Gastkommentar – DAX, S&P 500 & Co. im langjährigen Vergleich – von „Johann“

Redaktionelle Anmerkung von Hari:

Im folgenden finden Sie einen Diskussionsbeitrag unsere neues Mitglieds "Johann", den ich hier als Gastkommentar einstelle und über den ich mich sehr freue. Ich freue mich besonders, weil sich hier jemand viel Arbeit gemacht hat und ganz bewusst mutig etwas zur Diskussion stellt, mit dem Ziel die Meinung und das Feedback der anderen Blog-Leser zu bekommen. Mutig deshalb, weil man ja auch immer Gefahr läuft etwas missverstanden zu haben und sich so der Öffentlichkeit zu stellen braucht Mut.

In diesem Sinne freue ich mich auf Ihr Feedback !

Vorab von mir noch eine Anmerkung, die ich "Johann" schon im Vorfeld habe zukommen lassen: Der hier verwendete DAX ist ein Performance-Index, in dem alle jemals aufgelaufenen Dividenden aufkummuliert wurden und im DAX-Stand enthalten sind. Die hier verwendeten S&P 500 und Eurostoxx sind dagegen Kurs-Indizes ohne Ausschüttungen, die also exakt die aktuelle Marktkapitalisierung der enthaltenen Aktien (nach Gewichtung) darstellen.

Die Folge davon ist, dass der DAX im Vergleich stärker aussieht als er ist, weil er bei einer mittleren Ausschüttungsquote von ca. 2% jedes Jahr um diesen Wert besser aussieht, als er tatsächlich besser gelaufen ist. Umgedreht, bei einem Vergleich mit einer langfristigen Verzinsung, ist der DAX aber die richtige Betrachtung, weil dann gehören die Ausschüttungen zwingend dazu. Der S&P 500 erzielt also eine höhere jährliche Rendite, als es der reine Kursverlauf des Kurs-Index impliziert.

Diese Ungleichgewichte sollte man bei der Bewertung im Auge haben, das sollte uns aber nicht davon abhalten, interessante Ansichten aus dieser Analyse zu ziehen.

Ich werde mich mit weiteren Kommentaren oder Wertungen zu diesem Beitrag nun ganz bewusst zurück halten und wünsche Ihnen viel Spass beim lesen !

Ihr Hari

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Von "Johann"

Angeregt durch einen Kommentar von Hari ”Vom Marktkonsens in DAX und S&P 500“ habe ich mir DAX und S&P 500 mal genauer angesehen. Habe dazu einen Indexvergleich (bei der comdirect) angestellt und mir den Kurs vom S&P 500 (schwarz) anzeigen lassen und folgende Werte zum Vergleich hinzugefügt: DAX (rot), EuroStoxx50 (grün), 5% Zinsen pro Jahr (untere Linie), 8%Zinsen pro Jahr (mittlere Linie) und 10% Zinsen pro Jahr (obere Linie). Als Zeitraum habe ich abschließend 07.03. 1987 bis 07.03.2015! gewählt (25 Jahre bis heute). Das Ergebnis ist ziemlich interessant – vielleicht nicht für einen Profi (oder Volkswirtschaftler); aber mich (als Ingenieur und analytisch denkenden Mensch) hat es sehr nachdenklich gemacht.

In allen Aufwärtsbewegungen kommt es beim DAX zu massiven Übertreibungen im Vergleich zum S&P500. Selbst der EuroStoxx toppt den S&P Anfang 2000. Zudem schaffen es EuroStoxx und S&P in diesem Vergleich über einen sehr langen Zeitraum annähernd parallel zu laufen – siehe 2002 bis Anfang 2009 (also 7 Jahre!) Exakt parallelen Verlauf schafft DAX mit S&P nur zwischen Mitte 2002 bis Anfang 2005 – immerhin 3 Jahre). Dann plötzlich trennt sich der DAX von S&P im Jahr 2005, um genau 4 Jahre später „im Crash 2008/2009“ fast wieder auf S&P und EuroStoxx zurückzufinden. Danach trennt sich der EuroStoxx Anfang 2010 deutlich vom S&P500 und fällt ab Mitte 2011 sogar unter die “langfristige 5%-Verzinsung“! (ist das schon die Auswirkung von Griechenland oder zeigt sich bereits eine generelle Schwäche von Europe?). Der DAX hingegen entscheidet sich für die entgegengesetzte Richtung und strebt an, wieder auf die „8%-Verzinsung“ (mit einer kleinen Übertreibung) zurück zu finden.

Es sieht insgesamt also so aus, als würde sich der DAX über diesen langen Zeitraum auf eine ca. 8%-Verzinsung einpendeln (Zufall?, Normalität? Gesundes Wachstum?), wobei sehr starke Entfernungen von dieser 8%-Verzinsung (insbesondere über die 10%-Verzinsung hinaus) mit “sehr heftigen Rückschlägen” früher oder später “bestraft” werden. Weiterhin sieht man, dass aufgrund des gewählten Betrachtungszeitraums die Werte auf der y-Achse (die Steigerung in Prozent) exakt den DAX-Stand repräsentieren (2mal an den 800%, entspricht 8.000 Punkten gescheitert).

Ich frage mich nun schon ein wenig, ob die auf diese Weise produzierte Grafik einen “Blick in die Glaskugel” erlaubt, und habe diesen dennoch mal gewagt („Voraussagen soll man unbedingt vermeiden, besonders solche über die Zukunft.“ – Mark Twain) und 2 Szenarien entwickelt. Wir befinden uns am Beginn eines Bullenmarkts (1) bzw. am Beginn eines Bärenmarkts (2) (dies würde auch sehr gut zur Einschätzung von Hari passen, der seit einiger Zeit davon ausgeht, dass „in Kürze“ eine heftige Bewegung einsetzen würde, wobei die Richtung offen wäre).

Wenden wir uns zuerst mal Szenario 1 zu, welches den beginnenden Bullenmarkt beschreiben könnte. Um diesbezüglich ein Szenario entwickeln zu können, habe ich mir den Anstieg des DAX von Ende 1996 bis Anfang 2000 betrachtet. Die Steigung „dieser Geraden“ habe ich herangezogen und diese Steigung einer Geraden in den Tiefpunkt des DAX in 20111 gelegt. Sollte es zu einer Wiederholung der Hausse zwischen 1994 bis 2000 kommen, so erkennt man, dass wir wahrscheinlich zu schnell nach oben gegangen sind. Vorausgesetzt, wir befinden uns im Szenario 1 könnten wir selbst einen Rückschlag des DAX bis auf ca. 6400 entspannt beobachten; denn etwa Mitte 2013 steht der erfolgreiche Test von 8.000 an, um 2014 dann die 10.000 zu erreichen. Übertreibungen und Euphorie könnten natürlich dafür sorgen, dass die 10.000 schon vorher „kurz berührt“ werden. Unter der Voraussetzung, dass die Parallelität der Bewegungen von S&P und EuroStoxx noch Gültigkeit hat, habe ich mit der gleichen Steigung die Aufwärtsgeraden für S&P und EuroStox eingetragen. Dies würde bedeuten, dass S&P Ende 2013/Anfang 2014 bei etwa 2.600 stehen könnte und dann zufälliger Weise“ exakt die 8%-Verzinsungslinie wieder gefunden hätte. Zu diesem Zeitpunkt wäre dann auch die Differenz zum DAX fast wieder aufgehoben!

In diesem Szenario würde auch der EuroStoxx(exakt die gleiche Steigung der Geraden wie bei DAX und S&P) mit knapp 1 Jahr Verspätung die 8%-Verzinsungslinie wieder treffen.

Szenario 2 sieht übel aus und für mich bzgl. EuroStoxx schwer erklärbar.

Eingetragen habe ich eine Gerade für den DAX, die exakt die gleiche (negative) Steigung hat, wie das Maximum Anfang 2000 bis zum MinimumAnfang 2003. Sollten wir also in einen Bärenmarkt einsteigen, könnte es bis zu einem Rückgang gehen, wobei das Minimum erst in Mitte 2013 erreicht werden könnte. Unter der Voraussetzung, dass der Aufschlag auf der 5%-Verzinsungslinie stoppt (die hat übrigens schon 2mal für den S&P gehalten!!) hätten wir gleichzeitig das Minimum des Crashs von Anfang 2009 erreicht (Zufall?), welches bei ungefähr 3.700 liegen würde (kein schöner Gedanke!). Dieses Szenario hätte aufgrund der Betrachtung der Vergangenheit allerdings nur Sinn, wenn dann auch S&P sowie EuroStoxx sich wieder zusammenfinden würden. Für den S&P würde dieses Szenario nur einen relativ kleinen Rücksetzer bedeuten, dessen Minimum sich beim Tiefststand Mitte 2010 einfinden würde! Damit aber auch der EuroStoxx sich wieder „beim Rest“ einfindet, müsste dieser allerdings steigen. Für mich eigentlich nicht erklärlich, wenn gleichzeitig der DAX „einen Niedergang erlebt“. Aber wie immer Szenario 2 genau ausgehen würde – sollte es nur annähernd so verlaufen, hätten wir nach fast 30 Jahren eine Verzinsung der Aktienmärkte von gerade einmal ungefähren 5 % durchlitten.

Ich hoffe mal für Szenario 1! Das wären zwar nur 3% Unterschied!! – aber diese hätten erhebliche Auswirkungen über knapp 30 Jahre!!

Ach ja – was man auch sehr schön sieht. Altmeister Kostolany hätte tatsächlich einmal recht gehabt. 1991 Aktien kaufen, dann schlafen und 7 Jahre später aufwachen und in Mitte 1998 alles verkaufen - wäre genial gewesen. 14 Jahre später (zu 1998) sind wir noch immer keinen Schritt weitergekommen! Ansonsten zeigt der Verlauf: wer zulange schläft wacht möglicherweise mit einem Alptraum auf.

In diesem Sinne freue ich mich auf viele Kommentare und eine rege Diskussion.

Viele Grüße
Johannes

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Nachtrag vom 10.03.12

Hallo Zusammen,

erstmals vielen Dank für die zahlreichen Kommentare und die nette Aufnahme des Ingenieurs in Eurem Kreis. Ich habe ´ne Menge gelernt und so mancher Zusammenhang war mir bislang nicht so klar. Was ich mitgenommen habe: funktioniert die Welt „einigermaßen normal“ können wir von einer mittleren jährlichen Verzinsung von ca. 8% bei Aktien ausgehen; entscheidend ist aber immer der Bezugspunkt ab dem man rechnet und logisch: je länger der Betrachtungszeitraum, desto klarer wird das Bild der Vergangenheit (nicht das der Zukunft!) und desto sicherer werden die 8% Verzinsung.

Und auch der Unterschied zwischen DAX und S&P ist mir klar geworden. Und daher möchte ich jetzt den S&P 500 verwenden, um vielleicht noch mehr aus dem Thema (mit Hilfe des Lineals) „rauszukitzeln“. Habe mir also den S&P 500 ab dem Jahr 1970 betrachtet und eine logarithmische Darstellung gewählt; dann wird die jährliche Verzinsung zu einer Geraden. In der Abbildung erkennt man den Verlauf und die obere durchgezogene Gerade ist die Gerade der ab dem 01.01.1970 berechneten 8%-Verzinsung. Die gestrichelten Geraden sind Parallelverschiebungen von dieser und ich habe versucht, die untere Begrenzung auf die größten Rückgänge zu legen. Schaut man sich den Verlauf noch genauer an, erkennt man sehr gut weitere Tops und Dows, die sich (exakt! – gibt’s dafür eine Begründung??) zwischen den gestrichelten grünen Linien befinden.

Was man nun rückwirkend sehr gut erkennt, ist die lange Phase des Aufstiegs von1982 bis 2000 (die 18 Jahre hat ja auch Tribun bereits erwähnt). Was ich aber im Rückblick in dieser Darstellung besonders interessant finde: es sieht fast so aus, als wäre der S&P Anfang 1996 erst mal an der oberen Begrenzung abgeprallt und noch im gleichen Jahr hat er einen erneuten „Angriff“ gestartet, der dann Ende 1996 erfolgreich war. Nach einem kurzen Rücksetzer im ersten Quartal 1997 („Mr. Market wusste wohl, dass er eigentlich den Pfad der Tugend und Bescheidenheit nicht hätte verlassen sollen – nur innerhalb der Begrenzungen darf er sich auch mal mit ein paar mehr Prozent Steigung austoben)) gab es kein Halten mehr bis Mitte 1998. Der Crash (war das damals nicht Russland) hat „ihn“ aber auch nicht zur Vernunft gebracht und unter die „obere Begrenzung“ zurück geführt.

