Die Märkte und das US Debt Limit – Was wäre wenn ?

Wir kennen die Zukunft nicht und dem Erfolg an den Märkten hilft es nicht, darüber zu viel zu spekulieren.

Was wir aber besser können, als über die Zukunft zu fabulieren, ist uns konkret zu überlegen, was passieren würde wenn .... wenn ein bestimmtes Ereignis eintritt. Uns also Korrelationen und Zusammenhänge bewusst zu machen.

Nun sind die Märkte zum Wochenanfang eher schwach gestartet und dabei spielt natürlich nicht nur dieser, für mich persönlich unsägliche, Politiker und Medienmogul aus Italien eine Rolle, dessen Namen ich nicht mehr extra erwähnen muss. Nein dabei spielt auch die Eskalation um das US Debt Limit eine Rolle.

Denn die Märkte haben das Thema lange nicht beachtet, weil unter "Kasperletheater" abgebucht. Ja auch durchaus berechtigt, denn wir haben dieses Spektakel ja nun mehrfach erlebt und am Ende wird es natürlich eine Lösung geben, denn die Partei die diese dauerhaft verweigert, dürfte bei den nächsten Wahlen schwer abgestraft werden und das wissen die Politiker.

Die Frage ist nur, wie lange es bis dahin dauert und welcher Schaden angerichtet wird, bevor die Lösung kommt. Im August 2011 haben wir ja erlebt, wie erheblich diese Diskussion an den Märkten einschlagen kann. Und deshalb ist es nicht verwunderlich, dass die Märkte nun, da die Krise doch vor der Tür steht, mit Nervosität reagieren. Wobei man objektiv wieder festhalten muss, wie vergleichsweise stabil und unbeeindruckt die Märkte immer noch sind.

Nun kennen wir die Zukunft wie gesagt nicht und ja, vielleicht drehen die US Politiker nun alle durch und richten grossen Schaden an. Dieses Szenario will ich heute aber nicht betrachten, sondern die Frage "was wäre wenn" stellen, wenn es nun bald am Ende dieser Woche eine Lösung für den Streit geben sollte.

Was würden die Märkte dann wohl machen ? Am Donnerstag habe ich ja schon das Thema Rohstoffe beleuchtet und dabei erklärt, dass der US Dollar für diesen Fall möglicherweise vor einer Phase neuer Stärke stehen würde. Unterstützt von bestimmt auch wieder aufkommenden Diskussionen, ob die FED nun beim nächsten Mal mit dem "Tapering" beginnt.

Schauen wir heute doch mal auf andere Bereiche des Marktes. Was wäre also, wenn nach einer kurzen Phase der Irritation und Sorge die US Politik am Ende dieser Woche eine Einigung im Debt Limit Streit erzielt ?

Zunächst ein Blick auf den S&P500. Er würde möglicherweise nach Test der Trendlinie zum nächsten Schub ansetzen:

S&P500 30.09.13

Der DAX könnte möglicherweise das Gap vom 16.09. schliessen und dann um die 8500 herum, wieder nach oben drehen:

DAX 30.09.13

Der Yen würde möglicherweise gegenüber dem Dollar wieder nach unten drehen und eine zweite Phase des Absturzes einleiten:

JPYUSD 30.09.13 2

Und Gold würde möglicherweise den übergeordneten Abwärtstrend wieder aufnehmen und nicht mehr nachhaltig über 1370 USD steigen. Wobei ich mir bei Gold am unsichersten bin, weil hier offensichtlich grosse Kräfte mit eigener Agenda am Werk sind und ich mittlerweile davon ausgehe, dass die Erwartung eines Tapering nicht schlecht, sondern entgegen dem "Common Sense" gut für Gold wäre. Trotzdem ist dieser Pfad gut vorstellbar:

Gold 30.09.13

So weit mein "was wäre wenn" für das obige Szenario. Berücksichtigen müssen Sie dabei, dass der Zusammenhang um so deutlicher zu Tage treten wird, wie dieses Ereignis alleine den Markt beeinflusst. Wenn parallel andere wichtige neue Entwicklungen in der Welt in Gang kommen, können diese den Effekt natürlich überlagern.

Aber trotz all dieser "wenns" und "möglicherweise", macht es jede Menge Sinn, sich diese Korrelationen und Zusammenhänge gedanklich zurecht zu legen. Es fällt dann leichter, im Falle des Falles die richtigen Schlüsse zu ziehen.

Ihr Hari

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DAX-Betrachtung: Die Entscheidungen sind gefallen – neue stehen bevor

Ein Gastkommentar von Tokay

Ereignisreiche und mit Momentum geladene Tage liegen hinter uns. Da war zunächst die Entscheidung der FED in Washington, nun doch noch nicht mit dem allmählichen Zurückfahren ihrer Operationen auf dem Kapitalmarkt zu beginnen. Da war der Ausgang der deutschen Bundestagswahl, welche die CDU/CSU von Frau Merkel zwar zur mit Abstand stärksten politischen Kraft machte, aber auch dazu führte, das ihr der bisherige Koalitionspartner abhanden kam. Uns interessiert hier im Mr. Market-Blog natürlich, welche Auswirkungen dies auf den Aktienmarkt haben mag. Denn was in Deutschland entschieden wird, hat für die europäische Entwicklung, für das Eurosystem größte Bedeutung.

Kommen wir also zur Bundestagswahl, und hier können wir es kurz machen. Der Wahlausgang hat die Märkte nicht sonderlich überrascht, die Wahl war schon beinahe ein „Non-Event“. Auch wenn bürgerliche Regierungen eine Politik betreiben, welche von der Tendenz her bei den Entscheidungsträgern in der Wirtschaft auf günstigere Resonanz stoßen mag, so ist der Verlust der schwarz-gelben Regierung nichts, weshalb man die Perspektiven für die deutsche Wirtschaft grundlegend überdenken müsste. Es sei denn, es käme zur Bildung einer rot-rot-grünen Regierung – was allerdings seitens der SPD und den Grünen zurückgewiesen wird. Zudem waren die FDP-Minister nicht eben Personen, die prägende wirtschaftspolitische Akzente gesetzt hätten. Das Bedauern über die Abwahl der FDP hält sich somit eher in Grenzen. Auch sollte die kommende Bundesregierung unter Frau Merkel weiterhin einen europafreundlichen Kurs verfolgen, was von den DAX-Unternehmenschefs mehrheitlich gerne gesehen werden dürfte. Indes dürften die meisten Akteure eine große Koalition gegenüber einer schwarz-grünen Koalition oder einer Minderheitsregierung der Union bevorzugen.

Und damit zu unserem Langfristchart:

DAX 9000 - September 2013

Wir befinden uns nach wie vor auf dem Pfad CDE, der unaufhaltsam Richtung 9000 Punkte strebt. Diese Marke dürfte bald erreicht werden. Danach aber, voraussichtlich im Frühjahr 2014, fällt die Entscheidung darüber, ob der DAX auf die Obergrenze des langfristigen Wachstumspfades, markiert durch die Linie A1E, einschwenkt, was mehr oder weniger einer Seitwärtspendelbewegung entspräche, oder die seit Herbst 2011 andauernde Hausse weiter anhält. Immerhin hat der DAX seither deutlich über 50 Prozent zugelegt. Sollte das letztere eintreten, dann dürfte die vielbeschworene Marke von 10000 Punkten ebenfalls nicht mehr fern sein, und wir würden, was die Indexziffern angeht, in ein neues Zeitalter eintreten. Es wird aber wohl noch etwas dauern, bis es endgültig so weit ist.

Ich möchte heute die Aufmerksamkeit der Leser des Mr. Market-Blogs auf einen grundlegenden Zusammenhang lenken, der sehr eng mit der Politik der FED zusammenhängt. Seit dem Beginn der monetären Expansion Ende 2008 während der Subprime-Krise hat der DAX begonnen, sich von der Leitzinsentwicklung abzukoppeln. Wie wir in der nachfolgenden Grafik sehen, ist der EZB-Leitzins konstant geblieben. In einer klassischen Hausse wären die Leitzinsen dem Aktienmarkt Richtung Norden nachgefolgt. Der DAX hat sich in dieser Zeit mehr als verdoppelt und ein Ende ist nicht absehbar – vorerst jedenfalls nicht.

DAX Leitzins Kapitalmarktzins September 2013

In der Baisse nach der Jahrtausendwende folgte der Leitzins dem DAX nach unten, wie er das auch in der Vergangenheit eigentlich immer getan hatte. Erst ca. 2 ½ Jahre später, der DAX war mittlerweile kräftig nach oben gelaufen, wurde der Leitzins sukzessive angehoben. Seit der ersten Leitzinssenkung gegen Ende der großen Baisse von 2008 hat keine weitere Zinssenkung mehr stattgefunden. Ganz im Gegenteil wurden, bedingt allerdings durch die Eurokrise die Leitzinsen weiter gesenkt; wir erinnern uns an die mittlerweile berühmt gewordene Rede von Mario Draghi in London, und ein Ende ist, wenn man Draghi Glauben schenken darf, nicht absehbar. Dies umso weniger, als die FED den US-Konjunkturaufschwung offenbar noch nicht als hinreichend nachhaltig einstuft.

Es könnte einem nun natürlich angst und bange werden vor dem mutmaßlichen Inflationsschub, der möglicherweise demnächst ins Haus stehe, doch sind Zweifel daran erlaubt, ob ein solcher Schub sich tatsächlich ereignen wird. Ein Indikator hierfür ist die Entwicklung bei den länger laufenden Anleihen sowie der Abstand zwischen den Langläufern und dem Geldmarktzins, welcher sich wiederum an den Leitzins anlehnt.

Wir erkennen hier, dass immer dann eine Baisse bevorstand, wenn sich der Abstand zwischen langfristigem und kurzfristigem Zins extrem reduzierte. Immer dann, wenn dieser Abstand größer wurde, kam es auch zu einem Anstieg am Aktienmarkt. Und hier haben wir nun in den vergangenen Monaten eine Vergrößerung des Zinsabstandes beobachten können, was eher auf eine Normalisierung der Situation auf dem Kapitalmarkt hindeutet. Sicherlich misst die Höhe des Kapitalmarktzinses die Inflationserwartungen, letztlich aber ist der Zins einfach das Regulativ zwischen Kapitalangebot und Kapitalnachfrage. Und in einer insgesamt freundlichen konjunkturellen Landschaft ist ein Anziehen des Kapitalmarktzinses von einem tiefem Niveau aus ein eher gutes Zeichen. Der Zinssatz für zehnjährige Bundesanleihen lag zuletzt bei etwa 1,8 Prozent. Die DAX-Unternehmen hingegen bieten eine Dividendenrendite von über 3 Prozent, dazu kamen in den letzten Jahren Kursanstiege der DAX-Werte. Damit ist der Anleihemarkt noch weit von einer Situation entfernt, in der der man die Zinsentwicklung als lukrativ bezeichnen könnte, und diejenigen, die am Aktienmarkt investiert haben, konnten in der jüngsten Vergangenheit eindeutig stärker profitieren. Der Realzins liegt praktisch bei Null, und zwar vor Steuern. Begriffe wie „kalte Enteignung der Sparer“ oder „finanzielle Repression“ kommen einem da schon in den Sinn.

