Marktupdate – 27.06.12 – Marktsentiment vor dem EU Gipfel

21.00 Uhr

Eine wichtige Frage für kurzfristige Anleger vor dem EU Gipfel dürfte sein, was der Markt erwartet bzw welche Szenarien eingepreist sind und welche nicht.

Das ist besonders interessant, weil wir dieses Mal eine ungewöhnliche Situation haben. Zuletzt war es immer so, dass der Markt vor solchen Terminen im Sinne "buy the rumor" mit Hoffnung anzog, während er nach den eher durchwachsenen Ergebnissen dann gerne im Sinne "sell the news" wieder abgab.

Dieses Mal ist aber alles anders, denn Angela Merkel hat mit für mich im Stil überraschenden und aussergewöhnlich harten und deutlichen Worten jegliche Hoffnung auf eine einfache Lösung im Sinne "Deutschland kippt um" aus dem Markt genommen. Ich halte das für sehr bemerkenswert, da es so ganz untypisch für die ansonsten vorsichtige und sich alle Szenarien offen haltende Merkel ist.

Ich betrachte das als Indikator, das wir möglicherweise auf einen entscheidenden Wendepunkt in der endlosen Geschichte der Euro-Krise zulaufen. Bis gestern habe ich auch an einen Gipfel zum "Gähnen" geglaubt, nun bin ich nicht mehr sicher.

Jetzt kann man natürlich nicht ausschliessen, dass es in Amerika Marktteilnehmer gibt, die immer noch Illusionen über Deutschlands offene Brieftasche nachhängen. Den Profis im "Big Money" muss man aber genügend Intelligenz und Verständnis zubilligen, dass sie nun keine Erwartungen an einen "Quick Fix" beim EU-Gipfel mehr haben. Dieses zumal die Phrase "not in my lifetime" ja gestern via Zero Hedge quer durch die Wallstreet lief.

Das wir heute einen starken Tag erleben, hat deswegen auch nichts mit Europa zu tun. Aus Sicht der Nachrichtenlage spielt hier China eine Rolle, wo man nun weitere fiskalische Stimulierungsmassnahmen erwartet. Und auch die Markttechnik hat die Stärke schon signalisiert - wer jetzt hier Koch und Kellner ist, überlasse ich denen die es interessiert, mich interessiert aber nur das Ergebnis. Das China und nicht Europa eine Rolle spielt, kann man auch gut an den heute stärksten Sektoren beobachten - wenn Rohstoffe gut laufen, ist eigentlich immer China irgendwie im Spiel.

Was Europa und den Gipfel angeht, kann man die Stimmung des Marktes aber eher als lethargisch und von Europa genervt bezeichnen. Die aktuelle Cognitrend Analyse -> hier <- passt da gut ins Bild. Aber auch Artikel wie -> hier <- beim "Reformed Broker" bringen es auf den Punkt.

Wenn diese Analyse von Lethargie richtig ist, muss man das aus Sicht des Sentiments als eine eher positive Entwicklung werten. Denn dann könnte der Gipfel nur noch dann nachhaltig enttäuschen, wenn er im Streit auseinander geht - was ich aber für sehr unwahrscheinlich halte, zumal nun auch aus Frankreich deutlich konsensorientiertere Signale kommen, nachdem endlich die Wahlen hinter uns liegen.

Umgedreht könnte aber jede überraschende, positive Wendung nun ein Feuerwerk am Markt zünden. Sollte es Hollande und Merkel also gelingen da ein "Überraschungsei" zu finden, dürften die Shorts am Montag - oder je nach Zeitablauf des Gipfels vielleicht schon am Freitag - ein böses Erwachen haben. Und zwar dann nicht nur wegen des "Ei" an sich, sondern auch wegen des Signals einer neu gefundenen deutsch-französischen Eintracht. Diese Eintracht für sich, könnte der Markt nach Merkels medialer Vorbereitung, wohl schon als positive Wendung werten.

