Hari´s Märkte am Abend – 17.02.12 – Wochenabschluss – Rosenmontag und das grosse G

22 Uhr Handelsschluss - Ausklang einer sehr bewegten Woche an den Börsen.

Eigentlich ein toller Tag für alle, die wie ich den Markt eher bullish sehen. Aber das war fies von Mr. Market. Richtig fies. Ein bischen Ausbruch bis DAX 6870 - aber nur ein bischen um dann mit DAX 6848 zu schliessen - damit man sich nun bei gar nichts richtig sicher sein kann.

Denn der DAX selber hatte schon volle Fahrt Richtung 7000 aufgenommen. Nur kam von den Amerikaner nichts. Die hingen um die 1360 im S&P500 herum. Und so konnte auch der DAX nicht mehr nachlegen, obwohl er eigentlich wollte. Ich bin bei diesen Ausbrüchen immer etwas zögerlich und warte lange ab, bis ich mir sicher bin, dass es nach oben durchläuft. Denn ich habe schon zu viele Fehlsignale erlebt, die nur dazu dienten, die Marktteilnehmer abzufischen, die dem vermeintlichen Ausbruch hinterher rannten. So hatte ich auch heute um die DAX 6850 herum immer noch die Hände unter dem Hintern.

Aber auch ich war knapp davor nachzulegen. Aber noch habe ich es nicht getan und bin unverändert nur mit halber Kraft Long positioniert. Formal sind wir nun aus der gestern gezeichneten Konsolidierung ausgebrochen und nachbörslich hatten wir erneut leichte Stärke. Von Schwäche keine Spur. Auch im S&P 500 liegen wir nun über der Konsolidierungszone - also eigentlich alles in Butter mit dem Ausbruch, oder ?

Aber ich bin noch nicht endgültig überzeugt, dafür haben wir uns heute nicht dynamisch genug von der Konsolidierungszone weg bewegt. Ob meine Passivität heute nun gut war, oder mich nun kurzfristig für einen Tag additive Gewinne kostet, wird erst der Montag zeigen. Das war heute mal wieder so eine Situation, bei der auch ich mir unsicher bin.

Grund für den mangelnden Enthusiasmus der Wallstreet war wohl der US Feiertag "Presidents Day" am Montag. Vor diesem langen Wochenende wollte sich niemand mehr so richtig positionieren. Und letztlich kein Wunder, denn da ist doch wieder diese vermaledeite Sache mit dem grossen "G" - wie könnte es auch anders sein, es würde uns ansonsten doch auch viel zu gut gehen.

Wohl niemand möchte dieses verfluchte Thema noch hören, aber wir haben keine Wahl. Denn "G" wie "Grausig" oder "Gewürge" oder eben "Griechenland" steht am Montag wieder an. Und zwar genau am Rosenmontag, an einem Tag an dem auch noch die Amerikaner zufällig Feiertag haben und rund um die Frankfurter Börse die Jecken rumhopsen. Na Bravo, das wird was werden - Helau, Alaaf oder was auch immer kann ich da nur sagen 😉 Eine innere Stimme sagt mir, dass wir am Montag von Mr. Market alle eine Narrenkappe aufgesetzt bekommen.....

Denn wenn man den US amerikanischen Medien und Bloggern folgt, dann merkt man schon, dass es da an grundlegendem Verständnis für die konsens-orientierten, komplexen europäischen Abläufe fehlt. Ist ja auch kein Wunder, selbst wir reiben uns ja über Brüssel die Augen und die Amerikaner kennen halt nichts anderes als einen Staat mit einem mächtigen Präsidenten an der Spitze, der einfach das rote Telefon nehmen könnte um die Welt in die Steinzeit zurück schicken. Das Gewürge in Brüssel läuft da halt ganz anders ab.

Und die Meinung auf der anderen Seite des Atlantiks scheint nun zu sein: Griechenland wird sowieso gerettet. Genau diese Sicht wurde gestern bzw. heute bei dem halben Ausbruch in den Markt eingearbeitet. Nur ich erlebe die Signale aus Brüssel leider nicht ganz so eindeutig und ich sehe eine nicht zu kleine Wahrscheinlichkeit, dass man Griechenland schon fallen gelassen hat und nur noch auf Zeit spielt. Sollte das der Fall sein, würde auch der Montag kein Ergebnis bringen, sondern die Entscheidung würde dann auf März verschoben usw. usw. Solange bis die Griechen endlich von alleine den Exit vollziehen, womit niemand sich als "Rauswerfer aus Europa" beschimpfen lassen muss.