Ausblick also: Bis Frühjahr werden wir mit großer Wahrscheinlichkeit weiterhin einen freundlichen Aktienmarkt haben, sprich es wird auf DAX 9000 gehen und eventuell darüber hinaus – wohl auch mangels Alternativen. Dann jedoch könnte es spannend werden, und die nächsten Weichenstellungen am deutschen Aktienmarkt stehen sicherlich bevor. Übrigens: Am 25. Mai 2014 ist Europawahl...

Tokay

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DAX 20.000 in diesem Jahrzehnt. Und was das mit dem DAX – Kursindex zu tun hat.

Wer meinen gestrigen Lunchtalk mit der Wirtschaftwoche gesehen hat, hat auch bemerkt, wie viel Spass wir dabei hatten DAX 10.000 und 20.000 auszurufen. Und wer nicht, kann das -> hier <- nachholen.

Diese Prognosiritis - übrigens eine ansteckende, geistige Virus-Krankheit 😉 - ist ja eine beliebte Methode, um sich später als Guru feiern lassen zu können. Man macht das so wie ein Fischer, der sein Netz aufwirft. Man hat zwar ebenso wie alle anderen keinerlei Ahnung was die Zukunft bringt, macht aber immer mal wieder eine ebenso wahllose, wie "mutige" Prognose abseits der Norm. Crash-Weissagungen sind dafür ebenso gut geeignet, wie markante Kursmarken weit über den aktuellen Kursen.

Und dann ist es ganz einfach. Irgendwann fängt dieses Netz mal einen Fisch, in der Form, dass die Realität zufällig mit einer der Prognosen überein stimmt. Und dann ruft man laut: "Ich habe es vorher gesagt, ich habe es vorher gesagt !" Und lässt sich feiern. Und wird zum "Gottweissnichtwas" ernannt oder wie auch immer diese lächerlichen Pseudo-Titel lauten. Man wird herum gereicht, darf Interviews geben, taucht auf Magazinen auf und der gemeine Anleger hält einen für einen ganz Schlauen. Dabei ist man einfach nur ein guter Fischer. Und das Spiel funktioniert, weil man zuverlässig auf die Vergesslichkeit der Menschen setzen kann. Denn all die Weissagen und Prognosen in denen man grottig falsch lag, über die redet man einfach nicht und das Publikum vergisst sie schnell.

So läuft die Methode, die man auch immer wieder in Werbe-Bannern bewundern kann, wo irgendwelche selbsternannten Gurus Sie natürlich unbedingt "reich" machen wollen und Ihnen entweder wahlweise "den grossen Crash" oder "DAX irgendwas" versprechen. Hauptsache ist aber, dass Sie natürlich vorher ein Abo abschliessen. 😉 Ich bekomme da per Mail auch immer wieder so Angebote, wo mir jemand den ich gar nicht kenne, in schlechtem Englisch unbedingt eine Erbschaft anbieten will. Natürlich muss ich vorher einen "geringen" Betrag von ein paar tausend Kröten ins Ausland zahlen, aber das sind ja "Peanuts", in Anbetracht der grossen Zahlung, die ja auch gaaanz sicher bei mir eintreffen wird. 😉

Soviel also zu der Virus Krankheit der Prognosiritis. Und trotzdem steckt in DAX 10.000 und DAX 20.000 ein wahrer Kern, auch wenn niemand weiss, ob das in 6 Monaten oder 16 Jahren erst erreicht werden wird. Und ich wiederhole deshalb hier laut und deutlich für die Nachwelt:

DAX 10.000 kommt ! Und DAX 20.000 auch !

Warum will ich Ihnen nun erklären, denn es hat mit dem DAX Performance-Index und seinem kaum bekannten Gegenpart dem DAX Kurs-Index zu tun.

Was ist der Unterschied ? Im DAX Performance Index werden die ausgeschütteten Dividenden von derzeit 2-3% per Annum inkludiert. Damit unterscheidet sich der DAX, den Sie alle kennen, von nahezu allen anderen Indizes der Welt. Egal ob S&P500 oder Eurostoxx, das sind alles Kursindizes, in denen die ausgeschütteten Dividenden nicht hinein gerechnet werden.

Der DAX ist also die Ausnahme und er ist sozusagen im Vergleich aufgepumpt. Denn auch in den anderen Indizes erhalten die Anleger ja Dividenden und nicht zu knapp. Nur tauchen die im Kurs der Indizes nicht auf. Womit ein direkter Vergleich der Performance von DAX und S&P500 in die Irre führt und den DAX besser aussehen lässt, als er ist.

Übrigens, will ich an dieser Stelle auch gleich mit einem Missverständnis aufräumen, das bei vielen auftritt, die im ersten Schritt den Unterschied zwischen den beiden Index-Formen schon verstanden haben. Die Dividenden werden bei der Berechnung des DAX Performance-Index eben nicht als Sockel mitgeführt, was dazu führen würde, dass der DAX gar nicht mehr unter einen bestimmten Wert fallen könnte. Nein, die Dividenden werden in die Aktien rechnerisch "re-investiert", was bedeutet, dass wenn alle Aktien auf Null fallen, auch die reinvestierten Dividenden bei Null sind. Der DAX kann also rein theoretisch und rechnerisch sehr wohl auf Null fallen.

Das aber nur am Rande. Der Punkt ist: der DAX steigt jedes Jahr sowieso um 2-3%, auch wenn sich die darin enthaltenen Aktien nicht bewegen und deren Börsenbewertung gleich bleibt, weil sich am Geschäft gar nichts ändert. Und deshalb wird der Ihnen bekannte DAX definitiv auf 10.000 steigen. Und auch auf 20.000. Meine Prognose wird also eintreten und ist keineswegs "mutig". Fragt sich nur, wie lange das dauert.

Jetzt kann man lange theoretische Diskussionen darüber führen, was die "richtige" Berechnung eines Index ist. Da gibt es keine objektive Antwort, aber ich bin der Meinung egal welche Methode man wählt, sollten die Berechnungen vergleichbar sein. Und insofern ist der DAX "falsch" und gaukelt eine Stärke vor, die gar nicht vorhanden ist.

Denn die meisten anderen Indizes stellen einfach die Marktkapitalisierung der darin enthaltenen Unternehmen dar. Also exakt den Wert, den die Börse den Unternehmen in genau diesem Moment beimisst. Beim DAX (Performanceindex) ist das nicht der Fall, der schleppt auch die Vergangenheit in Form der alten Ausschüttungen mit. Nur die haben eigentlich nichts mit der aktuellen Bewertung der Unternehmen zu einem Zeitpunkt zu tun.

Welche Auswirkungen das hat und warum DAX 20.000 in diesem Jahrzehnt gar nicht so unwahrscheinlich ist, will ich Ihnen nun zeigen. Schauen wir zunächst auf den klassischen, allgemein bekannten DAX (Performance-Index) mit Monatskerzen seit 1995:

DAX monatlich 25.09.13

Ein Chartist würde nun sagen: WoW ! Ausbruch ! Und so sieht es aus. Grosse Stärke, die nun endlich oben den langjährigen Deckel weggehauen hat. Und DAX 10.000 sind nicht mehr weit. Ein bedeutender Moment also. Dumm nur, das es gar nicht stimmt mit dem bedeutenden Moment. Denn die im DAX enthaltenen Unternehmen sind kein bisschen mehr wert, als sie es schon 1997 oder 2006 waren. Und das zeigt uns der DAX Kursindex, der wirklich mit einem S&P500 zu vergleichen wäre.

Ich habe dieses Chart, das bis zur Begründung des DAX im Jahr 1988 zurück reicht, mit Daten der Bundesbank erstellt, die Sie selber -> hier <- nachvollziehen können, wenn Sie wollen.

DAX Kursindex 1988-2013

Dieses Chart spricht eine ganz andere Sprache. Und diese Sprache ist viel aussagekräftiger. Die deutschen Aktien befinden sich in dem, was man ein zulaufendes Dreieck nennt. Seit nun fast 14 Jahren gab es bei der Bewertung deutscher Aktien nicht wirklich viel zu gewinnen, ausser man tradete diese Hochs und Tiefs aktiv. Für Trader war das eine schöne Zeit, für Buy & Hold Anleger eher grausam. Nur die Dividenden von im Mittel 2-3% gab es sicher.

Nur bekam man ja für andere Anlagen wie Staatsanleihen im Mittel auch solche Renditen. Diese 2-3% sind nichts Besonderes, sondern einfach die Basisrendite jeder halbwegs vernünftigen Anlage und insofern nichts, was Aktien langfristig besonders auszeichnet. Zumal man bei Ihnen ja auch grössseren Schwankungen ausgesetzt ist, die eigentlich eine höhere Rendite als andere Anlagen erfordern, um die Anlage attraktiv zu machen.

Einen Mehrwert bei Buy & Hold generieren Aktien nur dann jenseits dieser Basisrendite aus Dividenden, wenn die Firmenbewertungen selber steigen, weil die Firmen wirklich "mehr wert" werden. Das war in den letzten 14 Jahren nicht der Fall und ist auch kein Wunder. Denn "mehr Wert" können Firmen nur werden, wenn echte Innovation auftritt, die die Wertschöpfung massiv erhöht.

Eine solche Phase - einen echten Bullenmarkt - hatten wir in den 90ern durch die Veränderung der Welt durch den Aufstieg der Computer, verbunden mit der Friedensdividende des fallenden eisernen Vorhangs und des damit verbundenen Eintritts von Milliarden Menschen in die Weltwirtschaft. Das hat die Produktivität und Wertschöpfung weltweit massiv erhöht. Und damit waren die Firmen wirklich und zu recht "mehr wert". Und auch wenn es dann in 2000 eine Übertreibung nach oben gab, ist das Ergebnis dieses Produktivitätsschubs immer noch erhalten, das zeigt auch der Kursverlauf des DAX Kursindex.

Seit 2000 aber, gab es keine umwälzenden Änderungen mehr in der Welt, keine neue Phase der Produktivitätssteigerung, die prinzipiell eine höhere Bewertung von Firmen rechtfertigen würde. Aber - auch die langfristige Wirtschaft beliebt in Zyklen zu schwingen - dieses Chart mit seinem zulaufenden Dreieck deutet etwas an. Irgendwann wird dieses Dreieck enden und nach dieser jahrzentelangen Kompression und Seitwärtsbewegung, werden die Bewertungen dann wirklich nach oben ausbrechen. Und zwar massiv. Denn dann wird ein neuer bullischer Zyklus aus der Asche dieser Seitwärtsbewegung geboren.

