Finanzielle Repression und Aktien – was wirklich alternativlos ist !

Wenn man sich wie ich jeden Tag mit den Finanzmärkten beschäftigt, läuft man auch Gefahr, so etwas wie einen Tunnelblick zu entwickeln. Man grübelt über Lippenbewegungen weisshaariger FED-Frauen, interpretiert die Markttechnik, verfolgt die Nachrichten und passt seine Aufstellung permanent der eigenen Strategie und dem Risikomanagement an. Es gibt immer etwas zu tun, der Markt lässt einem keine Ruhe.

Wenn man so in den Details vergraben ist wie ich, tut es manchmal gut, wenn man durch eine dritte Person mal wieder an das grosse Ganze erinnert wird. Und das ist bei mir Anfang dieser Woche passiert.

Da rief mich eine sehr, sehr gute, alte Freundin an. Wir hatten uns etwas aus den Augen verloren, wie das Leben halt so spielt, wenn man weit entfernt (Berlin <–> Südbayern) wohnt und sein eigenes Leben und seine eigene Familie hat.

Nachdem wir uns in über einer Stunde erst einmal wieder auf den neuesten Stand unseres Lebens gebracht haben, begannen wir intensiv über ihren eigentlichen Wunsch zu sprechen. Sie suchte Rat zur Geldanlage.

Nun arbeite ich nicht als Vermögensberater, aber gegenüber wirklich guten Freunden, zu denen man hohes Vertrauen hat, macht man mal eine Ausnahme und gibt einen privaten Rat. Zumal Ihre Ausgangslage so klassisch war für viele wohlhabende Bürger, die schon eine Karriere hinter sich haben.

Sie hatte eine nicht unerhebliche Menge freien Kapitals auf den Konten rumliegen und suchte nun nach einer profitablen Anlageform, die einerseits „sicher“ sei und um die sie sich andererseits nicht intensiv kümmern müsste. Wer will das nicht, in diesen Tagen der finanziellen Repression ? 😉

Natürlich konnte ich ihr die Frage nicht ersparen, warum Sie diesen Wunsch nicht 2009 geäussert hatte. Und nicht 2010. Nicht 2011, nicht 2012 und nicht 2013. Aber so geht es derzeit vielen Bürgern, die erst jetzt anfangen sich für die Geldanlage zu interessieren, wo die Märkte halt wieder nahe der Höchststände notieren.

Nachdem sie mir Ihre Rahmenparameter nannte, hatten wir schnell Einigkeit über das Thema Diversifizierung und gingen durch alle möglichen Anlageformen durch.

Immobilien ? Eine selbst bewohnte hat sie und das ist gut so. Von weiteren vermieteten Immobilien habe ich aber eher abgeraten. Die Preise sind im Verhältnis zu den Mieten an vielen Standorten zu hoch und die finanziellen Risiken durch Mietnomaden, gesetzliche Pflichten und ähnlichem werden nicht angemessen bezahlt. Von so einem Ungetüm wie der „Mietpreisbremse“ ganz zu schweigen. Ausserdem würde das neben der selbst bewohnte Immobilie ein Klumpenrisiko im Vermögen erzeugen.

Ackerland oder Wald ? Kann Sinn machen, aber nur bei grösseren Vermögen, bei denen man dann auch gleich die Bewirtschaftung einer grösseren Fläche mitorganisieren kann. Oder wenn man selber aus der Agrarbranche kommt. Denn um Land das man besitzt, muss man sich auch kümmern.

Edelmetalle ? Als Notgelt in begrenztem Umfang sinnvoll und notwendig. Aber über diesen begrenzten Umfang hinaus, sind Gold und Silber keine „Investments“. Diese werfen nichts ab und produzieren nichts. Es ist „totes Metall“, das auch langfristig keinen Wertgewinn erzielt. Aber es erzielt auch keinen Wertverlust, es erhält einfach den Wert über lange Zeit. Diese Eigenschaft macht es als Notgeld sehr sinnvoll. Aber das ist keine Grundlage für eine Anlagestrategie. Das ist nur ein Grund für eine beschränkte Beimischung.

Ausserbörsliche Beteiligungen ? Eigentlich die beste Anlageform, wenn man sich am Produktivkapital beteiligen will. Aber nur dann, wenn es die eigene Firma ist oder man zumindest den Inhaber sehr gut kennt und ein Vertrauensverhältnis hat. Ich bin fest davon überzeugt, wer „reich“ werden will, schafft das am ehesten mit dem eigenen Unternehmen und da ist Kapital auch unbedingt gut investiert. Unternehmertum bewegt die Welt und schafft auch privaten Reichtum. Aber eine eigene Firma hatte Sie schon, insofern war diese Möglichkeit abgedeckt.

Und sonstige ausserbörsliche Beteiligungen über Fonds wie Solar, Flugzeuge etc. sind nach meiner Erfahrung zu oft das Geld nicht wert. Daran verdienen vor allem die Emittenten und Vertriebskanäle und der Anleger muss mehr oder weniger rechtlos zuschauen, wie eine Fehlentscheidung nach der anderen im Fond getroffen wird. Klar kann man auch hier mit einem Fond Glück haben, aber ich habe schon zu viel „Mist“ in diesem Segment erlebt – von Immobilien bis Schiffen - als das ich jemandem zu Investitionen in geschlossene Fonds raten könnte.