Erst Mitte 2002 war „der Ausflug beendet“ und man befand sich wieder im „grünen Bereich“ – Mission 8% lief also wieder völlig normal weiter. Und eigentlich sieht es so aus, als hätte es noch länger so weitergehen können: wäre da 2008 nicht dieses außerordentliche Ereignis passiert – und so wie die „Massenhysterie in den 90-Jahren“ den S&P über die Obere Begrenzung gehievt hatte, so schleuderte die „Massenpanik“ 2008/Anfang 2009 den S&P unter die untere Begrenzung. Und jetzt…. Eigentlich sieht nicht besonders bedrohlich aus.

Was mich jetzt als „neugierigen Ingenieur“ noch interessierte, war: kann ich Wiederholungen von bedeutenden Ereignissen „im Chart“ finden. Aus diesem Grund habe ich den Tiefpunkt im Jahr 1982 (als der große Aufstieg begann) mit dem Top verbunden, das erstmals die obere grüne Begrenzung erreichte (das war der Höchststand im Crashjahr 1987). Diese Gerade habe ich dann kopiert und daher mit exakt gleicher Länge und Steigung in das Jahr Anfang 1995 geschoben. Dies deshalb, weil hier stark auffällig die Phase beginnt, in der sich „Mr. Market entscheidet“ das Wachstum zu beschleunigen „und auszubüchsen“. Und wo das Ende dieser Geraden endet, kann ja jeder sehen.

Ob das Zufall ist oder ob Volkswirtschaften auch Gesetze wie die Naturwissenschaften haben, weiß ich nicht. Sollte es jedoch kein Zufall sein, müsste man „das Spielchen“ ja nochmal wiederholen können. Nächstmöglicher Ansatzpunkt wäre „im Chart“ der Tiefststand Anfang 2009. Ich hab es gewagt…. Naja, würde irgendwie zur Situation seit Anfang 2009 passen – es sieht fast so aus, als würde sich Mr. Market anschicken, wieder in den grünen Bereich zu laufen. Und falls es doch kein „Volkswirtschaftsgesetz“ gibt – vielleicht haben wir Glück und „das Verschieben einer Geraden klappt ein drittes Mal“.

Ach ja – wenn wir jetzt besser als die 8% sein wollen, müssten wir vielleicht nur noch ein paar Aktien finden, die seit langer Zeit in einem z.B. 20%-Verzinsungskanal liegen und sich zudem gerade „im grünen Bereich“ befinden.
2 hab ich (aufgrund meines eigenen Kommentars hier) schon entdeckt. Aber wie so oft: hinterher sind wir alle schlauer.

Viele Grüße
Johann

33 Gedanken zu „Gastkommentar – DAX, S&P 500 & Co. im langjährigen Vergleich – von „Johann““

  1. Ich – ebenfalls Ingenieur 😉 – finde diese Vergleich sehr interessant. Vor ein paar Wochen hatte ich mit den oeffentlich zugaenglichen Charttools bei comdirect einen aehnlichen Vergleich angestellt, allerdings nicht so ausfuehrlich. Besonders faszinierend finde ich die Feststellung, dass der DAX30 um 8% Linie maeandert. Da muss und wird es „in relativer Kürze“ einen Showdown geben: (1) Entweder der DAX30 haelt mit der 8% Linie Schritt, wozu frueher oder spaeter ein neues hoeheres Hoch generiert werden muss. Das wird nicht einfach, knapp ueber 8000 gibt es den Widerstand schlechthin. (2) Oder der DAX30 versagt an eben diesem Widerstand und muss sich dann aber von der 8% Linie verabschieden.

    Ich bin da langfristig bullish, denn in meinen Augen ist dieses langfristige Spiel des DAX30 mit der 8% Linie plus-minus kein Zufall. Fuer die anderen beiden Nicht-Performance-Indices waere es eben die 6% Linie, wenn man Hari’s 2% mittlere Ausschüttungsquote mit einkalkuliert. Aus meiner Sicht sind es aber auch gerade die Uebertreibungen in beide Richtungen, die dieses Spiel so interessant machen 🙂

  2. Diesen sehr interessanten Beitrag habe ich gelesen und mich gefragt, welche Jahresrenditen denn wohl über die Zeit als realistisch gelten können. Dann habe ich folgendes gemacht:

    1. In der Statistik der Bundesbank sind die zurückgerechneten Monatsendwerte des DAX ab Dezember 1959 angegeben. Anhand dieser Statistik habe ich annualisierte Renditen für 30-Jahres-Zeiträume ermittelt. Dies beginnt im Dezember 1989 mit einer Jahresrendite von 4,97 % und endet im Dezember 2011 mit einer annualisierten Rendite von 8,64 % gegenüber dem Dezember 1981.

    2. Als zweites habe ich mir die Frage gestellt, wie stabil diese Renditen sind.Dazu habe ich diese Berechnung zwischen Dezember 1989 und Dezember 2011 für jeden Monat in diesem Zeitraum durchgeführt und daraus einige Kenngrößen extrahiert. Es ergibt sich daraus folgendes:

    Mittelwert = 7,05 % p.a.
    Median = 7,59 % p.a.
    Standardabweichung = 1,71 % p.a.
    Minimum = 2,99 % p.a.
    Maximum = 9,53 % p.a.

    Es dürfte von Interesse sein, für welche Monate die Extremwerte errechnet wurden. Die 2,99 % ergeben sich für den September 1990 gegenüber September 1960 und die 9,53 % erzielte man im Februar 2011 gegenüber Februar 1981. Das ist durchaus plausibel, denn im Februar 1981 hatten die Anleger noch die Hausseentwicklung der Jahre 1982-2000 vor sich, während im September 1990 jemand, der die vorangegangenen 30 Jahre an der Börse erlebt hatte, die langen Durststrecken der 60er/70er Jahre hinter sich hatte. Jetzt, in 2012, zehrt ein Anleger mit solch langfristigem Horizont noch immer von der säkularen Hausse der 80er und 90er Jahre. Im Durchschnitt aber konnte ein solcher Anleger mit einer Rendite von gut 7 % rechnen und genau die Hälfte aller solcherart errechneten Renditen lagen jeweils unter bzw. über 7,59 %. Die Standardabweichung von 1,71 % zeigt, daß in gut zwei Dritteln aller Fälle diese annualisierte 30-jahres-Rendite zwischen 5,3 % und 8,7 % zu liegen kommt.

    Somit sind in den von Johann aufgeführten Szenarien die 5 % als eher pessimistischer Wert zu interpretieren, die 8 % liegen zwar einen kleinen Tick über der medianen Entwicklung, sind aber durchaus realistisch, und die 10 % sind ein Wert, der auf die lange Sicht mit einer DAX-Indexing-Strategie praktisch nicht zu realisieren sind. Unnötig ist es wohl zu sagen, daß bei kleineren Zeiträumen, etwa 10 Jahren, die Ertragsraten noch viel stärker Schwankungen und im Extremfall sogar negativ ausfallen können. Das ist nicht möglich ? Doch das ist möglich. Wer nämlich Anfang Februar 2000 in den DAX eingestiegen ist und Ende Februar 2010 wieder rausgegangen ist, der hatte pro Jahr etwa 3 % seines Einsatzes verloren. Umgekehrt durfte er sich aber im September 2000 über fast 18 % Jahreszuwachs freuen, falls er Anfang September 1990 eingestiegen ist.

    Daraus muß man insgesamt den Schluß ziehen, daß der Zeitpunkt keineswegs egal ist, zu dem man in den Markt einsteigt, nicht einmal bei einer äußerst langfristigen Ausrichtung. So richtig es auch ist, daß die Gewinndynamik sowie die relative Attraktivität von Zinsanlagen die langfristigen Treiber der Entwicklung am Aktienmarkt sind, so richtig ist es auch, daß die Beurteilung ebendieser Gewinndynamik durch „die Märkte“ enormen Schwankungen unterworfen ist und daher äußerst sorgfältig beobachtet werden muß. Eine Einstellung wie „Aktien bringen mir auf lange Sicht immer so etwa 10 %“ erweist sich als fataler Trugschluß. Jedenfalls dann, wenn man auf eine buy-and-hold-Strategie vertraut.

    Gute Nacht

    Tokay

  3. …. und es heisst auch, dass man im letzten Jahrzehnt nur je 2 Kauf- oder Verkaufsentscheidungen hätte richtig treffen müssen, um eine sensationelle Performance zu erzielen.

    Kaufen irgendwann (ganz egal wann) in 2003 und 2009 und verkaufen (ganz egal wann ) in 2000 und 2007 – hätte einem locker eine 2-stellige Performance pro Jahr beschert.

    Was sich aber so einfach anhört, ist weit schwieriger, wenn man mittendrin steht.

    Ich erinnere mich zB eindrücklich an mein 2007, was eines meiner schwächeren Jahre war. Ich hatte die grundlegenden Probleme des Marktes schon gesehen bzw geahnt und war daher das ganze Jahr vorsichtig und hatte den Markt im Herbst 2007 zeitweise sogar schon geshorted. Im Nachhinein lag ich also perfekt richtig.

    Aber der Markt wollte einfach nicht fallen und meine Shorts funktionierten nicht. Und so war 2007 für mich ein schwieriges Jahr. Als am Ende des Jahres – trotz aller schon bekannten Subprime-Probleme – der Markt immer noch nicht fallen wollte, bin ich doch wieder hier und da Exposure eingegangen, frei nach der Logik „der Markt hat immer Recht“ und wurde dann beim ersten Absturz 2008 erwischt. Und das obwohl ich die Probleme schon gesehen hatte – doppelt ärgerlich.

    Was im Nachhinein klare Tops und Bottoms des Marktes sind, ist mittendrin doch oft ein ziemliches Rauschen 😉

  4. …eine Annahme von 8 % Rendite sehe ich auch als realistisch und erwiesen an.
    Je nach empirischer Erhebung beträgt die durchschnittliche Aktienrendite zwischen 7-9 % p.a.
    im zeitlichen Rahmen der letzten 40 Jahre.
    Würde man die Regel `Sell in May and go away` befolgen und Aktie erwerben/halten im Anlagezeitraum September/Oktober
    bis April/Mai, dann würde der langjährige Durchschnitt auf 11-13 % steigen.

    Einen Einspruch muss ich an den geschätzten User Tokay heranbringen.
    Der drittreichste Mann der Welt ist lt. Forbes, Waren Buffett , und der ist bekanntlich einer der erfolgreichsten Aktieninvestoren der Welt, verfolgt als Value Investor im Ansatz die buy-and hold-Strategie.
    Die durchschnittliche jährliche Rendite von Berkshire Hathaway Inc. beträgt zwischen 1965 und 2005 21,9 %.
    Zwar hat nicht jeder dieses Talent und Begabung, nur annähernd eine solche Rendite zu erwirtschaften,
    aber ich finde es wesentlich aufwendiger und schwieriger ideale Einstiegs- und Ausstiegszeitpunkte für Aktien übers Jahr
    zu ermitteln.
    So finden sich immer wieder Aktien, welche sich vom Marktgeschehen und dem Schaukeln der Indizes lossagen…siehe Apple.
    Das mit hold nicht kaufen, liegenlassen und vergessen verstanden wird, setze ich voraus.
    Eine Aktie/Depot aktiv zu managen sehe ich als gegeben an.
    Zustimmend kann ich dir, dass man im Verlauf die Schwankungen an den Märkten konsequent für sich nutzen sollte.

    Dennoch ist ein Kursverlauf in Richtung der 5 %-Verzinsungslinie, durch einem Nachfrageschock infolge einer Staatsverschuldung, nicht auszuschließen.
    Die Krise kann gut und gerne noch bis 2013/14/15 verlaufen.
    Meine Vorstellung und bevorzugte Prognose orientiert sich jedoch an dem Szenario 1, welche direkt auf Wachstumschancen,
    Regierungen und Liquidität von Notenbanken abzielt.

    Schönes Wochenende an alle!

    Tribun

  5. Tribun, danke für Dein Feedback. Wenn ich es richtig sehe, dann betreibt Warren Buffett ein sehr akribisches Stock-Picking, achtet jedoch auch sehr auf die aktuelle Marktlage, so ist er vor einiger Zeit hier in Deutschland bei der Munich Re eingestiegen, als die grade günstig zu haben war…Du hast natürlich recht, es ist sehr schwer die „richtigen“ Ein- und Ausstiegszeitpunkte zu finden, Hari hat das in seiner Anmerkung ja ebenfalls geschrieben, und mir selber geht es natürlich genauso. Ich kann auch nur vermuten, was eventuell richtig ist, weiß es aber letzlich ganausowenig wie jeder andere auch. Aber genau dieses Nichtwissen bzw. Raten ist es ja, das sich an den Märkten vereinigt, und die Börsenkurse reflektieren genau die Erwartungshaltung.

