Maktanalyse – 10.12.12 – Der DAX im Banne Berlusconis

Nach der Hälfte des Wallstreet Handels kann man ein erstes Fazit ziehen, wie der DAX und Co. auf Berlusconis Rückkehr reagiert.

Im frühen Handel hing der DAX lange am Ausbruchsniveau bei 7480, während der MIB40 mit bis zu 3,5% Minus ein deutliches Urteil sprach. Auch die anderen europäischen Märkte wurden mitgezogen, der IBEX35 war lange auch mehr als 2% im Minus. Dann kam die Wallstreet und brachte Beruhigung. Und damit normalisierten sich die Indizes auch in Europa wieder.

Technisch gesehen ist dieser erfolgreiche Test der 7480er Zone sehr positiv zu werten und legt im DAX den Boden für weitere Kursgewinne zum Jahresende. Wäre der DAX darunter gefallen, hätte es sehr schnell, sehr gefährlich werden können.

Kann man nun daraus ableiten, dass der Wallstreet die Entwicklung in Italien egal ist oder sie die europäischen Reaktionen als übertrieben wertet ?

Nein ich glaube nicht. Wir haben es hier eher mit einer Wahrnehmungs-Disparität über den Atlantik hinweg zu tun. Die Wallstreet ist gedanklich völlig vom Fical Cliff absorbiert. Und dann steht auch am Mittwoch Abend noch die FED an, von der eine Erweiterung ihrer Stimulierungsprogramme erwartet und auch schon teilweise eingepreist ist. Schauen Sie einfach mal auf den -> Marketwatch <- des Wall Street Journals und zeigen mir die Nachrichten zu Berlusconi, während diese in Europa Leitartikel nahezu jeder seriösen Wirtschafts- und Tageszeitung sind.

Nun können Sie sich mit mir fragen, welche Seite des Atlantik hier eine falsche Wahrnehmung hat. Übertreiben die Europäer mit ihrer Aufregung ? Oder übersehen die Amerikaner wichtige Zusammenhänge unter der Decke der Eurozone ?

Ehrlich gesagt glaube ich tatsächlich, dass die Amerikaner im Moment wegen ihres Fiscal Cliffs ein Wahrnehmungsproblem haben. Der Blick ist nun nach innen gerichtet, während er vorher über ein Jahr jede Zuckung eines europäischen Politikers zum Thema machte. Erinnern Sie sich daran, wie jede Äusserung eines griechischen Hinterzimmerpolitikers zu massiven Bewegungen an den Märkten führte und Parlamentsreden in Athen Live übertragen wurden ? Erstaunlich, wie sich Wahrnehmung ändert.

Was bedeutet das nun für die Zukunft:

1. Der Markt hat heute seine Stärke unter Beweis gestellt, die Aussichten für ein Fortschreiten der schon laufenden Jahresendrally, insbesondere im DAX, stehen damit gut.

2. Das Verwirrungs- und Störungspotential das von Berlusconi ausgeht zu unterschätzen, wäre aber ein grosser Fehler. Auch in Italien dürfte sich nun bald weihnachtliche Ruhe über die Politik senken, falls die kommende Anleihenauktion noch ganz brauchbar läuft. Spätestens im neuen Jahr dürfte es dann aber mit Polemik und Wahlkampf losgehen. Und dann werden auch die Amerikaner wieder jede Zuckung genau beobachten.

3. Das Kernproblem ist nicht ob Berlusconi wieder an die Regierung kommt, damit ist sowieso eher nicht zu rechnen. Das Kernproblem ist das Obstruktionspotential, dass von einer starken, populistischen Minderheit ausgeht. Denn Italien braucht eine starke Regierung. Zwar ist das unserer Kanzlerin zugeschriebene Junktim "Europa scheitert, wenn der Euro scheitert" nach meiner Ansicht weit übertrieben. Aber ein Satz wie "Wenn Italien scheitert, scheitert der Euro" ist in meinen Augen absolut zutreffend. Italien muss seine Lage unter Kontrolle bringen, sonst zerfällt die Währungsunion. Ein griechisches Szenario in Italien kann kein Rettungsschirm mehr kontrollieren. Und wenn die Wallstreet diesen Zusammenhang wieder stärker wahrnimmt, werden Meinungsumfragen mit hohen Prozentsätzen für Berlusconis auch wieder zu sofortigen Marktbewegungen führen.

