Hari´s Märkte am Abend – 05.06.12 – Long-Strategie mit Baskets

22 Uhr - Handelsschluss

Ich denke heute konnte man spüren, wie der Markt nun auch langsam mal wieder nach oben will, auch wenn er noch nicht richtig Fahrt aufnehmen konnte. So ruhig und gelassen wie der S&P500 heute langsam hochschob, haben wir das schon lange nicht mehr gesehen.

Diese Veränderung des Charakters hatte sich für mich schon Ende letzter Woche langsam angekündigt, sichtbar an mehreren Divergenzen, unter anderem einer fallenden Marktbreite der Aktien, die neue Tiefstkurse produzieren. Auch die Banken zeigen nun schon mehrere Tage eine Stabilisierung der Kursentwicklung, ein Umstand den man nicht übersehen sollte.

Eigentlich wollte der DAX ja schon heute früh richtig hoch, wurde dann aber von Aussagen des spanischen Finanzministers ins Knie geschossen, was die neuen Tiefststände im frühen Handel auslöste. Mit der Wallstreet kam dann aber erst einmal eine Stabilisierung und der sanfte, ruhige Anstieg. Nach wie vor sind DAX 5800 und S&P500 1250 zwar durchaus denkbar, die Zeichen für einen bald bevorstehenden technischen Bounce mehren sich aber in meinen Augen. Hoffen wir nur, dass nicht wieder irgend ein Politiker etwas ganz Schreckliches daher redet, dann interessiert bei der grassierenden Unsicherheit nämlich keine Markttechnik mehr, dann springen alle nur noch in die Rettungsboote. Mit diesem politischen Headline-Risiko müssen wir aber halt leben, wer das nicht ertragen will, sollte aktuell wohl besser nicht mehr im Markt sein.

Wohin uns die nächsten Tage führen, weiss also nach wie vor nur der Wind. Technisch spricht nun viel zumindest für einen Bounce, vielleicht sogar eine Trendwende. Aber letztlich hängt alles von politischen Entwicklungen in der Euro-Zone ab. Insofern sind wir nun in einer merkwürdig gespaltenen Lage:

Einerseits ist ein schwerer Crash durchaus möglich, der die Indizes und viele Aktien noch einmal halbieren und auf Post-Lehman Niveau drücken könnte.

Andererseits liegt die höhere Wahrscheinlichkeit in meinen Augen nun bei einem Bounce, der von der Markttechnik, aber auch von Interventionen der Notenbanken oder der Politik befeuert werden könnte.

Wenn man diese Lage so annimmt, wie sie in meinen Augen nun einmal ist, lautet die logische Schlussfolgerung für meine kurzfristige Anlagestrategie, dass ich nun einerseits Long im Markt sein muss, andererseits diese Positionen aber unbedingt gegen den grossen Absturz absichern muss.

In meinen Augen bieten sich zur Absicherung ideal die wichtigen Marken DAX 5800 und S&P500 1250 an. Mit etwas Abstand, könnten Stops bei DAX 5750 und S&P500 1240 vielleicht sinnvoll sein. In einem Bounce sollten wir mindestens die 200 Tage Linie bei gut 6200 von unten testen. Wenn wir diese durchschlagen, was ich dann für durchaus wahrscheinlich halte, dürfte uns das schnell über 6400 tragen. Weiter wage ich nicht voraus zu schauen, aber ein Hub von gut 400 Punkten im DAX wäre ja schon mal was. 😉 Sollte die 200 Tage Linie nach oben durchschlagen werden, könnte man die Stops etwas unter die 200 Tage Linie nachziehen und wäre damit mit seinen Long-Positionen in der Komfortzone.

Rein rechnerisch ergibt sich mit einer derartigen Strategie im DAX bei aktuell 5970 Punkten ein Risiko von 220 Punkten nach unten und eine realistische Chance von 430 Punkten nach oben. Ich bin derzeit genau für diese Strategie aufgestellt, aber primär nicht in den Indizes, sondern in ausgewählten Einzelaktien bzw Baskets.

Im Folgenden möchte ich Ihnen daher 2 meiner eher konventionelleren Baskets aufzeigen, mit denen ich eine derartige Strategie spielen werde. Das ich daneben aktuell auch mit den drei Themenbereichen die ich gestern nannte, plus mit einigen exotischeren Themen im Markt bin, hatte ich ja schon kommuniziert. Meine gesamte, komplexe Aufstellung inklusive integrierter Short-Positionen als Hedge hier zu kommunizieren, würde nur endlose Erklärungen erzwingen und macht für mich keinen Sinn, zumal ich meine Aufstellung vielleicht schon eine Stunde nach dem Artikel dann wieder ändere und mich eine Kommunikation darüber nur behindern würde.

Deshalb hier nur ein Ausschnitt aus dem konventionellen Ansatz meiner Strategie. Diese Strategie mit Baskets verwende ich, weil ich einerseits Stockpicking betreibe und mir nicht einen ganzen Sektor ins Depot legen will, denn dann hätte ich auch die faulen Eier im Korb. So finde ich den Stahlsektor zum Beispiel nun interessant, will aber auf keinen Fall Thyssenkrupp im Depot haben. Andererseits will ich mein Kapital pro Thema aber nicht nur an eine Aktie hänge, dafür ist mir das individuelle Risiko dann zu hoch, in ein bisher unbekanntes singuläres Problem genau diesen Titels zu laufen. Für mich persönlich haben sich solche 3-er Baskets bewährt, die sind für mich überschaubar, selektiv und bieten trotzdem eine gewisse Risiko-Diversifizierung. Stops für die Einzelaktien müssen natürlich für jede Aktie individuell ermittelt werden, DAX 5750 und S&P500 1240 können nur als grobe Referenz dienen, denn jeder Titel hat seine individuellen Besonderheiten.

Basket 1 Euro - Deutsche Automobilzulieferer : Leoni (WKN 540888), Continental (WKN 543900) und Rheinmetall (WKN 703000). Alle drei Aktien muss ich wohl nicht mehr gross vorstellen, bei Leoni vielleicht noch der Hinweis, dass es zuletzt signifikante Insiderkäufe gegeben hat. Das Rheinmetall ein "Zwitter" ist und zur Hälfte im Rüstungsgeschäft beheimatet, dürfte Lesern dieses Blogs ebenso bekannt sein, wie die Tatsache, dass sich Leoni mit seinen Kabeln auch in der Flugzeugindustrie tummelt. Aber alle drei Aktien dieses Baskets sind für mich attraktiv bewertet, haben ein fähiges Management, gefüllte Auftragsbücher und technologisch jede Menge zu bieten. Was will man mehr ? 😉 Bei aller positiven Erwartung erinnere ich aber ausdrücklich daran, dass alle drei Aktien beim Lehman-Tief auf ca. 50% des heutigen Niveaus oder noch tiefer (Leoni) notierten. Unterschätzen Sie also nicht den Hebel den diese Aktien in beide Richtungen haben, deswegen sind Stops hier unbedingte Anlegerpflicht !

Basket 2 US Dollar - US Tech Bluechips: Broadcom (WKN 913684), Cisco (WKN 878841) und Apple (WKN 865985). Alle drei Aktien dürften bekannt sein, alle drei sind Weltmarktführer in ihrem Segment, Broadcom bei Kommunikationschips und Cisco im Netzwerkbereich. Alle drei sind in der Korrektur zurück gekommen, alle drei mit KGVs um die 10 fair bewertet und mit randvollen Patentportfolios und langen Pipelines attraktiver neuer Produkte in Entwicklung. Was immer in der Welt passiert, ich gehe davon aus, dass die Produkte dieser drei Unternehmen weiter laufen werden. Aber auch hier gilt natürlich, Absicherung gegen Absturz ist trotzdem zwingend notwendig ! Ich neige bei diesen Stops dazu, diese in USD auszurechnen und die Aktien auch in USD zu halten. Ansonsten könnte eine merkwürdige Währungsbewegung im EURUSD Verhältnis für einen getriggerten Stop oberhalb der eigentlich gewollten Marke sorgen.

Vergessen Sie bitte nicht, Charttechnik und Stopmarken machen in der Regel nur am (liquidesten) Heimatmarkt Sinn, ein Bruch einer Chartmarke der Allianz in mongolischer Landeswährung ist schlicht völlig bedeutungslos ! Vor diesem Hintergrund sind technische Analysen von US Aktien in Euro, die man verschiedentlich so in den Medien sieht, für mich das Papier nicht wert, auf dem sie geschrieben werden. Aussagekräftig sind technische Analysen nach meiner Ansicht nur, wenn die Aktie auch die Mehrheit des Handelsvolumens in der analysierten Währung abwickelt !

So weit ein kleiner Einblick in meine "Basket-Strategie", zum Schluss noch einmal ein paar eindringliche Worte, vielleicht nervt es Sie, aber ich glaube es kann gar nicht oft genug gesagt werden:

Die Grosswetterlage an den Börsen ist nun einmal so undurchsichtig und politisch beeinflusst, wie sie ist. Auch wenn es uns nicht gefällt, haben wir keine Wahl. Insofern gibt es für einen kurz- und mittelfristig orientierten Anleger in meinen Augen derzeit zwei vernünftige Alternativen: Man spielt entweder auf Sicherheit und ist aktuell an der Seitenlinie bis sich ein neuer Trend etabliert, oder man ist im Markt, aber sehr kontrolliert und gut abgesichert - wohl wissend, dass Stops auch sehr dumm ausgelöst werden können. Lieber unnötige 5% Minus wegen eines blöd getriggerten Stops, als ungebremst in ein Lehman II Szenario geraten, sollte in meinen Augen das Motto sein. Denn Erfolg ist nur möglich, wenn man auch Morgen noch genügend Kapital hat, um neue Chancen zu ergreifen. Hört sich trivial an, wird aber gerne mal vergessen. 😉

Wofür aber in diesem politischen Markt überhaupt kein Platz sein sollte, sind ungesicherte Positionen nach dem Prinzip Hoffnung, frei nach dem Satz "der Markt sollte doch mal langsam drehen". Was er "sollte", hat Mr. Market noch nie wirklich interessiert und Leichen ausgebombter Anleger pflastern seinen Weg - gehören Sie bitte nicht dazu !

Ich wünsche Ihnen einen schönen Abend !

Ihr Hari

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Hari´s Märkte am Abend – 04.06.12 – ARD zitiert Mr-Market, Soros über Ökonomie

22 Uhr - Handelsschluss

Nach Handelsschluss noch zwei Hinweise. Alles was ich zur Grosswetterlage an der Börse derzeit wichtig finde, hatte ich ja schon heute Mittag -> hier <- geschrieben.

Der Markt hat bis Handelsschluss auch nichts gemacht, was diese Einschätzung von heute Mittag in Frage stellt. Die Stabilität und Stärke bei den Goldminen ist nach dem Freitag mit 6% Anstieg für mich erneut eindrucksvoll. Selbst ein 2% Rückgang wäre heute nur normal gewesen, aber selbst das wollte der Markt scheinbar nicht mehr zulassen und produzierte sogar 1,6% Plus und einen Schlusskurs auf Höchststand im GDX.

Interessant ist in diesem Zusammenhang, wie man eine Sache auch immer ganz anders sehen kann. Schauen Sie auf -> diesen <- Chart der fröhlichen Perma-Bären bei "Slope of Hope". Die Zukunft wird zeigen wer richtig liegt, bei aller positiver Erwartung kann jeder Trade fehlschlagen und ich respektiere daher meinen Stop bei aktuell 41 USD für den GDX.

(1) ARD-Börse zitiert Mr-Market

Lars Röhrig von Investorsinside.de hat mich heute dankenswerterweise darauf aufmerksam gemacht, dass ich zum Thema meines Artikels zu -> Gold und Goldminen <- nun auch von der ARD Börse direkt zitiert wurde und sich sogar ein Satz meines Artikels ("In der Sekunde, in der die grottenschlechten Daten ...") weiter unten fast wörtlich im ARD Artikel wiederfindet. Ohne diesen Hinweis hätte ich es mangels Backlink nicht bemerkt. Scheinbar lesen Redakteure der ARD-Börse hier im Blog mit, sehen Sie -> den Artikel der Börse.ARD hier <-.

Das ist an sich ja erfreulich und das direkte Zitat mit meinem Namen und dem Namen des Blogs ist auch journalistisch in Ordnung. Wer mich also finden will, kann das auf diese Art und Weise. Es ist erfreulich, wenn auch die öffentlich rechtlichen Medien sich qualifizierten Input nicht nur von den immer gleichen Personen holen. Insofern begrüsse ich die mitlesenden Redakteure hier unbekannterweise ganz herzlich im Blog ! Über den Satz zum Thema "grottenschlechte Daten" weiter unten im Artikel, lege ich mal wohlwollend den Mantel des Schweigens, das kommt im Eifer des Gefechts vor.

