Marktupdate: Wie weit hoch geht es noch im DAX ?

Erinnern Sie sich an die erste Regel die ich Ihnen vor kurzem zu einem Runaway-Move genannt hatte ?

Sie lautete: -> Die Bewegung dauert länger als man sich vorstellen kann !

Heute habe ich für Sie ein paar harte Daten und Fakten, die das eindrücklich untermauern. Denn einer der kostenpflichtigen Dienste die ich regelmässig nutze ist Jason Goepfert´s -> Sentimentrader.com <-, in dem Marktdaten und Analysen der Behavioral Finance so aufbereitet werden, dass man daraus einen Vorteil für seine eigenen Aktivitäten ziehen kann.

Jason Goepfert hat sich die Mühe gemacht, durch die Marktdaten zurück bis 1929 zu gehen und alle Marktsituationen im S&P 500 zu identifizieren, die mit dem heutigen "Runaway-Move" identisch sind. Er nennt das "Creeper Trend" und meint damit das gleiche was ich "Runaway Move" nenne, nämlich einen Markt der immer weiter steigt und steigt ohne je richtig zu korrigieren - und das obwohl die technischen Oszillatoren alle "Korrektur" rufen. Er hat sei 1929 genau 13 nahezu zu heute identische Situationen erfasst.

Diese Analyse liefert beeindruckende Daten. Nimmt man alle ähnlichen Bewegungen der Märkte seit 1929, war die Wahrscheinlichkeit, dass der Markt 6 Monate später höher steht bei sensationellen 92% - also in 12 von 13 Fällen ! Und der mittlere Gewinn betrug 9,2% !

Natürlich ist das nur Statistik und auch 8% können eintreten und vielleicht ist diesmal wirklich alles anders. Aber solche harten Fakten und Daten bei seinen Entscheidungen zu berücksichtigen ist nach meiner Erfahrung allemal erfolgsträchtiger, als nur seinem Bauch zu folgen. Denn der Bauch liegt zu oft falsch weil er mit der "Meute" fühlt, wie jeder erfahrene Trader und Anleger weiss.

Hier also nun die Analyse von Jason Goepfert. Ich bedanke mich bei Jason, dass ich die Daten hier veröffentlichen darf:

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"Creeper" Trend

We started looking at the market's impressive momentum back in December. The studies were compelling, suggesting that the kind of price action we were seeing would most likely lead to further gains.

The effective time frame for those studies was 1-3 months, and it's definitely safe to say that so far the momentum has continued. We're seeing a "creeper" uptrend similar to what we've seen a few other times since the 2009 bottom.

Let's go back and look for other times the market has performed similarly.

What we're looking for are those times when the market was at a multi-month extreme, but not at multi-year highs. These gives us intermediate highs that aren't necessarily comparable to times when the market was making all-time highs.

Also, the S&P 500 had to have gone at least a month, 21 trading days, without suffering more than a -0.6% loss, as it has done this time. Actually, it has gone 27 days, but we're only requiring 21 here.

The results are impressive.

In the shorter-term, the S&P's returns were good, but between 3-6 months, they were fantastic. Losses were rare, and average returns were 2 to 3 times greater than random.

Equally impressive is that it took a median of 224 days - nearly a year - before the S&P put in a 3-month high, meaning a peak that wasn't exceeded for at least the next 3 months. And in the voyage to put in that peak, the S&P managed to tack on an average of another 25%.

The poorest performer among them took another 40 days, and +4.2%, before peaking.

This obviously conflicts with much of the sentiment data we've been discussing for the past few weeks. Given the persistence of this trend, we'd continue to hold off on bets against it until there is solid evidence that the momentum has cracked.

Source: Sentimentrader.com

14 Gedanken zu „Marktupdate: Wie weit hoch geht es noch im DAX ?“

  1. Sicherlich beeindruckend, aber die Frage bleibt, inwiefern ein heutiger Markt noch mit solch teils uralten Aufzeichnungen vergleichbar ist. ‚Behavioral Finance‘ … ist denn das Behavior der Anleger von vor 50-80 Jahren überhaupt noch annähernd vergleichbar mit den heutigen Massenbewegungen? Wie sehr hat sich die Anlegerschaft damals auf technische Analyse konzentriert? Gelten heute allein durch die Algos nicht schon grundlegend andere Regeln für Trendverläufe? Das sind so Fragen, die man sich wie ich finde stellen muss, wenn man solche statistischen Aufzeichnungen betrachtet.

