Hari´s Märkte am Abend – 13.04.12 – Wochenabschluss – Woche der Volatilität

22 Uhr - Handelsschluss

Im Lichte der gestrigen Gewinne bin ich ja skeptisch geblieben und noch nicht in Begeisterung ausgebrochen. Heute konnten Sie sehen warum. Es ist immer die Bestätigung am Folgetag, die erratische Bewegungen an der Börse von ernst zu nehmenden Entwicklungen unterscheidet. Und diese Bestätigung ist heute nicht gekommen.

Und heute sahen wir erneut hinlänglich bekannte Muster. Während der DAX am Vormittag seine "Kinderspielchen" machte, ging es dann pünktlich um 15.30 Uhr mit Eröffnung der Wallstreet zur Sache und die "Erwachsenen" begannen das wahre Spiel. Zu Beginn der Session wurde gleich alles wieder massiv abverkauft, was den DAX unter 6600 drückte und bei 6553 im DAX Future den Tiefpunkt markierte. Der S&P500 konnte sich dann lange im Bereich des 50er Moving Average bei 1374 stabilisieren. In den letzten Handelsminuten setzten aber auch dort wieder Abgaben ein, was dafür spricht, dass Big Money nicht von steigenden Kursen in der kommenden Woche überzeugt ist.

Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang erneut, wie viel relativ schwächer der DAX war. Auf dem Tiefpunkt hatte der DAX im Future 2,8% verloren, während der S&P500 gerade mal 0,9% im Minus war. Mehr als 2% hat der DAX also alleine heute gegenüber der Wallstreet abgegeben. Das ist nicht nur bemerkenswert, sondern erneute Bestätigung für meine hier mehrfach getätigte Aussage, dass man in der jetztigen Phase in den US Indizes besser aufgehoben ist, als in europäischen Aktien. Aber auch gegenüber MDAX und SDAX war der DAX überdurchschnittlich schwach, das liegt sicher an der weit höheren Gewichtung von Banken und Versicherungen im DAX und ist auch ein Spiegelbild der Sorgen um die Eurozone.

Falls sich jemand für solche Techniken interessiert, könnte man bei der relativen Schwäche des DAX über einen "Straddle" nachdenken. Sprich Long im S&P 500 und Short im DAX mit jeweils identischem Volumen. Bleibt uns die Unterperformance des DAX wie im letzten Herbst nun für Wochen erhalten, hätte man so Chancen auf nette Erträge, ohne sich all zu grossen Risiken auszusetzen.

In diesem Zusammenhang möchte ich noch eine Warnung an die aktiveren Anleger unter meinen Lesern los werden. Wie Sie wissen, habe ich Ende März eine "volatile Seitwärtsbewegung mit Tendenz nach unten" für das 2. Quartal beschrieben. Und was diese Volatilität bedeutet, konnten Sie heute wieder beobachten. Geben Sie sich also keiner Illusion hin, die Zeit der ruhigen Aufwärtsbewegung des ersten Quartals ist erst einmal vorbei. Ich bin ziemlich sicher, die Volatilität bleibt uns nun für Wochen erhalten.

Das bedeutet aber auch, dass es kaum mehr Trends gibt, die länger als einen Tag halten. Was gestern richtig war, wird morgen schon wieder falsch sein - der Markt schwingt wild hin und her. Wenn man nicht ganz aus dem Markt gehen will, was sicher aktuell nicht die schlechteste aller Alternativen ist, gibt es zwei Arten, wie man erfolgreich mit dieser Volatilität umgehen kann:

1) Wenn man so viel Zeit mit der Börse verbringt wie ich und während der Handelszeit präsent ist, kann man diese Volatilität spielen, denn darin liegt nicht nur Risiko, sondern auch grosse Chance für kurzfristige Trades.

2) Man kann das Ganze aber auch mit einer ruhigen Hand angehen, sich überlegen wie man die Grosswetterlage sieht und sich dann ruhig die richtigen Titel ins Depot legen. Dafür Stops definieren, diese aber je nach Titel deutlich von den Einstandskursen entfernt legen, um nicht durch die Volatilität dumm ausgestoppt zu werden. Oder mit Stops "Auf Papier" operieren, wenn man dafür diszipliniert genug ist. Und dann könnte man die wilden Swings einfach ignorieren.