Weniger erfreulich finde ich aber, dass sich die Redakteurin Frau Göpfert scheinbar nicht zu einem direkten Link auf Mr-Market.de aufraffen konnte. Ich weiss nicht woran das liegt, vielleicht ist es auch nicht ihre Entscheidung, sondern generelle Politik der ARD Online Redaktion, ich kann da nur raten. Ich hoffe aber sehr, dass der Grund nicht eine Art von "Search-Engine-Optimierung" ist, also der Versuch abfliessende Links zu vermeiden, um den Pagerank der eigenen Seite hoch zu halten.

Denn wenn das der Grund wäre, wäre das in meinen Augen unklug, denn so funktioniert das Web schlicht nicht und Googles Algorithmen übrigens auch nicht ! Darüber hinaus wäre es zu bedenken, dass es für viele Blogger schlicht unhöflich ist, fremden Content zu verwenden, ohne selber für eine offene Verlinkung zu sorgen.

Seriöse Blogger - wie auch ich mich sehe - bemühen sich intensiv, Zitate anderer Seiten durch einen entsprechenden Link zu untermauern und so der Quelle auch zu einer fairen Aufmerksamkeit zu verhelfen - wenn man den Inhalt schon für sich selber nutzt. Aber auch die professionelle Presse hält sich überwiegend an dieses ungeschriebene Gesetz des Web, wenn ich zum Beispiel von der Chefredaktion des Handelsblatts den täglichen Newsletter bekomme, sind kommentierte Zitate und Verweise in der Regel mit einem Link auf den Originaltext versehen, so wie es sich gehört. Warum das für die ARD-Börse nicht gelten soll, erschliesst sich mir ebensowenig, wie anderen namhaften Bloggern, denn das ist für mich schlicht eine Frage von "Geben und Nehmen".

Insofern liebe Frau Göpfert, fände ich eine Nachbesserung nur fair. Alternativ steht die Kommentarfunktion dieses Blogs für eine Klarstellung bereit, warum diese Verlinkung nicht erfolgte. So könnte man negativen Interpretationen gleich die Grundlage zu entziehen.

(2) George Soros redet über Ökonomie und den Euro

Hedgefond Legende und Milliardär George Soros hat letzten Samstag auf dem "Festival of Economics" in Trento Italien gesprochen. Wer bei Mr-Market schon länger mitliest, weiss ja, wie despektierlich ich mich hier schon mehrfach zur klassischen ökonomischen Theorie geäussert habe, insbesondere zur "Efficient Market Hypothesis".

Die vollständige Rede von George Soros können Sie -> hier <- auf der offiziellen Website von George Soros nachlesen. Ich rate unbedingt dazu diese Zeit zu investieren, es sind spannende Einsichten eines Marktprofis. Wer den Markt wirklich verstehen will und seine Performance verbessern, sollte sich nach meiner Ansicht unbedingt mit diesen Gedanken rund um die "Reflexivität" des Marktes vertraut machen, das ist in meinen Augen bedeutender, als manch bunte Linie in Charts. Ich habe das, wie Sie wissen, immer die "Selbstbezüglichkeit" des Marktes genannt, was nur zwei verschiedene Worte für die identische Sache sind.

Auch seine bekannte Sicht zur Eurokrise erläutert Soros übrigens umfassend. Ich teile diese Sicht nur bedingt, weil Soros - wie er ja selber zugesteht - hier auch politische Ansichten und Annahmen einfliessen lässt, die ich nicht vollständig teile. Er umschifft in seiner Argumentation in meinen Augen auch die Frage, was die Ursache der Ungleichgewichte ist, denn diese sind nicht erst durch den Euro entstanden. Und nur wenn man die Ungleichgewichte beseitigt, kann abseits kurzfristiger "weisser Salbe" langfristige Stabilität entstehen. Trotzdem ist es für uns alle wertvoll, seine Argumentation zur Euro-Krise mal vollständig zu lesen und nicht nur in abgehakten und entstellenden Bruchstücken in der normalen Presse. Und im Grossen und Ganzen empfinde ich seine Sicht als eine kompetente Analyse der derzeitigen Krise, weit kompetenter und tiefgehender, als was man gemeinhin so von der Politik zu hören bekommt.

Mir hat die Rede nicht nur gut gefallen, sondern auch neue Einsichten verschafft. Ich wusste gar nicht, dass ich George Soros in Sachen Ökonomie voll auf meiner Seite habe. 😉 Ich erlaube mir mal ein Zitat als Appetizer:

-> "I believe that the failure (Anmerkung: of economic theory) is more profound than generally recognized. It goes back to the foundations of economic theory. Economics tried to model itself on Newtonian physics. It sought to establish universally and timelessly valid laws governing reality. But economics is a social science and there is a fundamental difference between the natural and social sciences. Social phenomena have thinking participants who base their decisions on imperfect knowledge. That is what economic theory has tried to ignore." - George Soros

Viel Spass beim lesen, es lohnt sich wirklich, auch wenn es nicht immer "leichter Stoff" ist ! Wer ernsthaft an den Märkten unterwegs ist, kann von dieser Rede nur profitieren.

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Hari´s Wochenausblick – 04.06.12 – Politische Funkstille

13 Uhr

Wie Sie letzte Woche an meinen drei Marktupdates bemerkt haben, war ich doch recht präsent an den Märkten, habe es aber trotzdem etwas langsamer angehen lassen.

Deswegen möchte ich den ersten grösseren Beitrag der Woche heute einmal für das grössere politische Bild nutzen und Ihnen am Schluss drei Marktsegmente nahelegen, in denen ich mich aktuell, trotz aller Sorgen um die Euro-Zone, vergleichsweise wohl fühle. Bemerkenswert ist vielleicht auch, dass ich meine bisher negativen Markterwartungen mit dem heutigen Tag leicht aufhelle. Dieser Beitrag ersetzt heute die Märkte am Abend um 22 Uhr, die nur erscheinen, falls sich am Markt heute noch etwas grundsätzlich neues oder besonders bemerkenswertes ereignet.

Zunächst zur Grosswetterlage.

Der nun über Wochen andauernde Absturz der Märkte ohne echte Gegenwehr liegt nach meiner Ansicht im Wesentlichen an einem Grund: Der Unsicherheit um die Zukunft der Eurozone. Und diese eskaliert nur deshalb so sehr, weil Politik und Notenbanken seit Wochen keine Anstalten machen, durch klare Signale dem Markt "Futter" für Hoffnung zu liefern. Eine Führung der Eurozone ist nicht mehr sichtbar, wie sie noch zu Zeiten "Merkozy" durchaus Eindruck auf die Märkte gemacht hat. Mr. Market kommt mit fast allem gut klar, auch mit schlechten Nachrichten, aber Unsicherheit und Unklarheit hasst Mr. Market wie die Pest !

Der Grund für die "politische Funkstille" dürfte in dem Powerplay liegen, dass derzeit um die Zukunft Europas läuft und auf allen Kanälen ausgetragen wird. Die südlichen Länder haben ein Interesse daran, so schnell wie möglich die nördlichen Länder - vor allem Deutschland - zu einer unbeschränkten, gemeinschaftlichen Haftung zu veranlassen. Denn das erspart den Südländern manche Schmerzen und verschafft schnelle Linderung. Gerne wird dafür auch die mediale Unterstützung aus der Obama Administration angezapft, der es aber auch nicht um die "richtige" Lösung für Europa gehen dürfte, sondern nur darum, kurzfristig brauchbare Wirtschaftsdaten in den US vorzuweisen, deren Fehlen die eigenen Wiederwahl massiv gefährden. Insofern sind Aussagen der Obama Administration zu Europa in meinen Augen höchst eigennützig und ohne Wert für Europas grundlegende Fragen.

Umgedreht ist genau die unbeschränkte Haftung ohne Durchgriffsrechte gegen das Interesse der nördlichen Länder und das gilt nicht nur für Deutschland. Hollande wurde das beim letzten EU Gipfel ja eindrucksvoll vorgeführt, als eine Reihe kleinerer Länder weit aggressiver als Deutschland gegen Euro-Bonds argumentierten.

Die Wahl in Frankreich hat diesen Schwebezustand verschärft, weil die vertraute Eintracht Merkozys nun Geschichte ist und Hollande sich an der Realität erst die Hörner abstossen muss. Bis zur Parlamentswahl am 17.06. ist von der Seite wenig Realitätssinn zu erwarten. Ganz typisch für ihren Stil, hat sich Frau Merkel scheinbar dafür entschieden, Hollande erst einmal gegen die Wand laufen zu lassen und verhält sich bewusst passiv, bis die Märkte Frankreich die Grenzen aufgezeigt haben. Die Schweigsamkeit aus Deutschland in Sachen Europa ist doch aktuell mit den Händen zu greifen und steht im krassen Gegensatz zur Merkozy Ära. Taktisch und machtpolitisch ist das wohl eine gute Strategie Merkels und so hat sie ja schon einige Männer ins Leere laufen lassen, die zunächst mit grossen Ankündigungen starteten.

Für die Märkte ist diese Strategie aber Gift, denn so frisst sich die Unsicherheit durch. Am Ende ist völlig unklar, wie dieses Powerplay ausgeht. Trotz allem bin ich mir einer Sache höchst sicher: Staaten wie Notenbanken werden die Eurozone nicht einfach ins Chaos abgleiten lassen, dafür steckt zuviel politisches Kapital in dem Projekt. Es wird daher nach meiner Ansicht mit grosser Wahrscheinlichkeit einen neuen massiven Rettungsversuch geben. Und der Zeitpunkt dafür dürfte nicht mehr zu weit entfernt sein, ich reche im Juni fest mit massiven Interventionen, vielleicht schon diese Woche.

Schaut man sich die überverkaufte, ja teilweise panische Lage der Märkte an, dürfte eine derartige Aktion - gleich welchen Inhalts - zu einem brutalen Shortsqueeze führen und den DAX um hunderte Punkte nach oben katapultieren.

Glaube ich, dass mit einer erneuten Intervention ala QE3 oder LTRO2 die grundlegenden Probleme gelöst werden können ?

Definitiv nein, die Lebenslügen des Euros bleiben bestehen und die Scheerkräfte die aus den unterschiedlichen Produktivitäten resultieren, werden weiter wachsen und letztlich zum Zerfall des Euro führen, wenn nicht schnell eine weit tiefer integrierte und homogenere Wirtschaftszone entsteht, was wohl nur höchst undemokratisch möglich wäre und deswegen sehr unwahrscheinlich ist. Aber für eine mehrmonatige Beruhigung bis zur US Wahl könnten Massnahmen ala LTRO sehr wohl sorgen. Das sollte man nicht unterschätzen, wenn man nun nur noch schwarz sieht, weil man sich zu sehr von der allgemeinen Stimmung anstecken lässt.

Wichtig ist auch zu sehen, dass aufgrund der grossen Abhängigkeit von Interventionen der Notenbanken und Politik, technische Marken in ihrer Aussagekraft weiter deutlich herab gesetzt. Auch der bedeutende Bruch der 200 Tage Linie, der heute letztlich technisch bestätigt wurde, sollte in meinen Augen zwar ernsthaft zur Kenntnis genommen, aber auch nicht überbewertet werden. Derartige Indikatoren sind dann sehr mächtig und verlässlich, wenn der Markt ruhig "im eigene Saft" schwingt. Das ist aber aktuell definitiv nicht der Fall, wir befinden uns in historisch unerforschten Gewässern.

Stellen Sie sich alleine vor, morgen würde es von Seiten Merkel Signale geben, dass man dem Gedanken einer Bankenunion - also einer Vergemeinschaftung der Banken-Risiken - aufgeschlossen gegenüber sei. Ich gehe fest davon aus, dass der DAX dann innerhalb 48 Stunden wieder bei 6400 stehe würde. 200 Tage Linien interessieren dann niemanden mehr. Bedenken Sie also dieses massive "Headline-Risiko", wenn Sie aktuell rein aufgrund technischer Signale agieren wollen. Das bedeutet nicht, dass die Signale wertlos wären, man sollte nur wissen wo die Grenzen der Methode in einer historisch so einmaligen Lage wie aktuell sind.

Auch statistisch ist das leicht zu verifizieren, betrachtet man die 200-Tage-Linie 10 Jahre im Tageschart zurück bis 2002 und zählt die Fälle, in denen die Linie wie aktuell von oben geschnitten wurde, hatten wir:

  • 3 signifikante Fälle, in denen ein Bruch der 200-Tage-Linie eine neue signifikante Baisse ankündigte. Und zwar 02/02, 01/08 und 08/11.
  • aber auch 5 Fälle, in denen ein Bruch der 200-Tage-Linie um mindestens 100 Punkte trotzdem innerhalb weniger Tage und Wochen zum Fehlsignal wurde. Und zwar 08/04, 06/06, 05/10, 08/10 und 03/11.