  2. Natürlich Ramsi, vielleicht ist es heute wirklich anders. Aber ich finde schon solche Daten öffnen einem Perspektiven, die man ansonsten nicht auf dem Radar hätte. Und um mehr geht es ja nicht, eine Garantie für die Zukunft sind sie nicht.

    Denk doch mal an letzten Dezember zurück. Hätte Dir da jemand gesagt, dass wir im Februar (vielleicht) bei 7000 stehen, hättest Du das wohl mit einer Handbewegung vom Tisch gewischt. Hätte er das mit vielen historischen Daten untermauert, hättest Du die Möglichkeit aber wohl ernster genommen. Und Deine Chancen diese Rally mitzunehmen wären als Folge gestiegen, weil Du gedanklich darauf vorbereitet warst.

    Nur darum geht es – die Chancen der Zukunft auf dem Radar zu haben um sie nicht zu verpassen.

    Übrigens – als kleiner Spass am Abend – erinnerst Du Dich vielleicht an einen Beitrag am 06. November letzten Jahres, in dem ich ganz verwegen DAX 10.000 für 2012 in den Mund genommen habe. 😉 Siehe -> hier <-. Und begründet habe ich das ausdrücklich mit dem Weg des maximalen Schmerzes, weil sich das eben niemand vorstellen konnte. Mir helfen solche Gedankengänge um einen offenen Blick zu behalten und Chancen auch ergreifen zu können, wenn sie an einem vorbei kommen.

  3. Ja daran erinnere ich mich. Damals habe ich das zwar nicht als lächerlich abgestempelt aber von der Wahrscheinlichkeit her so eingestuft wie beim Roulette auf die 24 zu setzen. Diese Bewegung habe ich nicht für möglich gehalten und es ist mir ein Rätsel wie du das vorausahnen konntest. Das lässt mich gleichzeitig an die Frage denken, wie ich an der Börse Geld verdienen soll, wenn Personen wie du mal keine Lust mehr haben, so einen Blog zu schreiben. Denn auch wenn dein Ziel ist, den Lerneffekt bei den Lesern hervorzurufen, so ist es doch primär die Logik, dass ich vorher auch schon prächtig Geld mit dir verdient habe, die mich auf dem Tiefpunkt dieser Bewegung auf den Zug aufspringen lies. Woher sollte ich denn alleine in der nächsten Börsenpanik wissen, wann der Zeitpunkt gekommen ist, an dem Mr. Market Lust verspürt, der Anlegerschaft maximalen Schmerz zuzufügen, in welcher Richtung auch immer? Ich denke, nach der Beendigung meines Bachelorstudiums nächstes Jahr und vor Beginn des Masters werde ich mich mal mit dem Herrn Kirk und seiner Seite intensiv auseinandersetzen und hoffe, deine Herangehensweisen dann etwas besser im Detail verfolgen zu können

  4. Hallo Ramsi, das erfordert eigentlich eine ganz lange, differenzierte Antwort, die aber hier den Rahmen übersteigt. Ich versuche es kürzer, sei nicht böse wenn es dann stellenweise etwas „holzschnitzartig“ ist:

    Wenn ich bei Dir lese, dass Du Dich dann mal „mit Kirk intensiv auseinander setzen“ willst um zu lernen, liest sich das für mich als ob Du noch ein grundlegendes Missverständnis hast. Du denkst scheinbar, es gäbe so etwas wie die 3 ultimativen Regeln und 4 Techniken des Börsenerfolges. Die lernt man dann wie die Integralrechnung in der Mathematik und „Volia“ nun ist man an der Börse erfolgreich. (Sei mir nicht böse, wenn ich das falsch interpretiere, ich versuche nur etwas in Deine Worte hinein zu lesen um Dir eine hilfreiche Antwort zu geben. Und mehr als Deine geschriebenen Worte habe ich ja nicht.)

    Diese Denkweise wäre aber falsch ! Entscheidend ist vielmehr als Grundlage, eine Geisteshaltung anzunehmen, die ich als „opportunistisch“ und „chancenorientiert“ beschreiben würde. Man muss sich davon lösen, Mr. Market seinen Willen aufzwingen zu wollen und stolze Annahmen und Vorhersagen zu treffen, die dann sogar mit dem eigenen Ego verknüpft sind. Statt dessen muss man wie ein alter Indianer das Ohr immer am Boden haben um die nächste Büffelherde zu hören. Man hat keine Ahnung ob und wann die Herde kommt, aber wenn sie kommt wird man sie hören.