Beide Methoden können in solchen volatilen Phasen funktionieren. Was aber nach meiner Erfahrung in solchen Phasen nicht funktioniert, ist der Versuch kurzfristiges Markttiming zu betreiben, während man noch seinem normalen Job nachgeht und nur sporadisch auf die Börse schaut. Dann ist man garantiert immer zu spät dran und kann nur verlieren. So etwas kann in Phasen mit klaren Trends wie im 1. Quartal durchaus funktionieren, nicht aber in einer Phase, wie wir sie augenscheinlich im Moment durchlaufen.

Insofern mein gut gemeinter Hinweis: prüfen Sie, ob Ihre zeitliche Verfügbarkeit zu dem aktuellen Markt passt und bedenken Sie, dass tägliche Swings nun wohl der Normalfall sein werden. Sollten wir im 2. Halbjahr wieder einen klaren Trend bekommen, sieht die Welt wieder anders aus, aber wir müssen den Markt so nehmen, wie er aktuell ist. Wir haben ja sowieso keine Wahl.

Zum Wochenende möchte ich hier nun tabellarisch die wichtigsten Botschaften auflisten, mit denen mich Mr. Market heute nach meiner höchst subjektiven Interpretation des Geschehens ins Wochenende schickt:

(1) Die Volatilität ist im Markt und wird nicht so schnell weggehen, man stellt sich entweder darauf ein oder geht aus dem Markt.

(2) Die europäischen Aktienmärkte werden weiter von der Eurokrise belastet und es ist unwahrscheinlich, dass sich das ändert, bevor nicht in Frankreich ein neuer Präsident gewählt wurde.

(3) In den Edelmetallen und Minen haben wir heute nur einen Teil der gestrigen Gewinne wieder abgegeben. Auf den ersten Blick scheint der Tag heute weit negativer, ein guter Teil der Schwäche war aber nur das Spiegelbild der Stärke des USD. Das Bild einer Stabilisierung bleibt also auf der Agenda, wirklich bestätigt ist es aber auch noch nicht.

(4) Ähnliches in den Rohstofftiteln. Wir haben zwar wieder kräftig abgegeben, aber es war am Ende trotzdem nur ein Teil der gestrigen Gewinne. Das ist kein schlechtes Zeichen, ein Beweis einer Wende aber auch noch nicht.

(5) Die chinesischen Wirtschaftsdaten waren eigentlich nicht schlecht und viel spricht dafür, dass wir dort wirklich eine "weiche Landung" erleben - wovon der Markt auch ausgeht, siehe (4). Sollte sich das bewahrheiten, dürfte der Unsicherheits-Abschlag aus den Rohstoffaktien weichen und diese wieder deutlich steigen. Bestätigt sich die "weiche Landung" Chinas dagegen nicht, haben die Rohstoffaktien noch gewaltige Fallhöhe, ebenso wie unsere Autobauer und der gesamte DAX und MDAX !

(6) Apple hat heute fast 3% abgegeben, etwas was wir schon lange nicht mehr gesehen haben. Bedenkt man, dass Apple auch am starken gestrigen Tag schwach war, könnte sich hier eine Korrektur andeuten. Den Indizes und insbesondere dem NASDAQ, dürfte eine solche Entwicklung in Anbetracht der hohen Gewichtung von Apple nicht gut tun.

(7) Die deutschen Autowerte produzieren eine gute Nachricht nach der anderen, und können trotzdem nicht mehr steigen. Auch wenn man das in Anbetracht der guten Aussichten nicht glauben mag, derartiges Verhalten des Marktes signalisiert oft eine Topbildung. Allerdings glaube ich in diesem Fall eher, dass die gleichen Gründe die die Rohstoffaktien am Boden halten - die Sorge um China - auch für die Schwäche der Autoaktien verantwortlich zeichnet. Insofern ist zwar Vorsicht angesagt, von einer originären Topbildung gehe ich aber im Falle der Autobauer nicht aus.

(8) Rein technisch gesehen, ist mit dem Bruch der 6600 im DAX nun der Weg herab in die Unterstützungszone oberhalb 6400 frei. Ich wäre nun eher überrascht, wenn wir im 2. Quartal nicht mehr in diesen Bereich abtauchen. Sollte dort die Abwärtsbewegung aber auch nicht zum Stillstand kommen, würde ich deutlich skeptischer als aktuell, was die weitere Marktentwicklung in diesem Jahr angeht.