Und der Katalysator dafür werden nicht irgendwelche Notenbank-Aktionen sein. Nein, die schaden eher und führen nur zu diesen sinnlosen Schwingungen, wie wir sie hier sehen. Boom & Bust. Echte Innovation entsteht eben nicht aus fiskalischen Spielereien und dem Bedrucken von Baumwollpapier, um Geldscheine zu produzieren. Nein, der nächste Zyklus wird durch das "nächste grosse Ding", die nächste Innovation induziert, die die Welt erneut so umkrempelt, wie zuletzt die Computer. Vielleicht wird es der Biotech Bereich sein, im Sinne "Human Engineering" - das ist mein "heisser" Tip für das "nächste grosse Ding". Oder es wird aus dem entstehen, was wir heute 3D Druck nennen, um am Ende die industrielle "Replikation aller Dinge" darzustellen. Oder es wird etwas ganz anderes, das wir noch nicht auf dem Radar haben.

Der Punkt ist: Der bedeutende Ausbruch ist nicht das, was wir heute im verzerrenden DAX Performance Index sehen. Der grosse Ausbruch kommt dann, dann aber richtig, wenn der DAX Kursindex mit Macht diese Konsolidierung seit 2000 verlässt. Denn dann ziehen die Bewertungen der Unternehmen wieder wirklich an. Und dann, wenn der Kursindex das tut, dann wird der DAX Performance-Index auch ganz schnell bei 20.000 stehen. Das ist dann einfach nur noch simple Mathematik.

Insofern sind DAX 20.000 noch in diesem Jahrzehnt keineswegs völlig unwahrscheinlich. Es braucht nur das "nächste grosse Ding", das die Welt in einen neue Phase der Produktivitätsgewinne katapultiert. Und wenn der Fall in diesem Jahrzehnt noch eintritt, bitte ich doch herzlich darum, dass ich dann auch den Titel "Mr. 20000" bekomme und bitte auch durch Fernsehen und Magazine herum gereicht werde. 😉

Ihnen einen schönen Tag !

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IBEX35 oder Viva España !

Wir sind hier bei Mr. Market schon über ein Jahr am spanischen Aktienmarkt in Form des IBEX35 Index dran. Eigentlich seit sich dieser beeindruckende Doppelboden gebildet hat.

Auch Artikel hat es immer wieder gegeben, so zuletzt am 01.08. unter dem Titel -> IBEX35 vor dem Ausbruch <-.

Genau dieser Ausbruch hat sich nun bewahrheitet und für mich stellt der spanische Aktienmarkt eine der interessantesten Gelegenheiten im Universum der Indizes dar, um mit langfristigem Zeithorizont deutlich zu profitieren.

Das ich Spanien aus den Euro-Ländern des Mittelmeeres so heraus greife liegt daran, dass das Land nicht diese politische Lähmung wie Italien besitzt und bei allen Problemen die auch Spanien mit Korruption hat, doch am Ende immer noch vergleichsweise funktionierende staatliche Institutionen besitzt, zumindest wenn man es relativ mit Griechenland vergleicht.

Gleichzeitig ist Spanien durch eine Rosskur gegangen, die zwar im Binnenmarkt noch zu keinen grossen Verbesserungen geführt hat - wiewohl auch dort erste Pflänzchen blühen - die aber zunächst den exportorientierten Unternehmen bessere Wettbewerbsfähigkeit verschafft hat. Und mittlerweile zeigen auch die Daten zur industriellen Produktion langsam nach oben.

Auch kulturell muss man positiv sagen, dass die Spanier ein stolzes und zur harten Arbeit bereites Volk sind. Und der brutale Einbruch fusste ja auch nicht perse auf breiter gesellschaftlicher Korruption und Misswirtschaft wie in Griechenland, er fusste auf einer Immobilienblase, die durch die Verzerrungseffekte des Euros hervor gerufen wurde und nicht dem einzelnen spanischen Bürger anzulasten ist.

So hat Spanien in meinen Augen alle Voraussetzungen, um nach dieser Rosskur wieder Hoffnung zu schöpfen, wenn die Politik nun nicht in der Eurozone das grosse Chaos anrichten sollte. Und genau das kann man auch am IBEX35 bewundern, hier im langfristigen Wochenchart:

IBEX35 24.09.13

Sie sehen, dass man die über ein Jahr andauernde Seitwärtskonsolidierung nach dem Doppelboden 2012, im Nachhinein auch als zwei Bullenflaggen interpretieren kann. Der am 01.08. im Artikel indizierte Ausbruch hat nach Lehrbuch stattgefunden, inklusive Re-Test des Flaggen-Ausbruch von oben am 30.08.

Das sieht sehr gut aus und aus langfristiger Perspektive erscheint mir der IBEX35 als eine der attraktivsten Wetten im Universum der Indizes. Kurzfristig ist ein Re-Test der Ausbruchszone von oben durchaus denkbar.

Um das Bild dabei in eine grössere Perspektive zu stellen, zeigen ich Ihnen nun auch noch den IBEX35 im Chart mit Monats-Kerzen. Eine Darstellung die höchst selten zu sehen ist, die bis 1994 zurück reicht und interessante Einblicke ermöglicht.

IBEX35 24.09.13 Monat

Sie sehen sofort die Parallelität der Strukturen. Wie der IBEX35 2003 aus den Tiefs heraus kam und nun heute wieder, hat grosse Ähnlichkeit.

Ich bin in meinem Investmentdepot auf jeden Fall im IBEX35 auf der Long-Seite dabei. Die Risiken liegen primär im politischen Bereich der Eurozone. Und eine sinnvolle Absicherung dagegen, wäre ein Stop unter dem Retest vom 30.08.. Wenn der Ausbruch Bestand hat, sollte der IBEX35 nicht mehr unter 8200 tauchen.

Von diesem Risiko abgesehen - ohne Risiko gibt es auch keine Chancen - spricht aber viel dafür, dass ich in den kommenden Monaten und Jahren noch öfters aus vollem Halse rufen kann:

Viva España ! 😉

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Bernanke reloaded ? – S&P500 on stairway to heaven ?

Déjà-vu ! Da sind wir also wieder, wo wir seit November 2012 dank Ben Bernanke schon so oft waren. Denn es läuft immer gleich:

Der Markt steigt und ist auf Höchstständen. Dann kommt etwas Sorge hinein, dass es dieses mal "der" ultimative Top sein könnte. Auslöser für die Sorge kann alles mögliche sein, das ist letztlich egal. Denn das Ergebnis ist auch immer klar, um an ein Bonmot aus dem Fussball anzuknüpfen:

"Börse ist ein einfaches Spiel, tausende kluge Leute wetten auf die Kurse, und am Ende gewinnt immer die FED." 😉

Wir haben diese V-förmigen Wende durch Einfluss der FED jetzt seit dem November 2012 - als Bernanke seinen Stimulus auf 85 Milliarden pro Monat hochdrehte - geschlagene 5 mal immer identisch erlebt. Langsam sind wir alle wie pawlowsche Hunde darauf progammiert. Eine V-förmige Wende, wie es sie in den prähistorischen "Vor-Fed-Zeiten", also sozusagen in der Steinzeit der Börsen, höchst selten gegeben hat.

Schauen Sie doch einfach mal auf das Chart des weltweiten Leitindex S&P500 mit Tageskerzen:

S&P500 20.09.13

Beeindruckend dieser Trend oder ? Mit perfekter Zyklizität kommen diese V-Wenden, weswegen nun wahrscheinlich alle, inklusive Joe Sixpack und Max Müller, genau auf das identische Muster wetten werden. Was 5 mal klappt, wird doch auch 6 mal klappen, oder ? Und die Wahrheit ist: ja, die Wahrscheinlichkeit dafür ist ziemlich gross.

Und jetzt berücksichtigen Sie bitte, dass genau dieser Bernanke gerade hat verlauten lassen, dass sich die FED noch nicht traut, einen Abbau des Stimulus zu beginnen, weil die ökonomischen Daten noch zu schlecht seien.

Hallo ? Hatte Börse nicht früher - Sie wissen schon, in der Börsen-Steinzeit - genau mal was mit ökonomischen Daten zu tun ? Warum steigen die Börsen und steigen, wenn die ökonomische Entwicklung nach Ansicht der Notenbanken nicht ausreichend ist ? Wie passt dieses Chart mit der wirtschaftlichen Realität auch in den USA zusammen ?

Die Antwort ist offensichtlich: gar nicht. Das ist ein Markt auf Steroiden. Steroide, die vom Dealer "Notenbank" ausgegeben werden. Und alle fragen sich: kann das ewig so weiter gehen ?

Nein, natürlich nicht. Mit jedem weiteren Schub wird das böse Ende nur härter. Stellen Sie sich nun mal vor, die FED würde den Stimulus nun wegnehmen. Dann würden Sie aber einen Luftballon platzen hören ! Die Reaktionen auf vage Andeutungen eines Tapering waren ja schon ein Vorgeschmack und dieses Chart zeigt auch klar, was dann der S&P500 machen würde: zurück auf Los ! Was wohl kaum wirklich schlimm wäre, die 1350 von November 2012 spiegeln viel eher die wirtschaftliche Realität wieder und sind immer noch historisch gesehen "gute" Kurse.

Nur was nützt uns dieses Wissen ? Gar nichts, denn bis es so weit ist, kann der Markt noch 5 weitere solcher V-förmigen Rebounds vollziehen und bei 2000 stehen. Und bis dahin können noch Jahre vergehen. Es nützt einfach nichts zu wissen, dass es "irgendwann" mal ein böses Ende nimmt. Will man in der Gegenwart Geld verdienen, muss man mit dem Trend gehen, solange er existiert. Und der Trend ist offensichtlich - bis er irgendwann überraschend bricht. Vielleicht ist dieser Tag schon bald, vielleicht auch erst 2015 - wir wissen es nicht.

Übrigens habe ich bewusst die beiden blauen Kreise eingezeichnet. Sehen Sie die perfekte Parallelität der Bewegungen aus dem April Boden und aus dem August Boden heraus ? Selbst die kleinen Korrekturzonen sind identisch.

Was wir da sehen ist eine klassische 1-2-3-4-5 Bewegung im Aufwärtstrend, was die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass wir gerade in Konsolidierung 4 sind und uns der finale Schub dieses Zyklus noch bevor steht, bevor dann eine Korrektur einsetzt. Aber das nur am Rande.

Wenn Sie sich jetzt fragen, ob diese Entwicklung sich durch die/den neuen FED Chef ändern würde, habe ich einen vielleicht überraschenden Gedanken für Sie:

Wer hat den gesagt, dass Bernanke gehen will ? Er selber nie und ich bin sicher, er will bleiben und seine Strategie zu Ende bringen und so in die Geschichtsbücher der grössten Notenbankchefs aller Zeiten eingehen. Nein, es war Obama der einen anderen Kandidaten wollte. Und es war Obama, der die Andeutungen zum Ende der Amtszeit von Bernanke machte.

