, das überzeugt Ihren Bekannten.

Denn er hat jetzt (vermeintlich) auch nur Vorteile, er hat seinen geliebten Barren weiter und kann langfristig an dessen (vermeintlicher) Wertsteigerung partizipieren und bekommt dazwischen noch einige Prozent Leihgebühr für ein paar Monate.

Alle sind also happy und wer am Ende der drei Monate dann happy ist, werden wir sehen. 😉

Genau das ist ein Leerverkauf mit Wertpapierleihe! Und es ist die einzige Art und Weise, um bei Assets seriös von fallenden Kursen zu profitieren. Man muss halt eine Sache (hier Gold) verkaufen, um es später (hoffentlich billiger) zurück zu kaufen. Der Begriff "leer" bedeutet hier also nicht, dass Sie kein reales Gold real verkauft haben. Er bedeutet nur, dass Sie den Barren zu diesem Zweck nur geliehen haben und ihn später wieder zurück geben müssen. Es müsste hier also eigentlich "Leihverkauf" heissen. 😉

Dieser Leerverkauf ist in jeder Hinsicht völlig seriös und unproblematisch, weil hier wird ja ein echter Goldbarren ganz real (beim Händler) verkauft. Und die negativen "Zockergedanken" die so etwas bei Joe Sixpack auslöst, sind in dem Fall völlig deplaziert und nur der puren Ahnungslosigkeit geschuldet.

Wer so sauber leer verkauft, kann an Menge nie mehr verkaufen, als real am Markt vorhanden ist. Das genau ist ein (gedeckter) Leerverkauf und von den Grundprinzipien her die Grundlage jedes sauberen Short-Geschäftes. Natürlich gibt es von dem Prinzip unzählige Abarten, die leicht anders funktionieren. Ich versuche hier aber keine wissenschaftliche Abhandlung, sondern Ihnen ein Gefühl für das dahinter stehende Grundprinzip zu vermitteln und dafür genügt dieses eine Beispiel.

Nun sind wir ja aber im Jahr 2014 und uns bieten Banken diverse derivative Konstruktionen an - zum Beispiel einen CFD - um "Short" zu gehen, ohne dass wir uns als Anleger um Wertpapierleihen Gedanken machen müssen. Über diese realen Produkte werde ich in einem weiteren Beitrag der Reihe "Shorten" irgendwann in der Zukunft schreiben.

Hier und Heute ist aber wichtig für Sie zu verstehen, dass wenn Ihnen ein seriöser Broker zum Beispiel via CFD anbietet nun bei einer DAX Aktie Short zu gehen, der Broker sich sofort wenn Sie die Position eingegangen sind, im Hintergrund per echtem Leerverkauf - wie oben - refinanziert.

Das bedeutet also, in Wirklichkeit machen Sie auch einen echten Leerverkauf mit Wertpapierleihe, wie oben im Jahr 1850 beschrieben. Sie merken nur nichts davon, weil Ihr Broker diese Kompexität für Sie verbirgt und dafür eine Gebühr kassiert.

Ein seriöser Broker wird daher auch nie gegen Sie wetten, denn wenn er sich sofort am Markt refinanziert, ist ihm der Ausgang Ihrer kleinen Wette egal, er verdient an der Marge und fertig.

Ausserdem wird der seriöse Broker Ihnen nur dann eine Short Position via CFD auf eine Aktie anbieten, wenn er sich auch wirklich refinanzieren kann - sprich eine Aktie zum Verkauf am Markt leihen kann. Wenn keine leihfähigen Aktien am Markt mehr zu bekommen sind, weil zum Beispiel schon massive Short-Positionen existieren, wird der seriöse Broker Ihre CFD Short Positon ablehnen. Denn würde er sie annehmen, ohne sich zu refinanzieren, würde er ja gegen Sie wetten und abgesehen davon, de facto eine *ungedeckte* Short-Position (naked short selling) ermöglichen.

Bei meiner primären Handelsbank, die ich zu den seriösen Brokern zähle, habe ich schon mehrfach erlebt, wie Short CFDs auf Einzelaktien gesperrt waren und es waren (wie einmal bei Tesla) fast immer Aktien, die schon kräftig am Markt geshortet wurden - sprich zu leihende Aktien waren nicht mehr vorhanden. Dieses Verhalten ist das Verhalten eines seriösen Brokers, auch wenn man sich in dem Moment vielleicht ärgert, weil der Short auf Tesla nicht mehr geht.

Gerade bei kleineren CFD Anbietern dürfte es nach meiner Vermutung aber auch Fälle geben, die sich nicht refinanzieren und als Gegenpartei damit gegen Sie wetten. Dass diese Broker dann natürlich ein Interesse daran haben, Kurse mal schief zu stellen, Orders liegen zu lassen oder Stops abzufischen, dürfte klar sein. Ein Broker der gegen Sie wettet, ist kein Broker, sondern eher ein Buchmacher in einem Wettbüro. Und schlimmer noch, dieser Buchmacher stellt dann auch noch Ihre Kurse. Lassen Sie die Finger davon!

Sie sehen an der Darstellung auch den Unterschied zwischen einem seriösen Leerverkauf und einem fragwürdigen ungedeckten (nackten) Leerverkauf. Letztere sind in meinen Augen ein unnötiger Auswuchs eines wild gewordenen Finanzsystems und dienen letztlich nur der Grossfinanz.

Gerade bei Gold an der Comex kann man das wunderbar beobachten. Hier können ungedeckten Wetten eingegangen werden und damit können die "grossen Jungs" den Preis eigentlich beliebig hin und her schicken, mit dem physikalischen Angebot und Nachfrage hat das nicht notwendigerweise viel zu tun. Um ins Jahr 1850 zurück zu gehen, müsste der Goldhändler Ihnen also Geld für den zu verkaufenden Goldbarren geben, nur auf ihre Versicherung hin, dass Sie "irgendwo" tatsächlich einen Barren besitzen. Dass das der Manipulation Tür und Tor öffnet, dürfte offensichtlich sein.