    Das hört sich jetzt trivial an, glaub mir es ist es aber nicht ! Es ist so schwierig, dass die meisten daran scheitern. Denn diese innere Haltung läuft allen unseren natürlichen Reflexen zuwieder, unser ganzes genetisches Programm wie wir uns in der Welt bewegen steht dieser Geisteshaltung im Weg. Ich hab ja versucht das hier in meiner Anlagephilosophie etwas anzureissen. Und zu allem Überfluss tut ja die Umwelt in Form von Presse und „Gurus“ auch noch alles dafür, prozyklisch die natürlichen Reflexe nach der Zukunftsvorhersage zu bedienen und verstärkt so massiv einen Tunnelblick.

    Du brauchst deswegen auch gar nicht bei Charles Kirk mitlesen, denn genau diese Sätze wie oben – verknüpft mit konkreten Beispielen und Hinweisen – wirst Du bei ihm wie bei mir hören und hast Du von mir auch schon gehört. Du hast sie vielleicht nur nicht in ihrer Bedeutung ausreichend gewürdigt, weil Dir die Suche nach dem „tollen Tool“ den Blick darauf verstellte. Natürlich kann ich nur wärmstens empfehlen bei Kirk Mitglied zu werden. Nur die 3 Regeln und 4 Techniken die man in einem Monat Schulung konsumieren kann, wirst Du auch da nicht finden. Insofern findest Du vieles was Kirk predigt auch hier bei mir. Du musst Dich einfach auf diese Art zu Denken einlassen und dann über die Zeit Deinen eigenen Weg und Deine eigenen Techniken entwickeln.

    Und was die „Techniken“ angeht, glaub mir, da gibt es unzählige. Und einige kenne selbst ich nicht und man kann damit trotzdem erfolgreich sein. Und die Techniken die ich persönlich einsetze, weil Sie zu mir und meiner Strategie passen, kann jemand anders völlig ignorieren und ganz anders an den Markt heran gehen und auch erfolgreich sein. Technik und eigene Strategie sind sehr wichtig, aber sie brauchen zwingend diese Haltung dem Markt gegenüber als Grundlage. Ohne diese Haltung funktioniert es nach meiner Erfahrung nicht. Denn wenn man schon vorher glaubt zu wissen was die Zukunft bringt, dann wird man bei seinen Techniken nur die Muster wahrnehmen, die den eigenen Bias bestätigen – das ist einfach menschliche, selektive Wahrnehmung. Und man wird scheitern, trotz aller tollen und ausgefeilten Linien auf dem Chart.

    Deswegen habe ich mit meiner Vorhersage des Wegs des maximalen Schmerzes letzten Herbst auch gar nichts „geahnt“. Genau das ist der falsche Gedankengang von einer „Ahnung“ auszugehen. Ich war aber gedanklich frei von dem ganzen Krisenbombardement in den Medien und war in der Lage da hindurch in mögliche Szenarien zu schauen. Und ich habe nur formuliert, was damals halt das unwahrscheinlichste Szenario war, das sich definitiv niemand vorstellen konnte. „Geahnt“ habe ich gar nichts. Ich war aber offen für die Zukunft und das ist mein „Edge“, denn das sind die meisten nicht.

    Und weil ich das war, konnte ich dann im Januar, als echte technische Signale im Markt aufkamen die einen Runaway-Move signalisierten, diese auch wahrnehmen und darauf reagieren. Nur deshalb konnten meine Ohren die Büffel überhaupt hören. Wäre mein Kopf noch mit dem Bias der „grossen Krise“ gefüllt gewesen, hätte ich diese Signale gar nicht wahrgenommen oder sogar mit einer arroganten Handbewegung abgetan, weil sie nicht in mein festes Weltbild passen.

    Das ist das „Geheimnis“ und das ist so verflucht schwer für uns Menschen. Und das lernen kannst Du nur, in dem Du an Dir über Jahre arbeitest, begleitet von „Scouts“ oder „Coaches“ wie Kirk oder eben mir.

    Ich sagte es ja schon oft: Trading is simple but not easy !