Wie Sie sehen, stellen die obigen Punkte ein sehr gemischtes Bild dar. Und genau so ist auch der Markt, je nachdem welche Nachricht gerade die Schlagzeilen beherrscht, schwankt er wild und panisch von links nach rechts. Stellen Sie sich darauf ein !

In diesem Sinne verabschiede ich mich ins Wochenende. Ich wünsche Ihnen ein paar schöne Tage !

Ihr Hari

11 Gedanken zu „Hari´s Märkte am Abend – 13.04.12 – Wochenabschluss – Woche der Volatilität“

  1. Hallo Hari,

    vielen Dank wieder einmal für „die Begleitung in dieser schweren Woche“ und Deine Einschätzungen. Du hast heute einen Punkt nicht angesprochen, der mich sehr überrascht hat:JPMorgan und Wells Fargo liefern tolle Zahlen – und keinen interessiert es. So wie scheinbar alle positiven Nachrichten ausgeblendet werden: London erhält weiterhin ein AAA, die Industrieproduktion in China fällt stärker aus als erwartet.

    Sieht das alles nicht danach aus, dass Big Money sich nur billiger positionieren will (auf Kosten deren, die nur die negativen NAchrichten registrieren?) – und wenn, dann doch nur, dass Big Money mittel- und langfristig von steigenden Kursen ausgeht.

    Oder sehe ich das vollkommen falsch?

    Schönen Abend noch und ein erholsames Wochenende
    Johann

  2. Johann,

    vollkommen falsch siehst Du das bestimmt nicht. Aber ich glaube nicht, dass es sich so verhält. „Big Money“ ist ja keine homogene Einheit, die einheitlich einer Strategie folgt.

    Das positive Nachrichten ausgeblendet werden, ist in einer Korrektur ebenso normal wie das negative Nachrichten in einer Hausse ausgeblendet werden. So ist das halt.

    Ich denke wir haben es hier mit einem Tunnelblick des Marktes zu tun. Vor dem Auge des Marktes stehen zwei Risiken die beide so gewaltig sind, dass sie den Blick auf alles andere verstellen.

    Erstens ein Zusammenbruch der Eurozone und zweitens ein Einbruch und politische Unruhen in China. Vor beidem hat Mr. Market so Angst, das er keine Energie mehr hat woanders hin zu schauen. Und die Ergebnisse der US Banken haben nun einmal weder mit dem einen noch mit dem anderen zu tun. Und deswegen werden sie im Moment ignoriert.

    Wenn beide Katastrophenszenarien ausbleiben, wird sich Mr. Market auch wieder anderen Dingen zuwenden und die Kurse steigen wieder. Rein vom typischen Zeitablauf solcher Sorgenzyklen her, stehen wir aber eher am Anfang und das kann noch Wochen so weitergehen.

  3. Ich denke auch, es wird etwas rauher werden die nächsten Monate, das Unruhepotential ist nicht unbeachtlich.

    Am Jahresanfang hatte ich für das Gesamtjahr einen DAX 6500 bis 7000 erwartet, also in der Mitte bei etwa 6750. Jetzt sind wir eher wieder bei 6500. Kann natürlich noch weiter herunter gehen, sollte es aber nicht zu stark.

    Die französischen Wahlen bringen in meinen Augen vergleichsweise wenig Unruhepotential, der Vorsprung von Hollande wird eher wieder grösser, derzeit sind es 56/57 Prozent gegenüber 43/44 Prozent für Sarkozy. Die Linkswähler werden geschlossen für Hollande votieren, ebenso ein Teil des Zentrums sowie eine starke Minderheit der Le Pen-Wähler. Somit käme ein sozialistischer Präsident nicht unerwartet. Auch das Konfliktpotential mit Frau Merkel dürfte nicht so groß sein wie angenommen. Und Frau Merkel ist ja, wie man weiß, recht anpassungsfähig. Hollande dürfte gut beraten sein, mit Merkel zu kooperieren. Tut er es nicht, werden beide am Ende als Verlierer dastehen.