Gedeckte Leerverkäufe sind also seriös und haben für einen Markt eine hohe (positive) Bedeutung, weil sie helfen den Markt gesund zu halten und Übertreibungen zu reduzieren. Die "Shorties" die gegen überzogene Kurse wetten, sind keine finsteren Gestalten, sondern eher wie eine Gesundheitspolizei, die keine übertriebenen Bewertungen zulässt. Und in dem die Politik Leerverkäufe generell verbietet (warum eigentlich?) macht man einen Markt nicht stabiler, sondern instabiler.

Ganz anders sind ungedeckte Leerverkäufe zu werten, in denen eine Partei "aus dem Nichts" beschliesst, nun mal Mengen eines Assets zu verkaufen, die die Partei gar nicht besitzt. Damit können Marktpreise tatsächlich manipuliert werden, weil am Ende mehr verkauft werden kann, als physikalisch überhaupt existiert und das reale Angebot und der reale Bedarf seinen Einfluss auf die Preisfindung verliert. Ungedeckte Leerverkäufe sehe ich sehr kritisch und bin sicher, dass der Markt ein Besserer wäre, wenn diese Auswüchse unterbunden würden.

So weit der erste Teil zum Thema Shorten und die Erklärung, "wat en Dampfmaschin" ist. Ich hoffe es hat geholfen die Begrifflichkeiten besser zu verstehen.

Ihr Hari

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Indus Holding (620010) – Ablauf einer perfekten Topbildung

Der folgende Artikel erschien in Hari Live schon am 14.10.14 11:30

Vielleicht erinnern Sie sich ja an meinen Artikel in Hari Live vor nicht mal einem Monat am Donnerstag 18.09.14 16:15: "Indus Holding (620010) – nun ist es auch mal gut!"

Darin habe ich eine sich entwickelnde Topbildung bei diesem Wert thematisiert, die bei ca. 38€ Realität werden würde. Schauen Sie noch einmal rein.

Was danach kam war ein Klassiker. Verfolgt habe ich das in Hari Live am Dienstag 23.09.14 14:55 und am Mittwoch 24.09.14 09:25.

Zunächst war da der initiale Bruch, dann die Gegenbewegung, die wieder nach oben führte und alles wie eine grosse Bärenfalle aussehen liess. Und dann im zweiten Anlauf der grosse Absturz in klassischer Manier:

Indus 14.10.14

Heute nun hat die Aktie in einem grossen Ausverkauf, auch die 200-Tage-Linie verloren. Dieser Ausverkauf birgt aber in den kommenden Tagen auch die Chance für einen kurzfristigen Rebound in sich und passt daher zu anderen Eindrücken von überverkauften deutschen Industrieaktien. wie den erwähnten Leoni und Rheinmetall.

Der Blick auf das Wochenchart offenbart aber auch, dass nach einer Gegenbewegung immer noch viel Luft nach unten ist und es verfrüht sein könnte, auf ein Ende der Abwärtsbewegung zu setzen:

Indus 14.10.14 2

In sofern könnte Indus durchaus "Blueprint" für DAX & Co. sein. Kurzfristig Stabilisierung, danach weitere Risiken.

Und eine Lehre können Sie von Indus mitnehmen: man kann sehr wohl Topbildungen erkennen und ihnen aus dem Weg gehen. Man muss sich nur konsequent an die Muster und die Price-Action halten. So richtig schwierig ist das eigentlich gar nicht, wenn man zwei Augen im Kopf und klare Gedanken hat. Und ich habe es ja vor Ihren Augen sozusagen "Live" bei Indus getan.

Das wirkliche Problem, ist wie fast immer aber die Disziplin bei der Umsetzung!

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Der gefährliche Ankereffekt bei der Geldanlage

Der folgende Artikel erschien am Freitag 10.10.14 09:15 in Hari Live

Ein Thema aus dem Bereich unseres "Affenhirns", das in der aktuellen Marktlage für uns ganz wichtig wird, ist der sogenannte
-> Ankereffekt <-.

Ein Begriff aus der Psychologie der beschreibt, dass unsere Einschätzung ob am Markt etwas "billig" oder "teuer", "chancencreich" oder "gefährlich" sei, massiv mit dem "Anker" zu tun hat, also mit den Werten, an denen wir uns orientieren. Dummerweise liegen diese "Ankerwerte" immer in der nahen Vergangenheit und führen damit dazu, dass wir zu lange brauchen, um uns neuen Realitäten anzupassen.

Nehmen wir die Aktie von Leoni (540888) als reines Beispiel. Und Leoni ist nach wie vor fundamental eine "gute" Aktie, mit gutem Geschäftsmodell, fähigem Management und guten, langfristigen Wachstumsaussichten.

Nun schauen wir aber mal, ob Leoni nun billig oder teuer ist. Leoni notierte im Hoch am 04.07.14 bei 61,44€. Seit dem hat die Aktie, die aktuell bei 39,3€ notiert, ca. 35% des Wertes verloren. Bei einer fundamental "guten" Aktie, ist die dann doch billig und das eine Kaufgelegenheit. Oder?

Schauen wir nun aber mal anders auf die Aktie. Im Tief am 09.03.2009 notierte genau diese Leoni bei 6,07€. Und auf dem Höhepunkt der Eurokrise am 04.10.2011 bei 20,55€ !

Etwas vereinfacht gesagt, hatten wir also ein Hoch bei 60 und ein vergleichbares Tief 2011 bei 20. Und nun steht Leoni mittendrin bei 40.

Stellen Sie sich nun vor, es wäre Anfang 2012 und Sie hätten Leoni bei 20 gekauft und Leoni hätte sich auf 40 verdoppelt. Was würden Sie instinktiv denken?

Genau: verflixt, Leoni ist schon so weit gelaufen, ich muss nun mal Gewinne mitnehmen/sichern. Und heute denken Sie bei genau den gleichen 40, dass Leoni nun attraktiv bewertet ist.