Und das ist mein grosses Problem heute bei der Einschätzung, denn für diesen Fall hätten wir möglicherweise nun einiges Überraschungs- bzw Enttäuschungspotential im Markt - nachdem wir heute die Rettung schon etwas verfrüht gefeiert haben. Ich tue mich sehr schwer bei der Frage, ob dieses Downside wirklich noch da ist, oder ob der Markt auch eine richtige Pleite schon verarbeitet hat. Aber ich tendiere zur Sicht, dass die richtige Pleite die Märkte doch noch einmal kurz durchschütteln würde.

Und das, zusammen mit der "Bombe" Iran über unseren Köpfen, ist der einzige Wehrmutstropfen, der mich nun davon abhält voller Überzeugung Kursziele von DAX 7500 oder sogar mehr auszufen. Denn ansonsten könnte es im Markt kaum besser aussehen als derzeit und die Bullen haben eindeutig die volle Kontrolle.

Mich würde interessieren welches "G"-Szenario nach Ihrer Ansicht nun schon im Markt verarbeitet ist und welches eben noch nicht. Denn gerade die Letzteren sind es ja, die die Kurse massiv bewegen.

Was einzelne Aktien angeht, wurden heute wenig überraschend genau die Aktien am stärksten gekauft, die gestern am stärksten verprügelt wurden - so zum Beispiel der Stahlsektor. Interessant ist aber auch zu sehen, wie Salzgitter (WKN 620200) und Klöckner (KC0100) mit dem ganzen Stahl-Sektor mit 3% bzw. 6% nach oben schiessen, während ThyssenKrupp (WKN 750000) sogar im Minus vor sich hin dümpelt. Wer den Grund verstehen will, der sollte meinen Artikel "Vom Donnerhall zum Anlagenbauer" nicht übersehen. Denn ThyssenKrupp=Stahl ist eine Gleichung, die möglicherweise nicht mehr lange Bestand hat.

Im LED Sektor geht es nach den Nachrichten aus China zur LED Förderung nun massiv aufwärts, der Marktführer CREE (WKN 891466) stieg gestern fast 8% und Aixtron (WKN A0WMPJ) schaffte heute mit ebenso 8% Plus den Ausbruch über die Zone um 12,6€. Mein fundamentale Sicht auf das Thema LED hatte ich zuletzt vorgestern hier erläutert und ich rechne mittelfristig eher damit, dass der Preisdruck durch die Förderung sogar steigt, weil das den Wettbewerb weiter anheizt und neue Marktteilnehmer in Spiel holt. Aber rein von der Markttechnik her, ist nun bei Aixtron kurzfristig viel, viel Luft nach oben und wer in der Lage ist schnell am Markt zu agieren, könnte diese Bewegung nun mitgehen. Ein sinnvoller kurzfristiger Stop bei Aixtron läge für mich unter dem Tief vom 14.02. bei ca. 11,4€. Wer ganz eng absichern will - dann natürlich mit dem grösseren Risiko dumm ausgestoppt zu werden - könnte auch das Tief von gestern bei 12,1€ als Stopmarke ins Auge fassen.

Sehr stark ist auch erneut die hier schon erwähnte DIC Asset (WKN 509840) mit heute 6% Plus. Auch dieses Immobilienunternehmen hat in meinen Augen noch einige Luft nach oben, um mit der Marktkapitalisierung überhaupt erst wieder den Nettoinventarwert der Immobilien zu erreichen.

Auffällig ist auch, wie seit Tagen der US Shale-Gas Pionier Chesapeake Energy (WKN 85725) steigt, heute wieder um 4%. Ursache sind wohl die diversen Produktionsreduktionen, mit denen man versucht dem Verfall des Gaspreises aufgrund Überangebot entgegen zu wirken, verbunden mit nun kälterem Winterwetter auch in den US. Und der Markt scheint von höheren Gaspreisen überzeugt zu sein, wie man dem Chart gut entnehmen kann:


Source: Finviz.com

Sollte sich die Tendenz höherer Gaspreise bewahrheiten, dürfte auch bald der Kohlepreis und damit die Kohleförderer wie Arch Coal (WKN 908011) profitieren, die ja im Moment ziemlich ausgebombt am Boden liegen.

So weit zu aktuellen Aktienbewegungen. Nun zum Wochenende noch ein Aktientip für einen längeren Anlagehorizont. Wenn Sie sich für Versorger interessieren, schauen Sie sich doch mal die österreichische Verbund AG (WKN 877738) an. Sie kennen vielleicht schon aus dem Urlaub die riesigen Wasserkraftwerke und Stauseen in den österreichischen Alpen, wenn ja kennen Sie auch ohne es zu wissen die Verbund AG. Denn Verbund produziert Strom fast ausschliesslich aus Wasserkraft. Und wenn in Süddeutschland mal nach der "Energiewende" der Strom knapp wird, dann wird auch auf Kraftwerkskapazität von Verbund zurück gegriffen.

