Syngenta und der typische Ablauf von Übernahmen

Der folgende Artikel erschien schon Freitag 08.05.15 12:50 in Hari Live und bezog sich auf das Übernahmeangebot vom Marktführer Monsanto für die schweizerische Syngenta.

Sie wissen auch im freien Bereich, dass ich sehr positiv zu Syngentas mittel- und langfristigen Aussichten eingestellt war.
Mein Artikel -> Syngenta als langfristiges Investment <- vom November letzten Jahres zeugt davon, in dem ich auch die Übernahmethematik schon adressiert hatte.

Insofern war es wichtig am Freitag nach Bekanntgabe des Angebots gleich zu entscheiden, ob die massiven Gewinne nun mitzunehmen waren oder da noch mehr für Anleger drin ist. Meine Argumentation des typischen Ablaufs solcher Übernahmen von Freitag, können Sie unten nachlesen.

Erste aktuelle Nachrichten bestätigen übrigens die im Artikel beschriebene Richtung: -> Monsanto pokert <-.

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Man kann den Fall Syngenta benutzen, um das Handeln von so Übernahmeszenarien mal ganz generell und abstrakt zum Thema zu machen und das will ich hier tun.

Die Frage ist also, wie geht man als Anleger damit um, wenn so ein Übernahmeangebot im Raum steht und die Aktie im Depot massiv hoch geschossen ist? Natürlich ist jeder Fall individuell, aber es gibt schon Muster, die in der Mehrzahl der Fälle so ablaufen.

So wäre die typische, emotionale und initiale Reaktion des geneigten Normal-Anlegers ja erst einmal, die Aktie sofort zu verkaufen, um den schönen Gewinn "zu sichern", bevor er vielleicht wieder weg ist.

Es wird Sie nicht wundern wenn ich Ihnen sage, dass dieses instinktive Verhalten in der Regel total *FALSCH* ist, wie fast alles, was uns unser Affenhirn so instinktiv an Marktverhalten eingibt. 😉

Wenn man mal nachdenkt, ist das auch ganz leicht und rational zu verstehen. Denn was ist hier passiert?

Da hat doch das Management des Marktführers und grössten Mitbewerbers - das ja auch kein Geld zu verschenken hat - gesagt: Ihr seid so und so viel wert! Und das Management des Unternehmens selber hat gesagt: Wir sind noch viel mehr wert! Und hat das Angebot abgelehnt.

Die beiden Gruppen im Markt, die den Wert also am Besten einschätzen können, haben eine klare Aussagen getätigt und diese öffentlich quantifiziert. Und jetzt sagen Sie mir, warum sollte Mr. Market sich gegen die klaren Aussagen dieser beiden besten Kenner der Situation stellen?

Sicher gibt es Ausnahmefälle, bei denen grosse Risiken im Angebot stecken und bei denen es deshalb gerechtfertigt ist, das Angebot nicht für bare Münze zu nehmen. Aber in der Regel gilt:

So ein Angebot zieht kurzfristig erst einmal einen Boden nach unten ein und nicht nach oben! Die instinktive Reaktion des "geneigten Anlegers" ist also in der Regel falsch und vergibt Chancen.

Bei der Frage, wie das Angebot denn zu bewerten ist, kann man sich auch am Besten auf den Markt verlassen. Der kann das viel besser als wir und preist das Angebot sehr schnell ein.

Auch bei Syngenta bietet Monsanto ja 449 CHF pro Aktie und der Kurs von Syngenta pendelt nun bei 390 CHF. Das ist aber kein Widerspruch, denn Monsanto bietet den Aktionären ja gar nicht 449 CHF für jede Aktie, sondern will nur 45% Bar zahlen und den Rest wohl mit Eigenaktien tauschen. Und damit muss der Markt noch einen Sicherheitsabschlag einplanen, denn sind die Aktien von Monsanto wirklich dauerhaft so viel wert, wie aktuell der Kurs ist?

Hinzu kommt dann noch ein genereller Sicherheitsabschlag, weil das Angebot sich ja theoretisch schnell auflösen könnte, es könnte von den Kartellbehörden abgelehnt werden und so weiter und so weiter. Und so kommt nun aktuell 390 CHF als fairer Wert des Angebots zustande, das ist der Preis, den Mr. Market heute so bewertet und keiner kann das besser und vor allem schneller als der Markt. Würde Monsanto zu 100% in Cash 449 CHF bieten, wäre der Kurs von Syngenta nun mit Sicherheit weit näher an 449 CHF, als aktuell.

Wir haben also nun ein Angebot von (gewertet) 390 CHF des Marktführers im Raum und wie oben gesagt, stellt so etwas viel wahrscheinlicher erst einmal einen Boden dar, als eine Obergrenze, die man schnell verkaufen muss.

Denn was jetzt typischerweise in so Fällen passiert ist, dass der Markt in den kommenden Tagen und Wochen durchspielt, wie viel mehr da nach oben noch geht. Denn das Syngenta Management sagt ja klar: "wir sind mehr wert". Da könnte nun viel passieren. Monsanto könnte erhöhen - das passiert in so Übernahmeschlachten ganz oft. Oder es kommt ein weiterer Bieter ins Spiel, vielleicht sogar ein "weisser Ritter", der vom Management von Syngenta gewollt wird. Oder oder oder, es bieten sich viele Möglichkeiten den Preis noch zu treiben.

Das wird der Markt nun ausloten in den kommenden Tagen und Wochen. Und irgendwann kommt dann ein Zeitpunkt, zu dem die Karten auf dem Tisch liegen. Zu dem nach oben die Möglichkeiten ausgereizt sind und entweder der Deal abläuft oder endgültig scheitert.

DAS ist dann der Zeitpunkt - nicht heute aber dann - zu dem bei Syngenta erst einmal für Monate die Luft nach oben raus sein dürfte. Denn der Marktführer hat ein Angebot gemacht, bis er nicht mehr weiter wollte und es gehört viel dazu, das dann noch schnell zu toppen.

Nun muss ich warnend erneut sagen, was ich beschreibe ist natürlich nur das generelle Muster solcher Abläufe, sozusagen der wahrscheinlichste Fall. Jeder Fall ist individuell und hier kann es anders ablaufen. Es lohnt sich aber, sich am Normalfall zu orientieren und der sagt, dass jetzt nicht der Zeitpunkt ist Syngenta zu verkaufen, dafür aber in ein paar Wochen, wenn das Angebot ausgelootet ist und nach oben nichts mehr geht. Dann dürfte mit guter Wahrscheinlichkeit die Luft für einige Zeit raus sein.

Sollte Monsanto dann doch Syngenta übernehmen, kann man als Minderheitsaktionär natürlich immer noch drin bleiben und auf einen Squeeze-Out spekulieren. Das sind aber Wetten, die nicht mein Fall sind. Aber wers mag, kann es ja machen, in der Vergangenheit sind solche Spekulationen auch oft ganz gut gelaufen, sie sind aber leider sehr abhängig von der Rechtslage und sehr langwierig.

Ich hoffe das war hilfreich, den Vorgang einzuordnen.

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1 Gedanke zu „Syngenta und der typische Ablauf von Übernahmen“

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