22 Uhr - Handelsschluss
Ein ereignisreicher Tag geht zu Ende. Wie gestern antizipiert, hatten wir schon heute den Test der 200 Tage Linie bei gut 6200 im DAX. Wir schauten kurz darüber, konnten diese aber nicht halten, was aber durchaus normal ist.
Auslöser für die starke Bewegung war die überraschende Zinssenkung in China, die natürlich vor allem den Exportwerten im DAX besonders gut tat, angeführt vom Autosektor, der heute durch die Bank mit Gewinnen aus dem Handel ging.
Ab 16 Uhr sprach dann Ben Bernanke, der aber enttäuschte den Markt, weil er einfach gar nichts Neues sagte, die Rede hätte auch ein Roboter halten können. 😉 Was im Handelsblatt -> hier <- - in meinen Augen aber sachlich verfehlt - als Hinweis auf weitere Massnahmen gewertet wurde, ist nichts weiter als eine bekannte Formulierung, die von Ben Bernanke immer wieder benutzt wird und nicht mehr als die Tür für Massnahmen aufhält - nichts Neues also.
Die Reaktion des Marktes - der das auch genau so verstanden hatte - kam sofort und als Folge wurde querbeet ein Teil der Gewinne abgegeben, besonders hart traf es natürlich den Edelmetallsektor, der in freudiger Erwartung eines neues Stimulus schon gestiegen war, dazu später mehr.
In Summe war es aber ein positiver Tag an den Börsen, der durchaus Raum für eine weitere Aufwärtsbewegung lässt, wenn auch vielleicht nicht gleich am morgigen Freitag. Auch das der DAX die 200-Tage-Linie wieder verloren hat, muss man nicht überbewerten, denn im Leitindex S&P500 war der Bruch der 200-Tage-Linie ein typisches Fehlsignal - wie so oft in der Vergangenheit und im Zweifel sind die Signale des S&P500 höher zu bewerten, als die des DAX. Sehen Sie selbst im Tages-Chart, das ca. ein Jahr Kursverlauf abdeckt :
Übrigens, durchaus positiv wäre zu werten, wenn im S&P500 jetzt in den nächsten Tagen ein langsames Bröseln einsetzen würde, dass maximal die 200 Tage Linie bei ca. 1300 noch einmal von oben testet. Damit könnte sich nämlich ein Cup&Handle heraus bilden, ganz analog zum "rechten Henkel" vom Dezember letzten Jahres, den ich mit Pfeilen markiert habe. Wichtig ist bei der Bewertung dann, dass trotz "Bröseln" der RSI nicht abkippt, auch das war im Dezember der Fall und kündigte den folgenden Anstieg an.
Summa Summarum sehe ich im DAX durchaus Chancen, vor der Griechenland-Wahl noch bin an die 6400 heran zu kommen, dann spätestens sollten vor der Wahl aber Gewinnmitnahmen einsetzen, weil dann der Markt wieder auf Sicherheit spielen dürfte. Insofern ist es wohl keine schlechte Idee, weitere Anstiege oberhalb 6200 zunächst mal abzusichern und auch mal ein paar schnelle Gewinne mitzunehmen. Was nach dem 17.06.12 an den Börsen passiert, kann sowieso niemand vorher sagen, da muss man nicht unbedingt im totalen Blindflug mitwetten, zumal der Vorteil einer völlig überverkauften Markttechnik, wie wir sie vor einer Woche noch hatten, nun verflogen ist.
Insofern hat sich mein bullischer Bias von Anfang der Woche nun wieder normalisiert und ich bin wieder völlig neutral ohne Präferenz eingestellt. Ich sehe noch gut 200 Punkte kurzfristiges Potential im DAX nach oben, aber ebenso das Risiko, dass wir nun schon wieder abkippen. Erst nach dem 17.06.12 haben wir wohl die Chance auf nachhaltigere Trends, in welche Richtung auch immer.
Schmerzlich spürte der Edelmetallsektor heute, dass Bernanke keinerlei Signale für geldpolitische Lockerungsmassnahmen gab. Rein von der Marktechnik her, standen jetzt sowieso Gewinnmitnahmen an, was ich ja gestern Abend schon angekündigt hatte. Das diese Abgaben dann so unerwartet brutal ausfielen und im GDX heute zu bis zu 4% Minus führten, lag schlicht an der Enttäuschung über Bernanke. Das ganze "Hot Money" verliess heute den Sektor, was keineswegs schlecht sein muss. Denn der Boden den wir nun in den nächsten Tagen vielleicht finden, dürfte von "starken Händen" gehalten werden und kann dann als zuverlässiges Stop-Niveau für die kommenden Wochen genutzt werden.