Bei aller Bedeutung, die auch ich einem solchen Bruch der 200-Tage-Linie beimesse, sollte man also nicht glauben, hier nun einen Indikator zu haben, dem man blind folgen kann. So einfach macht es einem Mr. Market nie, wäre es anders, könnte jeder an der Börse reich werden.

Insofern wird es in meinen Augen nun zunehmend riskant auf der Short-Seite zu stehen bzw gar nicht im Markt investiert zu sein. Umgedreht sind aggressive Long-Wetten gegen den Trend immer noch Harakiri und Kapitalerhalt die erste Anlegerpflicht, denn das Risiko eines echten Zusammenbruchs der Märkte ist nicht von der Hand zu weisen. Trotzdem glaube ich, dass man nun auch mal langsam wieder in "Chancen" denken darf, solange man für sachgerechte Absicherung der Position sorgt.

Sie wissen, dass ich seit Ende März hier im Blog immer wieder eine Tendenz zu weiter fallenden Kursen kommuniziert habe, die sich eindrucksvoll bestätigt hat. Falsch lag ich nur beim Ausmass der Bewegung, denn das wir nun sogar unter 6000 schauen, hatte ich Ende März nicht auf dem Radar, 6400 und maximal 6200 waren aber sehr wohl auf meinem Radar, wie Sie als regelmässige Leser wissen.

Es sei hiermit vermerkt, dass sich diese bärische Tendenz bei mir nun langsam wendet ! Ich kann mir noch gut vorstellen, dass der DAX kurzfristig noch die 5800 testet und der S&P500 die 1250, spätestens dann steigt aber die Wahrscheinlichkeit eines massiven Bounce erheblich. Schon aktuell habe ich eine leichte Tendenz zu höheren Kursen im Juni, sozusagen 60:40 für Long-Positionen bis Ende Juni.

In dieser unklaren Lage zwischen Chancen und "Crash-Risiken" muss jeder seinen eigenen Weg finden, der zum eigenen Risikoprofil passt. Für Marktteilnehmer wie mich, die den Markt permanent im Auge haben, sind gut abgesicherte Long-Positionen nun durchaus denkbar und bergen teilweise interessante Chancen. "Otto-Normalanleger" der nicht schnell genug reagieren kann, wenn der Markt dann doch gegen ihn läuft, sollte wohl besser komplett an der Seitenlinie stehen, bis sich wirklich ein neuer Trend etabliert hat. Denn auch 40% sind ziemlich wahrscheinlich. 😉

Fazit:

Ich gehe fest von massiven Interventionen der Politik und Notenbanken im Juni aus. Egal was der Inhalt ist und egal ob diese Interventionen langfristig irgend etwas lösen, haben sie das Potential den Markt in einem gewaltigen Short-Squeeze nach oben zu drücken. Der Zeitpunkt ist aber unklar und bis dahin dürfte der Abwärtstrend erhalten bleiben.

Bedenken Sie auch, dass die Reihenfolge fast immer ist: der Markt dreht massiv und die guten Nachrichten kommen dann hinterher. Die Fähigkeit Mr. Markets Trendwenden in der realen Welt frühzeitig zu erahnen, ist ungebrochen, was schon alleine daran liegt, dass es eben sehr viele smarte "Defacto-Insider" gibt, die so nah an Politik und Institutionen dran sind, dass sie viele Entscheidungen erahnen können.

Insofern kann ich nur raten, die europäischen Banken, zb in Form des ETF iShares Eurostoxx Banks (WKN 628930) genau im Auge zu behalten. So wie der ETF den Absturz der Weltbörsen seit Mitte März vorweg genommen hat, könnte ein deutliche Stabilisierung dort ein Signal sein, dass der breite Aktienmarkt auch nicht mehr weit von einem Boden entfernt ist.

Nach Betrachtung all der Probleme, will ich deshalb heute auch einmal Marktsegmente auflisten, die nach meiner Ansicht im positiven Sinne einen Blick wert sein könnten, gerade auch mitten in der Krise:

(1) Gold und Goldminen habe ich hier ja zu genüge thematisiert. Wenn man sich einen Stop unter die Tiefs von Mitte Mai legt, ist man sauber abgesichert und kann entspannt verfolgen, ob sich die Trendwende weiter materialisiert. Auch Silber sollte profitieren, allerdings ist hier die Lage aufgrund der Funktion von Silber als Industriemetall komplizierter, weswegen ich bei Silber zwar grosse Chancen aber auch grössere Unsicherheit ob der weiteren Entwicklung sehe.

(2) US Industrieaktien profitieren von einer anlaufenden neuen Industrialisierung der USA, die unter anderem von billigem Erdgas befeuert wird. Aber auch der starke Dollar hilft, die Einfuhren in die US zu verbilligen. Die ideale Aktie erzielt also ihre Umsätz primär in Dollar (ist also von der Konjunktur in Europa wenig abhängig) und bezieht gleichzeitig viele Vorprodukte aus Übersee, die nun durch den aufwertenden Dollar billiger werden und/oder profitiert von den niedrigen Energiekosten.

(3) Internationale Bluechips für Grundbedürfnisse , also beispielsweise Titel wie Nestle (WKN A0Q4DC), Unilever (WKN A0JMZB), Johnson&Johnson (WKN 853260) oder Roche (WKN 851311) , profitieren davon, dass bei sich weiter verschärfender Krise, genau diese Titel die idealen "Wertaufbewahrungs-Container" sind, mit denen man Kapital vor Totalverlust und Bankrun schützen kann. Schon jetzt halten sich diese Aktien ausgezeichnet, bei Verschärfung der Krise dürfte der Vorteil dieser Aktien weiter wachsen. Nur wer daran glaubt, dass sich die Krise bald in Luft auflöst, kann in meinen Augen auf derartige Depotpositionen verzichten.

Mit Titeln aus diesen drei Segmenten, fühle ich mich persönlich auch mitten im aktuellen Absturz sehr wohl. Verbunden mit genügend Cash, kann ich die aktuelle Lage so vergleichsweise entspannt betrachten. Sobald Anzeichen für eine Intervention der Politik und Notenbanken auftauchen, wird der freie Cash dann in die "üblichen Verdächtigen" im konjunktursensiblen Bereich der Autos, Rohstoffe etc investiert, die in den vergangenen Wochen ja genügend verprügelt wurden.

So weit mein grobe Strategie zur aktuellen Lage. Ich hoffe, ich war ein wenig hilfreich. Sollte sich heute noch etwas bedeutendes ereignen, kommt noch ein Marktupdate um 22 Uhr. Ansonsten wünsche ich Ihnen einen erfolgreichen Tag !

Ihr Hari

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Hari´s Märkte am Abend – 25.05.12 – Wochenabschluss – DAX Lagebesprechung

19.30 Uhr - heute etwas früher, da ich nicht glaube, dass heute am Markt noch viel passiert.

Zum Abschluss der Woche und in Vorbereitung auf die kommende Woche, möchte ich heute eine Reihe von Punkten ansprechen, die mir im Moment bedeutsam erscheinen.

TAKTISCHES

Lassen wir mal die ganze Politik beiseite und schauen mal nur auf den Chart des DAX. Ich habe dazu den Chart des Futures in der Stundensicht gewählt, weil wir dort wegen der Handelszeit bis 22 Uhr weniger Gaps haben und daher eine kontinuierliche Entwicklung sehen können. Lassen Sie sich von der Komplexität des Bildes nicht verwirren, ich werde weiter unten die Szenarien erklären.

Denn ich will Ihnen zeigen, dass man die aktuelle Entwicklung ebenso bullisch wie bärisch interpretieren kann, je nachdem welchen Blickwinkel man einnimmt.

Betrachten wir zunächst das bullische Szenario, das durch die grünen Linien gekennzeichnet ist. Man kann argumentieren, dass wir einen Abwärtstrend hatten, der durch die Bewegung vom 21.05., vom Montag dieser Woche, gebrochen wurde. Weiter kann man argumentieren, dass die Tiefs von Montag zwar getestet, aber danach nicht mehr gebrochen wurden. Als Folge hat sich eine Trendlinie immer höhere Tiefs gebildet, die ein Zeichen für eine Trendwende sein könnte. Und man kann argumentieren, dass der Non-Event des EU Sondergipfels ja eigentlich schlechte Nachrichten waren, weil Hoffnungen zerstoben. Und trotzdem hat der Markt keine neuen Tiefs gebildet, normalerweise ein Indiz für eine bevorstehende Wende nach oben.

Im bärischen Szenario würde man zunächst den typischen Ablauf solcher Korrekturen sehen. Nach einem ersten Absturz kamen wir in der starken Unterstützungszone um 6400 zum halten und haben danach eine Seitwärtsbewegung durchgemacht, in der wir versuchten die vorherige Unterstützungszone von 6600 zurück zu erobern, die nun zum Widerstand geworden war. Nachdem das mehrfach nicht gelang und durch die Seitwärtsbewegung die überverkaufte Markttechnik abgebaut war, gab es den ganz typischen nächsten Schwall nach unten, der erst oberhalb 6200 zum Halten kam. Nun begann das gleiche Spiel, 6400 war zum Widerstand geworden und mehrfache Versuche diese Marke zurück zu erobern scheiterten. Mit dem heutigen Tag ist der überverkaufte Marktzustand auch wieder deutlich abgebaut, was Raum für den nächsten Schwall nach unten schafft, der dann eine Zone 6000-6200 etablieren könnte. Und im übrigen haben wir zu keinem Zeitpunkt die Linie des 200er Durchschnitts zurück erobern können, der durch die feine schwarze Linie dargestellt ist. Das ist eher das Zeichen eines bestehenden Abwärtstrends.

Soweit die beiden Sichtweisen. Sie merken vielleicht schon aus meinen Worten, das ich rein von dem her was ich im Chart sehe, eine leichte Präferenz zum bärischen Szenario habe. Für mich sieht das was der Markt aktuell macht eher nach einer Konsolidierung vor der nächsten Abwärtsbewegung, als nach einer Wende aus. Allerdings hat die markttechnische bzw charttechnische Analyse in so einem politischen Umfeld natürlich massive Grenzen, diese liefert nur dann brauchbare Erkenntnisse, wenn der Markt ohne starken Einfluss von aussen alleine schwingen kann.

Das ist aber definitiv nicht der Fall, am Ende entscheidet die Politik und der griechische Wähler über das kurzfristige Schicksal des DAX. Insofern bleibe ich bei meiner schon geäusserten Sicht einer leichten (55:45) Präferenz für weiter fallende Kurse. Substantiell geändert werden kann das Bild bis zum 17.06. wohl nur durch überraschende Entwicklungen, die wir alle im Moment noch nicht sehen.

Insofern, abwarten, Tee trinken und Kapital schützen. So einfach kann Strategie sein und so schwierig ist das umzusetzen. 😉

STRATEGISCHES

Je mehr ich darüber nachdenke, lese und verstehe, desto mehr wird mir klar, dass das Thema des "Shale Gas" in den US zu einem echten "Game-Changer" mit weltweiten Konsequenzen wird. Es sieht so aus, als ob den USA damit auf Jahrzehnte eine billige Energiequelle zur Verfügung steht, als Folge davon könnte die USA zu einem Netto-Exporteur von fossilen Energierohstoffen werden. Schon heute ist eine Anpassungsbewegung im Gange, in deren Folge Kraftwerke und energieintensive Industrie auf Gas umstellen. Und die US Administration fördert das massiv.

Die Auswirkungen dieser Entwicklung sind erheblich. Geopolitisch dürfte der Nahe Osten mit seinen Ölvorräten damit seine strategische Bedeutung für die USA langsam verlieren, aber auch Länder wie Russland, die ausser Öl und Gaslieferungen nicht viel zu bieten haben, dürften mittelfristig ein Problem bekommen. Noch wichtiger ist aber der Effekt auf die amerikanische Schwerindustrie, die einen rasanten Wiederaufstieg erleben dürfte. In den alten, abgewrackten Industrieregionen rund um Pittsburgh macht sich jetzt schon Aufbruchsstimmung breit. Denn billige Energie verschafft der US Industrie erhebliche Wettbewerbsvorteile. Und das betrifft nicht nur die Schwerindustrie, sondern alle Industriezweige, die Öl als Kostenfaktor haben, so auch die Chemieindustrie wie zum Beispiel die alt ehrwürdige Dow Chemical (WKN 850917). Die BASF (WKN BASF11) hat das übrigens auch erkannt und baut schon in den USA ein Werk. Falls Sie es übersehen haben, sollten Sie unbedingt -> dieses <- Interview mit dem US Chef von BASF lesen.