Was ist der Unterschied? Der Anker ist ein anderer und der Ankereffekt verleitet uns immer dazu, bei Änderungen der Realität zu lange an der alten Realität festzuhalten!

Da ist es wieder, unser verfluchtes Affenhirn! Denken Sie dieser Tage an den Ankereffekt, wenn Sie versuchen Aktien einzuschätzen. Und ich mache damit keinerlei konkrete Aussage zu Leoni, vielleicht dreht die Aktie nun, vielleicht auch nicht. Der Punkt ist: 40 ist nur eine Zahl.

Und falls jemand denkt, dass eine Aktie nur deshalb billig sei, weil sie schon so weit gefallen sei, der irrt auf fatale Art und Weise!

Ich habe auch das Gegenbeispiel dafür. Nehmen wir Arch Coal (908011, ACI), ein in der Vergangenheit solider, stabiler und Cash-starker Kohleförderer. Und Kohle braucht man ja immer oder?

Nun schauen wir mal hier und fragen uns, wie viele Menschen unzählige Male bei diesem Chart gedacht haben, es könnte nun nur noch aufwärts gehen. Pustekuchen! Abwärts geht immer, solange der Kurs nicht bei Null ist. Das ist die einzige Regel, auf die wir uns da verlassen können:

ACI 10.10.14

Übrigens habe auch ich in 2011 und 2012 bei ACI mal eine Gegenbewegung gespielt. Ich bin dann aber auch immer wieder raus gegangen, wenn sich diese Bewegung nicht realisierte oder wieder in sich zusammen fiel. Wer da aber ungesichert dabei geblieben ist, weil er klüger als der Markt sein wollte und weil man "Kohle ja immer braucht", hat nun ein Desaster erlebt. Denn "Tiefer geht immer!"

Ich will Ihnen mit diesen eindrücklichen Zeilen keine Angst machen und nicht behaupten, dass der Markt nun eine Entwicklung wie ACI nehmen wird. Ich will aber etwas bewirken. Und das ist die Erkenntnis, dass wer in so Abwärtsbewegungen ungesichert! dabei bleibt, weil er auf die Wende hofft und "Hopium" atmet, wegen Dummheit geohrfeigt gehört!

Risikomanagement ist Pflicht!

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Die Legende von der “bösen” Spekulation – Reloaded

Es gibt Artikel, die sind zu wertvoll und in die hat man zu viel Energie hinein gesteckt, um sie so einfach schnell im Meer der Aktualitäten verschwinden zu lassen.

Zumal es gerade diese Artikel sind, die nicht mit reisserischen Titelzeilen und auch nicht mit Keyword-Spamming dienen können und damit auch nicht so leicht gefunden werden.

Und deshalb habe ich mir angewöhnt, bestimmte Grundsatzartikel im freien Bereich nach einem guten Jahr noch einmal einzustellen - in der Hoffnung, dass auch Leser diese wahrnehmen, die vor einem Jahr noch nicht dabei waren.

Mir ist bewusst, dass Google das im Sinne "Duplicate Content" nicht so gerne mag, aber darum schere ich mich nicht, da dieser Blog glücklicherweise nicht davon abhängig ist, in SEO Rankings oben zu stehen, nur um dann -> Advertorials und Schleichwerbung <- möglichst gut bezahlt unter das Volk zu bringen.

So ist heute mein Grundsatzartikel zur Spekulation an der Reihe, den ich vor einem guten Jahr im September 2013 erstmalig Online gestellt hatte.

Dieses grundsätzliche Thema passt doch auch gut als Kontrapunkt zum aktuellen, höchst spannenden Marktgeschehen, das wir in der Community intensiv besprechen. Gestern hatten wir einige der Reversals auf den Punkt auf dem Radar und es war sicher einer der spannendsten Börsentage des Jahres. Und heute morgen gibt es eine Menge zu besprechen, wie man den verschiedenen "Marktlagen" entnehmen kann.

Hier aber ist die Spekulation nun Thema, die nämlich volkswirtschaftlich extrem sinnvoll und wichtig ist und zu Unrecht von den wahren Totengräbern des Fortschritts verteufelt wird.

Viel Spass beim Lesen!

Ihr Hari

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Es gibt Artikel, die will man schon immer schreiben. Und Reden, die man schon immer mal halten wollte. Weil Sie grundsätzlicher Natur sind. Und weil sie unbedingt mal gesagt werden müssen.

Nur tut man es nie, weil sie wie ein langer Roman viel Arbeit machen und man überhaupt erst einmal einen Faden finden muss. Und weil immer irgend etwas Aktuelles dazwischenkommt und der Artikel sich wieder in den Hintergrund schiebt.

Bei mir ist das beim Thema der vermeintlich "bösen, bösen" Spekulation der Fall. Es ist ja eine der Lebenslügen unserer Gesellschaft, dass Spekulation per se etwas Böses und Zerstörerisches sei. Und dass diese unbedingt eingegrenzt, reguliert und verhindert werden muss.

Gegen diesen Konsens etwas zu sagen oder zu schreiben, hat schon fast den Charakter einer Gotteslästerung. Man kommt sozusagen wie Galileo Galilei vor die gesellschaftliche Inquisition und muss öffentlich Abbitte leisten, wenn man sich nicht Beschimpfungen und Schlimmerem aussetzen will.

Leider kann ich nicht anders und muss um der Wahrheit willen einfach sagen: "Und die Spekulation ist doch wichtig !". Im Mittelalter war der Konsens auch mal, dass alte, weise Kräuterfrauen "Hexen" seien, die man verbrennen müsste. Der gesellschaftliche Konsens hat also nicht immer Recht. 😉

Von mit Testosteron geschwängerten "Masters of the Universe"

Erschwert wird eine sinnvolle Argumentation leider massiv durch das wahnwitzige Gebaren, das gelgehaarte Jünglinge mit zu viel Testosteron im Blut, in den Handelsräumen der Grossbanken dieser Welt an den Tag legen. Wer sich für die "Masters of the Universe" hält, weil er Kurse durch eigene Marktmacht manipulieren kann, gehört in psychologische Behandlung, aber nicht vor einen Trading-Desk, mit dem man Milliarden bewegen kann.