Dieser andere Kandidat mit Namen Larry Summers wurde Obama nun aber aus der Hand geschlagen. Und was bringt es Obama nun, Bernanke gegen Janet Yellen auszutauschen, die nicht nur eine identische Strategie wie Bernanke verfolgen dürfte, sondern mit der - nach dem was man hört - Obama ebenso wenig klar zu kommen scheint, wie mit Bernanke und vielen anderen Persönlichkeiten.

Vor diesem Hintergrund habe ich mit grosser Aufmerksamkeit die gestrige Bemerkung unseres weisen Freundes Warren Buffet gelesen, der bekanntermaßen einen exzellenten Draht zu Mr. Obama hat: -> Buffet says Bernanke should stay <-.

Mit so etwas wagt sich der gute Warren nur dann öffentlich heraus, wenn die Frage tatsächlich auf der Agenda steht, so viel ist klar. Erstaunlich, dass es noch niemand auf dem Radar zu haben scheint, dass Bernanke vielleicht eine weitere Amtszeit bekommt. Mit Buffets Äusserung hat das für mich eine gute Wahrscheinlichkeit bekommen. Und den überraschenden Verzicht auf jedes Tapering gestern, kann man auch als Bewerbungsschreiben interpretieren, wenn man will.

Und was würde der Markt machen, wenn er hört, dass der gute Helikopter Ben bleibt ? Er würde es lieben, weil der Markt liebt Beständigkeit, zumal wenn diese Beständigkeit immer neue leckere Würstchen zum Fressen gibt. Womit wir bei Phase 5 der aktuellen Aufwärtsbewegung wären und der Kreis sich schliesst.

Schauen wir also mal, ob der alte, weise und gut vernetzte Mann mal wieder was hat läuten hören und der ewige Ben uns vielleicht erhalten bleibt. Und ob der Markt auf einer ewigen Leiter bis in den Himmel klettert.

In diesem Sinne wünsche ich weiter viel Spass dabei, gegen die FED zu wetten, wir sehen uns dann in der Suppenküche ! 😯

Ihr Hari

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FED: Die Geister die man rief ….

Heute ein persönlicher Kommentar zum gestrigen Geschehen rund um die FED. Ich muss gestehen, ich bin von der gestrigen Entscheidung und der damit verbundenen Inkonsequenz ebenso überrascht wie entsetzt.

Was hat FED-Chef Ben Bernanke nicht für Aufwand betrieben, um die Märkte auf ein langsames Ende des Stimulus vorzubereiten. Seit Ende Juni ging es nur um diese Frage und die Märkte hatten mit einer bevorstehenden Rückführung des Stimulus längst ihren Frieden gemacht.

Die Bondrenditen am langen Ende stiegen wieder, die Aktienmärkte konnten sich aber nach einem kurzen Erschrecken wieder stabilisieren. Und die Wirtschaftsdaten in den USA wiesen auf eine zwar langsame, aber doch real vorhandene Erholung hin.

Der Saal war also bestellt, die Musik stand bereit, jetzt hätte die FED nur noch tanzen müssen und der Einstieg in den Entzug wäre ohne weitere Schäden vollzogen gewesen.

Und was tut die FED ? Im letzten Moment bekommt sie kalte Füsse. Warum ? Keine Ahnung, ich kann keinen objektiven Grund sehen. Auch die Bondrenditen der 10-jährigen wären selbst mit einem mässigen Tapering wohl nicht weiter gestiegen, das war längst eingepreist.

Hinter der vordergründigen Begeisterung des Marktes über dieses unerwartete Geschenk lauern daher nun böse Geister, die nun möglicherweise freigelassen wurden.

Die Frage nämlich, ob die FED überhaupt noch einen Entzug hinbekommt, wenn sie es selbst nach so einer wunderbaren Vorbereitung nicht schafft.

Die damit verbundene Frage, ob wir nicht einen historischen Moment erlebt haben. Den Moment an dem die FED zu erkennen gegeben hat, dass sie ein Kaiser ohne Kleider ist. Der Moment in dem der Weg zu einer Währungskrise massiv Fahrt aufnahm.

Denn wir müssen uns unbedingt klar machen: die Macht der Notenbanken beruht nicht primär auf den monetären Entscheidungen die sie treffen, auch Geldpolitik ist nicht allmächtig. Sie beruht vielmehr auf dem Ruf wie Donnerhall, der sich im Sprichwort "Don´t fight the FED" wiederspiegelt.

Mit diesem Ruf kann die Notenbank mit wenigen Worten die Märkte bewegen. Was aber passiert nun, wo wir gesehen haben, das das Gerede der FED Spitze über Monate dann doch nicht ernst zu nehmen ist ?

Das der Markt sofort angefangen hat in diese Richtung zu denken, konnten wie am Dollar Index sehen, der massiv eingebrochen ist. Und am Edelmetallsektor, der in einem massiven Short-Squeeze dieses mal wahrscheinlich sogar die Goldmänner und JP Morgans dieser Welt überrollt hat. Denn wenn man eine Währungskrise und massive Abwertung erwartet, ist Gold die ultimative Alternativwährung, die man haben muss. Dieser Zusammenhang war zuletzt in Indien hervorragend zu bewundern, wo während der Abwertung der Rupie der Goldimport so hoch ging, dass die Regierung nun versucht mit Einfuhrsteuern gegen zu halten.

Es wird der indischen Regierung im übrigen nicht gelingen. Solange das Kernproblem - die brutale Schwäche der Papierwährung - nicht gelöst ist, macht jede Verteuerung und Erschwerung des Erwerb dessen, was man kaum mehr bekommen kann, nur noch attraktiver.

Insofern hat die Schwäche des Dollar nun auch etwas Gutes. Es gibt den Emerging Markets Luft und wird die Aktienmärkte von Brasilien bis Indonesien kurzfristig befeuern.

Umgedreht bin ich mir bei den langfristigen Bondrenditen aber nicht sicher, ob das Verhalten der FED nun nicht den gegenteiligen Effekt auslöst, als erwünscht. Hätte ich jetzt ein grosses Portfolio an US Staatsanleihen, würde ich jetzt erst richtig kalte Füsse bekommen. In dem Moment, wo mein Vertrauen in die FED schwindet, ob die die Lage im Griff hat. Ich würde nun jede temporäre Stärke zum Ausstieg nutzen.

Und wenn die institutionellen Anleger nun ähnliche Schlüsse ziehen, kann es der FED passieren, dass nach einem kurzen Bounce die Renditen nun richtig anziehen. Und dann sitzt die FED brutal in der Falle und der Markt wird das wittern und alles noch schlimmer machen, weil alle gleichzeitig zum Ausgang rennen.

Die Kernfrage bleibt also:

Macht sich der Dollar auf den Weg einer massiven Entwertung, weil die FED in der Sackgasse steckt ? Und wenn die FED dann doch die Zügel strafft, werden die Entzugserscheinungen der Märkte noch weit intensiver sein, als alles was wir im Sommer erlebt haben. Die FED spielt nun mit dem Feuer. Sie spielt mit ihrer Reputation und dem Glauben der Märkte, dass die FED alles im Griff hat. Diese Spiel ist brandgefährlich und ich kann einfach nicht verstehen, warum sich die FED Mitglieder darauf nun ohne zwingende Not eingelassen haben.

Insofern - mit Verlaub meine Damen und Herren im FOMC Ausschuss - war das für mich die dümmste und schlechteste Entscheidung, die sie hätten treffen können.

Und für uns als Anleger gilt: diese Entscheidung hat die Märkte nicht stabiler gemacht. Im Gegenteil, die Risiken sind weiter gestiegen, der Einsatz wird erhöht. Geht dieses historisch einmalige Experiment am Herzen des Weltwährungssystems gut aus ? Ich hoffe es sehr, weil ich mir die schlimmen Konsequenzen vorstellen kann, wenn nicht. Alleine mir fehlt zunehmend der Glaube.

Betrachten wir also die Gewinne die wir nun machen können, als Winterspeck, den wir uns auf die Rippen legen sollten. Die Winterstürme kommen, das erscheint mir sicher. Vorher dürfen wir aber vielleicht noch einen goldenen Herbst erleben, in dem die Natur typischerweise in einer letzten Aufwallung ihre Kraft verbraucht.

Ihr Hari

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FED Day – Wie Sie den Tag der Volatilität und Reversals überstehen

Nun ist er also da, der lange erwartete und gefürchtete "FED Day", an dem die FED sich zum potentiellen "Tapering" ihres massiven Stimulus von aktuell 85 Milliarden USD pro Monat äussern wird.

Viel wurde dazu geschrieben und wird heute geschrieben und spekuliert werden, was die FED machen sollte, würde, könnte. Und unter welchem Druck die FED hier in die eine Richtung und da in die andere Richtung steht.

Für uns als Anleger ist das alles irrelevant. Verbuchen Sie das unter "Entertainment" - nett zu lesen, aber irrelevant. Denn wir kennen die Zukunft nicht und die Autoren der diversen Spekulationen auch nicht. Vielleicht mit Ausnahme von Jon Hilsenrath, den viele als Sprachrohr Bernankes betrachten, aber das ist eine andere Geschichte. 😉

Wichtig ist dagegen sich bewusst zu machen, welche Erwartungen der Markt nun aufgebaut hat. Denn diese Erwartungen sind real, sind erkennbar und werden die Kursentwicklung nach dem heutigen FED-Event bestimmen. Denn Kurse bewegen sich nicht aufgrund von Nachrichten. Sie bewegen sich aufgrund der Anpassung der Erwartungen der Marktteilnehmer - Erwartungen, die wiederum durch Nachrichten beeinflusst werden. Der Unterschied ist bedeutend, wenn Sie Marktbewegungen verstehen wollen.

Schauen wir also mal gemeinsam, was man aus meiner Sicht heute im Vorfeld des FED Spektakels wissen sollte:

(1)

Die Konsens-Erwartungen des Marktes bewegen sich nach meiner Einschätzung im Bereich eines gesichtswahrenden "Alibi-Taperings" von 10-15 Milliarden USD - so dass 70-75 Milliarden USD monatlicher Stimulus übrig bleiben. Abweichungen davon nach oben oder unten, werden zu einer Anpassung der Erwartungen und damit zu deutlichen Marktbewegungen führen.

Darüber hinaus wird ebenso wichtig sein, ob schon ein konkreter Fahrplan für weiteren Abbau genannt wird, oder es erst einmal bei dem einen konkreten Tapering bleibt und die FED ansonsten eine "wait and see" Haltung einnimmt. Letzters betrachte ich als Konsens, ein klarer Fahrplan wäre also eine negative Überraschung.

(2)

Schon vor dem Event, wird der Markt heute immer nervöser und volatiler werden. Wenn dann aber heute um 20 Uhr endlich das FOMC Statement den Markt erreicht, werden Sie sofort einen gewaltigen Schub an Volatilität erleben. Innerhalb einer Millisekunden haben die mittlerweile dominanten, semi-intelligenten Algos den Text auf Keywörter analysiert und automatische Handelssysteme erste Orders erteilt.