Jetzt ist ein Stromversorger sicher keine Aktie, bei der man eine schnelle Verdoppelung erwarten kann, aber zweistellige Kursgewinne und saubere 3% Dividendenrendite sind bei Verbund auch drin. Und das Schöne ist, dass der Kurs von Verbund durch Abgaben im letzten Jahr noch gedrückt ist. Denn der starke Kursrückgang hatte nach meiner Erkenntnis nichts mit operativen Problemen des Unternehmens zu tun, sondern nur damit, dass der österreichische Staat mit 51% Hautpaktionär ist und dieser steht und stand ja auch im Feuer von Herabstufung etc. Abgesehen davon waren ja die Strompreise generell unter Druck, was sicher auch seinen Einfluss auf die Kursentwicklung hatte.

Die deutsche "Energiewende" führt nun aber zur Knappheit von Strom, weswegen weiter steigende Preise an den Strommärkten wahrscheinlich sind. Und der Chart der Aktie sieht sehr vielversprechend aus. Im Gegensatz zu den deutschen Versorgern ist bei Verbund auch das Geschäftsmodell völlig intakt. Wer also auch mal was nach dem Motto "Buy and Hold" im Depot haben möchte, für den könnte die Verbund AG ja mal einen Blick wert sein. Denn weniger inhärente Risiken als bei einem Stromversorger im Staatsbesitz, der seine Geschäfte fast ausschliesslich mit der vergleichsweise umweltfreundlichen und risikoarmen Wasserkraft macht, wird man bei einer Aktie nach meiner Ansicht wohl schwerlich finden.

Falls Sie sich für Verbund interessieren, sollten Sie den Titel am besten direkt in Wien kaufen - vorausgesetzt Ihre Bank bietet für Wien erträgliche Gebühren. Denn dort ist Verbund mit Abstand am liquidesten.

So weit für heute Abend. Der kommende Montag dürfte auf jeden Fall spannend werden. Hinzu kommt, dass wegen des "Presidents Day" das Handelsvolumen im DAX eher gering sein dürfte. Was die Situation nicht besser macht, sondern das Risiko erheblicher Bewegungen wegen des grossen "G" verschärft.

"Hari´s Märkte am Abend" erscheinen kommenden Montag wesentlich früher, schon nach dem deutschen Handelsschluss. Mal schauen wen Mr. Market am Montag zum Narren macht ...

Ich wünsche Ihnen ein schönes Wochenende !

12 Gedanken zu „Hari´s Märkte am Abend – 17.02.12 – Wochenabschluss – Rosenmontag und das grosse G“

  1. Ich glaube, dass eine Negativmeldung bezüglich Griechenlands auf jeden Fall nochmal für einen Satz nach unten sorgen würde. Es gibt garantiert noch einige Marktteilnehmer die eine solche Meldung als Horrormeldung klassifizieren würde und genau diese Leute ließen sich durch eine „Schreckbewegung“ kinderleicht aus dem Markt treiben – eine Chance, die sich die gewitzteren Hände sicherlich nicht entgehen ließen…

  2. Ich bin mir auch nicht sicher ob das jetzt ein nachhaltiger Ausbruch nach oben war. Ich könnte mir gut vorstellen, dass es nocheinmal nach unten geht um die „Unsicheren“ abzufischen und dann nach oben zu laufen. Ich habe allerdings den Donnerstag genutzt um bsplw. Salzgitter bei 43,70 zu kaufen. Von daher bin ich auch über das Wochenende investiert geblieben und warte den Montag bzw Dienstag ab, welche Richtung wir einschlagen.
    Schönes Wochenende…

  3. Eine Frage in die Runde, Hari hat einige Energieversorger die Chattechnisch Kaufsignale anzeigen und gut Luft nach oben haben.

    Wie ist da die Meinung über EON und RWE ??

    Sicher warten alle den Montag Griechenland ab auch durch Fasching, wird nicht viel Umsatz laufen.

    Schönen Faschingsausklang

  4. Ich denke, das Thema Griechenland ist weitgehend durch, der Sarko-Trade hat’s möglich gemacht. Die Grundstimmung in den DAX-Werten wird grundlegend bullish bleiben. Es dürfte wohl mit kleinen Pausen weiter Richtung Norden gehen – wenn nichts dazwischen kommt.

