Kurzkommentar – 10.12.12 – Wir danken Silvio !

Ich will heute früh vor dem Handelsstart nur ein paar Zeilen zu den neuesten Entwicklungen in Italien rund um Berlusconi los werden. In meinen "Live Tips" habe ich über das Wochenende ja schon ein paar Artikel verlinkt.

Wir haben heute eine ganz kritische Phase, ein Tag an dem wir sehr aufmerksam sein müssen. Denn mit Silvio Berlusconis Rückkehr (-> hier <- noch ein aktueller Artikel) besteht die Gefahr, dass die Eurokrise an den Märkten wieder aufflammt.

Gerade hatten sich die Märkte was die Eurozone angeht ruhig zurück gelehnt, die einzige Sorge des restlichen Jahres war der "Fiscal Cliff" in den USA. Und auch ich hatte im Artikel vom Freitag geschrieben: "Und ich kann auch politisch in den kommenden Wochen in der Eurozone nichts sehen, was diese Bewegung nachhaltig aufhalten sollte." So kann man sich irren.

Schon im frühen Handel sehen wir nun aber die typischen Effekte: schwacher Euro, steigendes Gold, steigende Renditen bei den Staatsanleihen der PIGS, steigender Bund-Future. Noch ist die Bewegung verhalten. Noch. Noch halten wir uns im DAX-Future auch oberhalb der Ausbruchszone um die 7480, die nun sehr wichtig als Unterstützung ist.

Aber erst der heutige, volle Handelstag inklusive Wallstreet wird zeigen, ob es dabei bleibt. Und was Big Money wirklich darüber denkt. Das Fiese dabei ist, wenn die Angst um den Euro nun wieder aufflammen sollte, findet sie die Börsen in einem Zustand der "Complacency" vor, die sich unter anderem in bullischem Sentiment und einer sehr geringen Quote an Short-Absicherungen ausdrückt. Alle sind nun auf die Jahresendrally gepolt und haben auch an den "Fiscal Cliff" eine latent positive Erwartung im Sinne "kicking the can down the road".

Genau dieser Seelenzustand der Börsen, macht aber überraschende Abwärtsbewegungen dann so dynamisch und giftig. Denn es dürfte kaum Gegenwehr vorhanden sein, wer zum Jahresende investiert sein will, dürfte es seit letzter Woche zu einem guten Stück sein.

Das bedeutet nicht, dass es heute dazu kommen muss. Es kann auch sein, dass die Märkte stark genug sind, Berlusconi einfach zu verdauen. Aber ich bin mir nicht sicher und kann es Ihnen heute früh einfach nicht sagen. Erst heute Abend, wenn der Markt real gezeigt hat wie er das einsortiert, lässt sich eine seriöse Schlussfolgerung über die Auswirkungen vornehmen.

Deshalb gilt heute für mich allerhöchste Vorsicht, insbesondere bei allen Trades die mit dem "Club Med" Bereich der Eurozone zu tun haben. Wer in Gold ist oder von einer erneut anziehenden Konjunktur in China beeinflusst wird, kann dagegen gelassener in den Tag schauen.

Und so bleibt mir persönlich nur, mein Haupt voller Bewunderung vor dem sowieso schönsten Mann, besten Lover, begnadetsten Politiker und überhaupt bestem Menschen dieses Kontinents zu verneigen: Silvio, wir danken Dir für alles, was Du selbstlos für uns getan hast !

Ich wünsche Ihnen einen erfolgreichen Tag !

Ihr Hari

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12 Gedanken zu „Kurzkommentar – 10.12.12 – Wir danken Silvio !“

  1. Was Berlusconis befürchtete Rückkehr an die Macht angeht, halte ich die Sorgen für übertrieben. Das Gespenstische dieses Unternehmens wird doch auch in Italien klar gesehen. Berlusconi hat keine echte Chance. Gut, die Frage ist wohl: Ob gerechtfertigt oder nicht, wird die Aufregung um dieses Thema jetzt wieder alle genauer nach Italien & Co sehen lassen, wo sie dann die (anderen) alten Haare in der Suppe wiederentdecken?

  2. Richtig Libertin. Die Frage für uns ist doch auch nicht, ob Berlusconi zum fünften Mal an die Macht zurück kehrt. Das wird wohl so nicht sein, wäre im übrigen aber auch nicht das Schlimmste aller Szenarien, das schlimmste wäre wohl, eine Minderheitsposition Berlusconis mit Obstruktionspotential, weil er zu stark ist um an ihm vorbei zu kommen. Und das ist sehr wohl möglich.