Wir haben also die ungewöhnliche Situation, dass Lethargie im Markt auf eine Frau Merkel trifft, die scheinbar nach eigener Einschätzung in eine Entscheidungsschlacht geht. Das erhöht die Wahrscheinlichkeit grosser Bewegungen danach, denn bisher war es eher anders herum - vor dem Termin hyperventilierte der Markt schon, nur um sich danach zu fragen warum eigentlich.

Aus reiner Sentimentsicht, kann man den EU-Gipfel also durchaus mit der "Chancen-Brille" betrachten. Bitte bedenken Sie aber, dass Sentiment nur ein Baustein einer Analyse ist und auch nur einen gewissen statistischen Vorteil verschafft, der leicht durch reale Entwicklungen überlagert werden kann. Aber jeder statistische Vorteil hat seinen Wert und vielleicht liegt er dieses Mal auf der Seite der Bullen.

Ihr Hari

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18 Gedanken zu „Marktupdate – 27.06.12 – Marktsentiment vor dem EU Gipfel“

  1. Hey Hari,

    den Kursrutsch bei Salzgitter finde ich aber nach dem heutigen Tag wirklich überzogen. Ich denke wir sehen in den nächsten Tagen ein rebound und ich hoffe ich bin dabei…

    MfG
    Daniel

  2. Goldminen: Ein Retest der Tiefs ist durchaus nicht unüblich. Ich bin mit meinen Trading-Positionen im GDX erst einmal mit Stop 44,8 USD (wie hier geschrieben) raus. Ein paar Basispositionen bei Einzelaktien habe ich weiter.

    Nun dürfte es sich aber bald entscheiden, ob wir wieder nach oben drehen und der Test der Tiefs erfolgreich ausfällt. Denn wir haben im GDX nun ca. 50% des Anstiegs seit dem Tief von Mitte Mai wieder abgegeben, wie gesagt durchaus nicht unüblich. Ich bin da eigentlich immer noch optimistisch, aber wir werden sehen.

    Wenn man Trends spielen will, muss man immer Stops da haben, wo ein Trendbruch eintritt.

  3. Auch hier wieder interessant die Rolle der Fibonacci-Retracements zu beobachten. Der GDX hat bis zu seinem 62er RT korrigiert (bzw. etwas darunter wg. der Stops dort), dann zu einer Gegenbewegung von 42,60 bis 45,08 angesetzt und dabei sein letztes Verlaufshoch überboten. Inzwischen wurden wieder recht genau 38% des letzten Anstiegs korrigiert.

    Wenn man an einen grundsätzlichen Anstieg des Goldminensektors glaubt, hat man jetzt einen sehr guten Einstiegspunkt mit einem guten CRV, da der Stop etwas unter das letzte Verlaufstief gelegt werden könnte.

  4. Thema GDX:

    Ja, ganz egal was man für die Zukunft glaubt oder nicht, das ist im GDX nun ein guter Trade mit einem guten Chance-Risiko Verhältnis. Denn wie Z88 schon sagt, ein Stop unter dem SwingLow – mit etwas Luft vielleicht bei 42 USD – und man hat einen Trade mit sehr begrenztem Risiko nach unten, aber jeder Menge Luft nach oben.

    Unabhängig von der rein taktischen Sicht, spricht für mich sehr viel dafür, dass wir im Sektor Mitte Mai einen langfristigen Wendepunkt hatten. Denn zu dem Zeitpunkt hatten wir praktisch alle Inkredenzien einer solchen Wende, wie extrem negatives Sentiment, positive Divergenzen im Chart, massives Volumen bei den Anstiegen, positive Signale vom Moneyflow (siehe meine Hilfreichen Links), fundamentale Unterbewertung gegenüber dem „Underlying“ Gold etc. etc.

    Die nun erfolgte Korrektur der ursprünglichen Bewegung von 39,08 bis 48,72 (=9,64 Punkte) bis herab zu 42,61 (=6,11 Punkte oder 63% der Bewegung) ist ein Klassiker. Ideal wäre es, bei der jetzigen Aufwärts-Bewegung wieder Volumen und Dynamik zu sehen, das ist auch im Moment noch der einzige kleine Störfaktor in meinen Augen, denn diese Dynamik ist noch nicht da.