  5. Hari ich habe mal eine ganz persönliche Frage an Dich: Du warst ja in Deinem vorigen Leben als Manager ziemlich eingespannt und wahrscheinlich auch viel unterwegs. Wie hast Du es geschafft, sich in die Börsenmaterie zu einzuarbeiten? Hast Du das alles am Abend nach Feierabend gemacht, oder auch zwischendurch? Meine Frage zielt dahingehend, dass ich es faszinierend finde, wie Du es geschafft hast Profi trader zu werden, ohne vorher an der Börse als Makler oder Analyst tätig gewesen zu sein. Ich finde es für mich erstrebenswert, so einen Weg ebenfalls zu gehen. Allerdings bin ich auch vollzeit berufstätig und als Vertriebler viel in der Welt unterwegs. Ich fände es sehr interessant zu erfahren, wie Du Dich über die Jahre darauf vorbereitet hast.

    Bitte fühle Dich frei diesen Betrag freizugeben oder nicht, ich könnte verstehen wenn Dir diese Frage zu persönlich ist.

  6. Hallo Micha, sehr gute Frage ! Und nein, das ist keineswegs eine zu persönliche Frage – wenn ich darüber nicht reden wollte, hätte ich den Blog in dieser persönlichen Art wie ich ihn führe gar nicht anfangen dürfen.

    Ich werde Dir also ausführlich antworten, nur nicht heute – heute ist noch Schreibpause …

    Nur so viel vorab: Makler/Analyst oder sonstwie an der Börse muss man nun wirklich nicht gewesen sein um als Trader/Investor erfolgreich zu sein. Das grundlegende Wissen um Börsen und Märkte ist einfach eine Art Handwerkszeug, dass man lernen kann wie anderes „Handwerk“ auch. Es ist aber nicht das, was wirklich erfolgskritisch ist. Autofahren kann ja auch jeder lernen, Autorennen zu gewinnen aber eben nicht – das ist mehr als den Inhalt der Fahrschule auswendig zu kennen.

    Viel wichtiger für den Erfolg sind bestimmte charakterliche Merkmale, psychische Reife und eine grundlegende, „fluide“ Intelligenz. Wenn Big Money für seine Trading-Floors und Algo-Küchen Nachwuchs sucht, dann suchen die ganz gezielt gedanklich sehr fixe, flexible Menschen mit Hintergründen wie Mathematik, Informatik, Psychologie etc. Vorher Analyst in einer Grossbank gewesen zu sein, wäre dagegen vieleicht sogar ein Kontraindikator 😉

    Ich würde mich übrigens selber nicht als „Profi-Trader“ einstufen, sondern nur als „Semi-„Profi. Ich mache rein als Trader auch noch zu viele Fehler, die durch meine psychologischen Schwächen induziert werden und das obwohl ich meine Schwächen längst kenne und es an Selbsterkenntnis da nicht mangelt. Aber die Änderung eigener psychologischer Reflexe ist halt sehr schwierig und deswegen ist Erfolg an den Börsen auch so schwierig.

    Meine Stärken liegen eher im Bereich Analytik, Informationsverarbeitung und der Fähigkeit komplexe Zusammenhänge und Entwicklungen schneller zu durchdringen als viele andere. Wenn ich das Bild mal auf die Steinzeit übertrage, bin ich wahrscheinlich ein ausgezeichneter Scout und Fährtenleser, aber als Jäger, der den Speer dann durch das Mammut bohren muss, bestenfalls Durchschnitt 😉

    Soviel in Kürze, demnächst mehr in diesem Kino 😉

  7. Morgen Hari,
    hälst du die 7.000 für einen möglichen kurzfristigen Turnaround-Punkt? Klar möglich, aber schenkst du dieser Marke eine überdurchschnittliche Betrachtung bei deiner derzeitigen Beobachtung?

  8. Oh, ich hoffe, dass die Frage nichts mit der Rechtsproblematik einer Beratung zu tun hat, wegen der du letzten Freitag kommentiert hattest??

  9. @ Ramsi, es ist ein technischer Widerstand, weil wir im Sommer 2011 sehr lange oberhalb dieser Marke herum mäandert sind. Viele sind seitdem unter Wasser geraten, haben ihre Positionen gehalten und werden sobald sie leicht ins Grün rutschen dazu neigen diese aufzulösen. Insofern wäre ich überrascht, wenn wir durch die 7000 einfach wie ein Messer durch Butter durchgehen und nicht mehr zurück schauen.

  10. @ Ramsi, wie ich persönlich über eine Sache denke kann ich immer schreiben. Und was ich persönlich mache auch. Ganz anders wäre eine Frage Deinerseits „was soll ich machen“. Die kann und werde ich so nicht beantworten.

  11. Ok, danke dir für die schnelle Antwort. Bezüglich des rechtlichen Rahmens achte ich dann in Zukunft auf die Wortwahl der Fragestellung :p

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