Eine dramatische Börsenwoche – Teil 2: To Taper or not to Taper

Der für die Börsen wichtigste Moment der Woche dürfte der Mittwoch Abend sein. Um 20 Uhr kommt die FOMC Aussage, in der die Entscheidung zum potentiellen Tapering enthalten sein dürfte. Ab voraussichtlich 20.30 Uhr spricht dann Ben Bernanke in einer Pressekonferenz und zuletzt waren immer das die Momente gewesen, in denen ein paar Worte den Markt massiv bewegt haben.

Richten Sie sich als am Mittwoch Abend auf sehr hektische und volatile Bewegungen ein. Denn die Märkte wissen, dass die Reaktion auf den FED Entscheid mit hoher Wahrscheinlichkeit den Ton der Märkte zum Jahresende bestimmen wird.

Der Marktkonsens ist dabei ein "Alibi-Tapering" von 10-15 Milliarden USD. So dass am Ende immer noch ein gewaltiger monatlicher Stimulus von 70-75 Milliarden USD übrig bleibt. Kommt die Aussage so wie erwartet, werden die Märkte wohl zunächst leicht positiv - weil erleichtert - reagieren.

Überraschende Abweichungen von diesem erwarteten Alibi-Tapering, werden dagegen zu erheblichen Ausschlägen führen. Denn damit rechnet schon deshalb niemand, weil alle davon ausgehen, dass Bernanke seinem(r) Nachfolger(in) nicht die Politik präjudizieren will.

Bei der Frage wie der Markt auf diese Abweichungen reagiert, gibt es aber einen Konsens, der in meinen Augen verfehlt ist. Dieses Missverständnis findet sich auch in den immer wieder zu hörenden Annahmen wieder, dass die Liquiditätsversorgung der Notenbanken unmittelbar zu Inflation führen müsste und deshalb auch Gold stützen müsste. Erst recht verfehlt sind aber die platten Behauptungen der Gegenseite, dass die Tatsache, dass wir nun seit Jahren keine relevante Inflation haben, der Beweis sei, dass die Notenbankpolitik nicht inflationär wirke.

Denn völlig übersehen wird dabei die Funktion der Banken als Intermediäre zwischen der Notenbank und der realen Wirtschaft. Es ist schon richtig, eine deutliche Erhöhung der Geldmenge führt früher oder später zur Inflation - das aber nur, wenn die Geldmenge auch den Wirtschaftskreislauf erreicht. Genau das passiert aber nicht, denn die Multimilliarden der Notenbanken versickern (noch) primär in den Bilanzen der Grossbanken und werden eben nicht an die Realwirtschaft ausgereicht. Erst wenn sich das ändert, wird aus der Geldmenge auch Inflation entstehen. Und da die Banken beim richtigen Katalysator ihre Politik auch schnell umstellen werden, kann diese inflationäre Entwicklung auch ganz schnell kommen.

In dem komplexen Spiel der Refinanzierung der Banken, spielt Gold dabei die Rolle eines "Collateral" (eines Pfands bzw. einer Sicherheit). Ich kann jetzt aus Platzgründen hier nicht im Detail aufdröseln, wie bei den Grossbanken die Bewegungen in den Bilanzen aussehen und ich will auch auf keinen Fall behaupten, dass ich das alles verstehe. Wer tut das schon ? 😉 Aber ich habe ein paar Vermutungen und gedankliche Modelle, ohne sie beweisen zu können, zumal Bank sicher nicht gleich Bank ist. Und wenn Sie wissen wollen, in welche Richtung die gehen, dann sollten Sie diesen brillianten Blog Beitrag -> Gold hit with another collateral shortage <- lesen, den ich den Premium-Mitgliedern schon am Sonntag gezeigt habe. Lesen Sie auch die voran gegangenen Beiträge mal, wobei die Beiträge schon hohe Anforderungen an das Verständnis stellen und nicht für jedermann geeignet sind.

Etwas pauschal zusammen gefasst kann man also sagen: Ein starkes Tapering am Mittwoch wäre möglicherweise eher gut für Gold. Also invers zu dem, was man gemeinhin erwarten würde. Dass das so ist, können Sie auch nachvollziehen, wenn Sie sich in den letzten Jahren anschauen, was wann in Folge der QEs stieg und welche Assets gefallen sind. Und was sich nun geändert hat.

Auch heute früh konnten Sie den inversen Zusammenhang schon beobachten. Der Goldpreis war auf dem Weg nach oben, als die Nachricht vom Rückzug Summers als FED Chef kam. Damit wird Yellen wahrscheinlicher, die den Weg Bernankes nach Meinung der Märkte noch aggressiver fortsetzen würde. In Folge schiessen die Indizes nach oben und der Goldpreis verliert seine temporäre Stärke wieder.

Was ich Ihnen mit diesem Beispiel sagen will ist, dass die Dinge nicht so simpel sind, wie sie von all denen verkauft werden, die die Rolle der Banken als zentrale Drehscheibe der Geldversorgung nicht verstehen. Der Markt wird defacto im Grossbankensystem gemacht und das ist seit Lehman nicht besser und transparenter, sondern noch schlimmer und mächtiger geworden. Glauben Sie mir, ich gehöre zu denen, die am meisten an der Unfähigkeit unserer Politik verzweifeln, dieses Geschwür endlich aus dem Körper der Welt heraus zu schneiden. Siehe auch mein Beitrag zur Legende von der "bösen" Spekulation.

Wichtig ist also weniger, wie viel Geld die FED in den Markt kippt. Wichtig ist, was die Grossbanken in ihren Bilanzen und in ihrer Geschäftspolitik daraus machen. Und das Ergebnis dieses Umformungsprozesses durch das Bankensystem erreicht dann die Realwirtschaft und die Finanzmärkte. Und bewegt dort die Kurse. Das ist die traurige Realität. Gelernt hat die Politik aus Lehman nichts, die unheilige Allianz und gegenseitige Abhängigkeit zwischen den Staaten und der Grossfinanz, die die Staatsanleihen erwirbt und damit die Staaten finanziert, ist durch die Politik der Notenbanken eher noch stärker geworden. Und es war genau diese unheilige Allianz zwischen Politik und Bankensystem - in dem Fall zum Thema Hypothekenkredite - die die Krise 2008 erst aufgebaut hat.

Richten Sie sich also am Mittwoch auf ein paar Überraschungen ein, die Dinge sind nicht so wie es oberflächlich scheint. Und wenn Sie wie ich die Hoffnung haben, irgendwann mal wieder "freie Märkte" zu erleben und endlich ein Ende dieses Marktes auf Steroiden zu erleben, dann müssen Sie wie ich auf ein grosses Tapering hoffen. Denn auch wenn es kurzfristig dann mal in den Indizes rumpelt, langfristig muss diese Droge raus aus dem System, nur so können die Märkte ihre wirkliche volkswirtschaftliche Aufgabe ausführen: die Preisfindung für Unternehmen und Anleihen.

Und nur so bleibt uns ein zweites Lehman oder Schlimmeres erspart.

So weit zu dieser extrem spannenden Woche. Schnallen wir uns also an und im amerikanischen würde man sagen: "Brace for Impact !"

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