Das sind ohne Frage Exzesse, die keinen gesellschaftlichen Zweck haben. Und dass diese überhaupt möglich sind, müssen sich primär die Politiker vorwerfen lassen, die nun so lautstark über Spekulation per se schimpfen. Denn erst durch politische Entscheidungen - wie den "Glass Steagall Act" zu Zeiten Bill Clintons aufzuheben - wurde der Boden für diese Exzesse bereitet. Und auch heute könnte die Politik dem schnell ein Ende machen, wenn Sie endlich ein hartes Trennbankensystem wieder einführen würde. Ich habe das in Artikeln wie -> Bankenregulierung - ein Kasperletheater <- oder -> Deutsche Bank zerschlagt sie endlich ! <- mehrfach und überdeutlich thematisiert. Nur tut die Politik genau das nicht. Aber das ist eine andere Geschichte.

Tatsache ist aber, dass die Spekulation per se eine der wichtigsten zivilisatorischen Errungenschaften ist, ohne die unsere moderne Gesellschaft nicht existieren könnte. Ich werde das im Folgenden ausführen. Und nur weil es Auswüchse und von Testosteron umnebelte Gehirne in solchen Handelsräumen gibt, ist nicht Spekulation per se schlecht. Es gibt im Fussball auch Randalierer, Krakeler, Neonazis und alles mögliche. Der Abschaum der Menschheit ist manchmal im Fussballstadion zu finden. Ist deshalb der Sport Fussball pauschal ein schlechter Sport, den man unterbinden muss ?

Zu Recht würde der gesellschaftliche Konsens jeden, der so ein Argument für den Fussball aufbaut, in die Schranken weisen. Warum ? Weil alle wirklich wissen, worüber sie reden und deshalb die Randalierer als Auswuchs eines ansonsten schönen und wichtigen Sportes einordnen können. Anders ist das bei der Spekulation. Die ist von Unwissen geprägt, wie das mittelalterliche Wissen um das, was die Kräuterfrauen gemacht haben. Und was man nicht versteht, verbrennt man halt gerne mal auf dem Scheiterhaufen und lässt sich von Demagogen leiten.

Ein Lichtstrahl in der Dunkelheit

Und während ich also dazu schon lange etwas schreiben wollte, kam ein Lichtstrahl in das Dunkel der Unwissenheit. Und zwar in Form eines unbedingt! lesenswerten Artikels des WiWo Redakteurs Dieter Schnaas. Dieser ist nun auch Online erschienen und kann hier
-> Es lebe die Spekulation ! <-
nachgelesen werden. Ich kann nur dringend dazu raten, das zu tun.

In dem Artikel sagt Schnaas viele Dinge, die ich auch schon immer sagen wollte und leitet den bedeutenden Wert her, den Spekulation für unsere zivilisatorische Entwicklung hat. Denn Spekulation ist weit mehr, als ein Trade vor einem Trading Desk. Es ist die Wette auf einen Gewinn in der Zukunft, die man mit Risiko in der Gegenwart eingeht. Auch Elon Musks Tesla oder SpaceX oder Solar City ist Spekulation pur und zwar im besten Sinne. Hohes Risiko, keinerlei Gewissheit über den Ausgang inklusive grosser Chance des Scheiterns. Und unermessliche Gewinne und eine Veränderung der Welt, wenn es gelingt. Auch das ist Spekulation. Und ohne den "Spekulanten" der auf Leute wie Elon Musk setzt und ihnen damit Kapital und Rückenwind verschafft, könnten diese nie erfolgreich sein. Und dafür braucht es zwingend einen Markt für Unternehmensbeteiligungen, auch "Börse" genannt. 😉

Es sind die Kräfte der -> schöpferischen Zerstörung <- im Schumpeterschen Sinne, die den Fortschritt bringen. Erst durch die Kraft der Zerstörung kommt oft der Wandel, auf dem Besseres gedeihen kann. Ohne die Zerstörung, beginnt die Welt langsam wie in Bernstein zu erstarren.

Was konservativ mit konservieren zu tun hat

Und da sind wir auch bei dem Punkt, in dem ich die Gedanken von Dieter Schnaas weiter führen will. Denn hinter der Ablehnung der Spekulation steht oft eine weit tiefer gehenden Denkstruktur bei den Menschen. Es ist kein Zufall, dass sich Menschen, die die Welt und Natur fast ausschliesslich im Sinne des Wortes "bewahren" betrachten, besonders oft kritisch zur Spekulation äussern und diese vehement ablehnen. Und zwar der Kirchenmann auf der Kanzel ebenso, wie der Öko-Aktivist mit dem Megaphon in der Hand, obwohl die beiden sonst in der Regel nicht viel gemein haben.

Der Begriff des konservativen Denkens ist dafür genau zutreffend. Wer primär bewahren will und erhalten und Veränderung vermeidet, denkt konservativ - ist es nicht notwendigerweise im politischen, verdreht gebrauchten Sinne, aber denkt so im eigentlichen Sinn des Wortes. Er/Sie "konserviert". Um das vom politischen Begriff "konservativ" abzugrenzen, nennt man diese Denkstrukturen auch "strukturkonservativ" oder "wertkonservativ" und die finden sich unter allen politischen Flaggen.

Dahinter steht eine Lebensphilosophie, die die Welt eher statisch bewahren will und den Wandel eher als Bedrohung empfindet. Das ist auch verständlich und will ich gar nicht kritisieren, wir Menschen sind ja auch wie Nussschalen auf dem grossen welligen Ozean des Lebens und unser Leben in weiten Teilen davon geprägt, diese Unsicherheiten irgendwie beherrschbar zu machen. Es ist unser Überlebenswille, der uns von einer Welt wie einem Schrebergarten träumen lässt, in der alles seinen Platz hat, schön anzuschauen ist und keine Überraschungen drohen. Genau das ist "strukturkonservativ" und menschlich sehr verständlich. Und es ist ja auch vieles "bewahrenswert" und ich bin der Letzte, der das nicht so sieht. Nur vergisst eine zu einseitige Sicht darauf, dass die Welt auch den Wandel braucht, um voran zu schreiten.