    Schwieriger schon die Situation Italien/Spanien; die stecken mittlerweile richtig in der Rezession und bräuchten eigentlich eine expansive Politik. Bin gespannt, wie lange man das dort durchhält. Die Situation für Spanien ist objektiv kritischer, aber die institutionellen Voraussetzungen günstiger – die konservativen Wähler werden bei der Sparpolitik wohl mitziehen, und die Mehrheiten dafür sind gesichert.

    Das deutsche Problem ist, daß Deutschland heute die dominierende Volkswirtschaft in Europa ist und damit auch Machtzentrum Nr. 1, das ist unweigerlich so. Jedoch der Euroraum hat in der Krise an Gewicht verloren, gewonnen haben China vor allem, Indien und die Tigerstaaten. Wenn ich denke, Südkorea war Ende der 7oer Jahre noch fast ein Entwicklungsland und heute hat man dort einen Lebensstandard nahezu wie in Mitteleuropa. Wenn man das fortschreibt, so werden die asiatischen Länder sich in Europa vermehrt umtun; wer in den Touristenzentren durch die Straßen läuft, wird das schon heute bemerken. Die deutsche Politik wird sich somit an diesen Tatsachen zu orientieren haben. Es wird niemand mehr in Deutschland feuchte Augen bekommen wie einstmals Herr Kohl im Gedenken daran, daß die europäische Währungsunion gekommen bzw. geglückt ist. Möglicherweise wird es auch in Deutschland eine Art „Tea Party “ Bewegung geben in Abwehr der tatsächlichen oder vermeintlichen Ansprüche aus den Peripheriestaaten. Wir sind unbewußt, und dies ist für mich nicht ohne Sorge zu sehen, ein Stück weit unterwegs zurück in die Zeit vor 1914. „Maastricht“ ist nun schon 20 Jahre her.

    Für den deutschen Aktienmarkt eröffnet dies allerdings vorderhand hervorragende Aussichten; denn es gibt zahlreiche, vor allem kleinere Firmen, mit sehr gut funktionierenden Geschäftsmodellen. Solange das Geschäft mit BRIC gut funktioniert, und warum sollte es das künfrig nicht auch tun, werden diese Unternehemen immer mehr auch für das Ausland attraktiv werden. Neben den USA/GB eben vor allem für die Asiaten, und nicht zuletzt auch für die Russen. Sicherlich werden die gegenwärtigen Unsicherheiten noch eine Weile anhalten. Aber die Nachfrage ist im Grunde da und wird bestehen bleiben, ja sogar eher noch zunehmen.

    Es fragt sich nur, wie das vereinigte Europa diese auseinanderlaufenden Entwicklungen verkraften wird, es steckt eine ungeheure Dynamik und auch Sprengkraft darin. Möglicherweise stehen wir vor einer Zeitenwende.

  4. Einen sehr interessanten Artikel zu China hat Reuters -> hier <-.

    Sollte sich das bewahrheiten – und ich kann die Argumentation nachvollziehen – wären das sehr gute Nachrichten für deutsche Exportwerte ebenso wie für den Rohstoffbereich !

  5. Hallo,

    ich lebe in Spanien und muss sagen, dass die Situation und die Entwicklung hierzulande mir zunehmend Angst macht. Die Lage ist INHO mittlerweile sehr kritisch. Die neue Regierung bestreitet fast täglich, dass Spanien Hilfe vom Rettungsschirm beantragen werden muss. Was solche Aussagen bedeuten, kennen wir ja aus allen anderen Staaten, die jetzt unterm Schirm sitzen. Gleichzeitig sagen sie aber auch, dass Spanien vom Rettungsschirm gar nicht gerettet werden könnte ohne dass Italien und Frankreich im Anschluss auch kippen (zuerst sagte es Altpräsident Felipe Gonzalez aber danach auch Mariano Rajoy selbst, letzterer aber als Replica auf nette Kommentare von Sarkozy). Damit haben sie wahrscheinlich sogar recht.

    Die neue Regierung krempelt mit einer nie gesehenen Reformwut die ganze Gesellschaft um und zerschlägt dabei die Errungenschaften von über 30 Jahren Demokratie. Leider ist da wenig dabei, dass der Wirtschaft wieder auf die Beine helfen könnte. Es schaut eher danach aus, als dass sie eine Diktatur installieren und sie gegen erwartete Unruhen festigen. Das Volk ist zunehmend begeistert von dem was sie gewählt haben und ich gehe davon aus, dass es bei der aktuellen Dynamik demnächst ganz gewaltig kracht – durch Unruhen, in den Finanzen oder beides.

