E.ON – Warum ich jetzt langfristig eingestiegen bin – 30.01.13

Eigentlich mag ich ja E.ON überhaupt nicht.

Ein fett gewordener Versorger, der sich über Jahre in Quasi-Monopol Gewinnen sonnen konnte. Ein Energieunternehmen, das massiv unter der Energiewende leidet und zukünftig unter dem Trend zur dezentralen Energieerzeugung leiden wird. Ein Konzern, der sein Geschäftsmodell und seine Strategie neu erfinden muss. Ein Unternehmen, das ich als Endkunde als teuer, unflexibel und ohne klare Strategie wahrnehme. Ein Grosskonzern, dem der Wind der "Political Correctness" heftig ins Gesicht weht und wohl weiter wehen wird.

All das und mehr sind gute Gründe, warum E.ON vom Kurs her nun bei gut 13 € notiert und nicht mehr bei über 50€ wie Anfang 2008. All das scheint aber nun im Kurs verarbeitet. Man könnte meinen, dass jeder Hohn- und Mistkübel den man über so ein Unternehmen ausschütten kann, nun ausgeschüttet wurde.

Aber auch technisch hatte der Verlauf der letzten Wochen einiges zu bieten, wie ja auch Lars Röhrig in seinem schönen Beitrag zum -> Stopp Loss Orders richtig setzen <- dargestellt hat.

Schauen wir doch mal auf das Tageschart von E.ON seit 2011 und rekapitulieren wir, wie ich die Aktie hier erlebt habe:

E.ON 30.01.13

Sie erinnern sich vielleicht: am 13.11.12, dem Tag des massiven Absturzes, habe ich einen rein taktischen Reboundtrade gewagt, da eine Aktie nach einem derart massiven zweistelligen Absturz in der Regel am Folgetag ein gutes Stück zurück kommt.

Als dieser Rebound nicht statt fand, bin ich sofort wieder raus und habe mich auf die Seitenlinie begeben. In dieser Phase wurde ich mehrfach gefragt, ob jetzt nicht die Zeit wäre E.ON zu kaufen und meine Antwort war eigentlich immer NEIN. Denn wenn eine Aktie nach so einem Absturz nicht bouncen kann, bedeutet das, dass eben KEINE Übertreibung vorhanden ist, sondern die Neubewertung noch nicht abgeschlossen ist.

So wartete ich bis in den Dezember hinein und als E.ON bei 13,6€ einen temporären Boden gefunden hatte, war die Zeit gekommen, sehr vorsichtig und mit engen Stops, die sich abzeichnende Stabilisierung zu spielen. Diese Stabilisierung stellte sich dann - durchaus nicht untypisch - ab Mitte Januar als Bärenflagge heraus. Durch enge Stops im Sinne der Trendfolge konnte der taktische Trade aber trotzdem mit leichten Gewinnen abgeschlossen werden und ich war wieder an der Seitenlinie. Es folgte der unvermeidliche, erneute Rutsch bis zeitweise knapp unter 13€.

Nun ist damit endlich der Zeitpunkt gekommen, an dem ich E.ON nicht mehr nur rein taktisch als kurz- oder mittelfristigen Trade, sondern als langfristiges Investment betrachte. Denn auch wenn alle obigen Argumente wahr sind, haben wir es doch mit einem Unternehmen voller Substanz und mit grossem, positivem Cashflow zu tun. Und ohne grosse Versorger wird es auf absehbare Zeit auch in Deutschland nicht gehen. Darüber hinaus befindet sich E.ON nun auf dem Weg der geographischen Diversifizierung und erschliesst sich neue Geschäfte ausserhalb der Grenzen der "Energiewende".

Vom Sentiment her sind nun genug Mistkübel ausgegossen worden und es fällt mir schwer mir vorzustellen, wie die Wahrnehmung einer E.ON noch schlechter werden könnte. Und auch der Kurs ist nun bis auf die massive Unterstützung aus dem Jahr 2011 zurück gekommen.

Ich glaube daher, dass eine E.ON nun an dem berühmten Punkt sein könnte, wo alles Negative eingepreist wäre. Sollte diese Sicht richtig sein, wird die erste positive Nachricht - die irgendwann kommt, vielleicht Morgen oder in 3 Monaten - zu einer Neubewertung führen, weil Mr. Market plötzlich merkt, dass das Unternehmen doch nicht nur aus Problemen, sondern auch aus Chancen besteht.