Dummerweise ist es genau dieser gefürchtete Wandel und die permanente, damit einher gehende Zerstörung, die wesentlich daran mitwirkt, dass diese herrliche und bewundernswerte Natur um uns herum überhaupt erst hervor gebracht wurde ! Und ohne die Schumpetersche Zerstörung wäre die Menschheit auch nicht existent und die Welt noch von Dinosauriern bevölkert. Nur gut, dass damals niemand da war, der die Dinosaurier vor dem Aussterben geschützt hat, ich würde heute hier wohl nicht schreiben. 😉 Nein genau genommen, wäre das Leben noch nicht einmal aus dem Urmeer gekrochen. Wozu denn auch, ist doch unter Wasser auch schön ? 😉

Schumpeters schöpferische Zerstörung am Werk

Ich hatte in diesem Zusammenhang ein eindrückliches Erlebnis vor ziemlich genau 30 Jahren. Ich war im Raum Tübingen vor dem Albtrauf und in der Nähe im Raum Mössingen kam auf einer Breite von ca. einem Kilometer der Albtrauf in Form eines Bergrutsches herunter. Alle Bäume vernichtet und alles nur Staub und Dreck und Steine. Lesen Sie von einem aktuellen kleinen Rutsch rund um den alten Bergrutsch: -> Bergrutsch bei Mössingen <-

Es war damals die Zeit der Panik vor dem "Sauren Regen" und dem "Waldsterben" und entsprechend waren die Reaktionen. Untergangsszenarien wurden alarmistisch gemalt, nach denen bald die ganze Schwäbische Alb so aussehen würde, wenn wir jetzt nicht dringend "einhalten würden" usw. usw.

Die Jahre vergingen und die Natur ergriff wieder Besitz von der Brachfläche. Und bald danach kam ein Naturfreund dort vorbei und stellte das einzige ausseralpine Vorkommen von dieser Pflanze und jenem Insekt dort fest. Und der Bergrutsch wurde 1988 Naturschutzgebiet. Und ist ein Kleinod der Natur geworden, über den ich mich freue, da ich diese Monokultur-Wälder der industriellen Waldbewirtschaftung sowieso nicht leiden kann und Natur für mich etwas wildes, bewegtes und lebendes ist und eben kein gepflegter Garten, der immerdar gleich bleibt.

Was hatte der Bergsturz also bewirkt ? Er hat eine künstliche Monokultur hinweg gefegt und damit erst den Boden für all die seltenen Arten geschaffen, die dort nun siedeln. Die Vernichtung hat also erst den Fortschritt bewirkt. Schöpferische Zerstörung im besten Schumpeterschen Sinne.

Ich könnte endlos solche Beispiele bringen und am Ende ist es wie ich oben sagte: die Natur ist kein Schrebergarten im Bernsteinglas, in dem alles seinen festen Platz hat und auf keinen Fall verändert werden darf. Das sind schwärmerisch romantische Vorstellungen die einige haben, in so einer statischen Welt zu leben, wäre aber wohl eher ein Albtraum.

Die Natur und die Welt ist gewaltig, brutal, immer im Wandel und voller Überraschungen und Wunder. Sie kann die ganze Menschheit in genau 5 Minuten von jetzt vernichten, weil genau dann uns ein Gammablitz von einer Supernova in unserer näheren Sternumgebung erreicht, der derzeit schon unwiederruflich unterwegs ist. Sie kann aus der Antarktis einen Tropenwald machen und in Italien eine Eiswüste erzeugen, weil sie beliebt am morgigen Sonntag den 15.09. die Erdachse zu kippen, wie sie es schon oft so gerne gemacht hat.

Und am Ende schafft die Natur so den Raum, auf dem sich Neues entwickeln kann. Ohne diese Mechanismen wäre die Menschheit nicht existent und das Leben wäre nicht einmal aus den Ozeanen gekrochen. Und es gäbe für "Baumwächter" nichts zu bewachen. Das ist die Natur. Ihre Vielfalt und grandiose Schönheit entsteht aus dem Wandel und der schöpferischen Zerstörung. Stillstand ist dagegen völlig "unnatürlich".

Ohne Markt keine Arbeitsteilung und ohne Arbeitsteilung keine Zivilisation

Und was hat das mit der Spekulation zu tun ? Ganz viel. Denn die Spekulation ist nichts weiter als die zivilisatorische Triebfeder dieses wichtigen Prinzips der schöpferischen Zerstörung, mit dem sich der Fortschritt Bahn bricht. Denn nach der natürlichen Evolution hat mit dem Auftreten des Menschen auch eine gesellschaftliche und wissenschaftliche Evolution begonnen, die letztlich zu unserer mehr oder weniger "modernen" Zivilisation geführt hat. Und die Triebfeder dieser zivilisatorischen Entwicklung waren unter anderem entscheidende Erfindungen wie das Geld, der Markt und das alles angetrieben von der schöpferischen Kraft dessen, was man "Spekulation" nennt. Dem gestalterischen Versuch nämlich, sich in der Zukunft einen Vorteil zu verschaffen, in dem man in der Gegenwart Risiken eingeht.

Denn bitte bedenken Sie. Eine der wichtigsten Grundlagen unserer zivilisatorischen Entwicklung und der Entstehung von Musik, Theater, Wissenschaft usw. usw. ist die Arbeitsteilung. Erst die Arbeitsteilung hat ermöglicht, dass die Menschen über den täglichen Lebenskampf um Nahrung und Wasser hinaus schauen konnten und Zeit und Musse für Kultur und Wissenschaft und später Sport fanden. Denn erst die Arbeitsteilung ermöglicht uns, uns so zu spezialisieren, dass wir in dem was wir tun, immer besser werden und die Erfindung der Schrift hat dann ermöglicht, das weiterzugeben.