  5. Hallo Hari:
    Ich bin Neu hier, lese seit Januar mit. Deine Beiträge sind sehr gut unterscheiden sich von vielen anderen, das gefällt mir sehr gut.
    Zu meiner Person ich schon seit vielen Jahre an der Börse tätig, heute nur noch mit kleinen Beträgen dabei. Ich muss nicht mehr meinen Unterhalt an der Börse verdiene die Zeiten sind vorbei, ich handele weil es mir Spaß macht und nebenbei fällt noch was ab.
    Ich handel auch Intraday mit RBS CFDs, z.Z. nicht gerade mit Erfolg , mit welcher Plattform arbeitest Du ?
    Die Aktien die hier behandelt werden finde ich ok. Teilweise bin ich da selbst investiert.
    Meine Frage an Dich was würde den passieren wenn die Griechen sich jetzt einigen würden und das alles vom EWS abgesegnet wird ?
    Da müsste doch der DAX 500 Punkte in die Höhe schießen und der EURO würde dann bei 1,50 stehen, aber die Probleme bleiben ja die gleichen. Abschreibung bei den Banken u. Vers.
    Wie denkst DU über Solar-Wind-Bio, die Brache ist in allen Länder am Boden aus verschieden Gründen, wäre hier nicht bald ein Einstieg zu empfehlen (Aktionär hat heute einen Beitrag Chiena drin) Ich bin mit S-Box China Solar drin sind die Größten Aktien drin WK DB2 CSL Kurs 2,50 H 7,– T 1,5 KZ 4,–
    Ich wünsche allen Teilnehmern einen erfolgreichen Handelstag.

  6. @ Chaly willkommen, nur kurz zum Thema Solar-Wind-Bio – auf alle Deine Fragen kann ich gerade nicht eingehen:

    Ich habe zuletzt Nordex gehandelt, bei Solar aber seit einem Jahr gar nichts. Und werde das auch kurzfristig nicht ändern. Warum ? Weil die Branche als solche sicher eine gute Zukunft hat, aber die heute vorhandenen Firmen nicht notwendigerweise !
    Computer im Betrieb bei Unternehmen gibt es seit den 50ern. Und welche Unternehmen die damals auf den Kurszetteln standen sind heute noch vorhanden ? Genau, IBM … und dann ? 😉 Alle von der Landkarte verschwunden, Univac, DEC, Wang anyone ?

    Das ist mein Punkt. Denn so ist es mit fast allen innovativen Technologien, die Unternehmen der ersten Stunde verschwinden vom Markt und den wirklichen Erfolg hat erst die zweite oder dritte Generation.

    Ich bin sicher es gibt im Solarmarkt noch ganz viele Insolvenzen und der Umbruch steht erst am Anfang. Es ist für mich auch keineswegs ausgemacht, dass zb die Panelfertigung auf Silizium-Basis überhaupt überlebt und das Rennen nicht vielleicht Techniken wie die einer Dyesol machen.
    Insofern ja, die Titel sind ausgebombt aber das auch zurecht. Das Überleben der heute marktführenden Unternehmen ist für mich sehr fragwürdig und bleibt es auch auf Monate wenn nicht Jahre.

    Klar kann man da mal schnell mit einem Zock einen grossen Gewinn machen und wenn es Dir gelingt meinen Glückwunsch. Aber strukturell sehe ich die die heutige Solartechnik nicht im Aufwärtstrend. Das Thema generell ja, aber nicht notwendigerweise die heutige Firmen mit ihrer heutigen Technologie.
    Und deswegen mache ich persönlich da auch nichts. Warum auch, wenn es derzeit genügend tolle Unternehmen mit einem super Chartbild gibt, die nicht dieses Risiko in sich tragen ?

    Das kann natürlich jeder anders sehen, aber Du hast mich gefragt und ich stecke meine Aufmerksamkeit aus den genannten Gründen lieber in andere Themen.

  7. Ich würde gerne wieder auf das Ausgangsthema zurückkommen, nämlich auf die mutmaßliche Dauer des derzeitigen „moves“. Solche Beobachtungen wie in den USA wie von Jason Goepfert aufgeführt kann man auch für Deutschland machen. Schaut man sich nämlich die DAX-Entwicklung der Jahre 1967, 1975, 1982, 1993 und 2003(für dieJahre vor 1988 muß man zurückrechnen, da es den DAX offiziell vorher nicht gab), dann erkennt man, dass dies Rezessionsjahre waren und daß die Erholung der Börse aus der Rezession jeweils sehr nachhaltig war. Diese „Moves“ waren neben der Tatsache, daß sie in Rezessionsjahren stattfanden, wesentlich dadurch gekennzeichnet, daß die Notenbank ihren Leitzins senkte und außerdem die Aktienmarktbewertung sehr tief war. Dies waren auch die Rahmenbedingungen im Spätherbst des vergangenen Jahres und die Bewegung, die seither stattgefunden hat, so gesehen erklärbar.