4. Bis dahin muss der Markt noch diesen "Fiscal Cliff" aus dem Weg geräumt sehen, dann steht ein paar ruhigen und positiven Tagen bis ins neue Jahr hinein wohl nicht mehr viel im Weg. Frei nach dem Motto: wen Berlusconi nicht tangiert, den bringt wenig aus der Fassung. 😉

Ihr Hari

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6 Gedanken zu „Maktanalyse – 10.12.12 – Der DAX im Banne Berlusconis“

  1. Volle Zustimmung. Und das bedenkliche ist, daß der Mann über ein beträchtliches mediales Gewicht verfügt. Auch das sollte man nicht unterschätzen. Dieses Potential könnte bewirken, daß der PDL in den Umfragen hoch gepusht wird, und da dürften dann schon ein paar Leute nervös werden. Bleibt in nächster Zeit also spannend.

    Es ist sehr zu bedauern, daß Monti nicht weitermachen kann. Für die seriösen Wähler steht immerhin die neue Montezemolo-Partei FLI bereit, zusammen mit dem PDC könnte dies eine einflußreiche Kraft der gemäßigt konservativen Strömung , des gediegenen Bürgertums werden.

    Gemäß neuen Umfragen entfiele im Augenblick ein Viertel der Stimmen auf den rechtspopulistischen Block aus PDL und Lega, aber weit über 40 Prozent auf den linksbürgerlichen Block aus PD und Italia dei Valori. Die „5 Stelle“ von Grillo sind schwer einzuordnen, das ist eine italienische Eigenheit. Ich vermute dahinter resignierte Wähler, die ihre Stimme dort „geparkt“ haben und sich bei Vorhandensein einer seriösen Alternative zuwenden würden.

    Nach jetzigem Stand hätte dieser linksbürgerliche Block eine klare parlamentarische Mehrheit. Vielleicht kommt es aus Gründen der Stabilität zu einer Mitte-Links-Zusammenarbeit. Aber das ist reine Spekulation. In Italien können die Dinge rasch in Bewegung kommen. Und unser Freund Silvio kann/wird noch für so manches Störfeuer sorgen…

  2. @ jabal, herzlichen Dank für den Hinweis. Der morgige Tag könnte spannend werden; Herr Mayrose scheint neben Vorstand auch noch Charttechniker zu sein. 😉

  3. Kurzer subjektiver Kommentar zu Apple für die, die sich für charttechniken interessieren (tageschart):
    es gibt eine kleine Divergenz zwischen dem RSI (zwei aufeinander folgende höhere Tiefs) und dem Chart (letzten beiden Tiefs im Chart sind ca. gleich tief). Diese Divergenz gibt es auch im SlowStochastik. Zudem scheint die MACD Signal line eventuell langsam eine Wende hinzulegen und anfangen zu steigen. Weiterhin ist der Chart am unteren Ende des BolingerBandes letzte woche einfach abgeprallt und wieder gestiegen ohne am bolinger Band entlang zu schrammen. Für mich zusammen mit der W-Struktur (siehe haris tagestipps) Hinweise, dass es hoch gehen könnte (Zeitraum Tage). Interessant wird es dann am Single Moving average 38, den der Chart beim letzten Ausbruch zum Tagesschlusskurs nicht durchbrechen konnte und somit als starken Widerstand angesehen wurde. Falls der Widerstand genommen ist, dann könnte dieser oder auch der sma50 als Unterstützung in frage kommen und vielleicht den seit September anhaltenden Abwärtstrend brechen. Dies ist aber bisher nur spekulative Zukunftsmusik.

  4. hey hari,
    zum ende des jahres hin bzw. zu beginn des neuen fände ich ein revival der abstimmung zur nächsten gurken- bzw. gewinner-aktie 2013 ganz nett (vielleicht auch nur q1, das ist ja nicht ganz so orakelhaft). vielleicht haben die anderen hier im blog ja auch lust dazu? und in einem jahr können wir unsere grandiose tipp-sicherheit bewundern 😉
    viele grüße,
    arud

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