Erst Minuten danach, werden die ersten menschlichen Reaktion in den Markt kommen, weil Schnellleser das Statement durchgearbeitet haben und erste Schlüsse ziehen.

Der vermeintliche Zeitvorteil der Algos ist aber kein wirklicher, die Algos sind noch nicht intelligent genug um echte Schlüsse aus den Worten zu ziehen. Wenn sich Bernanke mal einen Spass erlauben könnte, müsste er in den oberen Teil des FOMC Statements einen Satz wie: "Das Komitee hat ein massives Tapering um 40 Milliarden ernsthaft erwogen, dem in einem Monat die völlige Rückführung folgen soll". Um dann ganz am Ende des FOMC Statements den Satz folgen zu lassen: "oben genannte Strategie wurde vom Komitee verworfen und keine Anpassung vorgenommen".

Das wäre ein Spektakel zu beobachten. Sofortige brutale Reaktion auf den ersten Satz und dann Minuten später die Kehrtwende. 😉

Das wird aber nicht passieren, die Märkte werden aber mit Sicherheit ab 20 Uhr brutal hin und her schwingen, eine wirkliche Richtung wird sich aber nicht etablieren, denn dann geht das Warten auf Bernankes Pressekonferenz los, die ab 20.30 Uhr starten soll.

Wenn Sie Zeit und Lust haben, dann verfolgen Sie diese Pressekonferenz mal Live und packen sich daneben die Live-Kurse von S&P500 und Gold auf den Schirm. Sie werden eindrucksvoll beobachten können, wie Worte die Märkte bewegen - den Puls von Mr. Market sozusagen.

(3)

Aufgrund dieser massiv ansteigenden Volatilität, sollten Anleger vor dem Event alle Positionen schliessen, derer sie sich nicht sicher sind, die sie nicht bewusst in das Event hinein halten wollen, oder die sie nicht sowieso mit einem langfristigen Horizont halten. Enge Stops im System machen heute Abend keinerlei Sinn, man wird dann nur in die eine oder andere Richtung raus geworfen, um gleich danach die Wende der Kurse zu sehen. Stops müssen also weiter entfernt sein oder ganz aus dem System raus und nur gedanklich verfolgt werden.

(4)

Ein ganz typisches Muster solcher "Inflection-Points" ist, dass der Markt diese als Katalysator für eine Kehrtwende auf der kurzfristigen Zeitebene benutzt. Diese Kehrtwende kommt unabhängig vom Ereignis selber einfach deshalb, weil sich "Big Money" diesen Trade so zurecht gelegt hat.

Auch aktuell machen S&P500 nach oben und Gold nach unten auf mich den Eindruck, als ob die Kurse im Vorfeld zurecht gelegt wurden, um maximal von einem Swing zu profitieren.

Wenn Sie jetzt aber denken, dass diese Swings sofort nach 20 Uhr einsetzen, liegen Sie falsch. Im Gegenteil, den maximalen Schmerz verursacht der Markt immer dann, wenn er erst einmal in einem Fake-Move die falsche Richtung andeutet und so weit geht, dass Stops in Massen gezogen werden, nur um dann zu drehen.

Beim S&P500 wäre das ein absolutes Hoch über 1710, das der Markt dann in einem grossen, beeindruckenden Schub ansteuert, nur um genau dann zu drehen, wenn alle Shorts gecovered haben.

Bei Gold wäre es umgedreht, ein Schub unter das Tief vom 07.08. bei 1272 USD würde jede Menge Stops auslösen, worauf der Markt dann temporär steigen kann.

Und auch bei den US Staatsanleihen scheint der Markt reif für ein Reversal zu sein, wohl kaum aber ohne vorher noch einen weiteren Absturz anzutäuschen.

Bedenken Sie bitte, das ist keine Prognose meinerseits, ich mache keine Prognosen über eine Zukunft die ich nicht kenne, das sollen andere machen, die den Lesern ihre Glaskugel verkaufen.

Was ich beschreibe ist einfach die Technik, wie sich "Smart Money" an solchen wichtigen Wendepunkten den Markt gerne zurecht legt, um daraus bei "Dumb Money" den maximalen Ertrag zu ziehen.

Berücksichtigen Sie solche Mechanismen also besser bei der Vorbereitung Ihrer Positionen auf heute Abend. Bleiben Sie aber ansonsten offen und legen sich nicht auf eine Richtung fest, gedankliche Flexibilität ist Trumpf.

(5)

Wenn heute und morgen solche Reversals gespielt werden wie oben angedeutet, sollten Sie aber bedenken, dass das nur temporäre Spielchen von "Smart Money" und seinen Algos sind. Diese Spielchen laufen typischerweise innerhalb von Tagen aus, und dann haben auch die Investment-Komitees bei den ganzen grossen institutionellen Anlegern grundlegende Bewertungen des FED Entscheids zum Jahresende vorgenommen.

Dann kommen also die starken Hände in den Markt, die kommen um zu bleiben. Insofern sind die oben genannten Reversals möglicherweise nicht mehr als mehrtägige Gegenbewegungen, bevor die grossen, übergeordneten Trends wieder die Hoheit übernehmen. Und die lauten derzeit im S&P500 nach oben, bei Staatsanleihen nach unten (Renditen nach oben) und bei Gold - nun nach dem Bruch des kurzfristigen Aufwärtstrends - eher wieder nach unten.

So weit meine Sicht, wie Sie sich im Vorfeld vorbereiten können. Für "normale" Anleger, die diesen Swings nicht aktiv folgen können und wollen, macht es sicher Sinn, sich auf bewusste Basispositionen zu beschränken und ansonsten die Seitenlinie aufzusuchen. Wenn sich der Markt 2-3 Tage nach der FED wieder eingeschwungen hat, trifft man dann wie die institionellen Anleger die grundlegenden Entscheidungen für die weitere Anlagepolitik zum Jahresende.

Im Premium-Bereich werden wir uns heute im Vorfeld konkret anhand von Charts den möglichen Szenarien in den Indizes und Edelmetallen widmen. Am Abend werde ich dann die Entwicklungen ab 20 Uhr Live kommentieren.

Ich wünsche allen heute und morgen viel Erfolg !

Ihr Hari

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Eine dramatische Börsenwoche – Teil 2: To Taper or not to Taper

Der für die Börsen wichtigste Moment der Woche dürfte der Mittwoch Abend sein. Um 20 Uhr kommt die FOMC Aussage, in der die Entscheidung zum potentiellen Tapering enthalten sein dürfte. Ab voraussichtlich 20.30 Uhr spricht dann Ben Bernanke in einer Pressekonferenz und zuletzt waren immer das die Momente gewesen, in denen ein paar Worte den Markt massiv bewegt haben.

Richten Sie sich als am Mittwoch Abend auf sehr hektische und volatile Bewegungen ein. Denn die Märkte wissen, dass die Reaktion auf den FED Entscheid mit hoher Wahrscheinlichkeit den Ton der Märkte zum Jahresende bestimmen wird.

Der Marktkonsens ist dabei ein "Alibi-Tapering" von 10-15 Milliarden USD. So dass am Ende immer noch ein gewaltiger monatlicher Stimulus von 70-75 Milliarden USD übrig bleibt. Kommt die Aussage so wie erwartet, werden die Märkte wohl zunächst leicht positiv - weil erleichtert - reagieren.

Überraschende Abweichungen von diesem erwarteten Alibi-Tapering, werden dagegen zu erheblichen Ausschlägen führen. Denn damit rechnet schon deshalb niemand, weil alle davon ausgehen, dass Bernanke seinem(r) Nachfolger(in) nicht die Politik präjudizieren will.

Bei der Frage wie der Markt auf diese Abweichungen reagiert, gibt es aber einen Konsens, der in meinen Augen verfehlt ist. Dieses Missverständnis findet sich auch in den immer wieder zu hörenden Annahmen wieder, dass die Liquiditätsversorgung der Notenbanken unmittelbar zu Inflation führen müsste und deshalb auch Gold stützen müsste. Erst recht verfehlt sind aber die platten Behauptungen der Gegenseite, dass die Tatsache, dass wir nun seit Jahren keine relevante Inflation haben, der Beweis sei, dass die Notenbankpolitik nicht inflationär wirke.

Denn völlig übersehen wird dabei die Funktion der Banken als Intermediäre zwischen der Notenbank und der realen Wirtschaft. Es ist schon richtig, eine deutliche Erhöhung der Geldmenge führt früher oder später zur Inflation - das aber nur, wenn die Geldmenge auch den Wirtschaftskreislauf erreicht. Genau das passiert aber nicht, denn die Multimilliarden der Notenbanken versickern (noch) primär in den Bilanzen der Grossbanken und werden eben nicht an die Realwirtschaft ausgereicht. Erst wenn sich das ändert, wird aus der Geldmenge auch Inflation entstehen. Und da die Banken beim richtigen Katalysator ihre Politik auch schnell umstellen werden, kann diese inflationäre Entwicklung auch ganz schnell kommen.

In dem komplexen Spiel der Refinanzierung der Banken, spielt Gold dabei die Rolle eines "Collateral" (eines Pfands bzw. einer Sicherheit). Ich kann jetzt aus Platzgründen hier nicht im Detail aufdröseln, wie bei den Grossbanken die Bewegungen in den Bilanzen aussehen und ich will auch auf keinen Fall behaupten, dass ich das alles verstehe. Wer tut das schon ? 😉 Aber ich habe ein paar Vermutungen und gedankliche Modelle, ohne sie beweisen zu können, zumal Bank sicher nicht gleich Bank ist. Und wenn Sie wissen wollen, in welche Richtung die gehen, dann sollten Sie diesen brillianten Blog Beitrag -> Gold hit with another collateral shortage <- lesen, den ich den Premium-Mitgliedern schon am Sonntag gezeigt habe. Lesen Sie auch die voran gegangenen Beiträge mal, wobei die Beiträge schon hohe Anforderungen an das Verständnis stellen und nicht für jedermann geeignet sind.

Etwas pauschal zusammen gefasst kann man also sagen: Ein starkes Tapering am Mittwoch wäre möglicherweise eher gut für Gold. Also invers zu dem, was man gemeinhin erwarten würde. Dass das so ist, können Sie auch nachvollziehen, wenn Sie sich in den letzten Jahren anschauen, was wann in Folge der QEs stieg und welche Assets gefallen sind. Und was sich nun geändert hat.

Auch heute früh konnten Sie den inversen Zusammenhang schon beobachten. Der Goldpreis war auf dem Weg nach oben, als die Nachricht vom Rückzug Summers als FED Chef kam. Damit wird Yellen wahrscheinlicher, die den Weg Bernankes nach Meinung der Märkte noch aggressiver fortsetzen würde. In Folge schiessen die Indizes nach oben und der Goldpreis verliert seine temporäre Stärke wieder.