    Sicherlich kann man darüber debattieren, ob statistische Daten aus der Vergangenheit Rückschlüsse in die Zukunft zulassen. In die nahe Zukunft ganz sicher nicht: Denn wenn morgen der Nahe Osten in Aufruhr gerät und die Energiepreise explodieren, dann ist der Aufschwung wieder ganz schnell vorbei. Das ist nicht möglich? Nun Anfang und Ende der 70er war es möglich. Es gibt jedoch bestimmte gesamtwirtschaftliche Verhaltensmuster, deren Wiederauftauchen einem bekannt vorkommt. Und so gesehen gibt es dann schon bestimmte Wahrscheinlichkeiten für das Eintreffen bestimmter Ereignisse. Die Geschichte, auch die Börsengeschichte ist bestimmt nicht der schlechteste Ratgeber.

    Ein Satz in der obigen Diskussion ist in meinen Augen noch sehr wesentlich: An der Börse fährt man wahrscheinlich am besten, wenn man sich gnadenlos opportunistisch verhält. Man muß die allermeiste Zeit(nicht die ganze) das machen, was die Mehrheit macht, gleichzeitig aber in der Lage sein können, zu erkennen, wenn die Mehrheitsverhältnisse sich ändern. In der Politik gab und gibt es Leute, die das virtuos beherrschen bzw. beherrschten, was einem nicht immer besonders sympathisch war bzw. ist. Jedoch bei der Aktienanlage geht es nicht um Schönheit sondern um die Vermehrung des eingesetzten Kapitals. Allerdings erfordert dies eine geistige Beweglichkeit, die die allermeisten Menschen nicht haben. Nur wenige (relativ zur Gesamtbevölkerung) sind auf diese Art und Weise erfolgreich, man kennt sie aus der Presse und aus den Medien.

    Noch eine eher philosophische Anmerkung dazu: Man läuft mit dieser Geisteshaltung Gefahr, alles sehr stark in finanziellen bzw.ökonomischen Kategorien zu sehen. Viele dieser Leute propagieren dann eine politisch-soziale Grundordnung, die diese Geisteshaltung systematisch begünstigt und alle anderen, die sich nicht in diesen Kategorien bewegen, benachteiligt. Setzte sich eine solche Grundhaltung allgemein durch, würde dies zur Unterhöhlung der Fundamente unserer Gesellschaft führen. Dies muß nicht so sein: Z.B. ist der Pater Ansselm Grün dafür bekannt, daß er gerne spekuliert. Aber er tut es für einen guten Zweck. Und das sollte schon auch eine Leitlinie derer sein, die mit sehr viel Geld hantieren.

  8. Tokay, das mit dem Überstrahlen dieser opportunistischen Haltung an der Börse aufs normale Leben ist ein interessanter Gedanke, der mir so bisher nicht gekommen ist. Ich glaube aber nicht, dass es von dieser Kategorie viele gute Trader oder Investoren gibt. Denn wenn man diese Haltung hat, kann man kaum erfolgreich werden, weil man zum Erfolg viel Hingabe (Dedication), Konsequenz und Härte mit sich selber braucht.

    Schaue ich auf mich selber, habe ich eher das umgedrehte Problem. Ich habe starke, gewachsene Überzeugungen, weiss was ich will und steuere mit Energie auf das Ziel zu. Und ich bin bereit mich dafür auch zu mühen und auch zu streiten und sozusagen „Blut, Schweiss und Tränen“ dafür in Kauf zu nehmen – Typus „Überzeugungstäter“ ;-). Anders wäre mein Lebenslauf auch nicht möglich, denn „geschenkt“ wurde mir nie etwas. Es ist mir sehr, sehr schwer gefallen, diese opportunistische Haltung Mr. Market gegenüber wirklich zu verinnerlichen. Und ich habe Jahre gebraucht und viel gelitten, bis ich nachhaltigen Fortschritt gemacht habe.

    Erfolgreiche Trader/Investoren die ich kenne, haben genau die gleiche „Dedication“, denn ohne sie kann man keinen dauerhaften Erfolg im Markt haben. Denn selbst wenn man viele Tricks kennt und die richtige innere Haltung hat, braucht es immer noch jede Menge Schweiss und vor allem Selbstdisziplin.

    Insofern glaube ich, dass es den Typus den Du beschreibst bei den erfolgreichen Tradern/Investoren kaum gibt. Denn dieser im Leben opportunistische Mensch hat nicht den Biss und die Bereitschaft sich reinzuwühlen und den Erfolg zu erzwingen. Der geht schon lange vorher einfachere Wege oder schmeisst beim ersten Misserfolg hin. Und Misserfolge und Verluste kommen so sicher wie das Amen in der Kirche. Dieser Typus kann gar nicht dauerhaft am Markt erfolgreich sein.