Damit hat E.ON für mich nun den Punkt erreicht, der ein langfristig orientiertes Investment rechtfertigt. Ich bin nun also wieder Long E.ON und habe einen Stop, den ich ein Stück weit unter das Tief vom 12.09.11 gesetzt habe. Damit hat dieses Investment nun auch ausreichend Raum zu atmen.

Denn wenn man ein langfristiges Investment eingehen will, schaden zu enge Stops nur. Abgesehen davon, habe ich solche langfristigen Stops auch nicht im System eingegeben, sondern einfach zusammen mit dem Investment notiert. Es handelt sich also um einen gedanklichen Stop. Bei kurzfristigen Trades führt dagegen nach meiner Erfahrung kein Weg an im System hinterlegten Stops vorbei.

Und nun heisst es für mich einfach Geduld zu haben und zu warten, bis Mr. Market für E.ON eine andere Wahrnehmung entwickelt. Ich bin zuversichtlich, dass das in den kommenden Monaten passieren wird. Nur den Zeitpunkt kenne ich mangels Glaskugel ebenso wenig, wie jeder andere Marktteilnehmer.

Ihr Hari

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17 Gedanken zu „E.ON – Warum ich jetzt langfristig eingestiegen bin – 30.01.13“

  1. Hari, so sehr ich Deinen Gedankengang zu E.on nachvollziehen kann – er scheint mir in der Tat sehr plausibel – so heikel finde ich es, bei E.on auf eine Wende zu setzen. Es ist doch äußerst schwierig, wenn nicht unmöglich, den absoluten Tiefpunkt einer Aktie zu bestimmen, oder sollte man sagen, zu erraten. Natürlich findet ein Turnaround immer nur dann statt, wenn es IRGENDJEMANDEN gibt, der auf einen solchen setzt. Doch gemäß der Regel „The trend is your friend“ sollte man das nicht zu häufig tun. Das ist der Psychohygiene nicht sehr zuträglich. Wenn man die Empfehlungen zu E.on liest, die so im Internet kursieren, da findet man zu Dutzenden Empfehlungen, warum es „jetzt“ wieder mit E.on aufwärtsgehen müsse. Und es weiss doch in Wahrheit keiner besser als Mr. Market himself, wann dieser Zeitpunkt gekommen ist, ganz bestimmt nicht irgendwelche Börsendienste. Ich selber schaue mir E.on auch von Zeit zu Zeit an, nur ich finde das Chartbild einfach nur grottenschlecht. Aber das muß ja nicht so bleiben.. ;-). Substanz ham se ja.

  2. @Tokay, die Antwort liegt im Zeithorizont. Für die kurz- und mittelfristige Zeitschiene teile ich Deine Sicht uneingeschränkt. Das ist doch das, was ich hier gebetsmühlenartig predige. Für die sehr langfristige Anlage – und das es um die geht, habe ich ja sehr deutlich gemacht – muss man einfach mal auf den Kaufknopf drücken, wenn ein substanzstarker Titel „billig genug“ geworden ist. Den exakten Tiefpunkt trifft man eigentlich nie.

    Strategien haben immer mit Zeithorizont zu tun. Insofern setze ich bei E.ON auf keine Wende, vielleicht geht es wirklich noch etwas runter. Aber E.ON ist mir nun „billig genug“ um als Substanzwert ins Langfristdepot zu kommen. Nicht mehr und nicht weniger !

  3. Ja, ok, das mit dem Zeithorizont stimmt natürlich und diese Überlegung ist auch sehr zentral. Bei E.on dürfte es wirklich etwas schwierig sein, jedes Up und Down auszutraden. Aber in, sagen wir, 3-5 Jahren müßten die tatsächlich deutlich höher stehen als heute.

  4. Außerdem sollte man bei langfristigen Trades die Dividende nicht außen vor lassen. Die ist bei E.ON bisher ordentlich gewesen.