Was ich Ihnen mit diesem Beispiel sagen will ist, dass die Dinge nicht so simpel sind, wie sie von all denen verkauft werden, die die Rolle der Banken als zentrale Drehscheibe der Geldversorgung nicht verstehen. Der Markt wird defacto im Grossbankensystem gemacht und das ist seit Lehman nicht besser und transparenter, sondern noch schlimmer und mächtiger geworden. Glauben Sie mir, ich gehöre zu denen, die am meisten an der Unfähigkeit unserer Politik verzweifeln, dieses Geschwür endlich aus dem Körper der Welt heraus zu schneiden. Siehe auch mein Beitrag zur Legende von der "bösen" Spekulation.

Wichtig ist also weniger, wie viel Geld die FED in den Markt kippt. Wichtig ist, was die Grossbanken in ihren Bilanzen und in ihrer Geschäftspolitik daraus machen. Und das Ergebnis dieses Umformungsprozesses durch das Bankensystem erreicht dann die Realwirtschaft und die Finanzmärkte. Und bewegt dort die Kurse. Das ist die traurige Realität. Gelernt hat die Politik aus Lehman nichts, die unheilige Allianz und gegenseitige Abhängigkeit zwischen den Staaten und der Grossfinanz, die die Staatsanleihen erwirbt und damit die Staaten finanziert, ist durch die Politik der Notenbanken eher noch stärker geworden. Und es war genau diese unheilige Allianz zwischen Politik und Bankensystem - in dem Fall zum Thema Hypothekenkredite - die die Krise 2008 erst aufgebaut hat.

Richten Sie sich also am Mittwoch auf ein paar Überraschungen ein, die Dinge sind nicht so wie es oberflächlich scheint. Und wenn Sie wie ich die Hoffnung haben, irgendwann mal wieder "freie Märkte" zu erleben und endlich ein Ende dieses Marktes auf Steroiden zu erleben, dann müssen Sie wie ich auf ein grosses Tapering hoffen. Denn auch wenn es kurzfristig dann mal in den Indizes rumpelt, langfristig muss diese Droge raus aus dem System, nur so können die Märkte ihre wirkliche volkswirtschaftliche Aufgabe ausführen: die Preisfindung für Unternehmen und Anleihen.

Und nur so bleibt uns ein zweites Lehman oder Schlimmeres erspart.

So weit zu dieser extrem spannenden Woche. Schnallen wir uns also an und im amerikanischen würde man sagen: "Brace for Impact !"

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Eine dramatische Börsenwoche – Teil 1: Bernankes Nachfolge und die Bundestagswahl

Eine der wichtigsten Börsenwochen des Jahres hat begonnen.

Eröffnet wurde sie standesgemäß. Und zwar mit dem Paukenschlag, dass der Favorit auf die Bernanke Nachfolge Larry Summer zurück gezogen hat und das offensichtlich unter massivem öffentlichen Druck. Die Wallstreet liebt es, denn deren Favoritin ist Janet Yellen, von der man erwartet noch aggressiver auf Stimulus zu setzen, als das Bernanke schon tat. Und so finden wir logischerweise den DAX heute früh auf historischen Höchstständen oberhalb 8600 wieder.

Allerdings wird die Freude wohl nur dann andauern, wenn es Yellen dann auch wird. Wie vom Wall Street Journal kolportiert, soll Obama nach einem "dritten" Kandidaten suchen und das würde die Unsicherheit eher erhöhen, der Markt mag Unsicherheit einfach nicht.

Am Ende der Woche dräut dann auch noch die Bundestagswahl und auch diese hat es in sich, denn bedingt durch unsere Wahlrecht mit der 5-Prozent-Hürde, wird die Regierung der grössten Volkswirtschaft der Eurozone möglicherweise nur von sehr wenigen Stimmen abhängen und damit eher "ausgewürfelt", als nach dem exakten Volkswillen festgelegt werden.

Denn es gibt 3 Parteien in Form der FDP, den Piraten und der AfD, bei denen völlig unklar ist, ob sie die 5-Prozent Hürde überspringen werden. Und so lassen sich, abhängig vielleicht von nur ganz wenigen realen Stimmen, unterschiedlichste Regierungsszenarien kreieren. Gewiss ist nur eines: Sie sollten unbedingt zur Wahl gehen, denn selten war das Ergebnis so unbestimmt wie dieses mal.

Die 5 Prozent Hürde macht das möglich, die damals von den Verfassungsvätern gewählt wurde, um "Weimarer Verhältnisse" zu verhindern. Das ist auch gelungen, hat aber umgedreht die Politverdrossenheit gefördert, denn es hat die Macht der schon im Bundestag vertretenen Parteien zementiert und dauerhaft ist es nur der Öko-Bewegung durch die "Grünen" in der Geschichte der Republik gelungen, dieses Kartell der Etablierten ein einziges Mal aus eigener Kraft aufzubrechen. Die Linke kann man da nicht zählen, die hat ja ihre Wähler durch die Wiedervereinigung mitgebracht und war quasi sofort oberhalb der Schranke.

Ich persönlich würde eine Absenkung auf zum Beispiel 2-3% für demokratisch geboten halten, um im Bundestag wirklich den Volkswillen abzubilden und für ein lebendigeres Parlament zu sorgen. Mit einer Hürde von 2-3% kann man immer noch eine zu grosse Zersplitterung verhindern. Aber das ist nur meine Meinung, um unsere Demokratie lebendiger zu gestalten. Es wird kaum passieren, denn welches Interesse sollen die etablierten Parteien daran haben, die das Wahlrecht ändern müssten ?

Aber wie auch immer, die meisten der Szenarien der Bundestagswahl, werden die Märkte völlig unbeeindruckt lassen, da die aktuell im Bundestag vertretenen Parteien in ihrer Ausrichtung Richtung Europa und Aussenpolitik kaum zu unterscheiden sind. Und ob die aktuelle Koalition erhalten bleibt oder es eine grosse Koalition gibt, wird den Märkten bestenfalls ein Gähnen abringen.

Aber es gibt zwei Szenarien, über deren Folgen Sie sich im klaren sein sollten:

(1)

Falls Rot-Grün eine Mehrheit bekommt, zum Beispiel weil FDP und AfD gleichermassen an der 5-Prozent-Hürde scheitern - oder noch stärker, wenn es eine Rot-Grün-Linke Regierung gibt - sollten Sie nicht in deutschen Nebenwerten sein. Die internationalen Börsen wird das nicht weiter interessieren, im Gegenteil, den Südländern und ihren Renditen und damit dem Eurostoxx wird so ein Wahlergebnis eher gut tun, weil diese Parteien die Euro-Rettungspolitik der aktuellen Regierung monetär noch toppen wollen. Perse ist eine Rot-Grüne Regierung für die internationalen Märkte also auch eher "Schulterzucken" bzw. für Südeuropas Märkte positiv.

Aber bei der deutschen mittelständischen Exportindustrie, die man typischerweise in MDAX und SDAX wieder findet, dürfte das zu bösen Verkäufen führen. Und zwar neben der erwarteten Schwächung der Wettbewerbskraft, primär aus der von den Parteien verfolgten Vermögenssteuer heraus. Denn hier gibt es viele Familienunternehmen mit Ankeraktionären, die im Falle so einer Steuer Aktien verkaufen müssten, um die Steuer bedienen zu können und das wird der Markt sofort antizipieren. Das Musterbeispiel dieser Problematik unter den DAX Konzernen ist BMW, die Familie Quandt hält hier die Fäden in der Hand und die Börse würde die BMW Aktie in so einem Fall deshalb wohl erst einmal verkaufen und erst dann nachdenken.

(2)

Falls die AfD einen Überraschungserfolg gegen die Demoskopen Richtung 8-10% landet und - zum Beispiel weil FDP und Piraten draussen bleiben - defacto zum Zünglein an der Waage wird, könnte der einzige Fall eintreten, in dem die Bundestagswahl über den rein deutschen Aktienmarkt hinaus zu Verwerfungen führt. In diesem Fall darf man keine Aktien aus den europäischen Südländern haben und Bonds dieser Länder schon gar nicht. Die Märkte werden schnell die Frage stellen, ob sich durch die Existenz dieser Proteststimme im Parlament nicht sofort die Merkelsche "Rettungspolitik" ändert. Sich geänderten Strömungen anzupassen, darin hat die Bundeskanzlerin ja Meisterschaft entwickelt. 😉

Vordergründig würde es dann natürlich auf eine grosse Koalition hinaus laufen. Aber mit einer starken AfD im Nacken, wird entweder diese Koalition ihre Europa-Politik anpassen und schärfer deutsche Interessen vertreten. Oder es wird gar nicht zur grossen Koalition kommen, weil Merkel bewusst ist, dass die grossen Parteien dabei nur verlieren können. Wie man einen vermeintlichen Partner so umarmt, dass man ihn dann erdrückt, verdaut und ausspuckt - hat Merkel ja nicht nur mit der SPD vorgeführt, sondern eindrücklich auch an der FDP vorexerziert. Insofern werden sich die Märkte in dem Fall noch in der Wahlnacht die Frage stellen, ob wir hier eine erneute Wende der Regierungschefin ala "Energiewende" erleben, mit der sie sich der öffentlichen Stimmung anpasst. Und dieses Risiko würden die Aktienmärkte sofort in die Kurse der Aktien und Anleihen Südeuropas einpreisen. Ob es dann ein paar Wochen später tatsächlich eintritt, ist eine ganz andere Frage.

So weit meine Sicht auf die Bundestagswahl aus der Warte der Märkte. Das wahrscheinliche Szenario ist also ein grosses Gähnen und nur in den beiden obigen Szenarien sehe ich direkte Auswirkungen, die uns im Vorfeld bewusst sein sollten.

Das wichtigste Thema der Woche ist aber die FED Sitzung am Mittwoch mit der Frage des "Tapering". Dazu folgt heute noch ein zweiter Teil der Vorschau.

Ihr Hari

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Die Legende von der „bösen“ Spekulation

Es gibt Artikel, die will man schon immer schreiben. Und Reden, die man schon immer mal halten wollte. Weil Sie grundsätzlicher Natur sind. Und weil sie unbedingt mal gesagt werden müssen.

Nur tut man es nie, weil sie wie ein langer Roman viel Arbeit machen und man überhaupt erst einmal einen Faden finden muss. Und weil immer irgend etwas Aktuelles dazwischenkommt und der Artikel sich wieder in den Hintergrund schiebt.

Bei mir ist das beim Thema der vermeintlich "bösen, bösen" Spekulation der Fall. Es ist ja eine der Lebenslügen unserer Gesellschaft, dass Spekulation per se etwas Böses und Zerstörerisches sei. Und dass diese unbedingt eingegrenzt, reguliert und verhindert werden muss.