    Anders herum wird jedoch auch ein Schuh draus: Einfaches buy-and-hold wie zu Zeiten des Wirtschaftswunders – und das war ja die „Blütezeit“ von Kostolany und Konsorten – oder zur Zeit der säkularen Hausse 1982-2000 funktioniert seither nicht mehr. Seither hatten wir immense Schwankungen zu durchleiden, und der ganze Ärger mit den Aktien hat sich mit buy-and-hold ganz bestimmt nicht gelohnt – Anleihen waren in der Zeit das bessere Geschäft.

    Insofern ist der hier von Hari propagierte Ansatz oder auch der von Lars – ich weiß nicht genau, wie man das bezeichnen soll – „Swing Trading“ oder „Mr. Market-Methode“ wäre wohl noch am ehesten zutreffend – durchaus sinnvoll. Beide sind allerdings erfahrene Börsianer und für einen Neueinsteiger ist so etwas wohl weniger zu empfehlen, da dieser Ansatz einiges an Hintergrundwissen und „Feeling“ voraussetzt.

    Im Prinzip sind es ja auch verschiedene Handelsstrategien, die hier in der Diskussion sind:
    a) den Index kaufen und ihn liegen lassen(Kombination Indexing und buy-and-hold);
    b) den Index kaufen und versuchen, die Wechsellagen auszunutzen(Kombination Indexing und Market Timing);
    c) ausgewählte Aktien kaufen á la Buffett und liegen lassen (Kombination Stock-Picking und buy-and-hold);
    d) ausgewählte Aktien kaufen und versuchen, die Wechsellagen auszunutzen(Kombination Stock-Picking und Market-Timing – eben die Mr.Market/Swing Trading Methode).

    Der Grad der Aktivität nimmt von Methode a) nach d) eindeutig zu und bedingt zwangsläufig entsprechend höhere Transaktionskosten, die man, unabhängig vom Erfolg, erst mal wieder hereinholen muß. Ich stimme Dir zu, es ist wahrscheinlich einfacher, ein sinnvolles Stock-Picking als ein sinnvolles Market-Timing zu betreiben und Buffett ist für diese Methode ein sehr eindrucksvolles Beispiel.

    Was die 8%-Linie angeht – sie ist in der Tat ein guter Anhaltspunkt. Aber, und das habe ich versucht deutlich zu machen, es hängt sehr von dem Zeitraum ab, für den solche Vergleiche angestellt werden. Wenn man in der Börsengeschichte zurückgeht, dann hatten wir in Deutschland bis etwa 1960 die Wirtschaftswunderhausse, dann bis 1982 eine sehr wechselhafte Entwicklung, dann wie bereits erwähnt bis 2000 eine säkulare Hausse, und seither wiederum eine überaus wechselhafte Entwicklung. Eine Prognose darüber, welche Ertragsraten künftig realisiert werden können, hängt also sehr stark davon ab, wo man sich gerade befindet. Zum Beispiel wäre es im Jahr 2000 völlig illusorisch gewesen, für die kommenden 10 Jahre einen Anstieg von 8% im Jahr zu erwarten. Hätte sich das bewahrheitet, dann stünde der DAX heute bei weit über 16.000 Punkten. Auf der anderen Seite ist es natürlich auch sehr stark von der heutigen Bewertung der Zukunftsaussichten abhängig, welcher DAX-Stand sich einstellt. Zum Ende der langen Hausse in 2000 lag das KGV des DAX nämlich bei etwa 30. Heute, am 09.03.2012 lesen wir in der Tageszeitung von einem KGV von 10,4 für 2012. Hätten wir also eine euphorische Stimmung wie 2000, dann müsste der DAX eigentlich bei fast 20.000 Punkten liegen. Historisch gesehen liegt das durchschnittliche KGV wohl bei so um die 15, so daß unter diesem Aspekt nach wie vor einiges für eine Unterbewertung spricht – wenngleich diese nicht mehr so ausgeprägt ist wie zu Jahresanfang.

    Meines Erachtens spricht einiges für die Ansicht, daß die unruhige Phase seit 2000 noch immer nicht ihren Abschluß gefunden hat. Sollte die expansive Geldpolitik der letzten Jahre sich in der Realwirtschaft auswirken, dann könnte es am Ende einen „fianl countdown“ geben, oder einen „Reset“, wie Hari neulich geschrieben hat. Doch dann wäre der Vorhang geschlossen und die Perspektive geebnet für ein neues, goldenes Börsenzeitalter…aber diese Sichtweise greift weit voraus, zu weit eigentlich, denn die kommende Entwicklung ist letztlich nicht seriös prognostizierbar. Ich denke, es ist am besten, einen pragmatischen Ansatz zu wählen und sich schrittweise voranzutasten….Schaun mer mal….

    Allen ein schönes Wochenende

    Tokay

  6. Eine in meinen Augen wichtige Anmerkung noch zum Thema Buffet, weil ich denke, dass dieser entscheidende Punkt gerne übersehen wird:

    Keiner von uns und auch kein Otte & Co. hat beim Kauf von grosskapitalisierten Aktien auch nur die ansatzweise Chance so erfolgreich wie Buffet zu sein !

    Warum ? Weil Buffet immer nur als „Insider“ investiert hat. Er hat erst investiert, nachdem er „im“ Unternehmen „rumgekrochen“ ist, mit dem Top-Management geredet usw. Erst dann, als er das Unternehmen wie ein Insider im kleinsten Detail verstanden hat, hat er gekauft. Und dann – aber nur dann – kann man natürlich auch mal Mr. Market ignorieren, denn dann – aber nur dann – ist man klüger als Mr. Market und man weiss wirklich was man hat. Buffet war während seiner ganzen „Wachstumsphase“ in den 60ern und 70ern, wo auch die sensationellen Renditen entstanden, eher Unternehmer als Investor.

    So – mit akribischem Einarbeiten in ein Unternehmen bis man selber Insider ist – so hat es Buffet immer und ausnahmslos gemacht, erst zuletzt auf die alten Tage hat sich das ala MüRü zwangsweise etwas geändert, weil er es bei der Grösse von Berkshire Hathaway auch nicht mehr auf die Reihe bekommt. Und prompt lässt auch seine Performance etwas nach.

    Als Buffet noch kleiner war, waren sein Ziele daher auch nicht die grossen Bluechips, bei denen das Management gar nicht mit ihm geredet hätte. Da hatte er kleine und mittelgrosse Unternehmen im Auge, die mit ihm redeten, wie eben die Textilfabrik Berkshire Hathaway, die dann ja der „Rahmen“ für seine jetzige Holding wurde.

    Was ich damit sagen will ist, dass sich ganz viele die sich mit den „Buffet-Ansatz“ brüsten, dabei vergessen, dass sie gar nicht wie Buffet agieren (können). Und viele Kleinanleger die Buffet nacheifern wollen, geben sich einer Illusion hin, wenn sie glauben sie könnten das als „Nicht-Insider“einfach so über die Börse.

    Wer heute als Kleinanleger wirklich wie Buffet sein will, müsste sich ein paar Millionen von Freunden und Bekannten leihen, einen eigenen kleinen Fond aufmachen und damit nach kleinen Unternehmen forschen, bei denen er dann als massgeblicher Aktionär – zum Teil auch ausserbörslich – einsteigen kann. So ist Buffet gross geworden, genau mit so einem Fond mit Geld von Freunden, Bekannten und Empfehlungen, nicht durch Handeln an der Börse !

    Erst als er gross genug war, dass die grossen Unternehmen ihn als Investor ernst nahmen, erst als er als Investor schon hunderte Millionen hinter sich vereint hatte, konnte er sich dann auch an die grösseren Unternehmen der Börse heran wagen !

    Insofern halte ich ganz persönlich die ganzen Angebote am Markt, die sich mit der „Buffet-Methode“ brüsten, für Augenwischerei. So wird das nie was, weil ein ganz wesentlicher Bestandteil Buffets Strategie fehlt. Aber als Marketing-Instrument ist der Name „Buffet“ halt unschlagbar.

    Deswegen ist für viele normale Anleger eine ruhige „calue-orientierte“ Anlagestrategie immer noch sinnvoll. Und man kann auch Teile der Strategie Buffets auf eine Börsenanlage übertragen. Nur mit dem Kern des Erfolges von Buffet, hat das in meinen Augen nur am Rande zu tun !

  7. Je suis d’accord.

    Annahme:
    Nach einer Hausse von 1942 bis 1966 ist der DJIA anschließend in eine
    Seitwärtsbewegung übergegangen, welche bis Anfang der 80er Jahre andauerte.
    Auch damals gab es eine weltweite Krise mit vergleichbare Probleme (Ölkrise, Terror, Staatsverschuldung, Inflation, usw.).
    Die Indizes befinden sich seit 2000 in einer Konsolidierungsphase,
    nach der vorherigen 18 Jahre andauernden Hausse.
    Es könnte genauso sein, dass nach Beendigung der derzeitigen Krisenprobleme
    die Indizes zu ungeahnten Höhen steigen werden.
    Immerhin wird weltweit an der Problemlösung gearbeitet.

    Es stimmt natürlich…je weiter und ausführlicher zukünftige Annahmen getroffen wird, desto schwieriger und unsicher ist die Prognose.

    Verkürzen wir deshalb unsere Sicht auf die Dinge.
    Der starke Dollar bremst die Märkte heute.

  8. Hari, Du hast mich da möglicherweise etwas überinterpretiert. Die Anmerkung zu Buffett von Tribun kam auf im Zusammenhang mit dem Thema Outperformance und Stock Picking versus Makret Timing. Und diese grobe Kategorisierung trifft bei Buffett, finde ich, schon zu. Es war in dem Beitrag nicht mein Anliegen, den Ansatz von Buffett im Detail darstellen zu wollen. Buffett ist reich geworden durch die Auswahl der richtigen Unternehmen; daß er nicht nach dem Kursteil seiner Tageszeitung gegangen ist, weiß man. Auch sein Satz ,man solle sich bezüglich des Investments in ein Unternehmen wie ein Teilhaber desselben verhalten, ist weitbekannt. Und so ist er auch vorgegangen, auch das wissen wohl die meisten, die sich für die Börse wirklich interessieren. Insofern war und ist der Name Buffett bereits ein Label für „Value-Strategie“. Und man kann eine solche auch realisieren, ohne jemals ein solches Unternehmen wie Buffett von innen gesehen zu haben.

    Mir ging es in dem Beitrag aber weniger um Buffett, sondern eher um die Plausibilität von DAX-Langfristprognosen. In dem Zusammenhang meine Anerkennung an unsere beiden Ingenieure. Man kann aus so einem Thema doch eine ganze Menge herauskitzeln. Finde ich absolut spannend!

  9. Tut mir leid Tokay, dass der Eindruck entstanden ist, ich würde damit direkt auf Dich reagieren. Das war nicht so und ich habe Dich genau so verstanden, wie Du das schreibst . Für mich war das nur der Trigger auf den Sachverhalt bei Buffet hinzuweisen und der Adressat waren alle Leser und nicht speziell Du.

    Ich befürchte, dass ich an dieser Stelle wie ein Pawlowscher Hund reagiere, weil es mich nervt wie sich die halbe Welt immer auf den armen Warren beruft, ohne wirklich verstanden zu haben wie er so erfolgreich wurde. Ich bin nur an einer Stelle nicht mit Dir einer Meinung: nein, ich bin überzeugt die Mehrheit hat das eben NICHT verstanden und hält sich alleine deswegen für Warren II und grosse „Value-Investoren“, weil sie Aktien nach KGV und Buchwert aus öffentlichen, frisierten IRFS Bilanzen aussuchen 😉 So funktioniert die Methode Buffet aber nicht ! Sondern nur durch akribisches Hineinwühlen, bis er selber Insider war und genau so viel wusste wie das Management, manchmal sogar mehr !

    Also sorry nochmal für das Missverständnis, sieh es einem alten Mann nach, der bald 50 wird 😉

  10. Schon okay, Hari, wir kennen uns ja mittlerweile ein bißchen, geistig zumindest….Ich gehöre übrigens selber auch zu den „alten Säcken“, denn ich werd demnächst ebenfalls 50….schluchz…

    Wegen Warren Buffett, ich lese die Storys mittlerweile schon Jahrzehnte, von daher dachte ich, das müßte sich mittlerweile etwas rumgesprochen, aber na ja, ich kann mich da auch täuschen, denn alles krieg ich auch nicht mit.Wahrscheinlich wissen viele nur, daß er eben einer der reichsten Leute der Welt ist, daß er ein großer Teilhaber von Coca-Cola ist, und noch immer seinen MidWest-Lebensstil hat mit Streetcar, Hamburger und Cherry-Coke. Man hat das ja mittlerweile 100.00 mal gelesen. Aber immer noch erfreulicher wie diese ganzen Stories über unseren Ehrensöldner…der mit der Sofortrente plus… 🙂

    Bis denne

    Tokay

    Bin halt ein bißchen erschrocken, aber ist schon wieder rum.