  5. zum Runaway-Move (abgekürzt im folgenden mit R-M): Denke ich da richtig, dass der R-M, wenn er plötzlich zusammenbricht, dies sehr wahrscheinlich an der wallstreet seinen Anfang nimmt nachdem die europäischen Börsen schon geschlossen sind (kleine Broker wie L&S und dergleichen seien hier vernachlässigt). D.h. am folgenden Tag wird es ein gap down geben im Dax und Co welches richtig Schmerzen verursacht. Da wir nicht wissen wann der R-M beendet ist, ob bald oder erst in x Monaten müsste man sich nicht schon 5 % oder mehr bei seinen dt. Positionen im Plus befinden, damit man nicht alle Gewinne abgeben muss bzw. im Minus „erwacht“. Von daher tue ich mir schwer auf mittelfristige Weise mich zu positionieren und bevorzuge aktuell sehr kurzfritige Trades (1-2 Tage) und bin auch nur maximal zu 50% in Aktien investiert.
    Wie seht Ihr das bzw. wie sichert Ihr Euch ab? Der stopp loss über Nacht ist sicherlich nicht förderlich wenn es zur Sache geht…
    Beste Grüße
    John

  6. @polebu

    Kannst du mir kurz erklären warum eine „ordentliche“ Dividende deiner Meinung nach irgendeine Rolle für eine Anlageentscheidung spielt? Komm da grad nicht mit.

  7. @ CDO
    Bei einem langfristigen Investment spielt sie meiner Meinung nach eine Rolle, da selbst in einem schlechten Jahr in dem der Kurs nicht steigt ein Gewinn erzielt wird.
    Wenn ich mich jetzt fatal irre, klär mich bitte auf wie du das siehst.
    Gruß

  8. ah ok, ich verstehe, dir wäre es unter Umständen wichtig laufende Einnahmen zu lukrieren

    ich dachte an folgende Nachteile von hohen Dividenden (ich will keine laufenden Einnahmen/ wichtig!):
    – doppelte Besteuerung / Gewinn- (beim Unternehmen) & Kapitalertragssteuer (beim Aktionär) / wenn das Unternehmen hingegen investiert statt Dividende zahlt ist es also doppelt steuerschonend

    – ich würde mir weiters folgende Frage stellen: ist die Branche/das Unternehmen in Zukunft attraktiv, wenn die Firma nicht weiß was es mit seinen Überschüssen anstellen soll? (außer 2x dem Staat zuzuführen) -> wenn ich Geld aus meinem Investment bekomme müsste ich mir ja wieder neue Anlagemöglichkeiten suchen… da wäre mir ein Rückkaufprogramm (gerade beim jetzigen Kurs von EON z.B.) lieber

    also es kommt natürlich drauf an was man will, aber du musst bedenken bei einer Dividende bekommst du 75% von dem Geld, dass dann vom Aktienkurs abgeschlagen wird…

    meinen Ausführungen kann natürlich Einiges entgegengehalten werden: von Marktlage (nicht für Expansion geeignet z.B.) bis zu „…Dividende als Indiz für stabilen Cashflow…“ uvm.

    über Denkfehler meinerseits, darf natürlich gern aufgeklärt werden 🙂

  9. @Hari, sind wir vielleicht schon in der Korrektur? Was heute bei Eon passiert, passt auch ganz gut zu den Charts sehr vieler Aktien, die ich intensiv verfolge. Seit Tagen nun geht es ein immer kleineres Stückchen nach unten. Fast überall unterschreiten wir nun mit den Schlusskursen den GD10 auf Tageskursbasis. Selbst in scheinbar billige Aktien wie Salzgitter kommt keine Bewegung mehr und die Aktie scheint geradewegs den GD200 anzusteuern. „Börsenlieblinge“ wie Nokia und Praktiker korrigieren bereits sehr stark. Irgendwie hab ich kein gutes Gefühl und bereits die ganze Woche genutzt, um Positionen abzubauen – und der Rest nähert sich immer mehr meinen Stops. Weil, wenn alle glauben, dass Mr. Market jetzt erstmal 8100 im DAX macht (ist ja eigentlich schon ausgemacht unter allen Marktteilnehmern 😉 ), sollte vielleicht nochmal die „7600 aufgerufen werden“. Aber vielleicht drängt mich Mr. Market ja erst aus allen Positionen, um dann den Spurt zu neuen Rekordhochs zu machen.