Gegen diesen Konsens etwas zu sagen oder zu schreiben, hat schon fast den Charakter einer Gotteslästerung. Man kommt sozusagen wie Galileo Galilei vor die gesellschaftliche Inquisition und muss öffentlich Abbitte leisten, wenn man sich nicht Beschimpfungen und Schlimmerem aussetzen will.

Leider kann ich nicht anders und muss um der Wahrheit willen einfach sagen: "Und die Spekulation ist doch wichtig !". Im Mittelalter war der Konsens auch mal, dass alte, weise Kräuterfrauen "Hexen" seien, die man verbrennen müsste. Der gesellschaftliche Konsens hat also nicht immer Recht. 😉

Von mit Testosteron geschwängerten "Masters of the Universe"

Erschwert wird eine sinnvolle Argumentation leider massiv durch das wahnwitzige Gebaren, das gelgehaarte Jünglinge mit zu viel Testosteron im Blut, in den Handelsräumen der Grossbanken dieser Welt an den Tag legen. Wer sich für die "Masters of the Universe" hält, weil er Kurse durch eigene Marktmacht manipulieren kann, gehört in psychologische Behandlung, aber nicht vor einen Trading-Desk, mit dem man Milliarden bewegen kann.

Das sind ohne Frage Exzesse, die keinen gesellschaftlichen Zweck haben. Und dass diese überhaupt möglich sind, müssen sich primär die Politiker vorwerfen lassen, die nun so lautstark über Spekulation per se schimpfen. Denn erst durch politische Entscheidungen - wie den "Glass Steagall Act" zu Zeiten Bill Clintons aufzuheben - wurde der Boden für diese Exzesse bereitet. Und auch heute könnte die Politik dem schnell ein Ende machen, wenn Sie endlich ein hartes Trennbankensystem wieder einführen würde. Ich habe das in Artikeln wie -> Bankenregulierung - ein Kasperletheater <- oder -> Deutsche Bank zerschlagt sie endlich ! <- mehrfach und überdeutlich thematisiert. Nur tut die Politik genau das nicht. Aber das ist eine andere Geschichte.

Tatsache ist aber, dass die Spekulation per se eine der wichtigsten zivilisatorischen Errungenschaften ist, ohne die unsere moderne Gesellschaft nicht existieren könnte. Ich werde das im Folgenden ausführen. Und nur weil es Auswüchse und von Testosteron umnebelte Gehirne in solchen Handelsräumen gibt, ist nicht Spekulation per se schlecht. Es gibt im Fussball auch Randalierer, Krakeler, Neonazis und alles mögliche. Der Abschaum der Menschheit ist manchmal im Fussballstadion zu finden. Ist deshalb der Sport Fussball pauschal ein schlechter Sport, den man unterbinden muss ?

Zu Recht würde der gesellschaftliche Konsens jeden, der so ein Argument für den Fussball aufbaut, in die Schranken weisen. Warum ? Weil alle wirklich wissen, worüber sie reden und deshalb die Randalierer als Auswuchs eines ansonsten schönen und wichtigen Sportes einordnen können. Anders ist das bei der Spekulation. Die ist von Unwissen geprägt, wie das mittelalterliche Wissen um das, was die Kräuterfrauen gemacht haben. Und was man nicht versteht, verbrennt man halt gerne mal auf dem Scheiterhaufen und lässt sich von Demagogen leiten.

Ein Lichtstrahl in der Dunkelheit

Und während ich also dazu schon lange etwas schreiben wollte, kam ein Lichtstrahl in das Dunkel der Unwissenheit. Und zwar in Form eines unbedingt! lesenswerten Artikels des WiWo Redakteurs Dieter Schnaas. Dieser ist nun auch Online erschienen und kann hier
-> Es lebe die Spekulation ! <-
nachgelesen werden. Ich kann nur dazu raten, das zu tun.

In dem Artikel sagt Schnaas viele Dinge, die ich auch schon immer sagen wollte und leitet den bedeutenden Wert her, den Spekulation für unsere zivilisatorische Entwicklung hat. Denn Spekulation ist weit mehr, als ein Trade vor einem Trading Desk. Es ist die Wette auf einen Gewinn in der Zukunft, die man mit Risiko in der Gegenwart eingeht. Auch Elon Musks Tesla oder SpaceX oder Solar City ist Spekulation pur und zwar im besten Sinne. Hohes Risiko, keinerlei Gewissheit über den Ausgang inklusive grosser Chance des Scheiterns. Und unermessliche Gewinne und eine Veränderung der Welt, wenn es gelingt. Auch das ist Spekulation. Und ohne den "Spekulanten" der auf Leute wie Elon Musk setzt und ihnen damit Kapital und Rückenwind verschafft, könnten diese nie erfolgreich sein. Und dafür braucht es zwingend einen Markt für Unternehmensbeteiligungen, auch "Börse" genannt. 😉

Es sind die Kräfte der -> schöpferischen Zerstörung <- im Schumpeterschen Sinne, die den Fortschritt bringen. Erst durch die Kraft der Zerstörung kommt oft der Wandel, auf dem Besseres gedeihen kann. Ohne die Zerstörung, beginnt die Welt langsam wie in Bernstein zu erstarren.

Was konservativ mit konservieren zu tun hat

Und da sind wir auch bei dem Punkt, in dem ich die Gedanken von Dieter Schnaas weiter führen will. Denn hinter der Ablehnung der Spekulation steht oft eine weit tiefer gehenden Denkstruktur bei den Menschen. Es ist kein Zufall, dass sich Menschen, die die Welt und Natur fast ausschliesslich im Sinne des Wortes "bewahren" betrachten, besonders oft kritisch zur Spekulation äussern und diese vehement ablehnen. Und zwar der Kirchenmann auf der Kanzel ebenso, wie der Öko-Aktivist mit dem Megaphon in der Hand, obwohl die beiden sonst in der Regel nicht viel gemein haben.

Der Begriff des konservativen Denkens ist dafür genau zutreffend. Wer primär bewahren will und erhalten und Veränderung vermeidet, denkt konservativ - ist es nicht notwendigerweise im politischen, verdreht gebrauchten Sinne, aber denkt so im eigentlichen Sinn des Wortes. Er/Sie "konserviert". Um das vom politischen Begriff "konservativ" abzugrenzen, nennt man diese Denkstrukturen auch "strukturkonservativ" oder "wertkonservativ" und die finden sich unter allen politischen Flaggen.

Dahinter steht eine Lebensphilosophie, die die Welt eher statisch bewahren will und den Wandel eher als Bedrohung empfindet. Das ist auch verständlich und will ich gar nicht kritisieren, wir Menschen sind ja auch wie Nussschalen auf dem grossen welligen Ozean des Lebens und unser Leben in weiten Teilen davon geprägt, diese Unsicherheiten irgendwie beherrschbar zu machen. Es ist unser Überlebenswille, der uns von einer Welt wie einem Schrebergarten träumen lässt, in der alles seinen Platz hat, schön anzuschauen ist und keine Überraschungen drohen. Genau das ist "strukturkonservativ" und menschlich sehr verständlich. Und es ist ja auch vieles "bewahrenswert" und ich bin der Letzte, der das nicht so sieht. Nur vergisst eine zu einseitige Sicht darauf, dass die Welt auch den Wandel braucht, um voran zu schreiten.

Dummerweise ist es genau dieser gefürchtete Wandel und die permanente, damit einher gehende Zerstörung, die wesentlich daran mitwirkt, dass diese herrliche und bewundernswerte Natur um uns herum überhaupt erst hervor gebracht wurde ! Und ohne die Schumpetersche Zerstörung wäre die Menschheit auch nicht existent und die Welt noch von Dinosauriern bevölkert. Nur gut, dass damals niemand da war, der die Dinosaurier vor dem Aussterben geschützt hat, ich würde heute hier wohl nicht schreiben. 😉 Nein genau genommen, wäre das Leben noch nicht einmal aus dem Urmeer gekrochen. Wozu denn auch, ist doch unter Wasser auch schön ? 😉

Schumpeters schöpferische Zerstörung am Werk

Ich hatte in diesem Zusammenhang ein eindrückliches Erlebnis vor ziemlich genau 30 Jahren. Ich war im Raum Tübingen vor dem Albtrauf und in der Nähe im Raum Mössingen kam auf einer Breite von ca. einem Kilometer der Albtrauf in Form eines Bergrutsches herunter. Alle Bäume vernichtet und alles nur Staub und Dreck und Steine: -> Bergrutsch bei Mössingen <-

Es war damals die Zeit der Panik vor dem "Sauren Regen" und dem "Waldsterben" und entsprechend waren die Reaktionen. Untergangsszenarien wurden alarmistisch gemalt, nach denen bald die ganze Schwäbische Alb so aussehen würde, wenn wir jetzt nicht dringend "einhalten würden" usw. usw.

Die Jahre vergingen und die Natur ergriff wieder Besitz von der Brachfläche. Und bald danach kam ein Naturfreund dort vorbei und stellte das einzige ausseralpine Vorkommen von dieser Pflanze und jenem Insekt dort fest. Und der Bergrutsch wurde 1988 Naturschutzgebiet. Und ist ein Kleinod der Natur geworden, über den ich mich freue, da ich diese Monokultur-Wälder der industriellen Waldbewirtschaftung sowieso nicht leiden kann und Natur für mich etwas wildes, bewegtes und lebendes ist und eben kein gepflegter Garten, der immerdar gleich bleibt.

Was hatte der Bergsturz also bewirkt ? Er hat eine künstliche Monokultur hinweg gefegt und damit erst den Boden für all die seltenen Arten geschaffen, die dort nun siedeln. Die Vernichtung hat also erst den Fortschritt bewirkt. Schöpferische Zerstörung im besten Schumpeterschen Sinne.

Ich könnte endlos solche Beispiele bringen und am Ende ist es wie ich oben sagte: die Natur ist kein Schrebergarten im Bernsteinglas, in dem alles seinen festen Platz hat und auf keinen Fall verändert werden darf. Das sind schwärmerisch romantische Vorstellungen die einige haben, in so einer statischen Welt zu leben, wäre aber wohl eher ein Albtraum.

Die Natur und die Welt ist gewaltig, brutal, immer im Wandel und voller Überraschungen und Wunder. Sie kann die ganze Menschheit in genau 5 Minuten von jetzt vernichten, weil genau dann uns ein Gammablitz von einer Supernova in unserer näheren Sternumgebung erreicht, der derzeit schon unwiederruflich unterwegs ist. Sie kann aus der Antarktis einen Tropenwald machen und in Italien eine Eiswüste erzeugen, weil sie beliebt am morgigen Sonntag den 15.09. die Erdachse zu kippen, wie sie es schon oft so gerne gemacht hat.

Und am Ende schafft die Natur so den Raum, auf dem sich Neues entwickeln kann. Ohne diese Mechanismen wäre die Menschheit nicht existent und das Leben wäre nicht einmal aus den Ozeanen gekrochen. Und es gäbe für "Baumwächter" nichts zu bewachen. Das ist die Natur. Ihre Vielfalt und grandiose Schönheit entsteht aus dem Wandel und der schöpferischen Zerstörung. Stillstand ist dagegen völlig "unnatürlich".