    Ich muss da leider wieder auf den viel zitierten Charles Kirk verweisen, da er leider der einzige ist, den wir beide gemeinsam als erfolgreichen Trader kennen. Lies mal seine ausführliche Selbstdarstellung und dann sag mir ob so ein Mensch ohne Grundsätze und Kompass schreibt. Das genaue Gegenteil ist offensichtlich der Fall. Ach da fällt mir noch jemand ein den Du sicher kennst, den allseits beliebten Mr. Buffet. Zwar eher ein Investor als ein Trader aber auch voller Detailwut, Fleiss, Disziplin und Überzeugungen.

    Anders sieht es natürlich im Management so mancher Grossorganisation und insbesondere Bank aus. Da schwimmt man mit dieser rückratlosen Haltung wunderbar durchs Middlemanagement und gibt dann irgendwann auch wohlklingende Interviews. Und wenn das ein „Vice President PiPaPo“ oder sonstiger aufgeblasener Titel ist, dann werden alle die mit Börse zu tun haben mit diesen Leuten in einen Topf geworfen.

    Aber das sind eben keine Trader und auch keine Investoren – ohne Konsequenz und Disziplin wird man nichts an den Märkten. Deshalb ist es ja auch so schwierig. Man muss ein Charakter sein, der sich in etwas verbeissen und eingraben kann und der jede Menge (Selbst-)Disziplin mitbringt. Und dann muss genau dieser Charakter gegenüber Mr. Market das Gegenteil tun von dem was ihm in die Wiege gelegt wurde und muss demütig und geduldig abwarten, was der schizoide Herr zu tun gedenkt. Das IST verflucht schwierig und auch wenn ich es nach all den Jahren ganz gut im Griff habe, leide ich immer noch und muss das dann an anderer Stelle abreagieren.

    Das grösste Hinderniss für Erfolg an den Märkten sitzt in der Regel vor dem Bildschirm.

  9. Hari, Du sagst: „Das grösste Hinderniss für Erfolg an den Märkten sitzt in der Regel vor dem Bildschirm.“ Das ist weiß Gott so. Da der Aktienmarkt anonym ist, sind es auch Belohnung und Bestrafung. Und das kann an einem ganz schön nagen. Du schreibst, Du hättest Jahre gebraucht und viel durchlitten, um dorthin zu kommen, wo Du jetzt bist. Wahrscheinlich wäre es aber auch nicht gut, wenn es einfach wäre. In dem Buch von Heri, „das verlorene Jahrzehnt“, das ich schon mal zitiert habe, heißt es, daß der Aktieninvestor auf lange Sicht stets der erfolgreichere sei gegenüber dem Anleihenbesitzer. Aber er muß seinen Erfolg durchleiden. Das ist wohl der Preis dafür, den man zu zahlen hat, auch ich selbst habe schon oftmals beim Investieren zu lange Recht behalten wollen, jedoch am Ende hat der Markt recht behalten.

    Ich denke, es stimmt wohl, was Du sagst, daß Leute wie Kirk, ich kenne ihn zwar nicht, aber ich schätze ihn so ein, sehr geradlinig und sicher in ihrem Urteil sind und sicherlich auch gewissen ethischen Grundnormen folgen. Was mir weiter oben bei dem Gesagten in den Sinn kam, waren Leute aus dem Wirtschaftsleben vornehmlich, sehr erfolgreich, man sieht sie mitunter in den einschlägigen Talkshows im Fernsehen. Neuerdings nehmen sie bei uns auch höchste Staatsämter ein. – Selbstverständlich wollte ich keinen Rundumschlag gegen den Trader an sich führen, der sich ja, im Grunde genommen, von einem Unternehmer nicht sehr stark unterscheidet; beide beteiligen sich mit ihrem Kapital an bestimmten Unternehmungen und Buffett z.B. propagiert ja genau das, daß nämlich der Investor stets auch als Inhaber einer Beteiligung agieren solle. Vielleicht ist es ja auch eher so, daß sich in der öffentlichen Wahrnehmung da ein gewisses Bild verfestigt hat, aber auch tatsächlich so geworden ist: Das Primat des Ökonomischen, Geiz ist g*** , Schnäppchenmentalität – das ganze System ist so geworden. Das Leben als Schnäppchenjagd. Die an der Börse machens ja genau so: Billig einkaufen, teuer verkaufen…Aber, falls es Dich beruhigt, ich wollte Dich nicht mit solchen Leuten in einen Topf werfen. Und wahrscheinlich hast Du das auch gar nicht angenommen.