  11. ACHTUNG an alle, Johann hat eine umfangreiche Ergänzung zu seinem Artikel erstellt, die ich unten an den alten Artikel angehängt habe.

    Wen es interessiert, bitte also den Artikel zum langfristigen Bild der Indizes noch einmal nach unten scrollen !

  12. Hallo Johannes, kurz zu Deiner Frage: „Ob das Zufall ist oder ob Volkswirtschaften auch Gesetze wie die Naturwissenschaften haben “ – ohne damit konkret auf Deine neuen beiden Grafiken einzugehen, das will ich den anderen Lesern überlassen.

    Ich beantworte das mal aus Sicht der Märkte konkret, statt der Volkswirtschaften allgemein:

    Märkte haben keine festen, immer nachstellbaren „Naturgesetze“ und trotzdem ist es kein Zufall was Du beschreibst. Denn Märkte haben „Muster“ die immer wiederkehren, aber eben nicht in Form eines zuverlässigen Gesetzes, sondern im Sinne von Wahrscheinlichkeiten.

    Du darfst, wenn Du Märkte betrachtest deswegen nicht! wie ein Ingenieur denken, sondern musst den Markt als ein dynamisches, sich permanent veränderndes System begreifen – das aber sehr wohl bestimmten Mustern folgt.

    Konkret bist Du mit Deinen Grafiken einem der Grundmuster alle Märkte auf der Spur, sie haben die Tendenz um einen „Normalzustand“ herum zu schwingen, aber früher oder später zu ihm zurück zu kehren. Das schwierige dabei – was einem Ingenieur gegen den Strich gehen muss – ist, dass der „Normzustand“ selber im Fluss ist und sich verändert.

    Trotzdem findest Du überall das Muster, dass ein Markt der sich – wie 1996-2000 – zu weit vom Normzustand entfernt auch wieder zuück schwingt, überall und auf allen Zeitebenen. Im kurzfristigen sind das die Zustände die ich „überkauft“ und „überverkauft“ nenne und die zb mit den ganzen Oszillatoren wie RSI, Stochastik etc gemessen werden.

    Ich nenne das bildlich immer die „Gummiband-Theorie“ und die ist universell im Markt. Wenn das Band zu sehr in eine Richtung gedehnt wird, schnappt es zurück und schlägt in die Gegenrichtung aus. Auch hier ist aber wieder das Problem, dass das Band sehr, sehr lange gedehnt bleiben kann und das Wissen um die Dehnung deswegen noch lange kein Garant für Anlageerfolg ist.

    So weit als erste Erklärung von der ganz hohen Warte. Wovor ich Dich halt warnen möchte ist, bei aller berechtigten Begeisterung Muster gefunden zu haben, da nun wie ein Ingenieur ran zu gehen und diese Muster als fixe, verlässliche Gesetzmässigkeiten zu betrachten. Nach solchen festen „Naturgesetzen“ des Marktes suchen seit 100en Jahren Millionen kluger Leute, das wäre ja auch der sichere Weg zu grossem Reichtum, wenn man auch nur eine einzige kleine, derart fixe Gesetzmässigkeit finden könnte.

    Es gibt sie aber nicht. Und ich kenne keinen, der alleine mit „Elliot-Wellen“, „Zyklen“ oder wie die zahllosen Theorien heissen, reich geworden wäre. Was nicht heisst, dass diese Theorien sinnlos oder falsch wären, sie verschaffen aber keine Gewissheiten, nur Wahrscheinlichkeiten ! Aber Wahrscheinlichkeiten sind ja auch schon eine Menge wert, und deshalb sind auch Deine Betrachtungen hier wertvoll.

    Begreife den Markt also als ein dynamisches, selbstreferenzielles System, das in permanenter Veränderung begriffen ist und wie ein lebendes Wesen nach bestimmten Mustern schwingt. Auf Depression folgt bei Mr. Market halt Euphorie, wie bei wirklich manisch depressiven Menschen auch.

    Und denke daran, was ich zu selbstbezüglichen Systemen sagte. In dem Moment, in dem jemand eine feste Gesetzmässigkeit finden und kommunizieren würde, würde sie auch wieder verschwinden. Denn der Markt besteht aus den handelnden Menschen und die würden sofort ihr Handeln adaptieren und damit die Gesetzmässigkeit (den Normzustand) verändern.

  13. Diese Diskussion ist so grundlegend, daß ich zu dem Thema noch gerne etwas sagen möchte. Die Grafiken nebst Kommentar, die Du, Johannes, hier eingestellt hast, die finde ich äußerst beeindruckend. Nun zu der von Dir aufgeworfenen Frage, gibt es an der Börse Naturgesetze?

    Ja und Nein.

    Ja, denn für den langfristigen Anstieg der Aktiennotierungen um etwa 8 Prozent ist selbstverständlich die wirtschaftliche Entwicklung im allgemeinen verantwortlich. Somit die Innovationskraft der Unternehmen, die Fähigkeiten des Managements, Gewinne zu erwirtschaften – all dieses spiegelt sich, vereinfacht ausgedrückt, in der Zahl 8 Prozent. Je höher das Potential eines Unternehmens ist, Gewinne zu erwirtschaften, je höher werden auch die Aktienkurse dieses Unternehmens liegen. Diese 8 Prozent sind tatsächlich etwa der Pfad, auf den die Börsenkurse einschwenken werden. Und ein Aktienindex ist ja nichts anderes als der Gesamtwert der großen börsennotierten Unternehmen. Oder rechnerisch ausgedrückt: Wenn wir ein (Gewinn-)Wachstumspotential in einer Volkswirtschaft(die nicht an den Landesgrenzen Halt machen muß)von 3% Prozent haben, wenn wir einen durchschnittlichen Preisanstieg von 2, 5 % haben und wenn wir eine durchschnittliche Dividende von 2, 5 % haben, dann werden wir also auch auf lange Frist einen Anstieg um 8 % haben.

    Nein, denn wir stellen fest, und die Grafiken von Johann untermauern dies sehr eindrucksvoll, daß es auch längeranhaltend massive Abweichungen vom Gleichgewichtspfad geben kann. Hier kommen nun Effizienzhypothese und Behavorial Finance ins Spiel. Wenn es richtig ist, daß neu am Markt eintreffende Informationen umgehend in den Kursen verarbeitet werden, und wenn es außerdem richtig ist, daß die Reihenfolge des Eintreffens solcher Informationen zufällig ist, dann heißt dies, dass die Kursentwicklung in naher Zukunft grundsätzlich nicht prognostizierbar ist. Wir können also sagen, daß die Aktienkurse früher oder später auf den „8-Prozent-Pfad“ einschwenken werden. Wir können aber nicht sagen, wann genau dieses „früher oder später “ sein wird. Und zwar deswegen nicht, weil wir die exogenen Schocks nicht kennen, die „Mr. Market“ durcheinanderwirbeln, nicht Fukushima, nicht Griechenland, nicht den Iran.

    Zwei weitere Phänomene kommen meines Erachtens hinzu. Zum einen werden, und dies ist eine Erkenntnis der Behavioral Finance, von „Mr.Market“ kurzfristige Ereignisse stärker gewichtet als solche, die schon länger her sind, und das, obwohl diese für den langfristigen Entwicklungspfad die gleiche Bedeutung haben. Weiterhin bleibt „Mr. Market“ über die Jahre nicht der gleiche; so kamen in den 90er Jahren immer mehr Leute zu „Mr. Market“, die nur die dynamische Aufwärtsentwicklung in diesen Jahren kannten -umgekehrt ist unsere Zeit sehr von den Erfahrungen der Finanzkrise geprägt. Darin kommt eine gewisse Geschichtslosigkeit zum Ausdruck. Längerfristige Ereignisse werden ausgeblendet, kurzfristige Ereignisse bekommen in dieser Sichtweise ein zu hohes Gewicht.

    Der zweite Punkt hierbei ist das Herdenverhalten. Die Allegorie von „Mr. Market“ heißt doch letztlich, wir tun, was alle anderen auch tun. Wenn wir falsch liegen, sind wir damit nicht die Einzigen. Die Börsenregel „Die Hausse nährt die Hausse“ spiegelt genau das wider. Die Kurse steigen in erster Linie deshalb, weil alle daran glauben, daß sie steigen werden. Es gibt allerdings Bewertungskriterein wie z.B. Sentimentumfragen, die uns dabei helfen können, Über- oder Untertreibungen einzuordnen. Und letzlich beinhalten die Marktpreise selber Risikoprämien, in denen solche Über- oder Untertreibungen zum Ausdruck kommen.

    Abschliessend noch eine Bemerkung zu den exogenen Schocks, die dann zu Crash führen und dafür sorgen, daß es immer wieder zu massiven Abweichungen vom Gleichgewichtszustand kommt. Es hat solche Schocks immer gegeben, und es wird sie auch weiterhin geben, Wenn sich die Ansicht verbreitet, es seien mehr oder weniger risikolos satte zweistellige Wertsteigerungen innerhalb eines Jahres möglich, dann wird unweigerlich Geld in den Markt hereinströmen. Und ebenso unweigerlich werden dann diese Träume platzen wie eine Seifenblase. Der Wunsch nach schneller Kapitalvermehrung ist der Menschheit zu eigen, und das wird immer so sein.

    Schönes Wochenende

    Tokay

  14. NACHTRAG zum heutigen Beitrag: Das Thema „AchtProzent-Pfad“ beschäftigt mich zugegebenermaßen. Anhand der Bundesbank-Statistik für den DAX habe ich einmal den 8-Prozent-Pfad(8PP) für verschiedene Indexstände durchgerechnet.

    Dabei habe ich jeweils den nach der Bundesbank(eigentlich stammen die Zahlen vom Deutschen Aktieninstitut, auf der Bundesbank-website sind diese Zahlen frei zugänglich) geltenden Endstand Dezember des entsprechenden Jahres genommen und diesen mit dem Faktor 1,08 auf das Jahresende 2011 hochgerechnet. Das Ergebnis(Ich weiß leider nicht, wie man in den Texteditor eine schöne Tabelle reinbekommt):

    Monat/Jahr…………….DAX-Stand………………………DAX-Prognose gemäß 8PP
    12/1960……………………….534,09……………………………………………27.053,66
    12/1965……………………….422,36…………………………………………….14.568,47
    12/1970……………………….443,86…………………………………………-…10.414,06
    12/1975………………………..563,25………………………………………………8.994,07
    12/1980……………………….480,92………………………………………………5.226,48
    12/1985……………………..1.366,23……………………………………………..10.105,12
    12/1990…………………….1.398,23……………………………………………….7.038,46
    12/1995…………………….2.253,88………………………………………………..7.721,66
    12/2000……………………6.433,61……………………………………………..15.000,86
    12/2005……………………5.408,26………………………………………………..8.582,23
    12/2010……………………6,914,69………………………………………………..7.467,33

    ==> Tatsächlicher DAX-Stand am Jahresende 2011: 5.898,35.

    Wie man also sieht, kommen je nach Basiszeitpunkt die unterschiedlichsten Prognosewerte heraus. In den allermeisten Fällen resultiert ein viel höherer DAX-Stand, als er tatsächlich realisiert wurde. Und wenn man jetzt noch wissen möchte, wie sich der DAX im Jahresdurchschnitt seit Ende 1960 entwickelt hat – er ist im Mittel um magere 4,82 % gewachsen. Wem das wenig vorkommt, der möge sich die DAX-Stände zu Ende der Fünfjahreszeiträume anschauen – und da gab es Börsenphasen, in denen sich buchstäblich nichts tat. Hingegen nach Ablauf der fünf Jahre zwischen 1980 und 1985 sowie zwischen 1995 und 2000 ist der DAX nicht mehr wiederzuerkennen.

    Nur ein einziges Mal wird der DAX 2011 unterschätzt, nämlich ausgehend von 1980. In diesem Jahr, 1980, hatte der fiktive DAX(denn tatsächlich gab es ihn ja noch nicht) gegenüber 1960 ein Minus von 10 % hinter sich. Und in ebendiesem Jahr 1960 hätte man, ausgehend von einem 8-Prozent-Pfad, einen DAX-Stand von 37.053,66 vorhergesagt(was womöglich einige Fondsvertreiber auch gemacht haben).

    Nun war 1960 ein Jahr, das, auf Deutschland bezogen, in der Schlußphase der Wirtschaftswunderhauss lag. Eine Börsenphase näherte sich dem Ende, die, wie wir heute wissen, ein historischer Ausnahmefall war. 1980 hingegen lagen Ölpreis, Gold und Zinsen auf Rekordniveau. Man mag sich kaum vorstellen, was heute in unserem Land los wäre, wenn wir vor einer ähnlichen Situation stünden. Auch dies war gewiß alles andere als ein Normalzustand. Wie auch immer, die unterschiedlichen Prognosewerte sind so gesehen recht gut nachvollziehbar. Sie zeigen aber auch, dass es nicht ohne weiteres möglich ist, die jetztzeitige Situation in die Zukunft zu extrapolieren.