Ohne Markt keine Arbeitsteilung und ohne Arbeitsteilung keine Zivilisation

Und was hat das mit der Spekulation zu tun ? Ganz viel. Denn die Spekulation ist nichts weiter als die zivilisatorische Triebfeder dieses wichtigen Prinzips der schöpferischen Zerstörung, mit dem sich der Fortschritt Bahn bricht. Denn nach der natürlichen Evolution hat mit dem Auftreten des Menschen auch eine gesellschaftliche und wissenschaftliche Evolution begonnen, die letztlich zu unserer mehr oder weniger "modernen" Zivilisation geführt hat. Und die Triebfeder dieser zivilisatorischen Entwicklung waren unter anderem entscheidende Erfindungen wie das Geld, der Markt und das alles angetrieben von der schöpferischen Kraft dessen, was man "Spekulation" nennt. Dem gestalterischen Versuch nämlich, sich in der Zukunft einen Vorteil zu verschaffen, in dem man in der Gegenwart Risiken eingeht.

Denn bitte bedenken Sie. Eine der wichtigsten Grundlagen unserer zivilisatorischen Entwicklung und der Entstehung von Musik, Theater, Wissenschaft usw. usw. ist die Arbeitsteilung. Erst die Arbeitsteilung hat ermöglicht, dass die Menschen über den täglichen Lebenskampf um Nahrung und Wasser hinaus schauen konnten und Zeit und Musse für Kultur und Wissenschaft und später Sport fanden. Denn erst die Arbeitsteilung ermöglicht uns, uns so zu spezialisieren, dass wir in dem was wir tun, immer besser werden und die Erfindung der Schrift hat dann ermöglicht, das weiterzugeben.

Wie kann aber die Arbeitsteilung gelingen, wenn der spezialisierte Bauer der nun dummerweise seine Ernte wegen der Jahreszeiten im Herbst einfahren muss, seine Rüben nicht gegen eine Wertaufbewahrung eintauschen kann, so dass er damit erst im Frühjahr zum Schneider gehen und sich eine neue Jacke kaufen kann ? Diese Wertaufbewahrung ist das Geld. Eine der wichtigsten zivilisatorischen Erfindungen überhaupt.

Aber das Geld alleine reicht nicht. Denn um Geld zu bekommen, muss der Bauer einen Käufer finden und es reicht einfach nicht, immer nur die 2 oder 3 Nachbarn in der Umgebung abzuklappern, die haben vielleicht schon selber Rüben. Also braucht es den Markt, eine weitere entscheidenen zivilisatorische Errungenschaft. Denn am Markt werden Käufer und Verkäufer zusammen geführt und so entsteht im freien Spiel von Angebot und Nachfrage ein Preis. Genau der Preis der Rüben im Verhältnis zur Jacke des Schneiders. Und genau deshalb war der Marktplatz der Mittelpunkt der mittelalterlichen Stadt ! Das Mittelalter hat den Sinn und die Bedeutung des Marktes besser verstanden, als einige Vertreter der Gegenwart !

Ohne den Markt also keine funktionierende Arbeitsteilung. Und ohne Arbeitsteilung keine Zivilisation. Der Markt ist zwingend notwendig. Man kann versuchen diesen Mechanismus durch zentral festgelegte Preise zu ersetzen: das hatten wir schon und nannte man dann Kommunismus bzw Sozialismus. Der Versuch musste zwangsläufig scheitern, denn Rüben sind in einem schlechten Jahr halt mehr wert als bei guter Ernte. Und wenn man diese Anpassung nicht zulässt, funktioniert die Arbeitsteilung am Ende nicht mehr, weil die Anreize fehlen.

Spekulation als zivilisatorische Triebfeder des Fortschritts

Und hier kommt auch die Spekulation als Triebfeder ins Spiel. Denn der Bauer der die Marktpreise für Rüben kennt, sinnt nach Möglichkeiten, mehr Geld dafür zu erzielen. Damit er nicht nur sich, sondern auch allen Kindern diese tolle Jacke vom Schneider kaufen kann. Da er den Marktpreis für Rüben nicht steigern kann, muss er sich also um mehr Ernte - um mehr Umsatz - kümmern. Und hat da so eine Idee, von einem "Eisendings", das man von seinem Esel ziehen lässt, um damit schneller den Acker umzupflügen.

Nun investiert der Bauer also. Er geht ins Risiko. Er gibt Geld aus und investiert Zeit, die er eigentlich nicht hat und die ihm bei der Ernte fehlt. Er riskiert für diese Idee sogar, dass seine Familie im Winter nicht genug zu Essen hat, weil er die Ackerarbeit vernachlässigt. Er schert also sozusagen aus dem Gleichmass der Masse aus. Er geht ins Risiko und "spekuliert". Und er hat Erfolg. Und erfindet den "Pflug". Und macht in Folge die höchsten Rübenumsätze des Marktes.

Und andere machen es ihm nach. Und so entsteht ein Überangebot an Rüben, das die Preise fallen lässt und allen Bürgern im Ort mehr Geld für andere Dinge lässt. Und den Hunger im Nachbarort verringert, wo der Boden nicht so für Rüben geeignet ist. Die Spekulation des Bauers hat die Welt verändert. Getrieben war sie vom simplen Wunsch "mehr Geld" zu haben. Und möglich war dieses Streben nur, weil da ein Markt war, der den höheren Output an Rüben dann auch aufnehmen konnte.

Das ist der Sinn der Spekulation und dieses Streben nach "mehr", diese Wette auf eine Zukunft, führt am Ende zum Fortschritt, auch wenn es ebenso gerne mal in Sackgassen führt. In diesem Sinne hat Gordon Gekko Recht: "Greed is good" - Gier ist gut. Die Gier des Bauern auf mehr Gewinn und mehr Umsatz auf jeden Fall.

Der Unterschied zwischen wichtiger Spekulation und Exzessen

Am Beispiel des Bauern kann man auch wunderschön klar machen, wie verzerrt unsere gesellschaftliche Diskussion zum Thema schon geworden ist. Nehmen wir das leidige Thema der "Spekulation" mit Agrarerzeugnissen. Machen Sie mal eine Umfrage auf der Strasse und sie bekommen eine 99,999% Mehrheit für die Aussage: "das tut man nicht !"

Und nun vergleichen Sie diese instinktive Reaktion mal mit der obigen Geschichte des Bauers, der ohne diese Spekulation nie den Pflug erfunden hätte. Und es passiert schon seit Tausenden von Jahren, das Reis und Getreide und Mais auf Märkten gehandelt werden und so der Preis entsteht. Und damit spekuliert wird. Es war nie ein Problem, im Gegenteil, es ist volkswirtschaftlich absolut unverzichtbar, das die Preise in Jahren schlechter Ernten höher sind als in guten Jahren ! Und auf dem besagten Markt des Mittelalters im Mittelpunkt der Ansiedlung, war der Handel mit Agrargütern die Hauptbeschäftigung.

Das Problem ist ein ganz anderes. Wir haben zugelassen, dass man Getreide handeln kann, ohne es physisch hinterlegt zu haben ! Das ist das gleiche Problem wie das, was wir derzeit am Goldmarkt erleben, wo Grossbanken die hundertfache Menge des realen physischen Gold an der Comex handeln, ohne das die gehandelten Mengen eine physische Entsprechung haben ! Es ist das gleiche Problem wie ein ungedeckter Leerverkauf (nicht ein Leerverkauf per se) wo Aktien verkauft werden, auf die die Verkäufer gar keinen Zugriff haben !

Das alles sind kranke Auswüchse, die schon lange zu unterbinden wären. Auswüchse die nur der Grossfinanz helfen und keinen volkswirtschaftlichen Sinn haben. Und das hat auch alles gar nichts mit einem freien Markt zu tun, im Gegenteil - die Einflüsse dieser gigantischen Geldströme machen den Markt unfrei und lassen ihn zum Spielball weniger Grossbanken werden. Statt das zu differenzieren und den Kern des Übels zu erkennen, wird das aber alles mit der gesellschaftlich wichtigen Spekulation pauschal in einen Topf geworfen und so das Kind gleich mit dem Bade ausgeschüttet.

Die Spekulation auf steigende oder fallende Preise ist gesellschaftlich extrem wichtig, sie ist die Triebfeder des Fortschritts. Auch bei Nahrungsmitteln. Wer aber Spekulation ohne reale Hinterlegung zulässt, muss sich nicht wundern, wenn das System aus dem Ruder läuft. Da liegt das Problem !

Lassen Sie es mich etwas plakativ formulieren: Spekulation ist gut ! Spekulation mit heisser Luft gehört aber unterbunden !

Warum fällt es unserer Gesellschaft, unserer Politik und unseren Regulatoren eigentlich so schwer, diesen Unterschied zu begreifen ?

Spekulation und Innovation - zwei Seiten der selben Medaille

Ich hoffe, ich habe mit dem Beispiel des Bauern klar gemacht, dass Spekulation und Innovation nur zwei Seiten der selben Medaille sind. Im aktuellen gesellschaftlichen Glaubensbekenntnis ist aber Innovation gut und Spekulation schlecht. Mit Verlaub, das ist kompletter Unfug, das eine geht gar nicht ohne das andere !

Das Problem ist hier, dass man am Begriff Spekulation oder "Spekulant" nur die negativen Auswüchse festmacht. Also den "Master of the Universe" bei Goldman Sachs und nicht den Investor Elon Musk, der ebenso sein Geld über die Börse in Bewegung setzt. Aber beides sind nur unterschiedliche Ausprägungen derselben Sache. Es ist der Versuch, sich in der Zukunft im Wertaufbewahrungsmittel "Geld" einen Vorteil zu verschaffen, in dem man in der Gegenwart Risiken eingeht.

Und niemand weiss bei einer Innovation vorher, ob sie die Welt positiv verändert oder sinnlos ist. Ebenso wenig lässt sich das für die Spekulation sagen. Wenn man die Spekulation nicht mehr zulässt, verhindert man auch all die positiven Veränderungen, die sie bewirkt. Eine Welt ohne Spekulation ist eine ohne Innovation, eine Welt in Bernstein.

Ich will darin nicht leben. Es wäre die Hölle. Lassen Sie uns also nicht die Spekulation wie die "Hexen" des Mittelalters verteufeln. Lassen Sie uns statt dessen deren offensichtliche Exzesse begrenzen und ansonsten die Spekulation ihre Arbeit machen. Damit die Mittel und Energien der Welt auf Fortschritt und Innovation gerichtet werden. Und sich so am Ende "das Bessere" durchsetzt. Was immer das ist. Wie in der Natur. Auch die Säugetiere haben sich mal gegen die Dinosaurier durchgesetzt.

Lassen wir uns also von der Zukunft überraschen, statt sie zu fürchten !

Ihr Hari

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