Zu Gast bei Hari – Ein Besuch der mir zu denken gab

Zu Gast bei Hari - Ein Besuch der mir zu denken gab

Ein Gastkommentar von Ramsi

Um die Weihnachtszeit herum hatte ich aufgrund eines Mailkontaktes zwischen uns eine Einladung von Hari erhalten, mich mit ihm am Ammersee zu treffen. Auslöser des Gespräches war mein Wunsch gewesen, meine Trading-Praxis zu intensivieren und zu verbessern und Hari war so freundlich sich für mich Zeit zu nehmen, um heraus zu finden, ob er mir dabei helfen könnte.

In einem kleinen gemütlichen Wirtshaus bei Seefeld setzten wir uns bei klirrenden Außentemperaturen auf eine Tasse Kaffee zusammen. Und ja, ich kann bestätigen, Hari ist real. Er hat zwei Arme, zwei Beine und darauf einen Kopf und sieht so aus, wie man sich einen gestandenen Mann und erfolgreichen Geschäftsmann so vorstellt. 😉

Das Gespräch dauerte noch keine 5 Minuten, als mich Hari schon zum ersten Mal zum Grübeln anregte. Ich hatte im Vorfeld damit gerechnet, dass wir uns einfach locker und unverbindlich unterhalten würden. Doch die erste Frage war gleich so intensiv und auf den Punkt kommend, wie ich Hari dann auch in Folge erlebt habe. Smalltalk ist seine Sache nicht. Er fragte ebenso schlicht wie durchschlagend: „Warum willst du eigentlich Traden ?“.

Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber für mich war, zumindest in dieser Situation, die Beantwortung alles andere als leicht und einfach. Mancher würde jetzt vielleicht sagen: „Natürlich will ich Geld verdienen!“. Aus meiner Sicht ist Geld alleine jedoch kein Antrieb etwas über Jahre jeden Tag viele Stunden zu betreiben und damit einen beträchtlichen Teil seines Lebens auszugestalten.

Letztlich war die Quintessenz meiner folgenden Überlegungen neben einer natürlichen Begeisterung für Börse, Charts und Kursentwicklungen mein Drang, mich mit intelligenten und fleißigen Menschen in einem ernsten Umfeld zu messen und damit zu erfahren, ob ich in einer derartig konkurrierenden Umgebung überhaupt irgendwie bestehen kann. Ferner möchte ich mittlerweile auch in Erfahrung bringen, ob es mir möglich ist, zu lernen mich selbst zu kontrollieren, meine Emotionen, meine Angst und meine Gier zu überwinden und mich dadurch souveräner auf dem Börsenparkett bewegen zu können.

Hari hatte mich schon im Vorfeld darin bestätigt, dass eine solche mentale Entwicklung von großem Nutzen, nicht nur für die Börse, sondern auch für andere Bereiche des Lebens ist. Es bedarf sicherlich keiner großen Vorstellungskraft, dass eine starke Psyche souveränes öffentliches Auftreten bedeutet.

Die Frage nach dem „Warum“ halte ich daher im Nachhinein für sehr wichtig und habe viel darüber nachgedacht. Der erste oder spätestens zweite Schritt der allermeisten Konzeptausgestaltungen für Veränderungsversuche, sei es im Unternehmen oder wo auch immer, behandelt doch die Zielsetzung. Was will ich erreichen ? Und warum ? Was ist meine Motivation ? Und ich nehme an, dass Hari damit zunächst erfahren wollte, ob meinen eigenen Plänen überhaupt realistische und erreichbare Ziele gegenüberstehen.

Im weiteren Verlauf des Gespräches ging es vor allem um Eines: Wie ist meine persönliche Lebenssituation und wie passt das Traden in mein Leben hinein. Ich bin mit der Einstellung in das Treffen gegangen, dass Traden mit beachtlichem Erfolg entweder ganz oder gar nicht erfolgen muss. Entweder ich stehe um 07:00 Uhr auf und gehe um 23:00 Uhr schlafen, oder ich kann dauerhaften, unabhängigen Erfolg an der Börse gleich an den Nagel hängen.