Anleihen und sonstige Schuldverschreibungen ? Das ich nicht lache ! Deutsche Staatsanleihen mit effektiver Negativrendite ? Griechenland mit 5% ? Tut mir leid – nein Danke ! Das ist nicht risikoloser Ertrag, sondern ertragloses Risiko !

Rentenversicherungen und Lebensversicherungen ? Wie die Staatsanleihen zu sehen – kein Wunder, denn die liegen ja in den Büchern der Versicherungen. Die Renditen sind mickerig und warum soll man für so mickrige Renditen sein Kapital langfristig binden ? Wenn man noch eine alte Lebensversicherung mit Garantiezins 3 oder 4% hat: unbedingt halten und auf keinen Fall vorzeitig aussteigen ! Aber heute eine Neue abschliessen ? Eher nein.

Riester ? *Hust* *Hust* Nächste Frage bitte !

Tagesgeld ? Vergessen wir das mal - von in der Höhe begrenzten Lockvogelangeboten abgesehen, ist das nur mit negativer Rendite nach Inflation und Steuern versehen. Garantiert ist da nur der Wertverlust !

Diverse Garantie-Zertifikate mit blumigen Namen die Sicherheit vorgaukeln ? Ebenso vergessen. Was als Finanzprodukt beworben werden muss, ist in der Regel Mist, den die Profis selber nicht anfassen würden. Gute Geldanlage braucht keine Werbung, sondern geht unter der Hand bei den Wissenden weg. Diese Produkte dienen eher den Emittenten und sind doch nur aus den Basics wie Anleihen, Aktien und Optionen aufgebaut, die man sich billiger und ohne marketingtechnische Girlanden, auch selber ins Depot legen kann.

Kunst, Oldtimer und Co. ? Macht jede Menge Sinn. Aber erstens ist das Segment schon extrem gut gelaufen und zweitens macht es nur Sinn, wenn man sich auch wirklich sehr gut auskennt, so dass man nicht über den Tisch gezogen werden kann. Da sie kein derartiges Hobby hat, kommen diese Bereiche nicht in Frage.

So und nun ? Was bleibt ?

Alles was bleibt sind Aktien - also Anteile am Produktivvermögen, die liquide an Börsen handelbar sind. Und zwar gleichermassen direkt, wie in einem replizierenden ETF oder in einem gut gemanagten Fond.

Hier findet man noch Weltunternehmen, wie die von mir zuletzt erwähnte General Electric, die einem 3-4% Dividende zahlen und trotzdem noch Chancen auf Kurssteigerungen haben. Das hört sich doch besser an, als renditeloses Risiko, oder ?

Womit wir bei der „sicheren“ Geldanlage sind. Viele Bürger assoziieren mit Aktien Unsicherheit, weil diese kurzfristig stark schwanken können. Das ist aber für ein Investment eine verfehlte Risikowahrnehmung. Denn was gibt es langfristig „sichereres“, als eine General Electric, eine Nestle, eine Berkshire Hathaway ?

Wenn ich heute gezwungen wäre, mein Vermögen 50 Jahre in die Zukunft zu schicken, damit meine Enkel davon profitieren können. Was würde ich schicken, wenn es auch in 50 Jahren noch guten Wert haben und bis dahin vielleicht sogar im Wert gestiegen sein soll ?

Von allen obigen Punkten wäre es eindeutig eine Aktie, die ich als erstes schicken würde. Wie zum Beispiel General Electric oder Nestle. Und danach vielleicht ein wenig Gold.

Und deshalb – der finanziellen Repression „sei Dank“ – sind Aktien heute einfach alternativlos. Und so habe ich meiner guten Freundin geholfen, ein sinnvolles ETF und Fonds-Depot zusammen zu stellen, das sie relativ ruhig laufen lassen kann. Und das obwohl nun auch Sie weiss, dass es 2014 ist und nicht 2009 und die Risiken einer bevorstehenden Korrektur an den Aktienmärkten ganz real vorhanden sind. Aber das kann man überwinden, in dem man nicht alles gleich auf einen Schlag investiert, sondern sich zwingt, bei jeder Korrektur Stück für Stück nachzukaufen.

Wichtig ist aber, das grosse Bild nicht zu übersehen. Denn weil die Anlage in Produktivkapital so alternativlos ist, können wir auch davon ausgehen, dass eine längst überfällige Korrektur von 10-20% auch wieder aggressiv gekauft werden wird.

Denn wohin will man denn ansonsten sinnvoll mit seinem Kapital ? Dieses Problem haben nicht nur wir Privatanleger, sondern die grossen institutionellen Anleger ganz genau so. Und deshalb dürften die Aktienmärkte gut unterstützt bleiben, solange die finanzielle Repression andauert.

Aktien sind derzeit alternativlos. Bei allen Schwankungen sollte man das nie vergessen.

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