Wie kann aber die Arbeitsteilung gelingen, wenn der spezialisierte Bauer der nun dummerweise seine Ernte wegen der Jahreszeiten im Herbst einfahren muss, seine Kartoffeln nicht gegen eine Wertaufbewahrung eintauschen kann, so dass er damit erst im Frühjahr zum Schneider gehen und sich eine neue Jacke kaufen kann ? Diese Wertaufbewahrung ist das Geld. Eine der wichtigsten zivilisatorischen Erfindungen überhaupt.

Aber das Geld alleine reicht nicht. Denn um Geld zu bekommen, muss der Bauer einen Käufer finden und es reicht einfach nicht, immer nur die 2 oder 3 Nachbarn in der Umgebung abzuklappern, die haben vielleicht schon selber Kartoffeln. Also braucht es den Markt, eine weitere entscheidenen zivilisatorische Errungenschaft. Denn am Markt werden Käufer und Verkäufer zusammen geführt und so entsteht im freien Spiel von Angebot und Nachfrage ein Preis. Genau der Preis der Kartoffeln im Verhältnis zur Jacke des Schneiders. Und genau deshalb war der Marktplatz der Mittelpunkt der mittelalterlichen Stadt ! Das Mittelalter hat den Sinn und die Bedeutung des Marktes besser verstanden, als einige Vertreter der Gegenwart !

Ohne den Markt also keine funktionierende Arbeitsteilung. Und ohne Arbeitsteilung keine Zivilisation. Der Markt ist zwingend notwendig. Man kann versuchen diesen Mechanismus durch zentral festgelegte Preise zu ersetzen: das hatten wir schon und nannte man dann Kommunismus bzw Sozialismus. Der Versuch musste zwangsläufig scheitern, denn Kartoffeln sind in einem schlechten Jahr halt mehr wert als bei guter Ernte. Und wenn man diese Anpassung nicht zulässt, funktioniert die Arbeitsteilung am Ende nicht mehr, weil die Anreize fehlen.

Spekulation als zivilisatorische Triebfeder des Fortschritts

Und hier kommt auch die Spekulation als Triebfeder ins Spiel. Denn der Bauer der die Marktpreise für Kartoffeln kennt, sinnt nach Möglichkeiten, mehr Geld dafür zu erzielen. Damit er nicht nur sich, sondern auch allen Kindern diese tolle Jacke vom Schneider kaufen kann. Da er den Marktpreis für Kartoffeln nicht steigern kann, muss er sich also um mehr Ernte - um mehr Umsatz - kümmern. Und hat da so eine Idee, von einem "Eisendings", das man von seinem Esel ziehen lässt, um damit schneller den Acker umzupflügen.

Nun investiert der Bauer also. Er geht ins Risiko. Er gibt Geld aus und investiert Zeit, die er eigentlich nicht hat und die ihm bei der Ernte fehlt. Er riskiert für diese Idee sogar, dass seine Familie im Winter nicht genug zu Essen hat, weil er die Ackerarbeit vernachlässigt. Er schert also sozusagen aus dem Gleichmass der Masse aus. Er geht ins Risiko und "spekuliert". Und er hat Erfolg. Und erfindet den "Pflug". Und macht in Folge die höchsten Kartoffelumsätze des Marktes.

Und andere machen es ihm nach. Und so entsteht ein Überangebot an Kartoffeln, das die Preise fallen lässt und allen Bürgern im Ort mehr Geld für andere Dinge lässt. Und den Hunger im Nachbarort verringert, wo der Boden nicht so für Kartoffeln geeignet ist. Die Spekulation des Bauers hat die Welt verändert. Getrieben war sie vom simplen Wunsch "mehr Geld" zu haben. Und möglich war dieses Streben nur, weil da ein Markt war, der den höheren Output an Kartoffeln dann auch aufnehmen konnte.

Das ist der Sinn der Spekulation und dieses Streben nach "mehr", diese Wette auf eine Zukunft, führt am Ende zum Fortschritt, auch wenn es ebenso gerne mal in Sackgassen führt. In diesem Sinne hat Gordon Gekko Recht: "Greed is good" - Gier ist gut. Die Gier des Bauern auf mehr Gewinn und mehr Umsatz auf jeden Fall.

Der Unterschied zwischen wichtiger Spekulation und Exzessen

Am Beispiel des Bauern kann man auch wunderschön klar machen, wie verzerrt unsere gesellschaftliche Diskussion zum Thema schon geworden ist. Nehmen wir das leidige Thema der "Spekulation" mit Agrarerzeugnissen. Machen Sie mal eine Umfrage auf der Strasse und sie bekommen eine 99,999% Mehrheit für die Aussage: "das tut man nicht !"

Und nun vergleichen Sie diese instinktive Reaktion mal mit der obigen Geschichte des Bauers, der ohne diese Spekulation nie den Pflug erfunden hätte. Und es passiert schon seit Tausenden von Jahren, das Reis und Getreide und Mais auf Märkten gehandelt werden und so der Preis entsteht. Und damit spekuliert wird. Es war nie ein Problem, im Gegenteil, es ist volkswirtschaftlich absolut unverzichtbar, das die Preise in Jahren schlechter Ernten höher sind als in guten Jahren ! Und auf dem besagten Markt des Mittelalters im Mittelpunkt der Ansiedlung, war der Handel mit Agrargütern die Hauptbeschäftigung.

Das Problem ist ein ganz anderes. Wir haben zugelassen, dass man Getreide handeln kann, ohne es physisch hinterlegt zu haben ! Das ist das gleiche Problem wie das, was wir derzeit am Goldmarkt erleben, wo Grossbanken die hundertfache Menge des realen physischen Gold an der Comex handeln, ohne das die gehandelten Mengen eine physische Entsprechung haben ! Es ist das gleiche Problem wie ein ungedeckter Leerverkauf (nicht ein Leerverkauf per se) wo Aktien verkauft werden, auf die die Verkäufer gar keinen Zugriff haben !