Ich glaube, dass viele von Ihnen diese Suche nach nachhaltigem und vor allem selbstständigem Erfolg selbst genau kennen, denn andernfalls wären Sie aller Wahrscheinlichkeit nach nicht mit einer solchen Regelmäßigkeit auf dieser Seite.

Anders als von mir erwartet, riet Hari mir direkt davon ab, Trading sofort am Anfang als Vollzeitjob in Angriff zu nehmen. Er hat mir geraten, zunächst das Trading an mein Leben anzupassen, aber nicht mein Leben an das Trading. Wenn ich mir irgendwann meiner Sache ganz sicher sein würde und genügend Erfahrung hätte, könnte ich das ändern, aber nicht am Anfang meines Berufslebens.

Am meisten überraschte mich dabei, dass er beispielhaft anführte, dass zeitlich enge Schranken (z.B. tägliche Handlungen an der Börse nur zwischen 21:00 Uhr und 22:00 Uhr – davor nur nachdenken und planen) für meine „Lehrzeit“ sogar äusserst sinnvoll wären, weil sie dabei helfen würden mich auf das Wesentliche zu konzentrieren, statt mich über Tag von Mr. Market emotional hin und her werfen zu lassen.

Primär solle ich mich als junger Mensch und (noch) Student aber auf meinen beruflichen Werdegang konzentrieren und das Trading zweitranging hinten anstellen. Hari versicherte mir aber, dass die Erfahrungen des Berufslebens („Wie der Hase läuft“) für einen jungen Trader wie mich auch für die mentale Entwicklung unerlässlich seien. Natürlich nur, wenn ich dann auch in Jobs tätig bin, die im weitesten Sinne mit Wirtschaft und Börse zu tun haben.

Auch hatte ich vor dem Gespräch noch die Erwartung, dass es so etwas wie eine definierte Menge an Tips, Tricks und Weisheiten geben würde, die – wenn mir von Hari vermittelt – mich automatisch zu einem erfolgreichen Trader machen würden. Auch diesen Zahn zog mir Hari. Anders als von mir angenommen, machte er mir klar, dass ich weniger Hilfe beim Erlernen von Techniken benötige, die könnte ich mir aus Büchern und „on the job“ selber aneignen. Nein ich bräuchte vor allem Hilfe, um mir meine eigenen Fehler technischer und emotionaler Art vor Augen zu führen und im Laufe der Zeit die nötige Eigendisziplin zu entwickeln. Meine Schlussfolgerungen für mein Handeln müsste ich aber immer selber ziehen.

Ich verstehe nun, dass konkrete Handlungsanweisungen in der Regel im Widerspruch zum Versuch stehen würden, eine auf mein persönliches Wesen zugeschnittenen Entwicklung zu erreichen. Man könnte also auch sagen: es gibt keine leichte Abkürzung beim Erfolg an der Börse. Bestimmte Erfahrungen muss man einfach selber machen und man muss seinen eigenen, individuellen Stil entwickeln, der zum eigenen Charakter passt.

Durch das Gespräch ist mir klar geworden, dass:

  • Erfolg an der Börse eine kontinuierliche Entwicklung ist und sich nicht wie das Six-Pack im Fitnesscenter nach ausreichenden Versuchen plötzlich einfach konkretisiert.
  • Meine persönliche Trading-Strategie an meinen persönlichen Werdegang und meine Lebensumfeld geknüpft ist und sich nicht durch stures Arbeiten von Trainingsaufgaben im Saxo-Trader einstellen wird.
  • Mein Bestehen am Kapitalmarkt davon abhängig ist, ob ich meine Psyche beim Traden aufmerksam analysieren und sie notfalls austricksen bzw beherrschen kann.

Was für mich allerdings kein großes Problem (zumindest im Börsenbereich) darstellt, ist der Punkt auf dem Hari zu Recht auch immer grossen Wert legt: Eine ehrliche Selbstreflexion und –kritik.