  10. Nein habe ich nicht Tokay, aber das ist ein wirklich spannendes Thema.

    Denn das Bild das von Tradern und Investoren in der breiten Bevölkerung existiert, ist ein völlig Zerrbild. Das ist das Bild des Zockers im Casino, der mit Zigarre im Mund und einer Blonden links und einer Rothaarigen rechts mit eleganter Geste einen 100.000€ Chip aus seinem Massanzug holt und diesen dann leicht gelangweilt auf 24 legt.

    Ich habe deshalb auch lange überlegt, ob ich überhaupt mit so einem Blog anfange, weil man sich ja zwangsläufig exponiert und all den Nichtsahnenden mit ihrem vorschnellen Urteil aussetzt, die dann „ah dieser Zocker“ sagen – danach dann aber schnell aus der Wohnung müssen um ihren Lottoschein um die Ecke weg zu bringen. Und danach schnell bei EBay rein um die uralte Stereoanlage überteuert unters Volk zu bringen 😉

    Am Ende überwog aber der Wille mal selber etwas dafür zu tun, dass wenigstens ein paar Menschen – meine Leser – einen tieferen Einblick in die Wirklichkeit bekommen – da haben wir wieder den Überzeugungstäter in mir 😉

    Traurig ist ja auch, dass dieses Zerrbild wirklich Lichtjahre von der Wirklichkeit entfernt ist. Ich zum Beispiel arbeite für meinen Erfolg hart und verwende dafür am Tag mehr Zeit als jeder normale Angestellte. Oder wer sitzt sonst schon um 8 Uhr bei der Arbeit und mit Unterbrechungen noch um 22 Uhr ? Und ohne harte Arbeit geht es halt an den Märkten nicht, denn man ist ja im permanenten Wettbewerb mit jeder Menge anderer durchaus smarter Marktteilnehmer, die sich auch Gedanken machen. Denn um eine Aktie zu verkaufen muss sie ja jemand anders kaufen. Wenn man nicht hart arbeitet, hat man keine Chance.

    Abgesehen davon wäre es auch mal schön, wenn die Schule den Menschen erklären würde, wie existentiell für eine Gesellschaft ein „Markt“ und eine „Börse“ sind. Das sind grundlegende Errungenschaften, ohne die wir überhaupt keine Zivilisation hätten. Denn ohne den Markt als Preisfindungsinstanz, könnte Oma Büllerbeck noch nicht einmal ihre Rente aus der Lebensversicherung erhalten, weil niemand wüsste wie die Anlagen der Versicherung zu bewerten wären und damit niemand Oma Büllerbeck eine Auszahlung zusagen könnte.

    Aber genug davon, Du siehst da rede ich mich in Rage über all das Unwissen und die Borniertheit in unserer Gesellschaft – Überzeugungstäter halt 😉

  11. Mir war bereits klar, dass es sowas wie die 10 goldenen Börsenregeln nicht gibt, aber du sagtest ja selbst bereits, dass das Bauchgefühl kein langfristiger Weg des Erfolgs ist. Du meintest ja schon damals einmal zu mir, dass ich selbst mein größter Feind bin an der Börse, eben weil Emotionen sich schwerlich abschalten lassen. Ich denke aber auch, dass ich in diesem Bereich schon sehr viele Fortschritte gemacht habe. Heute nagen plus oder minus fünf Prozent Depot-Performance nicht mehr an meiner Psyche, weil für mich nur das langfristige Gesamtbild zählt, dass sich in den letzten 12 Monaten doch sehr klar aufgehellt hat. Nur habe ich das Gefühl, ein paar wichtige Bereiche für Unabhängigkeit an der Börse außer Acht zu lassen. Woher weißt du z.B., dass eine Rheinmetall bei freundlichem Umfeld ‚Luft bis 48‘ hat und nicht bis 45 oder 55 Euros. Klar, ist die 48 nicht auf den Punkt zu betrachten, aber du hast eine ungefähre Vorstellung davon, wieviel Potential so ein Wertpapier kurzfristig hat, wenn es keine Einschläge gibt. Beruht das auf simplen Charttechniken um einen Anhaltspunkt zu haben, oder sind das eher abstraktere börsenpsychologische Erwägungen? Letztendlich muss mir nur klar sein, wann es chancenreich ist, einzusteigen, und wann es bei welchem Kurs sinnvoll ist wieder auszusteigen. Aber mit dem Wissen das nötig ist, um diese Entscheidung klug zu treffen, könnte man die Bibliothek von Alexandria füllen

  12. Na Ramsi, das Nachtleben von Marseille muss ja spannend sein. 3:40 Uhr Respekt 😉

    Was Dein Thema angeht, gibt es darauf leider nur die schwierige Antwort, die Du sicher schon vermutest:

    Das beruht auf ganz viel Erfahrung, vielen Techniken und einer Prise Bauchgefühl. Und trotzdem liege auch ich immer wieder falsch, aber es ist wichtig es trotzdem zu tun. Denn es reicht nicht bei einem Trade den Einstieg gut hinzubekommen, sondern man muss auch immer wieder wissen wann man raus sollte.

