Neben der Serie "Rohstoffaktien" beginne ich heute mit Temenos auch eine Serie mit "unbekannten Qualitätsaktien", die ich in unregelmässigen Abständen weiter führen werde.
Darin will ich Ihnen Aktien vorstellen, die eigentlich seriöse, gut kapitalisierte Bluechips ihres Segments sind, in Deutschland aber trotzdem nur einen sehr geringen Bekanntheitsgrad haben.
Denn es schadet sicher nicht, wenn man seinen Anlagehorizont über die "üblichen Verdächtigen" in DAX, MDAX, SDAX und Co. hinaus ausdehnen kann. Alle die vorgestellten Aktien haben aus meiner Sicht attraktive, zukunftsträchtige Geschäftsmodelle und/oder befinden sich in einer markttechnisch spannenden Ausgangslage.
Beginnen will ich heute mit dem Schweizer Anbieter von Bankensoftware: Temenos (WKN 676682)
Haben Sie schon mal den Namen Temenos gehört ? Wohl kaum. Aber Gelder über Software von Temenos abgewickelt, haben Sie garantiert schon einmal.
Denn das Schweizer Unternehmen mit Sitz in Genf hat nicht nur 3500 Mitarbeiter, sondern über 1000 Banken als Kunden in mehr als 100 Ländern weltweit. Da ist mit Sicherheit auch ein Institut dabei, über das auch schon Ihre Gelder geflossen sind. Damit ist Temenos einer der Weltmarktführer im Bereich integrierter Gesamtbankensoftware und gewinnt mit seinen modernen Softwaresystemen weitere Marktanteile. Und eine Marktkapitalisierung von fast einer Milliarde Euro ist auch ganz ordentlich und zeigt, dass wir es hier mit keinem Exoten, sondern einem grossen, erfolgreichen Konzern zu tun haben.
Das Sie trotzdem den Namen Temenos wohl noch nie gehört haben, liegt daran, dass die meisten Banken eher ein Geheimnis um die Software machen die bei ihnen eingesetzt wird. Die einzige Erklärung die mir dazu einfällt ist, dass man man in der Bankenwelt scheinbar Wert darauf legt, beim Kunden den Eindruck eigener Kompetenz zu erzeugen. Das man in Wirklichkeit von Software und dem Support von externen Dienstleistern - wie Temenos - abhängig ist, muss man ja nicht an die grosse Glocke hängen.
Wenn Sie einen Blick auf den Chart von Temenos werfen, erkennen Sie sofort den Absturz in 2011, der Temenos von 40 CHF bis runter in den Bereich von 15 CHF gebracht hat.
Dieser Absturz war natürlich nicht ohne Grund, denn wer Banken als Kunden hat, leidet natürlich mit, wenn diese unter die Räder der Eurokrise kommen, im Fukujima Schock stehen oder wie in Teilen der arabischen Welt durch Umbrüche lahm gelegt werden. In solchen Zeiten in denen es für die Banken um Sparen und Überleben geht, investieren Banken nicht in neue Softwaresystem mit langjährigen Projektlaufzeiten und schon gar nicht in integrierte Banksysteme. Denn wer Kernkapitalquoten heben will, hat weder Zeit noch Geld um riesige Softwareprojekte anzuschieben. Insofern gibt es für mich eine ganz einfache Erklärung für die Schwäche von Temenos.
Darin liegt aber auch die grosse Chance, denn an modernen Softwaresystemen führt mittelfristig für die Banken kein Weg vorbei. Wenn man weiss, mit welchen Uraltsystemen - zum Teil noch aus den 80er Jahren - selbst bestimmte namhafte Grossbanken heute noch arbeiten, weiss man welche riesigen Chancen da für Anbieter wie Temenos liegen. Diese Chancen können aber erst gehoben werden, wenn die Bankenwelt aus der unmittelbaren, existenzbedrohenden Krise kommt. Dann sorgt aber der Kostendruck im Retailgeschäft dafür, dass das Thema IT wieder höchste Priorität geniessen wird. Denn eine flexible und leistungsfähige IT-Infrastruktur ist für Banken der entscheidende Erfolgsfaktor.
Ein Vorteil von Temenos ist auch, dass das Unternehmen über eine weltweite Diversifizierung verfügt, so sitzt die Entwicklung zum Beispiel überwiegend in Indien und Kunden finden sich auf der ganzen Welt. So ist der Umsatzanteil von Europa bei Temenos gerade mal im Bereich 30%. Damit ist auch der harte Franken für Temenos kein grosses Problem und Temenos sehr gut gegen exogene Schocks in einzelnen Ländern geschützt.
Trotz dieser Diversifizierung kann sich Temenos der kurzfristigen Krisenstimmung in der Finanzindustrie natürlich nicht entziehen. Mittefristig ist die Zukunft aber voller Chancen. Denn böse Zungen lästern: Retailbanken bestehen heutzutage nur noch aus drei Elementen: Erstens einer leistungsfähigen, integrierten IT, zweitens aus grossen Vertriebsorganisationen, die sich euphemistisch "Berater" nennen dürfen und drittens aus einer kleinen Schaar sehr heller Köpfe, die all die "Produkte" kreieren, mit denen die "Berater" dann auf Kundenfang gehen. Und wenn diese bösen Zungen recht haben sollten, dann führt an neuen IT Systemen kein Weg vorbei, denn der IT-Investitionsstau in der Branche ist teilweise gewaltig.
Ob man die Temenos Aktie unbedingt heute schon kaufen muss, kann ich Ihnen nicht sagen. Aber Temenos nun genau zu beobachten und aufzuspringen wenn der Kurs nach oben dreht, könnte attraktive Chancen bieten. Denn der Chart sieht für mich im Moment nach einem tragfähigen Boden aus, von dem ausgehend die Aktie sogar theoretisch Verdoppelungspotential hat.