Ich habe jedoch auch in meiner persönlichen Umgebung den Eindruck, dass sich viele Menschen damit schwer tun und vermutlich verängstigt sind, eigene Schwäche zu offenbaren – selbst und gerade im stillen Kämmerlein vor dem Spiegel.
Auch wenn es mir an Lebenserfahrung mangelt, anderen hier Ratschläge zu erteilen, kann ich nur empfehlen, sich in Selbstbeobachtung zu üben und Kritik anzunehmen, statt mit ablehnenden Verteidigungsreflexen zu reagieren. Rechthaberei hat mir bisher kein Depotplus verschafft, Ihnen vielleicht?

Natürlich sind diese Erkenntnisse nur auf mich zugeschnitten, aber vielleicht erkennt sich der eine oder andere in dem einen oder anderen Punkt wieder und ich konnte etwas zum Grübeln anregen. In diesem Sinne wünsche ich einen schönen Tag !

Und ich danke Hari herzlich für die genommene Zeit, die mich erheblich weiter gebracht hat.

Ramsi

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8 Gedanken zu „Zu Gast bei Hari – Ein Besuch der mir zu denken gab“

  1. Ammersee das hört sich gut an, lässt sich da nicht auch eine – weitere – Geschäftsidee ableiten ?
    Ein – bis zweimal im Jahr ein Tradertreffen in der Umgebung ? Das wäre bestimmt sehr spannend und ich könnte mir auch vorstellen, dass es dafür genug Interessierte gäbe. Und bei dem Niveau der Schreiber- und Leserschaft könnte dies sehr fruchtbringend sein.

  2. @Syrakus, Geschäftsidee nein, aber das ist schon angedacht. Und zwar als Bestandteil des Angebotes für alle Premium-Mitglieder. Konkretes kommt zum Thema in den kommenden Wochen.

    Die Idee ist, das ich einmal im Jahr für einen ausgewählten Kreis – Premium Mitglieder oder davon eine Untergruppe, die sich durch besonderes Engagement auszeichnet – so ein Treffen organisiere. So haben wir die Chance, zu einer echten, eingeschworenen Community zu werden.

  3. Selbstreflexion ein geniales Wort, aus Fehlern lernen – hier liegt die wirkliche Größe des TRADING .Aus dem Unwillen Fehler nicht zugeben zu wollen, erwächst der Wunsch immer Recht zu haben. Also muss der nächste Trade ein Erfolg werden, diese Wunschvorstellung führt zum Nichteinhalten von Stop Begrenzungen, da der MARKT ja gleich dreht…… . Wer die Gründe für diesen Fehler nicht konsequent erforscht und beseitigt, ist verdammt, diese bis zur Konto Vernichtung zu wiederholen.

  4. @ Ramsi, schöner Bericht und – ja- er hat zum Grübeln angeregt. Besonders auch die Aussage, nur von 21.00 bis 22.00 aktiv zu sein, wird wohl auch mich zukünftig stark beeinflussen. Übertragen auf den DAX heißt das dann wohl, handle nur ab 16.30?

    Thema Selbstreflexion: ein sehr wichtiger Punkt im Leben, der seine Bedeutung im Privatleben, Berufsleben und beim Traden gleichermaßen hat. Ich denke jeder von uns kennt die Menschen, die immer jede Schuld von sich weisen und genau wissen, wer der Schuldige in der jeweiligen Situation ist.

    Als sehr wichtigen Punkt betrachte ich aber auch den Mut zur Entscheidung! Leider eine Sache, die mir scheinbar an vielen Stellen unserer Gesellschaft immer mehr verlorengeht. In meinem beruflichen Umfeld beobachte ich verstärkt, dass Entscheidungen verzögert, erst gar nicht getroffen und wenn, dann gegenseitig immer mehr abgesichert werden. Manchmal habe ich den Eindruck, dass“ Dinge, die wir vor 20 Jahren noch per Handschlag“ machten, inzwischen bis zu 3 Hierachieebenen erfordern, wobei jeweils eine Unterschrift geleistet werden muss. Möglichst viele Unterschriften bedeuten letztendlich, dass es keinen mehr geben kann, der Alleinverantwortlicher wäre. Das ist das schöne am Traden: man entwickelt seine Strategie, sieht seine Chance, trifft seine Entscheidung – und ist alleine dafür verantwortlich. Das schöne an diesem Board: Hari gibt uns hierfür viele Hilfestellungen, damit erfolgeiche Entscheidungen entstehen können. Und zum Glück zeigt er sich verantwortlich genug für uns und nimmt uns deshalb unsere Entscheidungen nicht ab! 🙂