    Aber auch das ist nicht die Frage hier und heute. Die Frage hier und heute ist, ob damit die Erholung des Euros und der Renditen in der Eurozone zum Halten kommt und der Markt erst einmal bis März wieder in Angst verfällt. Was im März passiert ist mir im Moment wurscht, was der Markt heute daraus macht ist die Kernfrage !

  3. „Börsen im Zustand der “Complacency”“ in der Tat, Hari! Heute Morgen habe ich mir den VDAX angeschaut – dieser steht auf dem tiefsten Stand seit der ersten Jahreshälfte 2007! Wir wissen alle, was danach passiert ist…

  4. Hallo Harri,
    vor ein paar Wochen bin ich auf deinen spannenden Blog aufmerksam geworden und verfolge ihns seitdem. Deine Analysen sowie die Kommentare der interessierten Mitleser, helfen mir meine persönliche Sicht auf den Markt kontinuierlich weiterzuentwickeln. Ich danke Euch dafür.
    Ich beobachte die Märkte schon seit ein paar Jahren regelmäßig von der Seitenlinie und habe mich vor ein paar Monaten entschlossen auch aktiv teilzunehmen. Aufgrund meines beruflichen Hintergrundes ist mein derzeitiger Anlageschwerpunkt Konsumgüter, Handel & Maschinenbau. Ich traue mir hier eine persönliche, fundamentale Bewertungen der Geschäftsmodellen zu und investiere daher bevorzugt in diesen Industrien. Sobald ich mich auch in der Charttechnick als einigermaßen sattelfest sehe werde ich versuchen auch aktiv an Deinem Blog mitzuwirken.
    CIP

  5. @CIP, herzlich willkommen und schön, dass Du aktiv mitmachen willst. Wir freuen uns auf Deine Sichten zum Thema. Bis bald !

    Übrigens, stöber Dich mal durch die Kategorie „Wissenswertes“ durch. Da findet sich sicher der eine oder andere Artikel der Vergangenheit, der Dir weiterhilft oder neue Sichten vermittelt. In der Kategorie sind primär die Artikel grundsätzlicher Art, die nicht so durch Aktualität geprägt sind.

    Zum Beispiel -> hier <-. 😉

  6. Man könnte fast den Eindruck bekommen, dass USA ein wenig Notiz davon genommen hat, dass „der alte Mann wohl nochmal möchte“, aber so richtig glaubt dort wohl Niemand, dass es nochmal kann 😉

    Für mich ist das doch „politisches Kasperltheater“; die Italinier sind zu stolz und zu intelligent, als dass der wieder ein wichtiges politisches Amt bekommen kann.

    Sehr schön, wie Wacker Chemie und Salzgitter die Erholung annehmen. Vor einiger Zeit wurde hier mal BB Biotech diskutiert. Aus meiner Sicht zeigt die Aktie nun eine sehr schöne Chartformation auf Tagesbasis wie auf Wochenbasis.

  7. @Johann, ob er es noch einmal schafft ist glaube ich auch gar nicht die Frage. Die Frage ist wieviel Schaden er bis zur Wahl mit Populismus anrichtet. Und mit Hetze gegen die bösen Deutschen lässt sich bestimmt 20% oder mehr machen. Schuld sind halt immer die anderen, diese Art Populismus verfängt bei den geistig etwas Schlichteren in jedem Land, auch bei uns. Und was den Stolz und die Intelligenz der Italiener angeht, die haben ihn immerhin 4x wieder gewählt. Da war auch schon bekannt, mit wem man es zu tun hat. Er bedient halt die Seele des italienischen Machismo und kommt daher in bestimmten Schichten gut an. Gerade der Stolz wird so bedient.

    Ich sehe aber auch mit Freude, dass sich die Wallstreet davon bisher nicht aus dem Konzept bringen lässt. Warten wir ab, was der Tag sonst noch so bringt. Noch ist die erste Handelsstunde an der Wallstreet nicht rum.

  8. Ich denke, es geht weniger darum, ob Herr Bunga-Bunga noch mal ans Ruder kommt – das kann ich mir nicht vorstellen – als darum, ob der PDL genug Sitze bekommt, um wirksam Obstruktionspolitik zu betreiben. Mit 15-20 Prozent könnte man schon Kaputtmach-Politik betreiben. Vor allem dann, wenn sich keine klaren Mehrheiten herausbilden. Es hängt also davon ab, ob es eine klare Mehrheit gibt, oder die Kräfte außerhalb des PDL sich von dem festen Willen leiten lassen, das Land in Ordnung zu bringen. Die Macht der Bondmärkte sollte man in dem Zusammenhang nicht unterschätzen. Dann könnte die Situation beinahe von selber zu einer entsprechenden Mehrheit führen.