    Damit sich jeder selbst eine Idee der Sprengkraft machen kann, hier eine Zusammenfassung der Situation und von 4 Monaten unter der neuen Regierung (die Liste der Reformen ist keine Auswahl sondern komplett, um hier nichts zu verzerren):
    – Arbeitslosigkeit bei 24%, Tendenz stark steigend, selbst die Regierung rechnet mit mehr Arbeitslosen in Folge ihrer Reformen.
    – Erste Amtshandlung der Regierung, ein Klassiker: nach dem Wahlversprechen, die Steuern nicht zu erhöhen, erhöhen sie als erstes ein mal die Steuern (Extraeinnahmen: +10Mrd). Schuld geben sie der alten sozialistischen Regierung, die das reale Defizit verschleiert haben soll und wir jetzt plötzlich 8.5 statt 6% haben. Dabei hattte die Zentralregierung ihre Vorhersage fast genau eingehalten, während die Länderregierungen, mehrheitlich konservativ regiert, extrem überzogen haben.
    – Reform des Arbeitsrechts: Die Arbeitnehmerrechte wurden praktisch abgeschafft. Eine Firma, die für 3 Quartale einen Umsatzrückgang hat oder für die Zukunft Verluste prognostiziert(!), kann ohne Einschränkungen entlassen, Gehälter kürzen und die Arbeitszeit verlängern oder verkürzen. Tarifabschlüsse sind nur noch Papier. Erste Firmen wie Carrefour machen schon Gebrauch davon.
    – Antipirateriegesetz das es der Regierung erlaubt, unter billigem Vorwand kritische Webseiten zu schliessen.
    – Staatshaushalt 2012 der Kürzungen von 27 Mrd. vorsieht. Auf die Grösse von Deutschland hochgerechnet wären das mal locker 50 Mrd. Stark zusammengekürzt wurden unter anderem die Ausgaben für Forschung+Entwicklung, Infrastruktur, Weiterbildungsmassnahmen…
    – Gesetz gegen Steuerhinterziehung: Amnestie für Schwarzgelder. Für nur 8-10% Abschlag kriegt man sie ganz unkompliziert gewaschen und geht straffrei aus. Bei den Mafias kostete dies immer um die 30%, war kompliziert und risikobehaftet. Gleichzeitig wird Bezahlen mit Bargeld verboten für alles was über 2500EUR kostet. Ein erster Schritt in Richtung Abschaffung des Bargeldes, was die Banken freuen dürfte. Ein weiterer Schritt in Richtung gläserner Bürger, auch in Anbetracht der umfassenden Zugriffsbefugnisse von Behörden auf Bankdaten. Das Finanzamt erhält ausserdem Befugnis, präventiv Konten zu pfänden ohne dass die Steuerschuld wirklich bewiesen und endgültig ist. Adios Rechtssicherheit!
    – und nächste Woche kommt die Reform des Strafrechts: Das einzige was der Regierung hierbei wichtig zu sein scheint, ist dass Aufruf zu gewaltsamem Widerstand (sehr dehnfähig) zum Delikt wird und selbst passiver Widerstand (zB Sitzstreik) als Attentat gegen die Obrigkeit und die öffentliche Ordnung und damit auch zum Delikt erklärt wird. Aufruf zum Sitzstreik dementsprechend auch. Auch Präventivhaft wurde vorgeschlagen.
    – demnächst: Justizreform: bisher kostenlose Leistungen der Gerichte werden eine Gebühr kosten, damit der der es sich nicht leisten kann, gar nicht erst versucht, sein Recht einzuklagen.
    – Und auch schon angekündigt: weitere Kürzungen von 7 Mrd im (eh schon spartanischem) Gesundheitswesen und 3 Mrd bei der Bildung.
    – Da die Regierungspartei die absolute Mehrheit hat, werden auch die grössten Reformen im Verborgenen beraten und dann am Parlament vorbei per Dekret beschlossen, und der Rest vor vollendete Tatsachen gestellt. Jegliche Diskussion im Parlament oder gar in der Öffentlichkeit wird verhindert. Der Präsident gibt Vorabinformation bestenfalls Europapolitikern oder der ausländischen Presse bekannt. Eine Erklärung oder Rechtfertigung der Entscheidungen gibt er bestenfalls vor der eigenen Partei.