  5. Danke fuer die Zusammenfassung eures Treffens. Mir geht es ja im Grunde gar nicht so viel anders. Vor allem was den zeitlichen Aspekt angeht. Meine Aktivitaeten am Markt sind durch die grosse Zeitverschiebung sehr eingeschraenkt, ich kann im Grunde nur vormittags wenige Stunden mitmischen. Das ist aber auch nicht so das Problem, sondern die Zeit die zum Daten Analysieren und Nachdenken gebraucht wird. Hier wuerde ich gerne deutlich mehr Zeit haben. Das ist aber utopisch, denn 1. fehlt mir ausreichend Kapital um nicht auf einen richtigen Job angewiesen zu sein und 2. bin ich als Trader nicht gut genug, um davon leben zu koennen. Eine geregelte Arbeit ist also zwingend notwendig, um Kapital aufzubauen und mir weiter Zeit zu geben, ein besserer Trader zu werden. Da werden wohl noch viele viele Jahre ins Land gehen.

    Eine Abkuerzung koennte sein, als Ingenieur bei einer Bank oder Trading Firm hier vor Ort anzufangen. Ingenieure werden hier von der Finanzindustrie sehr gerne genommen. Ich bin da aber noch sehr gespalten, ob das gut ist.

  6. “Bei allen Dingen die ich bisher versucht habe, war ich immer bereit zu scheitern. Du kannst nicht immer gewinnen, aber hab’ keine Angst davor Entscheidungen zu treffen. Der Erfolg wird kommen, wenn Du am Ball bleibst und deine Vision, dein Ziel verfolgst. Du wirst merken dass es das Richtige ist, was Du tust und denke immer daran -Fürchte Dich nicht zu scheitern!”

    Passt ganz gut zum Thema, das ich hier vor kurzem angesprochen habe und Vorstehendes ist ein Zitat von Arnold Schwarzenegger!
    Ich bin über die Links von Hari zum „The Kirk Report“ darauf gestoßen. Unter Free Reports ist dort ein Link vom 28.3. zu „What Is The Secret Of Success?”eingestellt. Sehr bemerkenswert, welche 6 Regeln Arnold Schwarzenegger nennt und wie gut Sie auf das Trading übertragbar sind!

  7. Menschen, die jede Schuld von sich weisen, kenne ich auch. Konsequenterweise lehne ich mittlerweile jede Diskussion mit diesen Leuten ab. Sobald es zu einer Streitigkeit kommt, breche ich in der ersten Minute grundsätzlich ab und führe auch den Grund der Kritikunfähigkeit an. Bei einem Bekannten artet Kritik regelrecht explosionsartig in cholerischen Anfällen aus. Definitiv schadet er aber hauptsächlich sich selbst damit.

  8. Kommt evtl ein wenig spät, aber das ist dann halt so.

    Den Artikel finde ich bemerkenswert, die bisherigen Kommentare dazu fallen in die gleiche Richtung. Und ganz gut dazu passt auch der Link zu den „Basic Investing Tenets“ von Doug Kass, denn ich führe (noch nicht sehr lange) ein Journal, in dem ich alle meine Gedanken und Analysen zu einzelnen Anlagen aufbewahre. Immer mal wieder schaue ich mir dann mein Geschreibsel an und erlebe eine „Reflektion“. Meistens stelle ich in der Retrospektive fest, was ich übersehen habe. Und auch das wird dann festgehalten. Und irgendwann habe ich eine kleine Lernkurve, die oberhalb von Null verharrt.

    Jedenfalls gehört es dazu, dass man einerseits die Entscheidungsgründe festhält, aber andererseits sie auch immer wieder heranzieht, um etwas über sich und die Entscheidungen zu lernen. Wenn man dann auch die unbequemen und unschönen Wahrheiten ins Auge nimmt, dann beginnt eigentlich erst der Lernprozess, dann merkt man auch, mit welchen Methoden man daneben lag und welche richtig sind.

    Selbstreflektion, Methodik, … alles harte Arbeit.

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