Schauen Sie auf den Chart des GDX, dann sehen Sie, dass wir schon nahe an der Trendlinie sind. Eine Wende ist also schon Morgen möglich. Wahrscheinlicher finde ich aber, dass wir auch das Gap vom 01.06. noch schliessen und knapp unter 44 USD schauen, dort wo ich den Stern im Chart habe. Auch das würde mir noch keine Sorgen machen. Erst wenn wir auch das Tief vom 30.05. unterschreiten, dort wo bei ca. 42,8 USD ein steiler Anstieg begann und wo ich Ihnen im Chart eine dünne, waagerechte Linie eingezeichnet habe, würde ich ernsthaft nervös werden. Mein Stop liegt deshalb weiter bei 41 USD. Wenn wir die wieder sehen, ist etwas ganz und gar nicht in Ordnung und die Wende bei den Goldminen könnte sich dann als Bullenfalle heraus stellen. Dann bin ich draussen, ich halte dieses Szenario zwar für möglich, aber nicht sehr wahrscheinlich.
Bemerkenswert ist übrigens, dass der europäischen Bankensektor nun seit einer Woche, seit dem 01.06.12, permanent nach oben läuft. Wie ich hier schon mehrfach anmerkte, ist das ein wichtiges Signal der Beruhigung und wenn diese Bewegung kippen sollte, ist auch im breiten Aktienmarkt wieder allergrösste Vorsicht angesagt ! Schauen Sie also wie ich jeden Tag auf die Entwicklung des iShares Eurostoxx Banks (WKN 628930), solange der weiter steigt, ist das für den breiten Markt wie das Signal einer grünen Ampel zu werten. Das bedeutet nicht zwingend das die Kurse steigen müssen, erhöht die Wahrscheinlichkeit aber ganz erheblich, da ein guter Teil des Absturzes der letzten Wochen ja auf der Angst vor Wirren in der Euro-Zone fusste.
Ein wichtiger Hinweis noch in eigener Sache:
Ich werde die kommenden 3 Wochen, also bis Ende Juni, hier im Blog etwas mit dem Format experimentieren. Das bedeutet unter anderem, dass die "Märkte am Abend" nicht mehr regelmässig und fix um 22 Uhr erscheinen werden. Statt dessen wird es öfter mal kurze Updates über den Tag geben. Was ich heute zu den Goldminen in einem Kommentar auf Johanns Frage schrieb, wäre so eine typische Gelegenheit für ein aktuelles Update.
Hintergrund sind private Erwägungen meinerseits. Einerseits hat ein fester Veröffentlichungstermin seine Vorteile, vor allem für Sie als Leser. Andererseits bedeutet es, dass ich jeden Tag, selbst an Feiertagen wie heute, spätestens ab 21 Uhr, oft früher, am Rechner sitze um den gesamten Artikel zu schreiben. Und das geht auf Kosten von Familie, Freunden und privaten Erwägungen, für die ich ab 20-21 Uhr dann nie zur Verfügung stehe. Natürlich sitze ich da oft sowieso, wenn ich die Wallstreet im späten Handel trade, aber das mache ich halt nicht immer und schliesse meine Bücher auch manchmal früher. Diese Flexibilität nimmt mir der feste Veröffentlichungstermin.
Sie können sich sicher denken, dass ich die umfangreichen Artikel auch nicht erst Abends schreibe, sondern diese über Tag vorbereite und ab 21 Uhr zusammen stelle, vervollständige und aktualisiere. Auch das ist ein Nachteil, weil es doppelte Arbeit macht, wenn ich schon fertige Teile umschreiben muss, weil der Markt dann im späten Handel doch noch eine Wendung vollzogen hat.
Das ist nun aber auch nicht als Abkehr vom Prinzip der "Märkte am Abend" um 22 Uhr zu werten, ich will in den kommenden Wochen einfach mal ergebnisoffen experimentieren und ausprobieren, wie sich ein anderer Rhythmus für mich anfühlt. Solange ich das hier ja kostenlos mache, habe ich ja auch die Freiheit dazu. Und dann schauen wir mal, wie sich das für uns alle anfühlt.
Natürlich ist mir auch wichtig, was meine aktiven Leser darüber denken, also die Leser, die sich hier auch selber einbringen. Deshalb werde ich dann Anfang Juli eine umfangreiche Umfrage für die registrierten Leser machen, was gut gefallen hat und was nicht. Ich werde diese Umfrage dann bei meiner Entscheidung für das weitere Format berücksichtigen. Natürlich freue ich mich auch schon vorher und jederzeit über Meinungsäusserungen, Vorschläge oder Ideen zum Thema.
Morgen am Freitag erscheinen die "Märkte am Abend" noch normal um 22 Uhr, nächste Woche geht es dann mit der Experimentierphase los.
Ich wünsche Ihnen einen schönen Abend !
Ihr Hari
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