Übrigens, wir in Europa könnten den gleichen Boom erleben, so gibt es zum Beispiel in Polen, aber auch bei uns in der Norddeutschen Tiefebene, wahrscheinlich erhebliche Vorkommen unkonventionellen Gases, die gefördert werden könnten. Zumindest bei uns in Deutschland ist das aber unvorstellbar, da wären schon diverse Bürgerinitiativen vor. In Deutschland wehrt man sich zunehmend gegen alles, das die vermeintlich "heile" Welt vor der Haustür verändern könnte. Sie müssen sich einmal vorstellen, am Südrand des Schwarzwaldes bei Bad Säckingen wehren sich Bürgerinitiativen sogar gegen ein Pumpspeicherwerk, also gegen einen "ach so bösen" Speichersee oben im Schwarzwald, der als Energie-Zwischen-Speicher dienen soll und in der Nähe eines schon vorhandenen Speichers gebaut werden soll.

Ich kenne übrigens den Ort an dem gebaut werden soll und kann nur sagen, mir fehlt jedes Verständnis für Widerstand gegen das Projekt. Es gibt wohl kein Bauwerk im Bereich Energie, dass umweltfreundlicher ist und weniger Emissionen, Lärm und Risiko beinhaltet, als ein ruhiger, blau schimmernder Speichersee ! Und damit die Energiewende mit erneuerbarer Energie überhaupt gelingen kann, brauchen wir zwingend Stromspeicher, denn Sonne und Wind sind halt nicht 24 Stunden rund um die Uhr verfügbar. Was wäre also naheliegender, als neben einen schon vorhandenen Speicher noch einen grösseren zu setzen ? Aber selbst das ist nun nicht mehr gewollt, für einige Mitbürger scheint Wohlstand einfach vom Himmel herab zu fallen und der Strom aus der Steckdose zu kommen. Wenn Sie es nicht glauben, lesen Sie -> hier <-

Den USA steht nach meiner Erwartung auf jeden Fall eine positive Entwicklung bevor, das Bankensystem ist stabilisiert, der Häusermarkt zieht an, die Verbraucher fassen Vertrauen, das Land hat eine positive demographische Entwicklung und nun kommt noch billige Energie oben drauf. Und wer glaubt, dass Amerika seine "yes we can" Mentalität verloren hätte, der kennt das Land sowieso nicht. Diese war unter Depression verschüttet, gehört aber zur "genetischen Ausstattung" der amerikanischen Nation und wird sich wieder durchsetzen. Ich erwarte in den nächsten Jahren daher einen beeindruckenden industriellen Wiederaufstieg der USA, während Europa sich auf absehbare Zeit selbst lähmt. Auf meine Anlageschwerpunkte hat das schon heute deutliche Konsequenzen. Und wenn man sich dann noch einige mögliche Konsequenzen der Eurokrise ausmalt, macht es jede Menge Sinn einen Teil seines Depots im Dollarraum zu haben.

SELEKTIVES

Sie erinnern sich vielleicht daran, dass ich mich hier zuletzt mehrfach über das Management der Aixtron (WKN A0WMPJ) mokiert hatte, dass einerseits die Anleger mit Hoffnung beruhigt, andererseits aber da wo es zählt, beim eigenen Geld, keinerlei Anstalten macht die Ernsthaftigkeit der eigenen Worte durch Insiderkäufe zu untermauern. Nun hatten wir am 17. und 21.05. sogar einen massiven Insiderverkauf in Höhe von zusammen 1,7 Millionen € ! Jetzt ist nicht jeder Insiderverkauf gleich ein Grund in Panik zu geraten, auch Insider wollen mal was finanzieren und brauchen ihre Mittel an anderer Stelle. Trotzdem frage ich Sie: Wenn Sie beim eigenen Unternehmen, dessen Auftragsentwicklung Sie sehr gut kennen, davon ausgehen würden, dass die Wende im Gange ist und dass der Kurs im 2. Halbjahr wieder bei 16-18€ steht, würden Sie dann heute 1,7 Millionen zum Kurs von 13€ auf den Markt werfen ? Ich definitiv nicht, da hole ich mir dann lieber eine Zwischenfinanzierung, wenn ich das Geld wirklich brauche.

Ganz im Gegensatz dazu ist in meinen Augen übrigens der Kabelhersteller Leoni (WKN 540888) zu sehen, ein Unternehmen mit attraktivem Produktportfolio und klarem Wachstumstrend. Hier ist der Kurs im Zuge der Marktschwäche deutlich herunter gekommen und nun haben am 18., 21. und 22.05 drei Vorstände für zusammen ca. 420 Tausend € eigene Aktien gekauft. Das sieht eher nach Vertrauen in das eigene Unternehmen aus !

Wer mich fragt, welches Papier ich aktuell im Sinne von "Buy and Hold" in mein Depot legen würde, dem würde ich die schweizerische ABB (WKN 919730) nennen. ABB ist marktführend im Bereich Energie-Infrastruktur und dürfte massiv von den absehbaren Umbrüchen, auch durch die "Energiewende", profitieren. Kurzfristig leidet auch ABB natürlich etwas unter der Eurokrise, da bei diesen Grossprojekten auch immer politische Einflüsse eine Rolle spielen, wir konnten das ja zuletzt auch bei den Windkraft-Projekten von Siemens (WKN 723610) beobachten. Insofern sind kurzfristige Sprünge beim Kurs der ABB eher unwahrscheinlich. Aber mittelfristig führt an anderen Energienetzen und damit an ABB wohl kein Weg vorbei, selbst bei weiterer Krise in Europa.

Schaut man sich die aktuelle Kursentwicklung und Bewertung an, sieht man, dass die stocksolide ABB derzeit zu höchst attraktiven Kursen zu haben ist, sehen Sie selbst im Stundenchart, das den Kursverlauf des letzten Jahres abbildet:

In meinem Investmentdepot ist ABB nun auch vertreten und ein Titel, mit dem ich tatsächlich "Buy and Hold" umsetzen werde. Denn ich sehe langfristig erhebliche Chancen und kann ganz entspannt bis dahin warten, 4% Dividendenrendite versüssen die Wartezeit. Wer ganz sicher gehen will nicht deutlich ins Minus zu rutschen, legt einen Stop auf ca. 11,50 €.

WISSENSWERTES

Ich hatte ja zuletzt einiges über SpaceX, Tesla (WLN A1CX3T) und Elon Musk geschrieben und Tesla schon im Februar -> hier <- thematisiert. Nun ist im Handelsblatt ein interessanter Artikel erschienen, den ich Ihnen zum Lesen empfehle:
-> Elon Musk auf Apples Spuren <-

Am kommenden Pfingstmontag ist die Börse in Frankfurt zwar geöffnet, das dürfte aber einer der sinnlosesten Handelstage seit langem werden. Denn nicht genug damit, dass wegen des langen Wochenendes viele Marktteilnehmer sowieso lieber bei ihren Familien sind. Nein, dieses Jahr fällt in den US auch noch der Memorial Day auf den Pfingstmontag, weshalb die US Börsen geschlossen sind. Den kommenden Montag kann man also börsentechnisch wohl komplett ignorieren.

Bedenken Sie bitte auch, dass ich nächste Woche Urlaub von der Börse mache. Ich bin im Lande und werde gerne auf Kommentare reagieren, insofern keine Scheu, schreiben Sie. Und ich werde vielleicht sogar mal den einen oder anderen Beitrag im Blog verfassen. Ich werde aber die Börse nur mit einem Auge beobachten und daher wird es nach Handelsschluss auch keine "Märkte am Abend" geben. In der übernächsten Woche sollte dann alles wieder normal laufen.

Ich wünsche Ihnen schöne Pfingstfeiertage und viel Erfolg in der kommenden Woche !

Ihr Hari

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Hari´s Märkte am Abend – 24.05.12 – Non-Event

22 Uhr - Handelsschluss

Das war irgendwie ein komischer Tag an den Börsen. Nachdem ich gestern damit rechnete, dass der EU Gipfel als Katalysator dafür sorgen würde, dass sich Mr. Market für eine Richtung entscheidet, hat es die Politik nun geschafft aber wirklich exakt und auf den Punkt die Erwartung des Marktes zu treffen.

Und die lautete wohl: da kommt nicht viel bei raus, aber es kommt auch nicht zum offenen Konflikt zwischen Deutschland und Frankreich. Denn genau das ist passiert und Mr. Market reagierte heute mit einem vernehmlichen Gähnen. Es ging zwar Intraday etwas runter, aber am Ende hat es der S&P500 Future geschafft, exakt auf Vortagesniveau zu schliessen. Das war heute also ein "Non-Event".

Damit sehe ich aber meine Sicht bestätigt, dass es dem Markt gar nicht um Griechenland geht, Griechenland ist irrelevant und abgehakt. Denn andernfalls müsste die Angst sofort wieder losgehen, es wurde ja nichts entschieden was beruhigen könnte. Es geht Mr. Market aber primär um die Zukunft der Euro-Zone, die im Tauziehen zwischen Frankreich und Deutschland gestaltet wird. Der Markt hat nur deshalb Angst vor einem "Grexit", weil er (nicht ganz zu Unrecht) befürchtet, dass Panik und Chaos dann auf andere Länder wie Portugal und Spanien überschwappen und damit die ganze Eurozone gefährdet würde. Es geht also nicht um Griechenland, sondern um die möglichen Kollateralschäden in der Eurozone, für die ein "Grexit" nur der Auslöser wäre.

Wenn meine Sicht richtig ist, leitet sich daraus aber auch ab, dass es Europa theoretisch leicht fallen könnte einen "Grexit" zu beherrschen. Und zwar dann, wenn Frankreich und Deutschland sich sichtbar unterhaken und Einigkeit demonstrieren würden, einen "Grexit" um jeden Preis zu beherrschen. Wenn...

Denn damit ist traurigerweise nicht zu rechnen, da Hollande unbedingt auch noch die Parlamentswahlen gewinnen muss, damit er nicht schon frühzeitig in seiner Präsidentschaft gegen eine "feindseliges" Parlament regieren müsste. Bis dahin ist von Hollande also weiter Wahlkampfrhetorik zu erwarten. Und nun raten Sie mal, wann die Parlamentswahlen sind ? Am 10. und 17.06.12. Richtig, genau dem 17.06., an dem auch Griechenland wählt. Tragisch oder ? Es gibt also leider wenig Chance auf "Unterhaken" und ein starkes Signal der Einigkeit vor den Wahlen in Griechenland.

Nebenbei bemerkt will Hollande nach Presseberichten vor den Parlamentswahlen nun wohl auch ganz schnell sein "Rente mit 60" Versprechen einlösen. Wie das bezahlt werden soll ist scheinbar egal. Eine öffentliche Diskussion, die sich primär an dem Renteneintrittsalter festmacht, ist für mich ein Ärgernis, auch hier in Deutschland wird oft ähnlich plump argumentiert. Ich gönne jedem seine frühe Rente und ich würde auch gerne mit 50 in den "Ruhestand" gehen, wie so mancher Staatssekretär einer abgewählten Partei. Aber die Finanzierbarkeit einer Rentendauer hängt halt primär von dem Verhältnis der Beitragsjahre zu den Rentenjahren ab und das gilt unabhhängig davon ob man ein Umlage- oder Kapitalverfahren hat. Das ist simpelste Grundschul-Mathematik, aber selbst die scheinen nicht alle zu begreifen.

Früher haben die Menschen 40 Jahre eingezahlt, wurden 75 Jahre alt und hatten daher 10-15 Jahre Rentenbezugszeit. Die jetzige Generation wird aber im Schnitt 90 Jahre alt werden und hat daher 20-30 Jahre Rentenbezugszeit. Kann mir jetzt mal bitte jemand erklären, wie das bei immer noch 40 Jahren Anspardauer funktionieren soll, ohne dass entweder die Leistungen massiv gekürzt werden oder signifikant mehr in der Ansparphase eingezahlt wird ? Ich finde derartige Versprechungen deswegen in höchstem Masse unseriös. Ich habe nichts dagegen, den Menschen weiterhin eine Rente mit 60 zu gönnen, dann muss die Politik aber auch die Seriosität besitzen, den Wählern die Konsequenzen zu erklären: entweder mehr ansparen oder niedrigere Renten. Im Falle unseres Generationenvertrages würde sich die Last des "mehr ansparen" dann auf unsere Kinder verlagern, was es aber auch nicht besser macht, ausser das Wohl unserer Kinder wäre uns egal. Mathematik lässt sich halt nicht populistisch bestechen.