    Man weiß aber aus Studien aus den USA über die letzten 200 Jahre, daß der 8-Prozent-Pfad tatsächlich eine gute Annäherung an die tatsächliche Entwicklung ist. Insofern spiegeln die extremen Prognosewerte wider, wie gut oder schlecht die Börsenzeiten damals waren.

    Gute Nacht

    Tokay

  15. Ich halte diese Art von Charts und auch die Diskussion „langfristige Indexentwicklung“ für nicht besonders „Mehrwerthaltig“, schon gar nicht aus kurz-bis mittelfristiger Trading/Investmentsicht. Es ist halt eine nette Spielerei und man kann sich vielleicht ein paar Gedanken zum aktuellen Wirtschaftszustand im historischen Kontext machen oder sich überlegen wie ein „normaler“ Wertzuwachs aussehen könnte/sollte.
    So wie ich das gesehen habe, starten alle Charts an einen bestimmten Datum. Allein dadurch ist quasi die komplette Aussage einer langfristigen Wertentwicklung nutzlos, da die Tatsache, dass wir im DAX sagen wir 25% Standardabweichung p.a. haben, ein komplett eratisches Verhalten resultieren wird, wenn man den Startpunkt vom wenige Wochen/Monate verschiebt. (1000*1,08^25=6848; 1250*1,08^25=8561; 750*1,08^25=5136, welches ist der „richtige“ Wert?) Alternativ sollte man einen Durchschnitt(der letzten Jahre) als Startwert nehmen. Aber selbst dann, wird so eine Grafik, die evtl. ein gewisses „Verhalten“ suggeriert, von so vielen Variablen(vor allem die nicht-stationären) beeinflusst, dass ich da keinen „Mehrwert“ sehen kann.

    Ein guter Statistiker, kann dir zu jedweder Behauptung zu wirtschaftlicher Entwicklung oder sonst was, eine Grafik samt ein paar Indikatoren und „Tests“ erstellen, die dir die Richtigkeit dieser Behauptung bestätigen würden….

  16. Felix, das kann ich so nicht nachvollziehen. Die Frage nach der künftigen Marktentwicklung ist eine strategische Grundfrage.

    Wenn man Prognosewerte ermittelt, die bei „Normalwachstum“ einen viel höheren Indexstand anzeigen, dann ist das meiner Ansicht nach sogar eine sehr werthaltige Aussage. Wenn wir einen DAX-Anstieg von knapp 5 % ermitteln, das theoretisch zu erwartende Wachstum aber bei 8 % liegt(daß es in dieser Größenordnung etwa liegt, ist allgemein anerkannt), dann ist auch das eine gehaltvolle Aussage, da man so einen Anhaltspunkt darüber gewinnen kann, ob bei der derzeitige Marktentwicklung eine Über- bzw. Unterbewertung anzeigt. Ein Marktpreis spiegelt ja nichts anders als die heutige Bewertung der Zukunftsaussichten durch die Marktteilnehmer. Sicher, man kann das als so eine Art Chartismus abtun. Ich denke aber, das ist es genau nicht. Ich habe einmal eine Abhandlung von einem deutschen Finanzmarktforscher gelesen, die sich mit genau dieser Frage beschäftigt hat. Diese Abhandlung stammt aus dem Jahr 2000, und die Schlußfolgerung damals lautete, daß ein deutlicher Rückgang des DAX in den kommenden Jahren zu erwarten sei. Wir wissen, wie es gekommen ist….

    Grüße

    Tokay

  17. Endlich mal eine Diskussion auf Mr-Market und nicht nur Verlautbarungen von mir ! Ihr beide bekommt einen Ehrenpreis 😉 Und wenn Mr-Market.de mal weltbekannt ist, kommt Ihr in die Ahnengalerie 😉

    Aber Spass beseite, ich finde die Diskussion schön und auch sinnvoll. Ich würde aber dazu raten, dieses Thema nicht absolut nach dem Motto „ist das sinnvoll“ zu behandeln, sondern immer im Zusammenhang mit einer präzisen Aussage zum Zeithorizont zu führen. Ich denke dann verschwinden viele vermeintliche „Gegensätze“ von ganz alleine.

    Denn grundsätzlich ist zunächst jede Methode sinnvoll, die mit Wahrscheinlichkeiten oberhalb statistischen Rauschens eine Abweichung Mr-Markets vom „Normalzustand“ misst – also den Zustand des Gummibandes.

    Nur, wenn eine Methode so generell und langfristig ist, dass ihr Ergebnis „Standardabweichungen“ von Jahren generiert, dann ist die Methode natürlich völlig ungeeignet um zum Beispiel die Frage zu beantworten, ob man jetzt im März 2012 noch nachkauft oder besser bis in den Herbst noch abwartet. Umgedreht kann eine solche Methode aber sehr wohl sinnvoll sein, um einem heute 40 jährigen die Frage zu beantworten, ob eine Investition in einen Aktienfond, der bis zu seine Rente wachsen soll, heute vom langfristigen Timing her eher sinnvoll ist oder eben nicht.

    Also bitte vergesst mir den Zeithorizont nicht, sonst könnte es passieren, dass Ihr aneinander vorbei diskutiert. Und ein Prognosezeitraum mus zwingend zur Präzision der Methode passen.

  18. Wir alle, einschließlich Mr. Market, unterliegen Naturgesetzen.
    Es sind zudem die grundlegenden Schwankungen im Verlauf oder wiederkehrende Ereignisse,
    die eine gewisse Dynamik ergeben…Tag/Nacht; Ebbe/Flut; Sommer/Winter…Hausse/Baisse…
    Eine Vielzahl der Erklärungen sind jedoch Theorien und Hypothesen, weil die Masse an
    Parametern und Variablen vom menschlichen Geist nicht zu erfassen sind.
    Nahezu unendlich viele Einflüsse können beispielsweise auf das Wetter einwirken.
    Und bis heute ist die Wetterfee nicht sonderlich gut in ihrer Prognose für die kommende Woche.
    So kann man zwar die Durchschnittstemperatur in Deutschland von 1761 bis 2009 ermitteln, welche bei ca. 8°C liegt (die Zahl 8 scheint etwas magisches zu haben und ist nicht nur in China eine bedeutende Glückszahl) und diese in die Zukunft projizieren, aber es ist uns unmöglich das Wetter an einem bestimmten Tag im Sommer vorherzusagen.

    Übertragen auf den Markt kann man feststellen, dass sich die Gesetze des Marktes nicht so einfach in eine Verlaufsfunktion abbilden lassen.
    Ein Verständnis für Zusammenhänge zu bekommen, ist nahezu aussichtlos.
    Der menschliche Verstand ist viel zu klein und der persönliche Einblick viel zu gering um Prognose zu treffen.
    Und wie wir wissen hat der Mensch bei gleichem Informationsstand immer eine Meinung
    und wer anders eine Gegenmeinung…Subjektivität.
    Die Anzahl der Variablen auf aktuelle Kurse am Markt könnte gegen unendlich laufen und
    es wäre Zeitverschwendung und töricht dies im Ansatz zu verstehen, da der Mensch trotz seine Arroganz überfordert ist.
    Viel eher sollte man sich, basierend auf Theorien (Charttechnik, Zyklen), Fundamentalanalyse und viele Jahre Erfahrung,
    der Wahrscheinlichkeit zuwenden,…wie Hari dies schon anmerkte.

    Deshalb ist eine Überführung auf etwas Einfacheres so wichtig, um sich in einer komplexen Welt zu orientieren.
    Die Orientierung an der 8 %-Verzinsungslinie scheint möglicherweise marginal, aber schließlich bedeutsam um langfristig erfolgreich zu sein.
    Und somit sind Börsenregeln auch in Zukunft genauso aktuell, wie es früher Bauernregeln waren…der Einfachheit halber.

    Einen Dank und meinen Respekt an die User, die sich hier einbringen und mir einige wichtige Denkprozesse ermöglichen. 

  19. Wie gesagt, „aus kurz-bis mittelfristiger Trading/Investmentsicht“ wird man aus so einer Untersuchung keine verbesserte Anlageentscheidung treffen können.
    Das heißt nicht, dass ich es nicht interessant finde. Über den Zustand und Entwicklungen der Volkswirtschaft nachzudenken ist natürlich sinnvoll und hierfür helfen historische Betrachtungen sicherlich, von was soll man auch sonst erstmal ausgehen.

    Und auch für eine langfristige „Rentenentscheidung“ würde ich eine solche Grafik/Aussage nicht überbewerten. Nur weil es in den letzten 30 Jahren hat, warum auch in den nächsten. Im Zweifelsfall denke ich, dass die 8%-Aussage eher ungerechfertige, „langfristige“ Sicherheit suggeriert, wo vielleich gar keine ist! Ich erinnere an die vielen „Reset“-Diskussionen im letzten Jahr und 30Jahre sind eine lange Zeit und da kann einiges passieren, d.h. die Wahrscheinlichkeit ist wohl gar nicht so gering!
    Oder auch Johanns letztes Bild mit dem „gleichen Länge, gleiche Steigung“ Kommentar: Nur weil so etwas 2 oder 3 mal vorkommt, kann ich da einfach keine Regel erkennen, selbst wenn es dafür qualitativ vernünftige Erklärugnen gibt. (Ähnlich wie oben die Statistiker, haben die Ökonomen die Fähigkeit zu jeder Beobachtung eine Theorie (oder viele) und Erklärung zu entwickeln, die durchaus sinnvoll ist!) Ich habe schon öfters in Interviews und Artikeln Aussagen gelesen, dass Anleger bzw. allg. Menschen (zu stark) in Trends denken und erwarten, dass eine vergangene Entwicklung (angepasst) in die Zukunft übertragbar ist, was meist einer der größten Fehler im Anlageverhalten sei.

  20. @ Tribun Zitat: „Ein Verständnis für Zusammenhänge zu bekommen, ist nahezu aussichtlos.“

    Stimmt ! Und noch schlimmer: die Zusammenhänge ändern sich im Laufe der Zeit. Wenn man ein Naturgesetz einmal definiert hat und „c“ aus e=mc2 kennt, dann „gilt“ das mit extrem hoher Wahrscheinlichkeit auch noch übermorgen. Hat man beim Markt aber einen Zusammenhang mal gefunden, zb Dollar hoch= Gold runter – dann wird dieser Zusammenhang sicherlich übermorgen vom fiesen Mr. Market mal eben für ein paar bittere Monate ausser Kraft gesetzt 😉

    So ist das halt mit dynamisch/chaotischen, selbstreferenziellen System, die machen einfach was sie wollen. Und so wäre das auch gewesen, wenn jemand 1997 den Markt geshorted hätte, weil er da schon über der 8% Verzinsung nach Johanns Bild lag. Und dann den Short 1998 und 1999 immer weiter erhöht hätte, weil die dem vermeintlichen „Marktgesetz“ widersprechende Überdehnung ja immer schlimmer wurde. Das wären ein paar sehr bittere Jahre geworden 😉 Und zu dem Zeitpunkt, wo das Gummiband dann zurück schwang, wäre derjenige wohl schon Pleite gewesen.

    Wenn man also sein Handeln nach einem Muster richten will, das jederzeit 5-10 Jahre massiv vom mittleren Trendkanal abweichen kann, dann darf man das nur tun, wenn man dem Ganzen auch mindestens 10 Jahre Zeit gibt, besser mehr und in der Zwischenzeit besser keine Blogs wie diesen liest, das macht einen dann nur kirre 😉

    Und jetzt kommt es noch schlimmer, auch wenn man sehr langfristig mit 8% wohl nicht ganz falsch liegt, können sich, wie Felix richtig zum Wetter anmerkt, an diese 10 Jahre dann weitere 20 Jahre anschliessen, in denen der Markt strukturell zu nur 5% oder sogar zu 10% in der Lage ist. Das ist zu den langfristig mittleren 8% dann auch kein Widerspruch.

    Denn der allgemeine Produktivitätsgewinn ist in der Formel ein entscheidender Faktor und der schwankt massiv mit den Innovationszyklen der Welt. In Phasen eines Paradigmawechsels wie beim Aufstieg der Computer in den 90ern, ist der Produktivitätsgewinn höher als in Stagnationsphasen ohne grundlegende Innovationen. Auch der menschliche Fortschritt geschieht halt in Schüben und ist nicht linear und ein Anlegerleben ist manchmal zu kurz, um eine miese Marktphase aussitzen zu können.

    Wer 1929 den Dow gekauft hatte, musste bis 1955 – also 26 Jahre warten, bis er den alten Indexstand überhaupt wieder sah. Siehe -> hier <-. Berücksichtigt man dann auch noch die Inflation, brauchte er noch einmal ca. 10 Jahre mehr um sein Kapital wieder zu bekommen, also über 30 Jahre ! Von Ertrag ist da noch nicht die Rede.