Das alles sind kranke Auswüchse, die schon lange zu unterbinden wären. Auswüchse die nur der Grossfinanz helfen und keinen volkswirtschaftlichen Sinn haben. Und das hat auch alles gar nichts mit einem freien Markt zu tun, im Gegenteil - die Einflüsse dieser gigantischen Geldströme machen den Markt unfrei und lassen ihn zum Spielball weniger Grossbanken werden. Statt das zu differenzieren und den Kern des Übels zu erkennen, wird das aber alles mit der gesellschaftlich wichtigen Spekulation pauschal in einen Topf geworfen und so das Kind gleich mit dem Bade ausgeschüttet.

Die Spekulation auf steigende oder fallende Preise ist gesellschaftlich extrem wichtig, sie ist die Triebfeder des Fortschritts. Auch bei Nahrungsmitteln. Wer aber Spekulation ohne reale Hinterlegung zulässt, muss sich nicht wundern, wenn das System aus dem Ruder läuft. Da liegt das Problem !

Lassen Sie es mich etwas plakativ formulieren: Spekulation ist gut ! Spekulation mit heisser Luft gehört aber unterbunden !

Warum fällt es unserer Gesellschaft, unserer Politik und unseren Regulatoren eigentlich so schwer, diesen Unterschied zu begreifen ?

Spekulation und Innovation - zwei Seiten der selben Medaille

Ich hoffe, ich habe mit dem Beispiel des Bauern klar gemacht, dass Spekulation und Innovation nur zwei Seiten der selben Medaille sind. Im aktuellen gesellschaftlichen Glaubensbekenntnis ist aber Innovation gut und Spekulation schlecht. Mit Verlaub, das ist kompletter Unfug, das eine geht gar nicht ohne das andere !

Das Problem ist hier, dass man am Begriff Spekulation oder "Spekulant" nur die negativen Auswüchse festmacht. Also den "Master of the Universe" bei Goldman Sachs und nicht den Investor Elon Musk, der ebenso sein Geld über die Börse in Bewegung setzt. Aber beides sind nur unterschiedliche Ausprägungen derselben Sache. Es ist der Versuch, sich in der Zukunft im Wertaufbewahrungsmittel "Geld" einen Vorteil zu verschaffen, in dem man in der Gegenwart Risiken eingeht.

Und niemand weiss bei einer Innovation vorher, ob sie die Welt positiv verändert oder sinnlos ist. Ebenso wenig lässt sich das für die Spekulation sagen. Wenn man die Spekulation nicht mehr zulässt, verhindert man auch all die positiven Veränderungen, die sie bewirkt. Eine Welt ohne Spekulation ist eine ohne Innovation, eine Welt in Bernstein.

Ich will darin nicht leben. Es wäre die Hölle. Lassen Sie uns also nicht die Spekulation wie die "Hexen" des Mittelalters verteufeln. Lassen Sie uns statt dessen deren offensichtliche Exzesse begrenzen und ansonsten die Spekulation ihre Arbeit machen. Damit die Mittel und Energien der Welt auf Fortschritt und Innovation gerichtet werden. Und sich so am Ende "das Bessere" durchsetzt. Was immer das ist. Wie in der Natur. Auch die Säugetiere haben sich mal gegen die Dinosaurier durchgesetzt.

Lassen wir uns also von der Zukunft überraschen, statt sie zu fürchten !

Ihr Hari

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Gold und der Weg des maximalen Schmerzes

Der folgende Artikel erschien schon gestern Montag 06.10.14 09:40 in Hari Live

Gold hat in USD nun heute Nacht endlich das getan, was schon länger absehbar war: die Tiefs bei 1180 USD wurden erneut getestet:

Gold 06.10.14

Damit ist ein temporärer Bounce nun höchst wahrscheinlich geworden. In Summe erleben wir nun seit Monaten, wie Gold sich exakt so bewegt, wie wir das schon seit Anfang des Jahres hier als grossen "Gameplan" mehrfach skizziert haben.

Zu klar war einfach die zu positive Erwartung der Gold-Bugs, die aus reiner Hoffnung heraus, auf einen Rebound gesetzt haben und unbedingt eine Umkehrformation sehen wollten, wo in Wirklichkeit ein grosses fallendes Dreieck war, das nach Auflösung nach unten schrie.

Ich erinnere in diesem Zusammenhang an den Artikel -> Gold zwischen Mythen und Propaganda <-, der auch Links zu den anderen Artikeln zum Thema hat.

Nun ändert sich der mediale Konsens am Markt aber merkbar, die diversen Börsenbriefe der „Gold-Bugs“ schwenken um und selbst die härtesten Gold-Bullen, nehmen nun einen Absturz bis 1000 USD ins Visier - zu deutlich ist einfach die aktuelle Schwäche, als dass man da noch gegen an schreiben kann. Natürlich wird der Absturz auf 1000 USD mit dem „Twist“ versehen, dass das dann der finale Absturz sei, aber der Konsens richtet seinen Blick nun klar nach unten und das Sentiment ist sauer wie selten.

Und damit kommt nun wieder die Reflexivität zum Tragen und wir, die wir diese Mechanismen verstehen, tun nun gut daran, uns auch andere Alternativ-Szenarien zu durchdenken, als den Absturz auf 1000 USD, den wir schon so lange auf dem Radar haben.

Sie wissen in diesem Zusammenhang, dass ich ein Freund der Theorie vom „Weg des maximalen Schmerzes“ bin, dem Weg, den der Markt systemimmanent gerne nimmt. Man könnte es auch schlichter den Weg des geringsten Widerstandes nennen, weil das der Weg ist, auf dem niemand positioniert ist und damit Widerstand leisten kann. Ein Weg, den niemand auf der Rechnung hat, ist aber auch ein Weg voller Schmerz für die Marktteilnehmer.

Gerade bei Gold, ist die Tendenz diesen Weg zu nehmen besonders ausgeprägt, weil bedingt durch die Struktur der COMEX und die Möglichkeit dort ohne physische Hinterlegung gehebelt zu handeln, der Goldpreis von den ganz grossen Jungs beliebig hin und her geschickt werden kann. Da bietet es sich doch geradezu an, die normalen Anleger mal wieder abzufischen und erneut auf dem falschen Fuss zu erwischen.