Ganz übel wird solche Wohltatenpolitik dann aber, wenn gleichzeitig Eurobonds verlangt werden, die defacto eine Vergemeinschaftung der Schulden und damit der Staatsfinanzierung wären. Als Ergebnis würde dann der deutsche Rentner der mit 67 in die Rente geht, die Rente mit 60 des französischen Rentners finanzieren. Das ernsthaft zu verlangen ist für mich eine Frechheit. Als Konsequenz sollten wir dann die Rente mit 50 einführen um den Spiess umzudrehen. Worauf die anderen mit der Rente mit 40 antworten. Wohin das führt, sollte selbst der verbohrteste Ideologe sehen, auf jeden Fall nicht zu mehr Wohlstand in Europa.

Ich habe auch nichts gegen Eurobonds, aber bitte nachdem wir in Europa alle die gleichen Sozial- und Steuersysteme haben und wir nach dem demokratischen Prinzip "ein Mensch eine Stimme" alle darüber abstimmen können, wenn jemand seine Wähler mit Geschenken beglücken will. Wenn die Eurozone so weit ist, dann sofort her mit den Eurobonds, dann bin ich sofort dafür. Davon sind wir aber noch Jahrzehnte entfernt.

Interessant ist in diesem Zusammenhang zu sehen, dass auch SPD-Chef Gabriel nun scheinbar begriffen hat, welche Sprengkraft das Thema bei den deutschen Wählern hat. War Hollande bisher sein Held und wurde gefeiert, so heisst es nach einer Präsidiumssitzung der SPD, in der laut Presse Franz Müntefering seine Stimme erhob, nun plötzlich: der (Hollandes) Vorschlag sei "skurril". Lesen Sie zum Beispiel -> hier <- in der FAZ. Naja kann ich dazu nur sagen, besser eine späte Erkenntnis als nie.

Nun aber genug auf unsere "sozialistischen Freunde" in Frankreich geschimpft, kommen wir zurück zum Markt. Eben weil Hollande bis zum 17.06.12 Wahlkampf machen wird, dürfte das Ergebnis in Griechenland höchst riskant sein, weil es auf keine geeinte Eurozone trifft. Und deshalb dürfte auch die klare Botschaft der EU an die griechischen Wähler im Vorfeld der Wahl fehlen.

Insofern bin ich Stärke des Marktes gegenüber weiterhin eher skeptisch eingestellt. Und ich werde mich auch so weit es geht aus der Eurozone heraus halten, Anlagen erfolgen also primär im Dollarraum. Denn bis zur Entscheidung in Griechenland halte ich einen nachhaltigen Anstieg des Marktes für unwahrscheinlich, ausser die Umfragen würden schon vor der Wahl eine klare Mehrheit der Parteien vorausssagen, die die Vereinbarungen weiter honorieren wollen.

Da wir aber alle wissen, dass Griechenland so oder so keine Vereinbarungen einhalten kann - denn das würde vor allem anderen eine grundlegende Reform der staatlichen Institutionen mit Massenentlassungen bei Staatsbediensteten erfordern - hoffe ich persönlich zum Wohl der Eurozone, dass nach der Wahl endlich der "Grexit" kommt, die Folgen halte ich für beherrschbar, wenn man wirklich will. Eine Eurozone der 16 ohne diese schwelende Wunde hätte dann tatsächlich die Chance die Reihen zu schliessen. Und Griechenland könnte man dann gerne mit einer Art Marshallplan helfen. Denn nachdem die ganzen Illusionen der griechischen Radikalen dann endlich an der Realität gescheitert sind, würde man dann vielleicht ein Land vorfinden, dass sich wirklich helfen lassen will, statt den Helfern als Dank ins Gesicht zu spucken oder wie in Berlin beim Leiter der Griechenland-Task-Force geschehen, ihre Autos anzuzünden. Das wäre eine Chance für einen echten Neuaufbau zum Wohle des griechischen Volkes. Manchmal müssen die Dinge halt erst schlimmer werden, bevor sie besser werden können. So traurig das auch ist.

In dem Zusammenhang habe ich dank eines Leserkommentar in obigem FAZ Artikel einen Hinweis auf ein tolles Zitat zum Thema gefunden:
--------------------------------------------
Der Staatshaushalt muß ausgeglichen sein.
Die öffentlichen Schulden müssen abgebaut, die Arroganz der Behörden muß gemäßigt und kontrolliert werden.
Die Zahlungen an ausländische Regierungen müssen verringert werden, wenn der Staat nicht bankrott gehen soll.
Die Leute sollen wieder lernen zu arbeiten, statt auf öffentliche Rechnung zu leben.
Der Staatsdienst muß zum Nutzen derer geführt werden, die ihm anvertraut sind, nicht zum Nutzen derer, denen er anvertraut ist.

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Und jetzt raten Sie mal, von wem das ist: Marcus Tullius Cicero, Römischer Redner, Politiker und Schriftsteller, 106-43 v. Chr. Kaum zu glauben wie sich Geschichte immer wiederholt.....

Kommen wir zu dem, was man in so einer dramatischen Phase mit seinem Kapital machen kann.

Zunächst einmal ist Kapitalerhalt und Schutz allererste Anlegerpflicht, wie ich hier schon mehrfach schrieb. Das ist in meinen Augen definitiv nicht die Zeit für aggressive Wetten egal in welche Richtung, zu unsicher und erratisch ist die politische Grosswetterlage.

Ich will deswegen aktuell auch gar keine Tips oder Hinweise zu konkreten Anlagen geben, zu gross ist das Risiko durch eine politische Volte innerhalb 24 Stunden völlig falsch zu liegen. Statt dessen finden Sie es aber vielleicht interessant zu lesen, was ich persönlich in den letzten Tagen für Depotbewegungen vorgenommen habe. Ziehen Sie daraus Ihre eigenen Schlüsse.

Hier ist also als Premiere (*Fanfare* ;-)), die grobe Liste meiner Aktivitäten von Montag bis Donnerstag dieser Woche:

(1)
Positionen in den Gold- und Silberminen wurden teilweise verdoppelt und zwar im ETF GDX und in Einzelaktien.

(2)
Erste kleine Basis-Positionen bei Ölkonzernen wurden aufgebaut, nachdem ich diese vor ein paar Wochen fast auf Null herunter gefahren hatte. Im Depot sind nun wieder:
BP (WKN 850517), Apache (WKN 857530), Statoil (WKN 675210), Repsol (WKN 876845), Suncor (WKN A0NJU2).

(3)
Der Düngemittelsektor wurde ausgebaut, neben K+S (WKN KSAG88) sind nun auch Mosaic (WKN A1JFWK) und Yara (WKN A0BL7F) wieder im Depot. Darüber hinaus Bunge (WKN 762269) als Wette auf den Agrarsektor.

(4)
Erste kleinere Basis-Positionen bei Bluechips des NASDAQ wurden wieder aufgebaut, nachdem ich seit Wochen dort fast nicht mehr investiert war. Im Depot sind nun wieder: Sandisk (WKN 897826), Cisco (WKN 878841) und Broadcom (WKN 913684).

(5)
Short Euro im Verhältnis zur Norwegischen Krone aufgebaut, also Short EURNOK.

(6)
Heute (Donnerstag) bei S&P500 > 1320: Short auf die breiten Indizes S&P500 und DAX wieder aufgebaut. Stop bei S&P500 1345 und DAX 6620.

An obigen Bewegungen der bisherigen Woche sehen Sie, dass ich mich im Moment komplett aus dem europäischen Aktienmarkt fern halte, auch aus der DAX Familie. Ich habe zwar einige Positionen in Deutschland, die baue ich aber nicht aus und warte ab. In den US und im Bereich Öl und Agrar traue ich mich aber schon wieder einen ersten Zeh in den Markt zu stecken, aber auch nicht mehr. Meine Shortpositionen sind primär ein Hedge, ich bin in Summe aktuell 25% Net-Long, weit überwiegend im Dollarraum.

So weit so gut zu meiner aktuellen Aufstellung. Bedenken Sie dabei, dass ich meine Meinung blitzschnell ändern kann und wenn Morgen zum Beispiel im Ölsektor etwas passiert, was ich als "Gamechanger" betrachte, bin ich auch schneller wieder draussen, als ich hier im Blog "buh" schreiben kann. Treffen Sie also Ihre eigenen Entscheidungen, es ist Ihr wertvolles Kapital. Tun Sie alles dafür, es zu erhalten - wenn Sie das schaffen und damit lange genug im Spiel bleiben, kommt der Ertrag irgendwann von ganz alleine !

Zum Schluss vielleicht noch ein Hinweis: es gibt eine wichtige psychologische Voraussetzung so eine Phase gut zu überstehen. Man muss sich von der Angst lösen, nach oben etwas zu verpassen. Ich denke wir kennen alle den Reflex "oh es dreht, schnell noch aufspringen". Bedenken Sie, solche massiven Bewegungen wie aktuell enden nicht "mal eben". Und wie ich schon in einem Kommentar schrieb, in 9 von 10 Fällen stellt sich das "Oh es dreht" Gefühl als Bullenfalle heraus. Und selbst wenn Sie ein paar Prozent des Wiederanstiegs verpassen sollten, es bleibt danach immer noch genug Zeit Geld zu verdienen. Denken Sie an letzten Herbst, das Gezappel im Bereich 5000-5500 hätte man sich sparen können. Es hätte gereicht, gelassen bei 6000 einzusteigen als sich der Trend nach oben etablierte und gelassen bei 7000 auszusteigen.

In diesem Sinne, lassen Sie uns unser Kapital erhalten und gelassen auf bessere Börsenzeiten warten - glauben Sie mir, Sie werden definitiv kommen !

Ich wünsche Ihnen einen schönen Abend !

Ihr Hari

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Hari´s Märkte am Abend – 23.05.12 – Von kulturellen Unterschieden in Europa

22 Uhr - Handelsschluss

Meine Skepsis der gestrigen Rally gegenüber war offensichtlich berechtigt. Wir gaben die Gewinne der beiden Vortage fast vollständig wieder ab und näherten uns bedenklich einem Test der Tiefs von Freitag. Dann aber kamen im späten Handel wieder Gerüchte um den EU Gipfel und ein QE3 in den Markt, die zu einem kleinen Short Squeeze führten. All das ist eindrucksvolles Zeichen der grossen Nervosität im Markt.

Wo stehen wir damit und wie geht es weiter ? Es ist alles offen, aber Morgen dürfte die Entscheidung für den Markt fallen.
Morgen, mit der Reaktion des Marktes auf die Ergebnisse des EU Sondergipfels, wird es wohl ernst und wir sollten uns alle für heftige Bewegungen festschnallen.

Entweder werden wir Morgen die Tiefs von Freitag durchschlagen, dann geht die Reise noch deutlich tiefer. Dann dürften wir im S&P500 in den Bereich zwischen 1250 und 1280 abstürzen und im DAX uns Richtung 6000 bewegen.

Oder, der Markt nimmt die Ergebnisse positiv auf, dann haben wir nun erhebliches Potential für einen mächtigen Short-Squeeze, der den DAX bis Freitag wieder bis 6600 treiben könnte.

Morgen dürfte also der "Tag des Gerichts" sein und wehe dem, der massiv auf der falschen Seite steht. Wie es ausgeht, kann niemand vorher sehen, auch ich nicht. Mein Eindruck ist aber, dass der Markt viel weniger vor dem "Grexit" Angst hat, als vor Streit zwischen Frankreich und Deutschland, der ein Ende der Eurozone herauf beschwören würde. Insofern wird der Eindruck ganz entscheidend sein, den Hollande und Merkel machen. Entsteht der Eindruck eines Zerwürfnisses, dürfte der Absturz nicht zu verhindern sein. Entsteht aber der Eindruck, dass man diese Sache fest "Seit an Seit" durchstehen will, dürfte die Angst vor dem "Grexit" eines Teils der Grundlage beraubt werden und dem Short-Squeeze steht dann wohl nichts im Wege.

In Anbetracht dieser dramatischen Situation, macht weitere Diskussion individueller Aktien heute absolut keinen Sinn. Es wird dann sowieso alles massiv in die eine oder andere Richtung gedrückt. Nach einem Abstecher zu den Goldminen, erlaube ich mir heute daher weiter unten ein paar philosophische Sätze zu den kulturellen Unterschieden in Europa.

Absolut eindrucksvoll und in Anbetracht meiner Aufstellung auch begeisternd, ist das was aktuell rund um die Goldminen passiert. Gold (XAUUSD) hatte heute offensichtlich beschlossen die Tiefs noch einmal zu testen, eine Variante, die ich hier ja schon antizipiert hatte. Das hielt den Goldminen ETF (GDX) aber nicht davon ab, nach anfänglicher Schwäche und trotz dickem Minus im Gold wieder ins Plus zu drehen. Und dann, im späten Handel, macht es noch einmal *BAMM* und der GDX sprang über die 44 USD und schloss mit 4% im Plus ! Und das trotz schwachem Goldpreis und schwachem Aktienmarkt, deutlicher kann man nicht zeigen, dass man nun nach oben will.

