Der Euro, der Dollar und die neuen „Masters of the Universe“



Die wahren "Masters of the Universe", an deren Wort die Märkte hängen, sind seit der Finanzkrise nicht mehr die Bankenchefs wie James Dimon (JP Morgan) oder Lloyd Blankfein (Goldman Sachs). Das ist Geschichte.

Nein, nach meinem Eindruck, hat sich ein kleiner Kreis von Technokraten, in Form der Notenbanker der grossen Währungen, als die neuen "Masters of the Universe" aufgeschwungen - oder man könnte auch etwas überspitzt sagen "selbstermächtigt".

Natürlich wird all das, was Notenbanker derzeit tun, von Ihnen immer mit dem "Mandat" begründet, aber auch Mandate sind nur Papier und daher dehnbar und auslegbar. Gerade bei der EZB sehen wir das aktuell, bei der es viele seriöse Stimmen gibt, die das Mandat schon heute für deutlich überdehnt halten.

Letztlich ist das Problem entstanden, weil die Notenbanken in der Krise 2008 im guten Willen und durchaus mit Erfolg, zur "Rettung" geschritten sind. Und es gibt in Fachkreisen auch wenig Dissenz darüber, dass die expansiven Notmassnahmen in dieser Krisenphase unbedingt notwendig waren. Bis dahin also: gut gemacht!

Dann aber, konnten die Notenbanken nicht los lassen und die Wirtschaft nicht sich selber überlassen. Statt dessen hat sich scheinbar ein Allmachtsglaube eingeschlichen, nach dem Wirtschaftszyklen beliebig steuer- und dehnbar wären. Und damit haben die Notenbanken nun erst Probleme geschaffen, die es ohne den Dauerstimulus gar nicht geben würde.

Denn eine gesunde Wirtschaft braucht einfach auch die Krise und die Bereinigung, in der das Unwirtschaftliche verschwindet und auf diesem Boden dann Neues entstehen kann. Dafür muss man aber die Krise zulassen und nicht jedes kleine Schwächezeichen mit Geldpolitik überdecken wollen. Es ist völlig richtig, durch Geldpolitik eine schwere Strukturkrise abzuschwächen, wie das 2008 passiert ist. Dann muss man sich aber auch mal zurück ziehen können!

Auch für die Staaten gilt das. Es ist unstrittig, dass viele Länder in Europa Strukturreformen brauchen. Jeder halbwegs intelligente Mensch sollte aber verstehen, dass das in Demokratien nur unter dem Druck der Krise möglich ist. Eine Demokratie kann strukturell in einer Wohlstandsphase keine harten Schritte vornehmen, weil dafür die Mehrheiten fehlen. Es braucht die Krise und den Druck der Realität, die Veränderungsbereitschaft hervor ruft und erst Mehrheiten für harte Schnitte ermöglicht.

In dem die EZB den Staaten das Leben leichter und faktisch zu leicht macht, verhindert sie diese Reformen, statt sie zu fördern. Sie ist damit Teil des Problems geworden. Parallel dann von Seiten der EZB darauf hinzuweisen, dass die Politik auch ihren Job machen muss, ist dann zwar wohlfeil, aber ebenso wirkungsvoll wie neben einem Hund zu stehen und ihn mit leiser Stimme immer wieder zu ermahnen, die Würste in der Schüssel vor ihm nur ja nicht zu verspeisen. 😉

Letztlich haben die Notenbanken damit nach dem Eindruck vieler Beobachter, den Pfad der reinen Geldpolitik schon lange verlassen und ergehen sich nun in einer technokratischen Illusion der Steuerbarkeit und sind damit selber zum Teil des Problems geworden. Nur will das die kleine Kaste der neuen "Masters of the Universe" eben nicht wahrhaben.

Und mit dem Anspruch Wirtschaftszyklen beeinflussen zu können, ist auch eine für viele Beobachter zunehmend unerträgliche Geschwätzigkeit über die traditionell schweigsame Welt der Notenbanker gekommen. Ich habe in dieser Woche mal gezählt, es sind geschlagene 8 - in Worten "acht" - FED Mitglieder, die sich in der aktuellen Woche jeweils einzeln und öffentlich zur Geldpolitik in den US äussern und damit Marktbewegungen auslösen! Unfasssbar.

Sarkastische Vergleiche mit einem Rudel schnatternder Gänse, liegen mir da da auf der Zunge, denn der Wert dieser medialen Egozentrik für die Wirtschaft und Geldpolitik bleibt im Verborgenen. Man sollte ja meinen, dass die regelmässigen Sitzungen ausreichen sollten, um der staunenden Welt ein konsistentes Bild der Geldpolitik zu vermitteln.

