Wat is ene Hedge?



Immer wieder werden im Premium-Bereich auch Grundlagen und Techniken besprochen. Hier stelle ich einen Artikel dem freien Bereich zur Verfügung, der Anfängern den Begriff des "Hedgings" näher bringen soll.

Viel Spass damit und gute Erkenntnisse!

Ihr Hari

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Es gibt ja Begriffe, die lösen geheimnisvolles Geraune unter Aussenstehenden aus. Und wenn jemand auf einer Party so ganz lässig nebenbei erwähnt, dass er seine Finanzanlagen im Angesicht der Risiken nun "gehedged" hätte, ist ihm die Aufmerksamkeit der Teilnehmer sicher.

Denn das "muss" dann ja ein Finanzprofi sein - Gordon Gekko ist wieder auferstanden! Ganz instinktiv schaut man dann zum Fenster heraus, ob man dessen Aston Martin nicht vielleicht irgendwo sehen kann. 😉

Merken Sie sich also, wenn Sie wichtig, reich und klug erscheinen wollen, nehmen Sie das Wort "Hedge" in den Mund. Denken Sie dann aber auch daran, die Haare gegelt nach hinten zu kämmen! 😛

An meinem Sarkasmus erkennen Sie schon, dass sich hinter dem Begriff etwas weit Profaneres verbirgt, man muss es nur verstehen. Wissen ist und bleibt halt Macht!

Vielleicht liegt das "Geheimnisvolle" ja auch daran, dass das "Hedging" in seiner Urform von den Rohstoffmärkten kommt, wo sich zum Beispiel Produzenten den aktuellen Preis über die Saison mit einem Hedge sichern. Da Otto Normalanleger aber eher selten direkt mit "Schweinehälften" und "Mais" handelt, ist das "Hedging" dort eher unbekannt, obwohl es auch bei normalen Anlegern mit grossen Depots, seinen Sinn haben kann.

Das ist damit doch mal wieder ein Fall für Lehrer Bömmel, der heute die berechtigte Frage stellt: "Wat is ene Hedge?"

Zunächst einmal fragen wir uns, was das Wort eigentlich bedeutet. Es bedeutet "Hecke" und wird daher verwendet um zu beschreiben, dass man sich gegen etwas "schützt" oder "absichert".

Und genau das ist ein Hedge, es ist letztlich ein Absicherungsgeschäft, in dem man ein Asset mit einer gegenläufigen Position im Depot neutralisiert, den aktuell erreichten Kurs also sozusagen "zementiert".

Und damit sind wir auch schon beim Kern, denn nun könnte jeder sofort aus der Hüfte fragen, was das denn bringen soll? Denn Eins minus Eins, ist halt wieder Null!

Die Kunst beim guten "Hedging" ist aber, das Absicherungsgeschäft so zu machen, dass die Kursschwankungen zwar begrenzt werden, im Saldo aber ein Plus heraus kommt.

Nehmen wir ein aktuelles Beispiel.

Nehmen wir an, Sie hätten ein Depot mit einer grossen Position des S&P500 und Sie wollten das mit einem Hedge absichern. Dann wären Sie in diesem Jahr hervorragend damit gefahren, neben die Long-Position des S&P500, eine Long-Position auf Gold zu stellen.

Denn immer wenn in 2016 wegen systemischen Ängsten der S&P500 fiel, ist Gold deutlich gestiegen und hat damit den Verlust des Depots gedämpft. Wenn der S&P500 aber wieder stieg, ist Gold nicht mehr im gleichen Masse gefallen.

Am Ende hatten Sie so also ein Depot, das recht wenige Schwankungen hatte und Sie gelassen einfach vor sich hin laufen lassen konnten, wo andere in Hektik geraten sind. Ein Depot, das aber trotzdem ein dickes Plus im Saldo generiert hat. Das wäre ein idealer "Hedge", die beste aller Welten sozusagen!

Dieses Prinzip kann man ausdehnen, sich intensiv mit Korrelationen zwischen Asset-Klassen beschäftigen und so komplexe Hedges aufbauen. Das soll hier aber nicht Thema sein. Denn jedes einfache Prinzip, kann man auch "aufbohren" und für komplexe Szenarien nutzen.

Hier bei Lehrer Bömmel, will ich Ihnen aber die einfachste Art und Weise nahe bringen zu "hedgen", die auch für normale Anleger mit grösseren Depots Sinn machen kann.

Schon die Aufstellung mit S&P500 und Gold oben ist etwas komplexer, weil man sich mit Korrelationen auseinander setzen muss. Und das Dumme bei Korrelation ist, dass diese nicht statisch sind, sondern sich im reflexiven Markt im Laufe der Zeit wandeln.

Es geht aber noch viel einfacher, ein Hedge kann auch eine ganz simple Absicherung eines grösseren Depots sein.