Damit haben die Goldminen die Wende vollzogen und haben in meinen Augen deutliches Aufholpotential. Ich gehe auch davon aus, dass nach dieser Performance nun frisches Geld in den Sektor strömt. Auch das Volumen der Bewegung ist positiv. Ich habe heute in die anfängliche Schwäche hinein meine Position im GDX deutlich erhöht, weil ich das wie hier ja mehrfach thematisiert so erwartet hatte. Mein Stop bleibt zur Sicherheit bei 39 USD, denn bei aller positiver Erwartung kann es trotzdem auch immer anders kommen. Aber von diesem Stop abgesehen, geniesse ich nun die Reise. Ein Zustand der zuletzt ja selten geworden ist. 😉 Schauen Sie auf den Chart von 21 Uhr, der sagt alles.

Heute flatterte mir der "Focus-Money-Kontraindikator" wieder ins Haus, diesmal in Sachen Eurokrise mit der Überschrift "Ich bekomme jetzt schon Gänsehaut". Eigentlich ist das ein Signal, dass sich die Lage bald wieder entspannen könnte, zum Beispiel durch einen überraschenden Sieg der alten Parteien in Griechenland. Allerdings bin ich derzeit nicht davon überzeugt, man kann das Spiel mit dem Kontraindikator auch überdehnen und "Gänsehaut" habe ich zum Thema schon lange, wie sie von einigen meiner Artikel wissen.

Im Heft ist dann ein interessantes Interview mit Jamil Baz, einem Hedgefondmanager der MAN-Group, mit früheren Jobs bei Goldman Sachs, Pimco, DB und einem Lehrauftrag in Oxford. Baz bringt zwischen den Zeilen einen entscheidenden Faktor der Krise in Europa ins Spiel, der aufgrund "political correctness" in der öffentlichen Diskussion weitgehend vermieden wird. Es sind die kulturellen Hintergründe der verschiedenen Länder, die sich dann unter anderem auch in unterschiedlichem fiskalischem Verhalten zeigen. Wir alle unterschätzen unsere kulturelle Prägung in meinen Augen zu oft, weil uns oft gar nicht bewusst ist, dass unsere Wertvorstellungen nicht absolut "wahr", sondern nur Ergebnis dieser Prägung sind.

Konkret ist es geradezu auffällig, dass nahezu alle wirtschaftlich wackeligen und überschuldeten Länder der Eurozone historisch vom Katholizismus geprägt sind. Umgedreht sind fiskalisch stabile Länder mit geringerer Verschuldung eher calvinistisch/protestantisch geprägt. Bevor Sie jetzt Eier auf mich werfen, ich sage damit NICHT, dass Katholiken perse nicht mit Geld umgehen können. 😉 Man sieht hier in meinen Augen nur, dass die durch die Reformation bedingte Trennung Europas in einen primär protestantischen Norden und einen primär katholischen Süden selbst hunderte Jahre später immer noch massive kulturelle Auswirkungen hat, derer sich viele gar nicht mehr bewusst sind. Denn kulturelle Prägung wird von Generation zu Generation weiter gegeben und ändert sich nicht so schnell wie Regierungen.

Denn während der Katholizismus weit mehr Raum zur fülligen "Lebensfreude" (man kann es auch "Sünde" nennen) bietet, ist die calvinistisch/protestantische Ethik von Askese und Fleiss, aber oft auch übertriebenem Ernst geprägt. Die "Leichtigkeit des Seins" ist der protestantischen Ethik einfach nicht in die Wiege gelegt. Ohne diese protestantische Ethik wäre eine "preussische Kultur" unmöglich gewesen und ohne die Lebensfreude der katholischen Ethik, wäre manch prachtvolles Bauwerk nicht existent, das nun die Welt bereichert.

Jetzt will ich die Welt wirklich nicht holzschnitzartig und primitiv schwarz/weiss sehen, es gibt prosperierende, katholisch geprägte Regionen mit Weltunternehmen wie in Norditalien und ebenso protestantische, aber wirtschaftlich "arme" Landschaften wie in Mecklenburg-Vorpommern. Denn diese kulturelle Prägung aus der Reformation wird natürlich auch noch von vielen anderen historischen Faktoren überlagert und unterliegt natürlich noch anderen Faktoren, als nur der Trennlinie durch die Reformation.

Trotzdem darf man die Existenz und Bedeutung dieser kulturellen Prägung nicht übersehen und unterschätzen. Gerade hier in Deutschland, dass durch die Reformation geteilt wurde, sind doch zum Beispiel die Unterschiede zwischen hanseatischer und urbayrischer Lebensart offensichtlich. Sie verschwimmen natürlich zunehmend, weil "urbayrisch" ist in Bayern noch das Land, aber nicht mehr die wirtschaftlichen Zentren wie München, trotzdem sind die Unterschiede offensichtlich.

Damit es keine Missverständnisse gibt, ich werte das nicht und es geht hier auch nicht um persönliche Präferenzen, die ich im übrigen nicht habe - beide Wertsysteme haben für mich ihre guten Seiten, die ich versuche mir jeweils heraus zu picken. Und ich lebe gerne in Bayern, auch auf dem Land. 😉 Ich weise nur darauf hin, dass beide Kulturen eine unterschiedliche Ethik und Wertvorstellungen besitzen, deren Folgen wir auch heute noch in den Wirtschaftssystemen bewundern können. Und daraus folgt erneut, dass nicht nur dem Euro, sondern auch der EU als reinem "Reissbrettprodukt" der politischen Eliten, in Teilen das gemeinsame Wertesystem fehlt. Nordeuropäer und Südeuropäer sind sich in bestimmten Bereichen immer noch kulturell fremd.

Wir sind zwar alle Europäer, aber weder ein Volk noch eine Kultur. Das wird in meinen Augen massiv unterschätzt, bricht nun aber in Anbetracht der Eurokrise wieder mit Gewalt auf, was an den wieder auftauchenden Ressentiments auf beiden Seiten eindrücklich zu beobachten ist. Es gibt einfach keine wirklich europäische Identität und deshalb fühlen sich die Brüsseler Institutionen für die Bürger Europas auch so leer und emotionslos an. Deshalb würden auch in keinem Land Europas die Bürger für Brüssel auf die Strasse gehen, ein Faktum, das sehr zu denken geben sollte.

In Summe ist das keine hoffnungsvolle Prognose für "diesen" Euro und "dieses" Europa. Wie ich schon an anderer Stelle sagte, hat für mich die Politikergeneration der Kohls und Waigels mit dem Euro-Projekt ungewollt und in euphorischer Überschätzung der europäischen Entwicklung den Spaltpilz an Europa gelegt. Gewollt wurde genau die Überwindung dieser kulturellen Unterschiede, der Euro bewirkt aber das Gegenteil, er macht die Unterschiede wieder für die Bevölkerung erlebbar - ein Spaltpilz eben. Man war voller guter Absichten, aber wollte zu viel und zu schnell.

Und deswegen wäre es im Sinne Europas Zukunft in meinen Augen unbedingt nötig, dass wir diese Spannung schnell wieder abbauen, auch um den Preis des harten Austritts einiger Länder aus der gemeinsamen Währung und vielleicht sogar der EU. Denn nur dann, wenn diese Spannung wieder verschwindet, können wir als Europäer unsere kulturellen Unterschiede wieder zu etwas Positivem im Sinne von Vielfalt und Offenheit machen und so das Trennende überwinden. Die derzeitige Krise führt aber eher zum Gegenteil, zur Abschottung und zum Erwachen alter Ressentiments. Und das bedauere ich zutiefst.

Mich würde interessieren, wie Sie den Einfluss kultureller Prägungen auf die Eurokrise und unsere Probleme in Europa sehen.

Zum Abschluss noch ein Hinweis in eigener Sache:

Seit Anfang des Jahres war ich ohne Unterbrechung jeden Abend mit den "Märkten am Abend" Online. Jetzt brauche ich auch einmal einen kleinen Urlaub und muss mich auch mal um meine eigene Gesundheit kümmern.

In der kommenden Woche (der 4-Tage Pfingstwoche), macht Mr-Market.de daher Urlaub. Ich werde Kommentare weiter freischalten und auch (mit Verzögerung) darauf reagieren. Vielleicht schreibe ich auch mal den einen oder anderen kurzen Artikel. "Hari´s Märkte am Abend" um 22 Uhr werden aber kommende Woche weitgehend ausfallen, Updates des Blogs werden eher sporadisch und überraschend sein.

Sie werden also nächste Woche mal ohne mich durch den Markt navigieren müssen, in der Woche danach will ich dann wieder ganz normal täglich mit meinen Martkberichten online sein.

Ich wünsche Ihnen einen schönen Abend !

Ihr Hari

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Hari´s Märkte am Abend – 22.05.12 – Wende oder Bullenfalle ?

22 Uhr - Handelsschluss

Mit dem heutigen Tag wurde im DAX der kurzfristige Abwärtstrend gebrochen und zwar egal, wie man die Trendlinie zieht. Sehen Sie hier auf dem Stundenchart:

Ein Bruch der Trendlinie bedeutet aber keineswegs, dass es nun einfach weiter nach oben geht. Man muss das wie eine Tür sehen, die nun geöffnet wurde, unser Blick kann sich nun auch wieder nach oben richten. Das ist schon einmal eine wesentliche Veränderung gegenüber der Lage in der letzten Woche. Aber ob Mr. Market wirklich durch diese offene Tür geht, ist keineswegs sicher !

Positiv war heute sicherlich, dass auch die schwer verprügelten Werte wie Klöckner (WKN KC0100) ansprangen, 5% Plus haben wir bei dem Titel schon lange nicht mehr gesehen. Ähnliches galt heute auch für eine ST Microelectronics (WKN 893438), die mit 8% haussierte. Auch bei einer Reihe weiterer Werte, die in den letzten Wochen besonders abverkauft wurden, sahen wir heute einen gewissen Nachholeffekt. Positiv ist sicher auch, dass der DAX zum Schlusskurs die 6400 zurück erobern konnte.

Trotzdem bleibe ich in Summe vorsichtig und dem Bounce skeptisch gegenüber eingestellt. Denn nichts von dem was wir in den letzten beiden Tagen gesehen haben, ging über eine technisch fast zwingende Gegenbewegung hinaus. Und wenn man sich anschaut, wie stark bestimmte Aktien in der letzten Woche verloren haben, ist die Gegenbewegung keineswegs von besonders Stärke und Überzeugung geprägt. Die Schwäche im späten Handel der Wallstreet war heute auch kein besonders gutes Zeichen.

So weit ich das einschätzen kann, wird dieser Bounce bisher aus überdehnter Markttechnik und der Hoffnung auf den EU Sondergipfel gespeist. Die überdehnte Markttechnik ist aber mit dem heutigen Tag als Katalysator schon wieder teilweise abgebaut. Bleibt die Hoffnung auf den EU Sondergipfel und da hat der Markt nun schon etwas an positiver Erwartung eingepreist, was Raum für Enttäuschungen bietet. Insofern kommt der wirklich Test erst morgen bzw am Donnerstag, je nachdem wie lange der Gipfel dauert und ob belastbare Ergebnisse schon morgen während der Handelszeit durchsickern.

Wir sind also mal wieder in der Hand der Politik und darauf zu wetten ist ein Lotteriespiel ohne Edge für uns - ein Spiel an dem ich deshalb nur ungern teilnehme. Ich habe daher meine Aufstellung bisher nicht geändert und bleibe im Imvestmentdepot weitgehend aus dem Markt mit nur geringem Long-Exposure. Den Bounce heute habe ich primär kurzfristig im Handelssystem gespielt. Sollte mich Morgen eine gewaltige Rally überraschen, habe ich halt Pech gehabt und verpasse diese teilweise, weil ich erst verspätet aufspringe. Das ist mir aber das geringere Risiko, als mich zu früh in eine potentielle Bullenfalle einzukaufen und mit frischen Long-Positionen wie ein Mühlstein um den Hals wieder unter Wasser gedrückt zu werden.

Wenn man mich zwingen würde mich heute für eine Seite zu entscheiden, hätte ich eine leichte Präferenz zur Aussage, dass wir am Freitag wieder tiefer stehen als heute. Glücklicherweise muss ich diese Entscheidung aber nicht treffen, zumal meine Präferenz für die Short-Seite auch nur gering ist, sozusagen 55:45. Warten wir also einfach ergeben ab, was beim EU-Sondergipfel passiert.