  10. Kann sein Johann, aber ich würde einfach die Marken beachten, die ich im aktuellen Artikel nenne. Wenn wir unter 7750 im DAX rauschen, dann ist die Korrektur wohl da. Im Moment sieht es aber eher nach einer Seitwärtskonsolidierung aus, die aber bei einigen Aktien (wie von Dir genannt) durchaus schmerzhaft ist.

  11. Hallo Hari

    Habe Heute als DDD bei ca. 56,- war massiv puts verkauft. Laufzeit 16 März. Strike 45 zu je 175,-USD

    Denke gerade in diesen Fällen, das Optionen echt Sinn machen. steigt DDD wieder oder dümpelt es vor sich hin –
    werden die puts wertlos. Sollte DDD die 45er reißen ist zu entscheiden, ob damit das potential für sehr tiefe Kurse gegeben ist oder nicht. So würde ein Rollen in Frage kommen.

    Natürlich ist das nicht so einfach, aber wenn man grundsätzlich von der Story überzeugt ist und einstellige Kursbereiche sehr unwahrscheinlich erscheinen, dann hat man hier ein sehr flexibles Instrument.
    VG! R

  12. @ Hari, zu E.ON
    wir haben ja 2 große Versorgeraktien im DAX, RWE und die hier von Dir besprochene E.ON.
    Meine Frage:
    Warum hast Du E.ON gewählt und nicht die andere, RWE?
    Fundamental haben doch beide mit den gleichen Problemen zu kämpfen. War es nur der Chart?
    Bei RWE sehe ich es eigentlich positiv, dass dort sogn. „Ankerinvestoren“ an Bord sind, oder zählt das nicht?

  13. @ Hanna, die Antwort hat mit meiner Methodik zu tun.

    Das Aktienuniversum ist zu gross um alles zu beobachten. Würde man es versuchen, würde man nur dazu neigen immer den „heissesten“ Wetten hinterher zu rennen, genau dann wenn sie öffentlich heraus trompetet werden, wenn meistens das leichte Geld schon gemacht ist.

    Ich habe deswegen eine Watchlist von ca. 100 Werten (sozusagen Haris Top 100 ;-)) die ich regelmässig verfolge. Aktien die nicht in der Watchlist sind, sind deswegen nicht schlecht, sie sind nur nicht in meinem Fokus !

    Diese Watchlist passe ich immer mal wieder an, Aktien werden rausgeworfen oder aufgenommen. Dabei agiere ich aber nicht hektisch, sondern nur bei grundlegenden Änderungen.

    Konkret habe ich vor einiger Zeit E.ON und nicht RWE aufgenommen, weil E.ON internationaler aufgestellt ist und daher eher die Chance hat, den Zwängen der deutschen Energiewende zu entrinnen. Auch die Eigentümerstruktur macht E.On flexibler, wer Sparkassenvorstände und Gemeindepolitiker erlebt hat weiss, wie grausum die Konsensbildung mit diesen Leuten ist. Grosse Sprünge sind da schon gar nicht möglich. Deshalb ist E.ON in der Liste und RWE nicht. Das bedeutet aber nicht, dass E.ON perse die „bessere“ Aktie ist, verdienen kann man ja im übrigen Long UND Short !

  14. Hallo, leider kann e.on die letzte Aufwärtsbewegung nur geringfügig nachvollziehen! Heute ist die Aktie wieder an der 13,20 Marke gescheitert! Ich warte täglich auf den Auspruch! Würde mich sehr freuen etwaige Meinungen von eventuell Gleichgesinnten zu erfahren! Oder ist dieses Invest bzw die Gewinnaussichten bei dem aktuellen Markt zu gering ?

  15. Oh je, e.on…Nach meinen Kriterien spricht derzeit nicht viel für einen Kauf. Zwar scheint die Aktie an so etwas wie einer Bodenbildung zu arbeiten und man kann die auch durchaus beobachten, aber für ein Investment ist es imho noch zu früh. Was ja durchaus nicht so bleiben muß, Stichwort Energiewende…aber das ist Zukunftsmusik. Kurzfristig wird sich da wohl noch nicht so sehr viel tun.

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