    PS: und übrigens was man auch auf dem Chart vom Dow sieht – von 1964-1984 – also über 20 Jahre war mit dem Markt gar kein Geld zu machen, von 8% keine Spur. Und trotzdem ist die 8% Überlegung für einen sehr langfristig agierenden Menschen sinnvoll. Und wer sein Geld für die Rente zurück legen will tut gut daran anhand solcher Parameter zu überlegen, ob wir eher eine Marktbewertung ala 2000 oder ala 2003 haben. Aber halbwegs verlässliche Signale geben diese Überlegungen nur für sehr, sehr lange Zeiträume – selbst für 10 Jahre kann man damit daneben liegen.

  21. Hallo zusammen, vorweg, Hari, an das mit der Ahnengalerie, werd ich Dich noch mal dran erinnern, verlaß Dich drauf… ;-).

    Zu Euren Kommentaren(in der Reihenfolge des Eingangs): Hari, mir scheint, Du hast verstanden, was ich meinte(was ich übrigens sehr tröstlich finde…;-)). Angenommen, jemand im Alter von 35 Jahren hätte ein paar Euros verfügbar, wollte etwas für seine Altervorsorge tun(zum Beispiel, oder vielleicht auch für ein neues Auto sparen), und würde uns fragen, ob es denn sinnvoll wäre, sein Kapital in Aktien zu stecken. Diese grundsätzliche Entscheidung könnte mit solchen Überlegungen recht gut unterstützt werden. Wer die Finanzteile großer überregionaler Zeitungen studiert, oder auch Wirtschaftszeitungen, der findet dort erstaunlich oft Artikel, die sich um genau diese Frage drehen. Auch darf man davon ausgehen, daß Anlagegespräche bei Banken sich ebenfalls damit beschäftigen. Deine Allegorie vom Gummiband scheint mir die Sache recht gut zu treffen. Und ich stimme Dir auch darin zu, daß man anhand von 8PP nicht wird entscheiden können, ob man zum Beispiel bis Herbst zuwartet oder heute schon in Aktien reingeht. Man könnte aber niemandem guten Gewissens zuraten, der sein Kapital in einem Jahr wieder benötigt und keinen Cent verlieren möchte. Es hängt sehr stark von der konkreten Situation des Investors ab. Man kann aber mit solchen Überlegungen ein Gefühl dafür bekommen, wo der Markt ungefähr sich hin entwickeln könnte. Wäre man in einer Phase krasse Überbewertung, dann müsste man sich mental darauf einstellen, demnächst vermehrt von der Seitenlinie das geschehen zu verfolgen. Bei einer krassen Unterbewertung genau umgekehrt. Und es gibt tatsächlich Gesetzmäßigkeiten, die längerfristig wirksam sind. Was aber schwankt, sind nicht die Gesetzmäßigkeiten, sondern deren Bewertung durch Mr. Market. Auch da gibt es eine Allegorie, die von Herrchen und Hund; das Herrchen ist die Gesamtwirtschaft, die Börse der Hund.

    Wie vorhin gesagt denke ich, daß diese 8PP-Thematik eine Frage der Strategie ist. Bei den meisten Punkten, die hier auf „Mr. Market“ bahandelt werden, geht es meines Erachtens eher um Anlagetaktik. Das ist ganz ausdrücklich keine Wertung, schon gar keine negative. Wer zum Beispiel Schach spielt, der weiss, daß es bei der Strategie um Stellungsbeurteilung und Abfassung eines Plans geht. Bei der Taktik geht es dann um die Umsetzung dieses Plans anhand konkreter Zugfolgen, wobei dann auch mögliche Reaktionen des Gegners einkalkuliert werden müssen, hier: der anderen Marktteilnehmer. Das sind Fragen, die sich ergänzen und Mr. Market ist jeden Tag von neuem auf der Suche nach der Antwort. Es ist verständlich, daß die meisten Leute eher an Fragen der Anlagetaktik interessiert sind. Nur man sollte die Strategie darüber nicht ganz aus dem Auge verlieren.

    Zu Tribun: Hier schimmert mir doch ein etwas resignativer Grundton durch. Ich glaube gerade nicht, daß es aussichtslos ein Verständnis für Zusammenhänge zu bekommen. Mr. Market hat dieses Verständnis ganz ohne Zweifel. Wenn Meldungen über Gewinn- und Dividendensteigerungen reinkommen, wenn die EZB den Sarko-Trade macht, dann reagiert Mr. Market darauf. Mach doch mal ein Experiment: lies morgens, was so an Wirtschafts- und Finanznachrichten reinkommt, überlege Dir, wie Du darauf reagieren würdest, und schau Dir an, wie der Markt reagiert. Du bekommst dann mit der Zeit ein Gefühl dafür, wie der Markt auf bestimmte Ereignisse reagiert. Das mit dem Wetter ist nicht so ganz richtig, siehe Klimawandel. Aber der Grundgedanke ist schon richtig. Wir können unmöglich sagen, welches Wetter z.B. im nächsten Oktober sein wird. Aber selbst da gibt ganz interessante Phänomene, Stichwort Bauernregeln.

    Was ich an der Diskussion über die Naturgesetze an der Börse nicht zuletzt interessant finde, ist, sie dazu Gelegenheit gibt, sich mit den historischen Entwicklungen an der Börse zu beschäftigen. Geschichte ist nichts anderes als die Frage nach dem :“Wie ist es gewesen?“. Man kann natürlich unmöglich die Zukunft aus der Vergangenheit ableiten, aber es ist sehr faszinierend , daß bestimmte Muster immer wiederkehren(Mark Twain: „Die Geschichte wiederholt sich nicht, aber sie reimt sich“). Euphorie vs. Depression, Boom vs. Rezession, Hochzinspolitik vs. quantitatives Easing, New Economy vs. Value Investing, Leveraging vs. Deleveraging….es ist alles schon vorgekommen, aber meistens nicht in der genau gleichen Zusammensetzung.

  22. Hoppala, während ich den letzten Beitrag geschrieben habe, sind die Postings von Hari und Felix eingetrudelt. Ich wollte Euch natürlich nicht übergehen, ich hab nur Probleme, mit dem Schreiben hinterherzukommen… :-).

  23. Übrigens Tokay, auch ein höchst interessantes und höchst kontroverses Thema:

    Die von Dir zitierte Allegorie vom „Herrchen und vom Hund“ für Fundamentaldaten und Markt halte ich für nicht zutreffend. Mir ist bewusst, dass ich mich damit massiv gegen das fast „10 Gebote“-artige Mantra der Fundamentalanleger stelle, aber ich tue es bewusst und voller tiefer Überzeugung.

    Was den kurz- und mittelfristigen Zeitraum angeht, hatte ich hier ja aus meinem Wissen um die Chefetagen schon dargestellt, wie stark doch Marktpreise und Marktbewertungen eine Rolle spielen und deshalb eine Rezession auch einfach entstehen kann, weil genügend daran glauben. Und wie vermeintlich „fundamentale“ Entwicklungen im Sinne einer „selbsterfüllenden Prophezeihung“ in Gang gesetzt werden, weil in den Chefetagen genau ein bestimmter Eindruck entsteht.

    Aber auch langfristig ist das Mantra in meinen Augen nciht zutreffend und zu statisch gedacht. Diese Allegorie oben tut ja so, als ob es so etwas wie eine „objektive“ fundamentale Entwicklung gäbe, der der Markt dann einfach folgt. Der Markt ist aber kein Hündchen, sondern er ist das grösste und bedeutenste Innovations-Finanzierungs-Instrument der Welt. Und erzeugt damit erst wirtschaftliche Trends und tötet wiederum andere. Und zwar unter anderem auch mit einem Hauch Willkür im Sinne von Moden.

    Machen wir es mal konkret an den heutigen Weltkonzernen Google und Facebook fest. Diese sind das Ergebnis des Aufstiegs des Internets als offenes Medium mit geringen Zustiegsbarrieren. Ist das eine zwangsläufige Entwicklung ? Überhaupt nicht. Hätte IBM in den 80er Jahren ein paar Entscheidungen anders getroffen und vor allem hätte nicht Mr. Market im Sinne einer Mode Witterung aufgenommen, wären nicht Multimilliarden Finanzierungsgelder in diesen Markt geflossen. Das erst hat Google ebenso möglich gemacht, wie die Blase von 2000 und die daraus resultierenden Entscheidungen der FED unter Greenspan die Märkte zu fluten, die wiederum die Vorbereitung für Subprime und damit unsere heutige Probleme waren. An diesem Beispiel kann man sehen, wie Mr. Market Weltgeschichte macht und es gibt unzählige andere in der Vergangenheit.

    Denn hätte Mr. Market in den 90ern eine andere Liebe entwickelt – und dafür gab es genug Futter, was dann im Lichte des Internetbooms vergessen wurde und keine Finanzierung mehr bekam – hätten wir heute zwar bestimmt immer noch Computernetze, aber vielleicht weit lokalere und propriäterere und hätten auch garantiert keine Google und Facebook in dieser Art. Und Subprime wäre uns wahrscheinlich erspart geblieben, dafür wären dann irgend etwas anderes an die Stelle getreten, dass wir heute halt nicht benennen können, weil das Schicksal uns einen anderen Weg beschieden hat.

    Im Nachhinein sieht die Entwicklung des Internets und all die sozialen, wirtschaftlichen und fiskalischen Folgen so zwangsläufig aus. Ist es aber nicht. Die Entscheidung Mr. Markets Milliarden im Internet zu vesenken und damit Innovation zu fianzieren, war auch die Entscheidung gegen unzählige Innovationen die wir genau aus diesem Grund nicht kennen. Diese Entscheidung und Begeisterung Mr. Markets hatte aber auch irrationale Züge und war zeitweise eher manisch.

    Für mich trifft das Bild vom Herrchen und Hund daher gar nicht, in meinen Augen machen die Fundamentalisten sich da etwas vor, weil sie den Faktor „hinterher ist man immer klüger“ übersehen.

    Für mich ist es eher wie die Frage nach der Henne und dem Ei. Es gibt keine Antwort darauf wer früher da war und die Frage ist an sich sinnlos, denn es bedingen sich beide. Und die Weltwirtschaft, in der der Markt einer der wichtigsten Faktoren ist, ist das wahrscheinlich komplexeste von Menschen beeinflusste und gemachte System übehaupt. Dieses System schwingt in sich selber und wird von unzähligen Faktoren beeinflusst, von denen die Schwarmintelligenz Mr. Market ein wichtiger Spieler ist.

  24. Hari, zu Deinem Beitrag fallen mir noch ein paar Punkte ein. Der erste lautet „ceteris paribus“. Du hast doch, meine ich, Wirtschaftswissenschaften studiert, dann dürfte dir diese, wie soll ich sagen, Floskel, wohlbekannt sein. Wem das nicht geläufig ist, es meint soviel wie „unter sonst gleichen Bedingungen“. Wenn also die Aussage lautet, der Unternehmensgewinn von A steigt, also wirdauch der Kurs von A steigen, dann gilt dies immer „ceteris paribus“. Und das ist genau das Problem, daß man die ansonsten geltenden Bedingúngen nicht einfrieren kann. Ein anderes Pronlem dabei ist, daß die bei der Kursbestimmung wirksamen Variablen auch untereinander wirken. Beispiel Sarko-Trade: Nicht nur die Zinsen gehen runter, sondern auch die allgemeine Angst, daß die Banken sich kein Geld mehr leihen könnten. Also gehen auch die Risikoprämien nach unten, und es steigen die Gewinne der Banken(wenn sie es bei 1% EZB-Zins nicht täten, dann sollten ihre Vorstände schleunigst den Job wechseln). Und, ebenso wichtig, relevant ist die Erwartungskomponente, denn es handelt sich um Zahlungsströme, die nicht von vornherein feststehen.

    Die zweite Sache ist die mit den Innovationsschüben. Wenn man sich die Bewertungskennzahlen zu Zeiten der New Economy anschaut, faßt man sich normalerweise an den Kopf. Aber genau diese Erwartungshaltung herrschte damals, und jetzt kommt es, einige Firmen haben diese Erwartungen sogar erfüllt! Apple natürlich, aber auch SAP hat irgendwann einmal klein angefangen. Ich hatte zu der Zeit eine Aktie, Cisco Systems, die hat sich in der Zeit verfünffacht, was ich einen einleuchtenden Grund fand, sie dann zu verkaufen. Mittlerweile backen die vergleichsweise kleinee Brötchen, haben sich aber wieder etwas erholt. Heute sind sie im Dow Jones, das waren sie damals nicht. Ich hatte damals so ein diffuses Gefühl, daß das etwas werden könnte, aus heutiger Sicht war es der pure Zufall(Stichworte Bauer/Kartoffeln). Ich nehme an, das ging zu der Zeit vielen ähnlich.