Bei den US Kohleaktien gibt es nun wirklich jeden Tag massive Bewegungen. War eine Arch Coal (WKN 908011) gestern noch 7% im Plus, ging es heute wieder um einen ähnlichen Betrag nach unten. Auslöser war dabei wohl Patriot Coal (WKN A0M5QB), die heute mit über 30% wie ein Stein fielen ! Ich kenne die Ursache nicht und kann nur Vermutungen anstellen. Für mich sieht das aber so aus, als ob bei Patriot Coal nun eine mögliche Pleite eingepreist wird. Patriot ist einfach nicht gross genug und hat wohl nicht genügend finanzielle Muskelkraft, um diese historisch niedrigen Kohlepreise lange durchzustehen. Als Folge wurden natürlich alle Aktien des Sektors mitgerissen.

So verrückt sich das anhört, bei so einem brutalen Schweinezyklus wie derzeit bei US Kohle gehören Pleiten aber einfach dazu und sind für den Markt positiv zu werten. Denn so würde Angebot vom Markt genommen und das Spielfeld bereinigt. Grosse, finanzstarke Konzerne dürften von den Pleiten der aggressiven Kleinen also eher profitieren. Wie Sie wissen bin ich im Sektor nur bei Arch Coal und Peabody Energy (WKN 675266) mit jeweils kleinen Basispositionen im Markt. In beiden Fällen mache ich mir um die finanzielle Überlebensfähigkeit aktuell keine Sorgen. Einen Anlass meine Positionen aufzustocken sehe ich aber noch nicht, auch wenn das Hin- und Her eher für eine volatile Bodenbildung spricht, möchte ich erst den Beginn eines nachhaltigen Aufwärtstrends sehen, bevor ich mich im Sektor weiter exponiere.

Und einen historischen Moment gibt es heute zu berichten, der an der deutschen Presse mal wieder weitgehend vorbei geht:

SpaceX hat heute den ersten kommerziellen Flug in der Geschichte der Raumfahrt zur International Space Station (ISS) erfolgreich gestartet. Lesen Sie -> hier <- !

Mein Glückwunsch gilt Elon Musk ! Ja genau, genau der Elon Musk, der auch CEO von Tesla Motors (WKN A1CX3T) ist und sicher zu den mutigsten Entrepreneuren dieses Planeten gehört. Während ich mich hier mühe meine Familie und mein Trading mit dem Blog in Einklang zu bringen, führt er "mal eben" SpaceX und Tesla in wahrlich historische Umbrüche. Chapeau ! Nebenbei bemerkt war Tesla Motors heute 7% im Plus. Das könnte durchaus mit dem Flug von SpaceX zu tun haben, weil es erneut zeigt, dass Elon Musk kein Spinner ist, sondern sehr genau weiss was er tut. Und wenn er auch bei Tesla den Launch (hier des Model S) sauber hinbekommt, könnte der Kurs bald höher stehen.

Übrigens, gerade weil die deutsche Presse schläft, das Thema der kommerziellen Raumfahrt ist auch aus Börsensicht hoch spannend. Da ist im Stillen eine wirklich Revolution im Gange, an der nicht nur ein Elon Musk, sondern auch Jeff Bezos (Amazon) mit Blue Origin, Robert Bigelow (Hotel Milliardär) mit Bigelow Aerospace, Richard Branson (Virgin) mit Virgin Galactic oder Larry Page und Eric Schmidt (Google) mit Planetary Resources mitwirken. Eine Revolution die das Potential hat die Welt in den nächsten Jahrzehnten zu verändern. Alle diese bekannten Unternehmer haben teilweise schon gewaltige Summen in ihre Firmen investiert und wer meint, dass diese Leute es nicht verstehen würden wie man profitable Geschäfte aufbaut, der sollte lieber mal seine Brille putzen und seine Arroganz herunter schlucken.

Ich werde das zum Anlass nehmen, demnächst ein ausführliches "Special" zu diesem spannenden Thema zu verfassen. Denn dieses Thema an der Börse zu verpassen, wäre in meinen Augen ein grosser Fehler. Alles was ich für dieses "Special" brauche ist Zeit und Ruhe, ein Gut das mir in den letzten Wochen fehlte. Vielleicht schaffe ich es in einem Kurzurlaub Ende Juni.

Manchmal bedauere ich sehr, dass uns Deutschen - die wir mit Namen wie Oberth oder von Braun die wahren Väter der Raumfahrt sind - der Mut zur historischen Tat seit dem Einschnitt des zweiten Weltkriegs irgendwie aus der Volksseele heraus operiert wurde. Unsere Milliardäre verstecken (bis auf löbliche Ausnahmen wie Plattner/Hopp) ihr Vermögen. Amerikanische Milliardäre investieren es dagegen in derartige Projekte oder spenden es ala Gates oder Buffet. Da muss ich nicht lange überlegen, wo meine Sympathien liegen.

Etwas Verständnis habe ich für die deutschen Milliardäre aber schon, denn würden einige namhafte Personen so ein Projekt starten, wären ihnen Neid und Spott sicher und das Feuilleton würde in Empörung über diese "Geldverschwendung" überquellen. Wahrscheinlich verstehen die deutschen Milliardäre das instinktiv und halten daher lieber die Füsse still. Und wie negativ Deutschland auf Warren Buffet reagierte, der mehr als 90% seines Vermögens der Gates Foundation zur Verfügung stellte, war vielen wohl auch eine eindrückliche Lehre. In der Logik des deutschen Mainstreams ist Hilfe die von einer privaten Gates-Foundation ausgeht perse schlecht, weil das sind ja nur "Almosen" aus den Händen eines "bösen Kapitalisten". Das gleich Geld aber gnädig vom Amtsvorsteher verteilt, ist dann aber "sozial" und "gerecht". Sehr merkwürdig und vielsagend das alles.

Ich wünsche Ihnen einen schönen Abend !

Ihr Hari

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Hari´s Märkte am Abend – 21.05.12 – Kurzbericht

22 Uhr - Handelsschluss

Heute nur ein Kurzbericht, weil ich durch technische Probleme kaum zum geordneten Arbeiten gekommen bin.

(1) Das war heute ein typischer technischer Bounce, unterstützt von unspezifischer Hoffnung, dass beim EU Sondergipfel am Mittwoch etwas Positives heraus kommt.

(2) Wir haben den Abwärtstrend mit der heutigen Bewegung aber (noch) nicht gebrochen ! Insofern gibt es keinerlei Grund den heutigen Tag überzubewerten. Der Abwärtstrend ist (noch) intakt.

(3) Ehrlich gesagt tue ich mich schwer mir vorzustellen, was da am Mittwoch Positives heraus kommen soll. Ich denke der Termin dient vor allem dazu die politischen Kräfte in der neuen Konstellation mit Hollande zu testen. Wirklich durchgreifende Ergebnisse erscheinen mir bei so einem Setup unmöglich, ausser unsere Regierung knickt völlig ein und stimmt in den allgemeinen Chor ein, der nach ein paar Monaten fasten, gleich schon wieder zur fiskalischen Völlerei wechseln will.

(4) Trotzdem hat der Markt nun wirklich Potential für einen ausgedehnten Bounce, die heutige massive Stärke bei Apple (WKN 865985) mit 5% Plus sehe ich als positives Signal. Insofern könnte es morgen noch mal einen guten Tag geben und wir müssen uns dann im morgigen späten Handel die entscheidende Frage stellen, ob diese Stärke in den EU Gipfel hinein wieder zu verkaufen ist, oder ob sich doch eine Wende abzeichnet.

(5) Ein sehr typischer Ablauf wäre, wenn der Markt nach einem mehrtägigen Bounce wieder abkippt und dann in einem richtigen Selloff neue Tiefststände auslotet. Dieser Panik-Selloff fehlt nämlich noch. Idealerweise drehen aber die Oszillatoren bei diesem finalen Selloff schon wieder hoch, bilden eine Divergenz aus und die Marktbreite beim Absturz nimmt ab. Würde es so kommen, wäre es dann ein idealtypisches Setup für eine Wende. Eine echte Wende zum jetzigen Zeitpunkt wäre dagegen eher ungewöhnlich. Aber ungewöhnlich heisst nicht unmöglich, wir befinden uns als lebende Versuchskaninchen mitten in einem geschichtlich einmaligen Experment, da muss man mit historischen Vergleichen vorsichtig sein.

(6) Die Goldminen haben heute eindrucksvoll bestätigt, dass hier eine bedeutende Wende im Gange zu sein scheint. Über 3% Plus im GDX, während Gold um die Nulllinie schwankt, sind eine klare Ansage ! Um nach oben freie Fahrt zu bekommen, sollte der GDX noch die 44 USD erobern, dann ist die Wende wohl endgültig vollendet. Wer in der aktuellen Lage nach einem attraktiven Long-Setup sucht, bekommt hier vielleicht eines auf dem Gold- und Silber-Tablet präsentiert.

(7) Auch der US Kohlesektor ist heute deutlich im Plus. Arch Coal (WKN 908011) mit 7%. Derartige Tage häufen sich in letzter Zeit und ich wiederhole was ich schon vor Wochen sagte, die Tage des permanenten Absturzes sind scheinbar vorbei, der Sektor ist für mich nun höchst spannend. Aber von einem steilen Anstieg sind wir wohl noch entfernt, es dürfte volatil weiter gehen.

(8) Facebook (WKN A1JWVX) verliert heute ca. 11% und rutscht deutlich unter den Emissionspreis. Ich muss ganz ehrlich gestehen, dass ich mir ein hämisches Grinsen nicht verkneifen konnte. Der Wunsch der Altaktionäre hier beim Börsengang einfach abzusahnen, war wirklich zu offensichtlich.

Mir ist der Hype um Facebook persönlich sowieso ein Rätsel. Und damit meine ich nicht die Sicht der Börse, wenn mir Millionen Menschen freiwillig ihre Geheimnisse anvertrauen würden, wäre ich auch euphorisch ob der wirtschaftlichen Verwertbarkeit. Ein Rätsel sind mir vielmehr die Menschen die Zuckerbergs Reichtum erst ermöglichen. Denn das sind oft die gleichen Menschen, die bei der Vorratsdatenspeicherung den Orwellschen Überwachungsstaat an die Wand malen, aber scheinbar kein Problem damit haben, einem "Bubi mit Sendungsbewusstsein" namens Zuckerberg, ihre Freunde, Einkaufsgewohnheiten, sexuellen Vorlieben, privaten Verhältnisse etc. etc. anzuvertrauen.

Und das obwohl ja offensichtlich ist, dass das ganze Geschäftsmodell das die Börse mit fast 100 Milliarden USD bewertet, in meinen Augen ausschliesslich darauf beruht, diese sehr privaten Informationen der Menschen zu Geld zu machen. Und zwar vor allem durch Datamining, mit dem Firmen und anderen Interessenten die höchst privaten Lebens-Profile der Facebook-Jünger zur wirtschaftlichen oder sonstigen Verwertung verkauft werden, natürlich nach datentechnischer Aufbereitung und "Veredelung".

Während man mit der Speicherung einer IP Adresse, deren Zweck die Verbrechensbekämpfung ist, ein Problem hat, lässt man sich dann aber mit im wahrsten Sinne des Wortes "heruntergelassenen Hosen" des gesamten eigenen Lebens offen auf beliebigen Servern der Welt speichern. Mir wird das ein ewiges Rätsel bleiben. Und wenn man wirklich soviel Angst vor dem "bösen" Staat in Sachen Vorratsdatenspeicherung hat, warum kommt dann keiner auf die Idee, dass CIA, NSA etc selbstverständlich auch Facebook nutzen und im Sinne des Patriot Act auch vermutlich Direktzugang auf die Server haben ? Alles sehr merkwürdig für mich.

Insofern kann ich zum heutigen Absturz der Facebook Aktie nur sagen: LIKE 😉

Am Ende muss ich wohl akzeptieren, dass ich mit meinem Staatsverständnis scheinbar eine Minderheit bin. Denn in meiner Welt sollte sich der Staat bitte aus meinem normalen Leben heraus halten und aufhören mich an allen möglichen sinnlosen Stellen durch Vorschriften, Gesetze und Verordnungen zu gängeln, wo es nicht notwendig ist. Auf der anderen Seite muss der Staat aber unbedingt in seinen Kernaufgaben stark sein. Und dazu gehört nicht nur Verteidigung, sondern unter anderem auch der ordnungspolitische Rahmen und die Erhaltung der öffentlichen Ordnung - sprich unter anderem Verbrechensbekämpfung. In breiten Schichten der Bevölkerung scheint es genau umgekehrt zu sein. Gegen allgemeine Gängelei wie man sein Leben zu führen hat, hat man nichts einzuwenden, bitte mehr davon wenn es politisch korrekt verpackt wird. Aber wehe der Staat zeigt in seinen Kernaufgaben mal klare Kante. Dann steht Orwell gleich vor der Tür. Für mich eine verkehrte Welt .....