Nehmen wir mal an, Sie haben ein Depot aus US Aktien und weil Sie der Meinung sind, dass in Kürze eine scharfe Korrektur beginnt und dieser "Hari" so skeptisch und kritisch zur Marktlage schreibt, wollen Sie temporär aus dem Markt aussteigen, um die Korrektur zu umgehen.

Im ersten Szenario, haben Sie nur eine Aktie im Depot. Welchen Vorteil sollte es hier haben, eine gleich grosse Short-Position im S&P500 aufzubauen? Keine. Das wäre völliger Quatsch.

Denn mit dem Hedge sind ja Opportunitätskosten verbunden. Was Sie hier also in Vorbereitung der Korrektur tun ist, einfach Ihre Aktie zu verkaufen oder zumindest die Position zu verringern. Fertig.

Im zweiten Szenario, haben Sie nun fünf Aktien im Depot. Macht hier eine Gegenposition als "Hedge" Sinn? Hmmm, hmmm. Schwerlich, sicher mehr als im ersten Szenario, aber die Opportunitätskosten des Hedge dürften immer noch die geringe Handarbeit überwiegen, halt 5 Aktien direkt zu verkaufen oder verringern.

Ein Problem beim Hedge ist ja immer auch, dass er sich eben nicht so exakt wie die Aktien verhält. Wenn Sie 5 Aktien Long sind und mit einem Short auf den S&P500 "hedgen", kann es Ihnen im schlimmsten Fall passieren, dass die Aktien fallen und der S&P500 steigt und somit Ihr Short auf den S&P500 als Hedge auch nicht funktioniert. Denn ein Index ist ein Index und die einzelne Aktie muss nicht perfekt zum Index korreliert sein.

Im dritten Szenario, haben Sie aber 20 oder mehr, wohl ausgewählte und diversifizierte Aktien im Depot, von denen Sie fundamental überzeugt sind. Hier macht es jetzt Sinn, statt all diese Aktien einzeln anzufassen, einfach eine zentrale Short-Position im S&P500 als Gegenposition aufzubauen.

Es macht Sinn, weil es schneller geht, weil es billiger ist und weil Sie so agiler auf die Marktbewegungen reagieren können.

Und es ermöglicht etwas ganz Zentrales. Es ermöglicht, die fundamentale Entscheidung für eine Aktie, vom notwendigen Markttiming zu trennen, mit dem man grossen Einbrüchen aus dem Weg gehen kann.

Sie können die Entscheidung für die Aktien also einmal treffen und dann lange nichts daran ändern. Aus Sicht der Aktien, machen Sie also "Buy and Hold". Die Marktmechanismen bilden Sie statt dessen invers in Ihrem Hedge ab, ohne die Aktien je wieder anzufassen.

Das ist eine sehr elegante Methode, die auch hilft fundamentale Selektion von Markt-Timing zu trennen.

Nur Eines muss klar sein. Die prinzipielle Timing-Entscheidung, wann es Zeit ist "raus" zu gehen, müssen Sie im Hedge genau so treffen, wie in der Aktie selber. Nur halt invers und zentral an einer Stelle für alle Positionen im Depot. Nur darin liegt der Vorteil!

"Hedging" ist also eigentlich ganz einfach. Es ist weder das Zeichen eines Gordon Gekko, noch ist es der heilige Gral, der Ihnen sichere Gewinne verschafft. Wenn Sie eine Position hedgen, wird Ihnen auch die Timing-Entscheidung nicht abgenommen. Statt im Asset selber, müssen Sie die Timing-Entscheidung jetzt halt im Hedge invers treffen.

Der grosse Vorteil ist, dass Sie ein komplexes Depot mit einer einzigen Transaktion und damit sozusagen "mit einem Fingerschnippen", neutralisieren können, wenn es die Marktlage erfordert. Und wenn die Signale wieder auf Grün drehen, lösen Sie den Hedge mit einem weiteren Fingerschnippen auf.

Diese Technik nutze ich in meinem Investment-Depot selber intensiv. In der Regel nutze ich dafür Index-CFDs, mit denen ich leicht und schnell Short gehen und eine Gegenposition aufbauen kann. Das heisst aber nicht, dass Index-CFDs nun die "beste" oder "einzige" Wahl wären. Jede Methode, mit der man elegant auf einen ganzen Markt oder Sektor Short gehen kann, tut es auch.

Ich hoffe, diese Worte haben geholfen, etwas die Luft aus dem "grossen Geheimnis" zu lassen.

Ihr Hari

[Nachtrag 2019: Nun nutze ich statt Index-CFDs primär die Micro E-Mini Futures zum Hedging]
-> Was sind die CME Micro E-Mini Futures? <-

[Nachtrag 2020: Durch die von Scholz forcierten Gesetzesänderungen ist Hedging für Privatanleger ab 2021 praktisch tot]

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1 Gedanke zu „Wat is ene Hedge?“

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