    Der Punkt dabei ist, als außenstehender kann man gar nicht abschätzen, welche Innovation die eigentlich erfolgversprechendend sind. Hat man das Gefühl, das das so ist, springt man quasi auf den Zug auf. Also steigen die Kurse, weil jeder glaubt, daß sie weiterhin steigen. Und weil die Kurse steigen, sucht man nach Begründungen(Neues Technologie-Zeitalter….New Economy….Diesmal ist alles anders…=). Die stehen dann sogar in der Bild-Zeitung.

    Und dann kommt der dritte Punkt: Irgendwann hat sich das ganze erschöpft, Irgendwann sind dann die Kurse an einem Punkt, wo sie theoretisch weiter steigen könnten, aber nicht mehr steigen und sogar zurück gehen. Und nun warten ganz viele Leute darauf, daß die Einstandskurse wieder erreicht werden, aber das Warten wird immer länger….Das Ergebnis: Nie wieder Börse! Irgendwann steigen die Kurse doch wieder, jahrelang sogar. Wieder steigt man ein. Doch diesmal geht eine große Bank in Amerika pleite…wieder in den Keller. Ich glaube, jemandem, der so etwas erlebt hat, braucht man nichts mehr von Langfristigkeit der Börse usw. erzählen. Leider nützen einem die 8 % da gar nichts. Man kann das „Standardabweichung“ nennen oder Börsenpsychologie oder Gier der Finanzmärkte – der Kontostand bleibt der gleiche….

  25. @ Tokay, Wir müssen jetzt aufpassen, dass wir genau bezeichnen welchen Post wir meinen … lol

    Also zu Deinem Post von 20:17: volle Zustimmung. Genau so ist es. Und deshalb sind diese 8% Überlegungen bei einem Anlage-Horizont bis zum Lebensende durchaus hilfreich. Aber selbst für einen Horizont von ein paar Jahren nicht wirklich aussagekräftig.

    Übrigens hast Du mit Deiner Beschreibung im 20:17 Kommentar genau das Futter geliefert, dass ich in meinem 19:44er Kommentar ja verwende. Der Markt „macht“ auch Zukunft und ohne Mr. Markets fast manische Begeisterung für die von Dir genannten Firmen, wäre die Geschichte anders gelaufen. Ob besser oder schlechter keine Ahnung, aber anders im Sinne eines Paralleluniversums. Und die Begeisterung Mr. Markets war nicht nur „fundamental“ oder „rational“ sondern zu einem guten Teil Massenpsychose.

    Aber ohne die Psychose, sähe die Gegenwart anders aus, denn der Weizen in Form von Cisco, Google & Co. hätte ohne die ganze Spreu so nicht gedeihen können.

    PS: Ich habe ein Uni-Diplom in Informatik (bin also zum Teil auch „Ingenieur“ und verstehe die Denkweise gut) und Wirtschaftswissenschaften.

  26. Hari, Deinen Beitrag habe ich eben erst gesehen, nachdem ich meinen gepostet hatte. Was die Themen Innovation und technischer Fortschritt angeht, bist Du mit Sicherheit weitaus kompetenter als ich. Meine Entgegnung muß daher sehr zaghaft ausfallen. Es konnte eigentlich immer als konventionelle Weisheit gelten, daß die Börse die Entwicklung der Realwirtschaft vorwegnimmt. Und diese Ansicht ist auch begründbar, denn in den meisten Fällen ist es doch so, es kommt eine neue Gewinnschätzung von Bank XY heraus, und dann steigen oder fallen die Kurse oder bleiben gleich je nachdem, ob diese Schätzung den Erwartungen entspricht. Du hingegen sagst, die Realwirtschaft folgt der Börse, so habe ich es verstanden. Ich muß ehrlich gestehen, ich habe solches Insiderwissen nicht, will aber gerne glauben, daß es sich so verhält. Bei meinen Anlagen kann ich nur danach gehen, was mir bekannt ist,und was ich glaube, wie andere das einschätzen. Aber was Du sagst,bedeutet ja, daß auch die Unternehmen sich wesentlich daran orientieren, wasdie Börse glaubt. Das ist eine Sichtweise, die ich im Hinblick auf das Börsengeschehen so bisher nicht hatte.

    Daß es sich bei der Weltwirtschaft um ein höchst dynamisches System handelt, daß ist wohl ganz eindeutig so. In den Zeiten der Globalisierung und des Internets hat es an Dynamik noch einmal erheblich zugenommen, da viele Informations-, Erkenntnis- und Entscheidungsprozesse ungleich schneller ablaufen als in früheren Zeiten. Auch das dürfte die Prognose künftiger Entwicklungen erheblich schwerer machen.

  27. @ Tokay, Dementi ! Ganz bedeutendes Missverständnis !

    Ich sage NICHT die Realwirtschaft folgt der Börse ! Und auch nicht umgekehrt ! Denk an die Henne und das Ei.

    Ich sage: die Suche nach Herrchen und Hund ist Unsinn – und dem verzweifelten Wunsch geschuldet, ein für unsere Köpfe zu komplexes System in ein simples Ursache/Wirkung Modell zu pressen.

    Schon der Begriff „Realwirtschaft“ ist Unsinn, weil er impliziert das es etwas „reales“ gibt, dem dann „irreales (der Markt) gegenüber steht. Der Markt ist höchst real und seine Auswirkungen ganz sicher auch.

    Richtig ist wie unten geschrieben:

    Die Weltwirtschaft ist das komplexeste menschengemachte System überhaupt, dass dynamisch und selbstreflektiv (Systemtheorie!) in sich schwingt. Teil des Systems sind „fundamentale“ wirtschaftliche Entwicklungen ebenso wie „irrationale“ Bewertungen der Märkte. Diese Dinge bedingen sich gegenseitig. Und es gibt „fundamentale“ Entwicklungen, weil es „irreale“ Moden gibt, ebenso wie es Kursgewinne aufgrund „fundamentaler“ Entwicklungen gibt.

    Also ganz wichtig, damit das hier nicht komplett in die falsche Richtung läuft:

    Die Frage nach Herrchen und Hund ist nach meinem Verständnis sinnlos – komplexe Systeme brauchen solche trivialen Kategorisierungen nicht, die brauchen nur wir intellektuell beschränkten Menschen – und machen uns damit eine Menge vor. Die Unfähigkeit der Wirtschafts“wissenschaft“ irgendwelche verlässlichen Vorausssagen zu treffen, ist da nur ein Beweis. Denn da wird dauernd versucht, die Weltwirtschaft auf diese zweidimensionalen Zuammenhänge zu reduzieren und zwangsläufig scheitert man damit.

    Und weil wir Menschen so beschränkt sind, liefern bei derartig komplexen Systemen die „Bauernregeln“ für uns weit bessere Ergebnisse als der Versuch fixe, naturgesetzliche Zusammenhänge zu finden, die in solchen dynamischen Systemen so nicht existieren. Denn die „Bauernregeln“ integrieren in einen Satz oft unzählige Dimensionen, weil sie nur vom Ergebis her kommen und sich für die Herleitung nicht interessieren. Man darf nur nicht glauben, dass eine Bauernregel unbegrenzt gültig ist. Sie verändert sich auch, wie der Markt.

    DAS ist mein Mantra 😉

    Ich weiss, dass dieses Denken in komplexen, dynamischen Systemen sehr vielen Menschen total gegen den Strich geht. Dafür sorgt die Ausbildung, die Wert auf Ursache/Wirkung, Präzision, Genauigkeit usw legt. Meine Beschreibung von „Unpräzision“, „Emotion“ und „Chaos“ erzeugt bei vielen Menschen geradezu Pickel, sie lehnen das ab, weil es ein Angriff auf ein geordnetes Weltbild ist.

    Genau deshalb tun sich aber auch so viele so schwer am Markt, weil sie ihn wie ein Ingenieur, Wirtschaftswissenschaftler, Jurist etc. betrachten und die Logik im System suchen. Mir hat da vielleicht die Informatik geholfen, in der Systemtheorie wichtig ist und in der man bei dem Versuch sich über künstliche Intelligenz Gedanken zu machen sehr schnell merkt, dass man mit zweidimensionalen Methoden und Ursache/Wirkung Schubladendenken bei komplexen Systemen nicht weit kommt.

    Und jetzt kommt es noch schlimmer – „objektiv“ kann man bestimmt auch die Weltwirtschaft so komplett durchdringen und in einen Intellekt aufnehmen, dass es für alles eine „Erklärung“ gibt und nichts wirklich überraschend ist. Nur wir Menschen können das nicht. Ein Affe kann auch die Funktionsweise eines Ottomotors nicht erfassen und vollständig durchdringen. Wir Menschen können das aber, weil wir eine weiter entwickelte Intelligenz besitzen. Und wenn Affen so Blogs schreiben würden, hätten sie wohl „Bauernregeln“ für die Funktionsweisen eines Ottomotors.

    Auch wir sind aber Affen aus der Warte einer weiter entwickelten Intelligenz. Und deshalb wehrt sich der Affe in uns instinktiv gegen meine Behauptung, dass es in Form der Märkte schon Systeme gibt, die sich unserer Fähigkeit sie vollständig zu begreifen dauerhaft entziehen. Nicht weil man sie nicht begreifen könnte, sondern nur weil WIR es nicht können.

    Es ist halt nicht schön vom Sockel der „Krone der Schöpfung“ gestossen zu werden 😉

    Insofern fühle ich mich was die Märkte angeht – und insbesondere wenn ich mit bestimmten Volkswirten zu tun habe 😉 – manchmal wie ein Einäugiger unter Blinden. Denn ich weiss wenigstens illusionslos was ich nicht weiss – und lebe daher gut mit Hilfskonstruktionen, die man gerne „Bauernregeln“ nennen kann. Der Erfolg spricht für sich.

  28. Vielen Dank für die umfangreichen Erläuterungen,

    eigentlich wurde nun schon fast alles gesagt. Und doch sei es mir gestattet noch ein paar einfache Anmerkungen („das Niveau Eurer wirtschaftlich fundierten Aussagen kann ich leider nicht erreichen“) zu machen. Felix hat die Problematik schön auf den Punkt gebracht: die Voraussage eines Indexstandes zu einem bestimmten Zeitpunkt ist mit einer angenommenen Verzinsung mit 8% unmöglich. Denn ja nach Ausgangspunkt der Berechnung werden die unterschiedlichsten Werte errechnet. Aus diesem Grund habe ich auch die Parallelverschiebung einer ersten Berechnung in 1970 durchgeführt, um genau diese Schwankung mit zu erfassen. Damit werden alle Indexstände, die zwischen den beiden braunen Geraden liegen „richtig“ – der langfristige 8%-Kanal wurde ja nicht verlassen. Und ich habe die logarithmische Achse gewählt, denn dann wird „das Atmen der Wirtschaft“, diese Schwankungen, wie Hari sie beschreibt, linearisiert und Trends – wenn es sie denn gibt – wären leichter erkennbar.

    Hari hat eine entscheidende Frage gestellt: „was hätten wir 1997 machen sollen“? Shorten wäre falsch gewesen – das wissen wir nun im Rückblick. Möglicherweise hätte aber auch nicht der geringste Anlass bestanden etwas zu machen – man braucht sich ja nur mal vorstellen, man würde die beiden braunen Linien mal „etwas nach oben verschieben“! Dann wäre die Welt auch in 1997 und möglicherweise auch 1999 noch in Ordnung gewesen (wir hätten dann so zwischen 1974 bis etwa 1987 den Kanal möglicherweise nach unten verlassen gehabt – müssten dann aber eingestehen, dass „die Jahre kurz vor 2000 keine Blase gewesen wären). Die Unsicherheit, wohin der Kanal zu legen ist, begründet sich somit vom Zeitraum, der uns zur Verfügung steht. Scheinbar sind 40 Jahre zu kurz, um eine genaue(re) Lage zu finden.

    Und doch habe ich durch die Grafik, vielmehr aber auch durch die engagierte Diskussion ein paar Dinge nun viel besser verstanden („vielleicht hab ich mir 1 Semester VWL gespart 😉 „) . Ich fasse sie durch Interpretation der Grafik für mich so zusammen:

    Legt man eine horizontale Gerade in die Abbildung, die beide braunen Geraden schneidet, so ergibt sich daraus ein Zeitraum von 10 Jahren. In diesen 10 „normalen“ Jahren könnte Mr. Market also seitwärts laufen und uns ziemlich nerven, ohne jedoch den Aufwärtskanal verlassen zu müssen. Die „Berater“aussagen, Aktien müsse man nur genügend lange haben (also so zwischen 7 bis 10 Jahren), haben für mich jetzt ihre Gültigkeit verloren.