Für uns, die wir versuchen unser Kapital an den Märkten sinnvoll anzulegen, hat sich damit auch der Fokus verschoben. Waren es vor Jahren noch Gewinne und Wirtschaftszyklen, die unsere primäre Aufmerksamkeit forderten, sind es nun die permanenten Äusserungen von Notenbankern, die massive Bewegungen auslösen und die wir nicht ignorieren können, wenn uns unser Kapital lieb ist.

Und dabei sind die Währungen die Haupttransmissionsriemen der Notenbankpolitik geworden. Denn letztlich ist der "Race to the Bottom" nach meinem Eindruck schon längst Realität.

Denn keiner kann und will zulassen, dass die eigene Währung zu stark wird, denn das lastet dann auf der eigenen Wirtschaft und wenn man sich der Steuerung der Wirtschaft verschrieben hat, muss man gegenhalten.

So erhöht jede Notenbank mit jeder erzwungenen Abwertung wieder den Druck auf die anderen, nach unten nachzuziehen. Genau das ist der "Race to the Bottom" in Sachen Währungen.

Es ist in diesem Zusammenhang sehr lobenswert, dass die FED versucht - zu spät, aber immerhin - aus diesem Reigen auszubrechen. Die FED ist damit zur Einäugigen unter den Blinden geworden.

Und dieses Gezerre ist sehr deutlich im Währungspaar EURUSD zu sehen, das nun an einer sehr bedeutenden Wegscheide steht:

EURUSD 11.04.16

Der Euro ist nämlich nun genau da, wo er nun zurück fallen muss, oder eine erhebliche Gezeitenänderung herbei führen würde. Diese Situation sollte nicht unterschätzt werden, hätte massive Implikationen auf fast alle Assetklassen und sprachliche Intervention von der EZB ist daher recht wahrscheinlich, die einen Ausbruch hier nicht goutieren dürfte. Dass es überhaupt dazu gekommen ist liegt auch daran, dass die FED ihren Anspruch der Zinswende schon zu einem guten Stück wieder eingeholt hat.

Für uns als Anleger, ist die Beobachtung was EURUSD hier nun macht, aber von ganz hoher Bedeutung.

Wie im Chart angedeutet, wenn der Euro von hier weiter zum Dollar steigt, wird das mit guter Wahrscheinlichkeit eine Fortsetzung der initialen Rally in Rohstoffen und Edelmetallen bedeuten.

Nur, das kann EZB Chef Draghi eigentlich nicht wollen, weil der wieder steigende Euro dann zusätzlich auf der anämischen europäischen Wirtschaft lastet. Also müssen wir nun jederzeit mit Interventionen rechnen und das macht das Anlegerleben nicht einfach.

Es ist leider die traurige Realität, mit der wir uns arrangieren müssen, dass wir als Anleger auch zu Lippenlesern der neuen "Masters of the Universe" werden müssen.

Schauen wir nun also ganz genau auf EURUSD. Wenn diese Formation sich nach oben auflösen und in Bewegung setzen sollte, werden wir das in unseren Depots massiv merken. Was die richtigen Sektoren und Währungsräume sind, um unser Kapital anzulegen, wird auch massgeblich davon abhängen.

Wer von Oktober 2014 bis März 2015 sein Kapital im DAX anlegte, konnte damit nichts falsch machen. Warum das so war, zeigt auch das obige Chart von EURUSD. Wenn sich nun eine ähnliche Bewegung in Gegenrichtung etablieren sollte, können Sie sich denken, was das dann für DAX und Co. bedeutet.

Ihr Hari

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6 Gedanken zu „Der Euro, der Dollar und die neuen „Masters of the Universe““

  1. Hallo Harry, danke für den treffenden Kommentar. Was ich nicht wirklich nachvollziehen kann ist, warum man eigentlich in den oberen Reihen so uneinsichtig zu sein scheint? Ist doch nicht so schwer zu begreifen, dass Reformen nötig sind. Liegt das vielleicht daran, dass der Tanker EU langsam zu groß geworden ist und es zu viel Ansprüche gibt?

    Schauen wir in die USA, da scheint es zu funktionieren und warum? Weil es nur wenige gibt, die diesen Anspruch für sich erheben. Gerade das System, das von allen ständig kritisiert wird, ist aber am erfolgreichsten. Ein kleiner Kreis von ausgewählten Elite-Leuten ist effektiver und rationaler als ein Haufen von Politikern, die nur dann was sinnvolles wollen, wenn es gilt Stimmen zu gewinnen.

    Dass viele Menschen politische Analphabeten sind, liegt vielleicht nicht daran, weil sie kein Interesse haben, sondern man keinen Überblick hat, wer den überhaupt was macht oder für was er eigentlich einsteht. Komisch, ich wette den US-Präsidenten kennt trotzdem fast jeder.