    Nehmen wir als ein kleines Beispiel einer Technik das Prinzip des Widerstands. Denn das sind eben keine bunte Linien auf Charts wie Ahnungslose immer wieder behaupten, sondern das beruht auf Massenpsychologie und hat einen ganz seriösen Hintergrund. Wenn es bei einem Titel in der Vergangenheit ein Hoch mit grossem Volumen gab, dann bedeutet das, dass auf diesem Punkt eine Menge Leute noch eingestiegen sind und dann kurz danach nägelkauend ins Minus rutschten.

    Und jetzt kommt die Massenpsychologie ins Spiel. Diese Leute verkaufen jetzt nicht sofort, weil dann müssten sie sich ja ihren Fehler eingestehen, womit wir wieder beim Ego sind. Nein sie halten den Titel und versuchen den Fehler auszusitzen. Das dauert aber länger als geahnt, weswegen der Titel nun als „Leiche“ im Depot rumliegt. Dann – Monate später – ändert sich fundamental etwas und die Aktie bewegt sich wieder nach oben. Und kommt irgendwann in die Nähe der Kaufkurse derer, die damals auf dem Hoch kauften.

    Und was macht Otto Normalanleger dann, weil er eben in seiner Psychologie absolut berechenbar ist ? Genau, sobald der Titel minimal im Plus ist, verkauft er erleichert und sagt sich „endlich muss ich den nicht mehr im Depot sehen“. Genau das ist der Widerstand, denn diese Verkäufe auf den alten Hochs sorgen dafür, dass es der Kurs zunächst schwer hat durch den Bereich durch zu brechen. Mit Linien hat das also nichts zu tun, nur mit der berechenbaren Psychologie der Masse.

    Und natürlich hat Otto Normalanleger wieder falsch gehandelt. Denn nachdem der Widerstand irgendwann überwunden ist, dreht die Aktie so richtig hoch. Richtig wäre also gewesen, den Verlust vor Monaten sofort ohne zu zögern zu akzeptieren und zu verkaufen und spätestens dann wieder zu kaufen, wenn der Widerstand überwunden wird. Idealerweise natürlich früher, wenn sich ein Boden ausbildet. Aber dem steht halt unser Ego im Weg. Und wenn man sich nicht bewusst ist, wie sehr man da Sklave bestimmter Reflexe ist, hat man auch keine Chance sich davon zu lösen.

    Das nur als ein Beispiel einer Technik unter vielen, mit denen man einschätzen kann wohin eine Aktie läuft und wo sie erst einmal in der Bewegung stopt. Und natürlich liefern diese Techniken nicht immer ein konsistentes Bild, sondern manchmal widerstreitende Signale. Und da kommt halt die Erfahrung ins Spiel. Erfahrung kann man sich nicht kaufen und auch nicht in einem Kurs erwerben. Für Erfahrung muss man vorher leiden.

    Und das verrückte ist: obwohl genau dieses Verständnis der eigenen und der Psychologie der Massen eine entscheidende Voraussetzung ist um dauerhaft am Markt Erfolg zu haben, wollen locker 90% der normalen Anleger nichts davon wissen. Weil es halt weh tut in den Spiegel zu schauen und sich ehrlich zuzugeben, dass man mal wieder wie ein Pawlowscher Hund, getrieben von exogenen Reizen, Unsinn gemacht hat. Die Bereitschaft sich so hart im Spiegel zu betrachten, unterscheidet aber die am Markt dauerhaft erfolgreichen von denen, die es nicht sind.

    Für Dich heisst das: dran bleiben, lernen, verbessern. Und immer ehrlich zu sich sein und sich nichts vormachen. Dann stellt sich Erfahrung und Dein eigener Stil der zu Dir passt mit der Zeit von ganz alleine ein. Und auf dem Weg dahin wirst Du noch oft „ins Klo greifen“. Das sollte aber nicht der Anlass sein zu verzweifeln sondern genau hinzuschauen, wo Dein Fehler lag.

  13. Haha, ja klar, das Nachtleben von Marseille muss man doch auch erlebt haben! Schlafen kann ich, wenn ich wieder daheim bin 😀

    Mal eine ganz andere, vielleicht blöde Frage: Bist du unter der im Impressum angegebenen Adresse ereichbar?
    Und dankesehr für deine ausführliche Antwort

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