    Je stärker Mr. Market „den Kanal verlassen hat“, desto länger könnte ein „Seitwärtslaufen“ dauern, bis er auf die „rechte, gestrichelte Gerade stößt“ (wobei ihn niemand aufhalten könnte, dies nicht noch länger zu tun. Für die Spitze in 2000 liefert die Horizontale den Schnittpunkt mit der gestrichelten braunen Geraden im Jahre 2016 (bittte nicht als Prognose verstehen 😉 ). Ist mir jetzt aber ziemlich klar geworden, warum Märkte solange seitwärts laufen können, ohne dass sich auf lange Sicht was „am generellen Aufstieg“ ändert.

    Eine „richte Hausse“ hat im „Mr. Market Chart“ zweimal stattgefunden. Die Dauer von jeweils 5 Jahren mit dem jeweils gleichen prozentualen Anstieg lege ich jetzt mal in der „Schublade Zufall“ ab. Schade, hätte so schön in die jetzige Lage gepasst ;-).

    Aber eins stimmt mich doch etwas optimistisch. Wenn 2000 eine Blase war und Mr. Market ausgebrochen ist, dann ist der jetzige Kanal vielleicht nicht völlig falsch. Und das Risiko Aktien zu haben, erscheint mir geringer zu Zeiten, in denen sich Mr. Market in Nähe der gestrichelten, braunen Geraden befindet als oberhalb der oberen, gestrichelten grünen Linie. Das muss so sein, will man nicht unter eine vorgegebene Steigungsgerade absinken. Aber wie sagte Hari: vielleicht hat sich Mr. Market entschlossen, in Zukunft gemütlicher zu marschieren und in einen –sagen wir mal – 5% Verzinsungskanal einzusteigen. Er ist ja inzwischen auch nicht mehr der Jüngste… 😉

    Ach ja; was mich jetzt noch interessieren würde: benutzt jemand von Euch nach dieser Diskussion noch irgendwelche Charts und „Signale“ darin, um Kauf- bzw. Verkaufsentscheidungen zu treffen. Müsste eigentlich genauso wenig helfen, wie der Versuch den „Mr. Market Chart“ zu interpretieren.

    Schönen Abend noch
    Johann

  29. @ Johann, Zitat: „benutzt jemand von Euch nach dieser Diskussion noch irgendwelche Charts und „Signale“ darin, um Kauf- bzw. Verkaufsentscheidungen zu treffen. “

    Natürlich ! Permanent und sehr erfolgreich !

    Du denkst noch wie ein Ingenieur, was ja nicht verwunderlich ist 😉 – richtig-falsch, päzise-unpräzise.

    Lies bitte mal meinen Post von 20:46 ruhig und intensiv. Wir kommen jetzt an einen Punkt der Kommunikation, der über Schreiben nur noch schwer zu erreichen ist. Ich versuche Dir (und anderen) ein Tor in der Gedankenwelt aufzustossen, hinter dem eine Welt von Wahrscheinlichkeiten und nicht von Präzision liegt. Das ist aber unendlich schwer rüber zu bringen, denn wie ändert man Denkstrukturen im eigenen Kopf, wenn man diese Strukturen (noch) nicht hat ? Wahrscheinlich geht das nicht über Schreiben, sondern nur über intensives erleben, reden, erfahren. Also in Form eines Mentoring, witzigerweise etwas, was Charles Kirk für ausgewählte Leser macht. Er trifft sich mit denen real und nimmt sie mental an die Hand.

    Also Johann, es geht um Wahrscheinlichkeiten. Und um das was ich in meinem 20:46er Post flapsig „Bauernregeln“ nenne, denn die haben mit Wahrscheinlichkeiten zu tun. Und dabei helfen Charts jede Menge wenn man sie richtig interpretiert. Und Chartmuster sind im Markt ganz real, weil Menschen und Algos diese Muster traden. Wir schaffen uns die eigene Realität.

    Und auch Dein 8% Trend hilft einem Langfristanleger durchaus, wenn er ihn richtig interpretiert. Vielleicht erhöht er die Erfolgswahrscheinlichkeit einer Rentenanlage nur von 50 auf 52%, aber selbst das wäre besser als nichts und sollte nicht unberücksichtigt bleiben !

    Ich hatte es schon mal geschrieben, für Erfolg an den Märkten darf man nicht mehr präzise wie ein Ingenieur denken. Und wie gesagt, ich bin auch einer – ich verstehe die Denkweise !

    Man muss bereit sein in Wahrscheinlichkeiten zu denken und den Markt als permanent im Fluss zu akzeptieren.

  30. @ Johann,

    und weil ich mir wirklich Mühe gebe Euch zu helfen, und dieses Grundverständnis ist ein ganz entscheidender Faktor für Erfolg oder Misserfolg, versuche ich das von mir nun mehrfach abstrakt formulierte noch einmal ganz konkret an einem Beispiel zu sagen, damit mein Punkt auch wirklich ankommt. Denn ich weiss, dass mein Punkt den normalen Denkstrukturen zuwider läuft – aber hast Du Dich nicht auch schon gefragt, warum so viele kluge und intelligente Menschen bei der Geldanlage an der Börse so schmählich scheitern ?

    Beispiel:

    Ich will morgen eine Aktie kaufen, die ich dann für 6 Monate halten will. Die Frage lautet nun, wie sieht mein idealer Trade aus ?

    Würde ich mit einem Dartpfeil auf den Kurszettel werfen, hätte ich eine 50% Chance einen Gewinn zu erzielen.

    1. Ich schaue mir das Geschäftsmodell des Unternehmens an und schliesse aus, dass das Geschäftsmodell in den 6 Monaten obsolet werden kann, wie derzeit bei den Solarwerten. Damit erhöhe ich die Erfolgswahrscheinlichkeit auf 51%

    2. Ich analysiere die Börsenbewertung nach fundamentalen Gesichtspunkten (Buchwert, Cashflow) und versuche herauszubringen, ob das Unternehmen schlechter bewertet wird als vergleichbare Mitbewerber. Ist das so, habe ich die Erfolgswahrscheinlichkeit auf 54% erhöht.

    3. Ich schaue mir das Management an und wenn es in der Vergangenheit einen fähigen Eindruck machte (gute Prognosen, keine Skandale etc) habe ich eine gute Chance, dass es in den 6 Monaten keine Katastrophe gibt. Ich erhöhe die Erfolgswahrscheinlichkeit so auf 55%.

    4. Ich betrachte die Kursentwicklung und schaue, ob wir uns schon in einem Aufwärtstrend befinden, oder zumindest schon einen Boden bei der Aktie gefunden haben. Gleichzeitig darf es aber auch keine Anzeichen einer Topbildung geben. Ist das so, erhöhe ich die Erfolgswahrscheinlichkeit so auf 60%.

    5. Ich schaue auf wiederkehrende Kursmuster im Chart, die bei der Aktie in der Vergangenheit immer bei steigenden Kursen existierten. Finde ich diese, erhöhe ich die Erfolgswahrscheinlichkeit damit auf 62%.

    6. Ich betrachte das Marktsentiment zur Aktie bzw zum Sektor. Sollte dieses negativ sein bedeutet es, dass schlechte Erwartungen im Kurs eingepreist sind. Damit erhöhe ich die Erfolgswahrscheinlichkeit auf 65%.

    ….. usw. usw. es gibt noch viele weitere sinnvolle Überlegungen, ich sagte ja schon oft – Fleiss ist zwingende Voraussetzung für Erfolg.

    Am Ende komme ich im optimalen Fall auf eine Wahrscheinlichkeit von 70-80%. Mehr ist nicht drin und das wäre dann ein Super-Trade. Für die 20-30% entwickele ich eine Absicherungsstrategie im Sinne „was mache ich wenn“.

    Und dann gehe ich den Trade mit Überzeugung ein. Und sobald ich merke, dass ich mich in meiner Überlegung grundlegend geirrt habe oder die Aktie nicht mehr nach „Plan“ funktioniert, gehe ich auch kompromisslos raus.

    Und wenn ich über das Jahr immer solche Entscheidungen treffe, dann werde ich einen riesigen Batzen Geld verdienen und die Märkte mit Grandezza schlagen ! Obwohl ich auch immer im Sinne 20-30% ein paar Gurken dabei habe.

    So (beispiehaft) entsteht Erfolg am Markt. Präzision und Sicherheit sind eine Illusion. Wenn ein Ingenieur ein Bauteil berechnet, dann ist diese Präzision vorhanden, im Markt gibt es sie so nicht. Es geht darum, mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln die Erfolgswahrscheinlichkeit zu erhöhen. Und das erfordert Fleiss, Wissen und Erfahrung.

  31. @Hari, ich bin natürlich jetzt schon sehr geknickt, da ich Deine systemtheoretischen Anforderungen im Moment leider nicht erfüllen kann… ;-). Darauf muß ich jetzt erstmal ’n Bier trinken, Prost….. 🙂 …wenn Du magst, können wir das Thema gern mal wieder aufnehmen. Nur so viel: Der Mensch ist nun mal kein Computer und seine Fähigkeit, Informationen aufzunehmen, ist eben begrenzt. Dennoch ist es erstaunlich, daß eine ganze Reihe Menschen in höchsten Positionen, obwohl sie vergleichsweise einfach gestrickt waren, großen Erfolg hatten. Komplexitätsreduktion heißt das Zauberwort. Oder um wieder zum Schach zurückzukehren: Auch ein Weltklassespieler kann eine Partiestellung nicht bis ins letzte ausanalysieren, aber sein Stellungsgefühl erlaubt ihm dennoch, die richtigen Schlußfolgerungen zu ziehen. Bei Wirtschafts- und Börsenentscheidungen dürfte es nicht sehr viel anders sein….oder siehst Du das etwa anders?… 😉

    @Johann: Dein Thema ist in dem Zusammenhang das eigentlich interessante. Also zunächst mal, die von Dir vorgestellte mittlere Annahme, die 8%-Annahme, die ist eigentlich gar nicht so verkehrt. Wie gesagt, für die USA 1801-2009 hat der Ökonomieprofessor Jeremy Siegel exakt die 8%-Marke errechnet. Das ist doch eine ganz ordentliche Stichprobe… :-).

    Die Jahre vor 2000 waren wohl schon eine Übertreibung. Bereits 1998 sprach Alan Greenspan(so hieß der damalige Chef der Fed) von einer „irrationalen Übertreibung“. Ein Buch von Robert Shiller, das damals für Aufsehen sorgte, hieß „Irrational Exuberance“, für welche vor allem die extrem hohen fundamentalen Ratios angeführt wurden. Die Zeichen waren also an der Wand.

    Zufall war es aber gerade nicht, sondern die Hoffnung auf das Zeitalter der „New Economy“ mit nie dagewesenen Wachstunsraten. Ein wesentlicher Punkt, der die ganze Zeit vernachlässigt wurde: Dadurch, daß die meiste Zeit eine Politik des leichten Geldes betrieben wurde, strömte enorm viel Kapital in den Markt. Die hohen Bewertungsratios resultierten, wie schon oben angesprochen, hieraus. Das war alles, nur kein „Zufall“. Und genausowenig der Absturz hinterher. Er war deswegen so heftig, weil der vorausgegangene Anstieg so groß war….What goes up, must come down…

    Die Aussage, für Aktien benötige man 7 bis 1o Jahre Haltedauer brauchst Du aber deswegen nicht in die Tonne treten. In den meisten Fällen stimmt das schon, aber eben nicht immer. Und sie gilt ja auch nur bei einer völlig passiven buy-and-hold Strategie. Es gibt aber durchaus einige Anomalien, die man sich zunutze machen kann…Sell in may usw. Weswegen Du wahrscheinlich die Diskussion angestoßen hast, nämlich, ob jetzt ein guter Zeitpunkt zum Einsteigen sei: Ich denke, es gab schon weitaus schlechtere. Und wenn Du jetzt das Gefühl hast, Du hättest Dir 1 Semester VWL erspart, dann wäre die ganze Diskussion nicht komplett verkehrt gewesen.

    Abschliessend noch zu Deiner Frage , ob nach alledem Charts und „Signale“ noch Sinn machen. Antwort: Ja. Warum? Der Markt diskontiert ALLES.

    Gute Nacht

    Tokay

  32. Huch, schon wieder hinterhergeschrieben, aber irgendwann muss man’s gut sein lassen, ich gehöre noch zur werktätigen Bevölkerung. Können morgen gerne weitermachen, aber da wird uns die Tagesaktualität wieder einholen.

    Noch mal gute Nacht

    Tokay

  33. Gute Nacht Tokay 😉 Und natürlich sehe ich das mit der Komplexitätsreduktion genau so. Genau das sind doch „Bauern(Börsen-)Regeln. Unzählige Dimensionen in eine pägnantes Ergebnis gepackt.

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