  9. Hari, ich habe eine (für Dich wahrscheinlich) sehr einfache Frage: wie kann ich Volatilität (z.b. VDAX oder VIX) kaufen? Ich bin übrigens bei der Saxobank.

    Zu Berlusconi: ein guter italienischer Freund von mir (selbst sehr alternativ) meinte mal zu mir, Berlusconi wird deswegen immer wieder gewählt, weil unter ihm jeder machen kann, was er will, ohne das es jemals Konsequenzen hat. So schnell man will Auto fahren – kein Problem! Die Musik oder den Fernseher so laut wie möglich stellen – alles ok! Steuern hinterziehen, Recht und Gesetz immer zu seinen Gunsten beugen – immer weiter so! Wie im großen, so im kleinen… Ich sehe hier durchaus Parallelen zu einem gewissen Herrn Wowereit in Berlin, aber das ist eine andere Geschichte…

  10. @Plastik, es gibt ein paar Versuche Vola in Produkten (zb Zertifikaten oder ETNs) abzubilden, aber ich habe noch keines gesehen, das wirklich funktioniert. Also Finger weg bei reinen Vola-Produkten, die inneren Kosten sind zu hoch.

    Es ist ja auch kein Wunder, nehmen wir mal an man könnte heute LONG VDAX gehen und das in einem Produkt, dass nur sehr geringe innere Gebühren hat. Das wäre doch mit mittlerem Zeithorizont ein „Sure Play“ mit nahezu sicheren Gewinnen. Ich würde da da erhebliche Summen rein investieren. Und weil das ein „Sure Play“ ist, gibt es eben keine Gegenpartei, keine Bank die auf der anderen Seite stehen will. Deshalb sind alle Vola-Produkte so mit inneren Gebühren und Zeitverlusten „verseucht“, dass sie nicht funktionieren.

    Ich kenne nur eine Methode mit der man halbwegs sauber Vola kaufen kann und dann wenigstens weiss, was man dafür zahlt.

    Und das ist der Kauf eines klassischen Put-Optionsscheins (zb auf den DAX). Der Schein sollte sehr weit aus dem Geld sein, so dass er keinen inneren Wert hat. Der Wert besteht also nur aus Zeitwert, der wiederum durch die Vola massgeblich beeinflusst wird. Und die Restlaufzeit sollte recht lang sein, mindestens 6 Monate, besser 1 Jahr und mehr.

    Dann kannst Du ganz einfach rechnen. Die „Gebühr“ die Du zahlst ist der Wert des Scheins, der nämlich bis Laufzeitende gegen Null gehen wird, wenn sich das Underlying nicht massiv nach unten bewegt. Und die entscheidende Frage ist, ob diese „Gebühr“ kleiner ist als die Chance, dass während der Laufzeit die Vola einen Spike macht und somit den Schein nach oben katapultiert. Nicht ganz einfach zu beantworten, aber wenigestens halbwegs sauber zu überblicken. Dieses Szenario ist übrigens das einzige, bei dem ich Optionsscheine überhaupt anfasse und über die manipulativen Nachteile den Mantel des Schweigens lege. Denn wenn die Vola schon sehr niedrig ist, sind auch die Manipulationsmöglichkeiten zu Ungunsten des Anlegers begrenzt.

    Mit grössere Geld und Zugang zu echten Optionen, kannst Du etwas ganz ähnliches selber bauen. Das geht so: Du kaufst die Optionen und hedged alle anderen Risiken raus (Kursrisiko etc) bis auf das Exposure zur Volatilität. Kommt aufs gleiche raus wie oben und ist die professionelle „Selbstbauvariante“.

    Wenn jemand noch eine andere Methode kennt, dann heraus damit – hoch spannendes Thema.

  11. Hari, danke! Optionsscheine meide ich eigentlich wie der Teufel das Weihwasser, aber vielleicht ergibt sich hier wirklich eine Chance. Bei den Vola-Werten im VDAX im Moment kann es ja eigentlich nur aufwärts gehen!

    Die zweite Variante traue ich mir, ehrlich gesagt, im Moment nicht zu. Da fehlt mir ganz einfach auch die Zeit, mich richtig reinzuknien und die Berechnungen dahinter zu verstehen.

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