    Vielleicht sollte man sich ein Stück davon abschneiden anstatt darüber zu meckern wie schlimm es doch ist, dass US-Politik und das Finanzsystem so eng verzahnt sind. Zumindest ist auf diese Weise eine gewisse Zusammenarbeit gesichert. Gerade die fehlt ja anscheinend hier.

    Was unsere Notenbanker angeht, bin ich ebenfalls Deiner Meinung. Mittlerweile glaube ich aber, dass diese sich als einzige Retter der Wirtschaft ansehen, weil die da oben nichts gebacken bekommen und nicht weil sie grundsätzlich die Macht/Möglichkeit dazu haben. Und wenn wir mal ehrlich sind. Auch ein zweiter Mann in der Chef- Etage würde den Laden nicht untergehen lassen wollen, nur weil der Chef selbst nicht in die Pötte kommt.

  2. Die Antwort dazu hat Hari bereits gegeben: “ dass das in Demokratien nur unter dem Druck der Krise möglich ist. Eine Demokratie kann strukturell in einer Wohlstandsphase keine harten Schritte vornehmen, weil dafür die Mehrheiten fehlen. “

    Der Umstand, dass in westlichen Demokratien der „Berufspolitiker“ das gängigste Modell ist, macht dieses Dilemma nicht leichter.

  3. So ist es. Und es kommt hinzu, dass in den US das Verständnis für das Yin und Yang des Wirtschaftslebens (noch) grösser ist, wobei auch das scheinbar sinkt.

    Denn wer den „Boom“ will, muss den „Bust“ zulassen. Wer gefallen ist, kann genau deswegen von Ballast befreit auch wieder aufsteigen.

    In Europa und in Deutschland vor allem, herrscht dagegen eher ein dirigistisch, starres Wirtschaftsbild, in dem kaum dass es mal ein wenig stürmt, alle sogleich die Krise bekommen und nach dem Staat schreien. Dabei gäbe es eben ohne Hass keine Liebe, ohne Sturm kein schönes Wetter und ohne Armut keinen Reichtum. Erst im Vergleich zum Schlechten, bekommt das Gute seine besondere Strahlkraft.

  4. @stevoxx ok, danke. Nur, in den USA haben die auch eine Demokratie, aber dort buhlen nicht zig Parteien um den Chef-Posten, sondern lediglich zwei. Damit schaffen sie einen guten Bogen zu dem was Hari meint, nämlich eine Mehrheit unter dem Volk für eine Sache zu bilden. Das ist hier leider nur verhalten möglich. Eine Mehrheit wird größtenteils für den gebildet, der bereits im Amt ist. Nach dem Motto „ich wähle das, was ich schon kenne“. Das klingt trivial, so denkt aber die Masse. Keiner will oder hat die Zeit dazu, sich mit der aberwitzigen Anzahl an Parteien und deren Plänen wirklich zu beschäftigen, mich eingeschlossen. Man braucht sich da nichts vormachen, denke ich.

    Ich denke jedes System hat irgendwo einen Haken und kann nicht perfekt sein. Was aber wirklich gefährlich ist, wenn man von seinem System so überzeugt ist, dass man überhaupt keine Alternativen mehr zulässt und das sehe ich aktuell leider auch in Deutschland und der EU. Man hat sich hier viel zu lange auf dem Erfolg ausgeruht. Made in Germany bekommt jetzt deutliche Kratzer, siehe VW oder die Deutsche Bank. Und nun ist Deutschland plötzlich nicht anders als alle anderen. Was ja nicht unbedingt negativ ist.

    Ein weiterer Irrglaube ist, dass ein weniger kapitalistisch geführtes System über einen langen Zeitraum erfolgreicher sein kann. Solch eine System setzt voraus, dass Entscheidungen unabhängig von Aktionären oder dem Volk stattfinden können. Was aber letztendlich in einer Sackgasse enden wird und ich glaube nicht, dass uns die Mittelständler ewig da raus hauen werden. Die suchen sich nämlich auch langsam ihre Wege nach China.

    Genau deshalb ist die Schweizerische Nationalbank eine Aktiengesellschaft und die meisten Unternehmen in den USA Aktiengesellschaften. Nicht weil es so toll ist kapitalistisch zu sein, weil auf diese Weise der Großteil der Finanzierung über den Kapitalmarkt erfolgt. Unser Finanz-System ist dagegen enorm von Banken abhängig, deren notleidende Kredite auch dafür verantwortlich sind, dass die EU sich nicht erholen kann. So, und wer entscheidet jetzt eigentlich wie es weiter geht mit den EU-Banken?

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