Und wie würde so ein mögliches Szenario des maximalen Schmerzes nun aussehen?

Nun, es würde nach einem anämischen Bounce, der sich nun anschliessen könnte, einen Einbruch unter 1180 erfordern. Dieser Einbruch würde dann die letzten Gold-Bullen demoralisieren und der ganze Markt würde auf die 1000 USD starren. Wenn dann, irgendwo zwischen 1100 und 1150 USD, ein Rebound orchestriert wird, dürfte das den gesamten Markt auf dem falschen Fuss erwischen und zu einem brutalen Short-Squeeze führen:

Gold 06.10.14 2

Bedenken Sie aber bitte, das ist nur ein Szenario unter vielen. Aber eines das ebenso Sinn macht, wie der Einbruch bis 1000 USD. Und bedenken Sie bitte, dass Gold in diesem Szenario unbedingt einen schwächeren Dollar für den Rebound braucht. Aber auch aus dieser Sicht könnte das Szenario vom Timing her Sinn machen, denn wenn nach einer kurzen Gegenbewegung im Dollar, in den kommenden Wochen noch eine weitere Phase der Dollarstärke kommen sollte, könnte sich diese Bewegung dann auch in ein paar Monaten erschöpft haben. Das wäre wohl notwendige Voraussetzung, um eine Stabilisierung beim Goldpreis zu bekommen.

Gehen wir nun also kurzfristig von einem schwachen, bis bestenfalls durchwachsenen Bounce bei Gold aus, der im Maximum vielleicht bis 1250-1260 USD tragen könnte. Und gehen wir davon aus, dass die 1180 USD dann in den kommenden Monaten trotzdem nach unten gebrochen werden.

Dann aber wird es richtig interessant und wenn die ganze Herde auf der einen (Short-) Seite des Bootes hängt, müssen wir uns nicht auch noch auf diese Seite begeben. Eine Veränderung der Positionierung der Commercials im COT-Report, wird uns wohl den Weg weisen.

Ihr Hari

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Umwelttechnologien – ein sauberer Beitrag von Clarcore

Dieser Artikel wurde bereits am 31.08. im Premiumbereich veröffentlicht und hat bislang nichts an Aktualität verloren.

Was haben Biotechnology, Schweinställe, Autos, Kläranlagen und Fracking gemeinsam? Nun - auf auf den ersten Blick sicherlich erst einmal gar nichts. Dem ist aber nicht so. "Dem Techniker" eröffnet sich sofort ein gemeinsames und sehr interessantes Thema und er erkennt vermutlich augenblicklich das Verbindende. Eine sogenannte "Unit Operation" wie wir Verfahrensingenieure zu sagen pflegen, stellt erst sicher, dass die Prozesse, die sich hinter den eingangs erwähnten Schlagworten verbergen, überhaupt stattfinden können und dabei die Umwelt geringstmöglich belasten.

Diese verfahrenstechnische Grundoperation stellt die Filtration dar. Eine Technik, die wir häufig unbewusst in unserem Alltag nutzen. Denken wir nur beispielsweise an den Kaffeefilter oder einen Staubsaugerbeutel. Mit Hilfe der Filtration entfernt man also Partikel in fester (Staub) oder flüssiger Form (Aerosole) aus einem Medium, welches flüssig oder gasförmig sein kann. Und jetzt erschließt sich mit dieser verfahrenstechnischen Grundoperation schon der gesamte Bereich der sauberen Luft und der sauberen Flüssigkeiten. Letztere müssen nicht nur Wasser sein, sondern es können auch Hydrauliköle, Kraftstoff oder der flüssige Inhalt eines Biotechnologiereaktors sein. Und das Schöne an Unit Operations: die physikalischen Gesetzmäßigkeiten zur Entfernung von Partikeln, Aerosolen, Viren und vergelichbarem sind stets gleich und auf die verschiedensten Anwendungen übertragbar. Ob es sich nun um die Innerraumluft von Flugzeugen, von Operationssälen, von Gas für die Verbrennung in Turbinen, die Reinigung von Blut oder Abwasser usw. handelt. Und bei dieser Fülle von Anwendungen es gibt eine Firma, die die gesamte Palette der Filtration in Flüssigkeiten UND Gasen abdeckt.

Eine Firma, die seit über 100 Jahren in dieser Branche tätig ist, den Wenigsten bekannt sein dürfte und zu den Weltmarktführern gehört ist die Firma Clarcor, WKN: 857895. Mit über 1 Mrd. $ Umsatz, einer Börsenkapitalisierung von um die 3 Mrd. $ und einem KGV von knapp 22 kommt bereits zum Ausdruck, dass der Markt der Firma weiteres Wachstum zugesteht. Ich persönlich halte viele der Anwendungen, in denen Clarcor heute schon tätig ist für Wachstumsbranchen und denke, dass unter dem Gesichtspunkt einer Langfristanlage eine Firma wie diese sehr interessant sein könnte. Eine gute Übersicht liefert - Was macht Clarcor -. Und wer sich für Zahlen und Bilanzen interessiert, sei der folgende Link empfohlen: - Jahresbericht 2013 -.

Bliebe zum Schluss mal wieder das Chart. Für eine Firma, die niemals selbst im Mittelpunkt stehen wird, aber dafür sorgt, dass andere Branchen in einem spannenden und zukunftsrelevanten Umfeld aktiv sein können, ein durchaus "sexy Auftritt".

clarcor

Kurzfristig hat sich das Chartbild nun ein wenig eingetrübt. So wie für alle Firmen die Gesetze der Physik gelten, so kann sich auch Clarcor nicht vollständig der allgemeinen Marktlage entziehen.

clarcore kurzfristig

Liebe Grüße und ich würde mich freuen, wenn Sie mich vielleicht sogar im Premiumbereich besuchen.

Johann

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