Ich wünsche Ihnen einen schönen Abend !

Ihr Hari

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Hari´s Märkte am Abend – 18.05.12 – Von den Schwierigkeiten den Markt zu schlagen

22 Uhr Handelsschluss

Heute möchte ich einen etwas grösseren Bogen schlagen um die aktuelle Lage zu würdigen. Aber keine Sorge, zu den Schlussfolgerungen für das aktuelle Geschehen komme ich noch.

Drehen wir die Uhr ein gutes Jahr zurück. In den letzten 12 Monaten gab es genau drei wesentliche Trends, die man hätte gut treffen müssen um theoretisch schnell "reich" werden zu können.

Trend 1 - Der Absturz der Anfang letzten August begann und den DAX von Niveaus um 7500 bis knapp unter 5000 brachte.

Trend 2 - Die massive Aufwärtsbewegung des ersten Quartals, die schon im alten Jahr begann und den DAX von 5000 bis 7200 brachte.

Trend 3 - Der aktuelle, erneute Absturz durch die erneute Verschärfung der Euro-Krise, die sich in bestimmten Segmenten seit Ende Februar ankündigte, aber erst seit April Fahrt aufnahm.

Hätte man diese drei Trends erwischt, würde sich Reichtum wohl nicht vermeiden lassen - oder ?

Sie sehen schon an der Art der Frage, dass es offensichtlich nicht so einfach ist. Schauen wir uns doch mal die wesentlichen "Macro-Calls" an, die ein gewisser "Hari" in dieser Zeit gemacht hat.

Trend 1 habe ich den Lesern von Investors Inside im August letzten Jahres mehrfach unter die Nägel gerieben, eine Botschaft die lange nicht von allen gerne gehört wurde, wer mag schon schlechte Nachrichten ?

Das kulminierte dann in einem Grundsatzartikel am 27.08.11 -> To Sell or not to Sell <- der das grössere Bild beleuchtete und mit dem Satz "to Sell !" endete. Der Artikel ist übrigens auch heute noch erschreckend aktuell.

Trend 2, die Möglichkeit eines überraschenden Anstiegs in 2012, hatte ich in den letzten Wochen des Jahres 2011 mehrfach thematisiert. Und Anfang 2012 bin ich hier auf Mr-Market.de dann mehrfach sehr deutlich geworden, inklusive sehr kritischer Worte über "Chartisten" die Anfang Februar vom Einbruch faselten.

Trend 3 habe ich am 27.03.12 mit den im Nachhinein prophetischen Worten -> Vom Aufhören wenn es am Schönsten ist <- eingeläutet, wobei wir nun deutlich tiefer und negativer sind, als ich damals dachte - was aber an dem Wahldesaster in Griechenland liegt, das niemand so vorhersehen konnte.

In Summe habe ich also alle drei Trends früher als viele erkannt und auch wenn sich Details dann anders entwickelten, hat die Richtung in allen drei Fällen gestimmt. Und jedes mal, wenn ich diese Sichten artikuliert habe, bin ich bei Teilen der Leser auf Skepsis gestossen, die noch unter dem psychologischen Eindruck der jeweils aktuellen Bewegung standen.

Jetzt werden Sie sich fragen, warum ich Ihnen das erkläre und ob ich mich selbst beweihräuchern will und Ihnen nur erzählen möchte, was ich doch vermeintlich für ein "toller Hecht" sei ? Weit gefehlt, lesen Sie einfach weiter ;-). Denn eigentlich müsste ich bei dieser Trefferliste zur Makro-Sicht nun ja in Gewinnen schwimmen. Tue ich aber nicht ! Wie das ?

Ganz einfach: Eine Situation zu erkennen, heisst noch lange nicht sie ausreichend ausnutzen zu können. In allen drei Trends war ich in Richtung des Trends positioniert und insofern habe ich keinen Grund zu klagen. Nur hätte es viel, viel besser laufen können, wenn ich konsequenter gewesen wäre. Und wenn es schon bei mir hätte besser sein können, wie ist es dann den zahllosen Anlegern gegangen, die viel zu spät bereit waren zu akzeptieren, dass sich der Wurm gedreht hatte ? Ich möchte lieber nicht darüber nachdenken,

Denn in allen drei Trends habe ich erlebt, was nun auch aktuell wieder viele von uns erleben werden. Ich war nicht konsequent genug, weil ich zu früh Sorge bekam, dass der Trend doch drehen könnte. Deswegen war ich im 1. Quartal zu vorsichtig und hätte aggressiver Long wetten können. Und im 2. Quartal habe ich nicht aggressiv genug abgebaut. Ich sitze nun zwar seit Wochen auf jeder Menge Cash, aktuell 60% und bin darüber hinaus teilweise Short, so dass ich aktuell defacto nur zu 20% sehr selektiv Long im Markt bin. Warum aber habe ich nicht 80% oder 100% Cash und bin ich nicht Net-Short ?

Was mir passiert ist, passiert vielen von Ihnen bestimmt gerade auch. Man denkt halt, nach dem 10. oder 11. Abwärtstag "muss" es doch mal drehen und so versucht der eigene Kopf jeden positiven Tag im Sinne eines -> "Confirmation Bias" <- als Wendepunkt zu interpretieren und tendiert dazu schon wieder aufzuspringen. In 9 von 10 Fällen aber zu früh. Denn nur weil es 10 Tage Abwärts ging, ist keine Wende garantiert und kann es immer noch 10 Tage so weitergehen ! Und obwohl ich zu der Minderheit gehöre, die diese psychologischen Mechanismen versteht und sich ihrer bewusst ist, ist es trotzdem sehr schwierig sich dagegen zu wehren. Wie soll man sich denn auch gegen den Gegner im eigenen Kopf sinnvoll wehren ?

Das sind die Fallen, die uns unser Gehirn beim Trading permanent stellt, wenn wir jeden Tag auf die Kurse schauen. Gerade wenn man wie vielleicht ein paar von Ihnen jetzt noch zu stark investiert ist, artet so jeder Tag zu einem Hoffen auf die Wende aus, bei dem der "Confirmation Bias" grossen Schaden im Depot anrichtet.

Deshalb, genau deshalb, ist es so schwierig den Markt zu schlagen ! Und wer diese Wahrheit nicht erkennt oder für sich nicht akzeptieren will, der ist nach meiner Erfahrung defacto chancenlos dauerhaft den Markt zu schlagen ! Glückstreffer gibt es immer und ein einzelnes gutes Jahr kann auch mal ein Schimpanse mit Dartpfeil haben, dauerhaft ist das aber eine ganz andere Herausforderung.

Dabei gibt es ja ein paar ganz klare, unbestechliche Signale, an die man sich in jedem Trend halten könnte. Genau wie man im ersten Quartal eine Trendlinie unter den Anstieg hätte legen können und besser zu 100% investiert gewesen wäre, solange die Trendlinie nicht gebrochen war - genau so kann man nun eine absteigende Trendlinie zeichen und wäre wohl besser ganz aus dem Markt oder Net-Short solange der Trend besteht. Schauen Sie auf den DAX Chart aus Stunden-Sicht :

Seit letzten Montag haben wie eine ganz eindeutige Trendlinie, an der wir die ganze Woche zuverlässig gedreht sind. Erst wenn diese Trendlinie nachhaltig gebrochen ist und der Bruch am Folgetag bestätigt wurde, erst dann wird sich mein Blick wieder nach oben richten !

Aber auch im DAX Chart aus Tages-Sicht, sieht es nicht wirklich besser aus. Hier kann man obige Trendlinie noch deutlicher zeichnen und man sieht auch die ausgebildete Topformation, die je nachdem wie man die Nackenlinie zeichnet rechnerische Ziele der Abwärtsbewegung von 5800-6000 im DAX ergibt. Und schauen Sie bitte mal auf die Dauer des Aufwärtstrendes im 1. Quartal. Dann wissen Sie, das nirgendwo geschrieben steht, dass es nun morgen schon wieder aufwärts gehen muss !

Es gibt also eine Lösung, um den "Confirmation Bias" unter Kontrolle zu behalten, man muss sich stur an die bewährten Indikatoren und die eigene Strategie halten ! Und die Indikatoren sagen aktuell: Der Trend ist abwärts ! Und zwar solange bis er dreht, was schon kommenden Montag aber eben auch erst in einem Monat der Fall sein kann. Den Zeitpunkt kennen wir alle nicht und lange darüber nachzugrübeln kostet nur Zeit und schafft keine besseren Ergebnisse beim "Raten".

Sinn macht dagegen, sein Kapital und Risiko zu managen und darauf zu achten, dass aus kleinen Verlusten keine grossen werden. Sinn macht, nur solche Trades einzugehen, die mit dem Trend laufen. Und Sinn macht auch, sein emotionales Kapital dadurch zu schützen, dass man keine übergrossen Risiken eingeht. Denn nur wenn man am Tiefpunkt, an diesem besonderen einen Tag aus zehn, noch psychisch gelassen und voller Zuversicht ist - nur dann wird man mutig zugreifen können, wenn der Trend dreht ! Und er wird drehen, fragt sich nur wann ! 😉

Am Wochenende kann nun jede Menge passieren und vom G8 Gipfel in Camp David dürften sicher warme Worte kommen, mit dem Ziel den Markt zu stabilisieren. Insofern, vielleicht wird nächste Woche ja theoretisch ganz toll und wir rennen in einem Lauf zurück bis 6600 im DAX. Aber lassen wir uns doch die Antwort von Mr. Market selber geben statt zu raten. Ein Trend ist dann gebrochen, wenn er gebrochen ist. Punkt. So einfach ist das und so schwierig für uns Menschen zu akzeptieren, der wir alles immer im Vorfeld antizipieren wollen.

Ich hoffe ich war ein wenig hilfreich und konnte Ihnen einen - vielleicht schmerzhaften, dafür aber lehrreichen - Blick in den eigenen Spiegel ermöglichen.

Ich wünsche Ihnen ein schönes Wochenende !

Ihr Hari

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Hari´s Märkte am Abend – 17.05.12 – Kurzbericht

19 Uhr - Mitten im Handel

Ich habe heute wenig Zeit, deshalb nur ein paar kurze Zeilen um das Wesentliche in Erinnerung zu rufen.

(1) Der Trend ist abwärts ! Das sollte nun jedem klar sein. Und der Trend ist unser Freund, nicht die Hoffnung auf ein Ende der Abwärtsfahrt.

(2) Die am Freitag im S&P500 gezeigte Schulter-Kopf-Schulter Formation ist nun aktiviert ! Das rechnerische Ziel liegt je nachdem wie man die Nackenlinie zeichnet, irgendwo im Bereich 1250-1280 ! Auf jeden Fall deutlich tiefer als heute. Im DAX sind das mindestens 6200, eher tiefer.

(3) Ein dynamischer Bounce kann nun jede Sekunde kommen, weil wir technisch brutal überdehnt sind. Aber auch ein Bounce sollte erst dann ernst genommen werden, wenn er den Abwärtstrend nachhaltig bricht und am Folgetag bestätigt wird.

(4) Das Risiko eines Crash - eines Bruchs des gedehnten Gummibandes - ist eindeutig da. Das ist ein sehr seltenes Ereignis, aber derzeit im Bereich des Möglichen.

(5) Das Ende einer dynamischen Abwärtsbewegung wird oft dadurch gekennzeichnet, dass die Aktien die sich bisher noch ganz gut gehalten haben, am Schluss auch noch heraus geworfen werden. Achten Sie also vor allem auf die starken Aktien !

(6) Alle Aussagen oben unterliegen dem politischen Vorbehalt. Eine überraschende Nachricht kann jederzeit alles massiv ändern.

(7) Im Lichte dieser Lage gibt es für mich nur: Kapitalerhalt, Kapitalerhalt, Kapitalerhalt als Ziel ! Die Zeit für aggressive Long-Wetten kommt wieder, genau dann, wenn uns der Markt zeigt das er nun hoch will. Aber nicht auf reinen Verdacht !

(8) Was heute in Gold und Goldminen passiert, habe ich x-mal hier thematisiert. Der GDX war soeben 5% im Plus ! Insofern sollte alles klar sein, wie das zu werten ist. Unbedingt muss man aber an die Bestätigung morgen denken, bevor sich der Blick nachhaltig nach oben richten kann. Schon vor einer guten Woche stellte sich so ein Tag hinterher als Eintagsfliege und nicht als Wende heraus.

Ich wünsche Ihnen einen schönen Abend !

Ihr Hari

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