    So wird das nix! Und dann wundern sie sich, dass der IBEX fällt, die Risikoprämie durch die Decke geht und sagen: Aber wir machen doch Reformen, sogar so viele wie noch nie einer gemacht hat!

    Nötiger wäre stattdessen:
    – eine Vereinfachung von Geschäftsgründungen. zB wer sich selbständig macht, zahlt vom ersten Tag an min. 300EUR monatlich in die Plichtsozialversicherung, ohne auch nur einen einzigen Euro Umsatz gemacht zu haben. Viele gute Geschäftsideen scheitern wahrscheinlich schon an dieser Hürde.
    – Rechtssicherheit: dass man sicher sein kann, dass der gesetzliche Rahmen auf dem eine Investitionsentscheidung beruht sich nach einem Regierungswechsel sich nicht komplett ändert, zT sogar rückwirkend. Dass Behörden nicht (fast) unbegrenzte Befugnisse ohne richterlichen Beschluss haben, die die Geschäftstätigkeit zum russischen Roulette werden lassen.

    Sorry, ist leider etwas länger geworden. Ich hoffe, dass es trotzdem interessant ist und Einsichten gibt in die aktuelle Entwicklung hier in Spanien. Dass Spanien nach Griechenland jetzt plötzlich im Fokus ist und abgestraft wird, ist zwar überhaupt nicht hilfreich, aber es wundert mich auch überhaupt nicht.

  6. Eins fehlt noch in der Liste, und obwohl es schlecht klingt, könnte es sogar die positivste aller Massnahmen sein:
    – Firmen, die seit Jahren darauf warten, dass staatliche Einrichtungen ihre Rechnungen bezahlen, und dadurch kurz vor der Pleite stehen, können gegen einen Abschlag von ca. 10% und Verzicht auf Verzugszinsen jetzt kurzfristig ihr Geld bekommen. Der Staat hat da einen Deal mit einer Bank gemacht, die das ganze für diese 10% Prämie abwickelt und dann schaut ob der Staat irgendwann zahlt.

  7. Hallo Paco, herzlich willkommen im Blog und danke für die ausführliche Darstellung. Das ist sehr interessant, weil man vieles davon hier in Deutschland so gar nicht mitbekommt.

  8. Hallo Hari
    hast Du noch eine Meinung zur Metro, Absturz von 32,– auf 25,– Chart sieht weiter böse aus könnte noch auf 20,– durch gereicht werden. Die Meldung sehen nicht gut aus, hast Du andere Infos.

    Die gesamte Situation wie auch über Spanien geschrieben wurde von Paco sieht ja düster aus.

  9. Hallo Charly,

    ich bin wie -> hier <- geschrieben am 20.03.12 rechtzeitig raus und noch an der Seitenlinie. Ich werde aber wahrscheinlich wieder einsteigen – wie geschrieben – wenn die Bewegung nach unten ausgelaufen ist. Meine grundlegende Sicht auf Metro habe ich nicht geändert, bei allen Problemen erscheint mir die Aktie langsam attraktiv. Alleine der Buchwert der Immobilien dürfte sich langsam dem Börsenwert nähern. Ein Praktiker Szenario sehe ich bei Metro nicht.

    Wo die Bewegung nach unten ausläuft ? Ich lass mich überraschen 😉 Im Moment sind wir im freien Fall ohne technische Unterstützungszonen. Erst im Bereich um 20€ liegen dann die Tiefs von 2008/2009. Ich wäre ehrlich überrascht, wenn es noch tiefer gehen sollte.

  10. ACHTUNG ! Aufgrund Krankheit in der Familie heute KEINE Märkte am Abend. Morgen läuft hoffentlich alles wieder normal.

    Ihr Hari

  11. Ja dann, gute Besserung an die Mannschaft!

    Anregung: Anstatt Marktkommentar ein entsprechendes Emoticon zur Lageeinschätzung?

    ….War nich wörtlich gemeint…. 😉

    Viele Grüße

    Tokay

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