    Aber selbst ohne diese Perfektion, ist es ein Trade den man in meinen Augen machen kann.

    Nachdem ich durch einen Stop bei 44,8 USD aus dem GDX draussen war, bin ich gestern durch einen automatischen Stop-Buy bei 43,2 USD wieder voll eingestiegen.

    PS: Ramsi, das beantwortet auch die Frage nach Barrick. Abgesehen von individuellen Risiken des Einzelunternehmens sehe ich keinen Grund Barrick grundsätzlich anders als den Sektor zu sehen.

  5. Sehr spannend sieht für mich nun auch das Chartbild des XLE (US Energie Sektor – also Chevron, Exxon & Co.) aus. Werfen Sie da mal einen Blick drauf und achten Sie auf das Volumen der aktuellen Bewegung !

  6. Eine kurze Frage hätte ich noch zum EUR/USD … wenn die Bonität Deutschlands am Anleihemarkt allmählich in Frage gestellt werden sollte, müsste diese Entwicklung isoliert betrachtet doch eigentlich zu einer relativen Schwächung des Euro führen, oder?

  7. Ich sehe den Zusammenhang so nicht, zumindest nicht eindeutig. Denn das ist doch nur eine innereuropäische Verschiebung innerhalb des Euroraumes. Ein gewisser Zusammenhang ist sicher da, aber nicht so eindeutig, dass ich darauf einen Trade aufbauen würde. Wer eine schlechtere Bonität Deutschlands erwartet, sollte besser den Bund Future shorten.

  8. @Ramsi,

    mich hat Z88 sehr neugierig gemacht mit dem Fibonacci (deshalb war ich so ruhig die letzten Tage – musste seeehr viel lesen 😉 ). Wie er und Hari geschrieben haben, hat der GDX sich „mustergültig“ verhalten. Ebenso haben dies 2 weitere Aktien in diesem Segment getan, die ich seit langem stark beobachte: Randgold und Yamana. Barrick, die ich selber hatte und vor nicht allzu langer Zeit nachkaufte, hat leider ein anderes Verhalten gegenüber GDX und den beiden Aktien gezeigt. Entsprechend Fibonacci RT wäre bei ca. 38,10 eine starke Unterstützung gelegen; diese hat Barrick wiederstandslos nach unten durchbrochen.

    Chartmäßig sehen GDX, Randgold und Yamana im Moment besser aus als Barrick. Aber vielleicht ist das in einer Woche schon wieder anders.

  9. @ Johann, dafür gab es bei Barrick einen konkreten Grund bar jeder Markttechnik, den überraschenden Wechsel des CEO. Der sorgte für einen „Schlag“ nach unten.

    Niemand sollte den Fehler machen die Fibos nun für das „Ei des Kolumbus“ zu halten. Es gibt diesen „einen“ Indikator einfach nicht. Vielmehr überlagern sich verschiedenste Faktoren und zu allem Überfluss ändert sich auch die Bedeutung noch, die der Markt den Indikatoren beimisst.

    Ich erinnere in diesem Zusammenhang nur an die vor vielen Jahren gehypten Elliot-Wellen, die heute keine grosse Bedeutung mehr haben.

    Derzeit sind die Fibos definitiv ein wichtiger Indikator den man im Blick haben sollte, denn „Smart Money“ mit seinen Algos hat die definitiv im Blick. Aber erstens nur ein Indikator neben anderen und zweitens kann sich das auch mit der Zeit ändern.

    Man sollte diese ganzen Indikatoren in meinen Augen ganz pragmatisch sehen. Sie sind gut, solange sie einen statistischen Edge verschaffen und wenn sie das nicht mehr tun, vergisst man sie halt 😉

    Damit will ich die Bedeutung der Indikatoren aber nicht schmälern, wir haben nichts anderes und alles was uns einen statistischen Vorteil verschafft ist wertvoll. Ich will also nur zu einem positiv-pragmatischen Umgang mit diesen Indikatoren raten und verhindern, dass Energie verloren geht um nach einem „heiligen Börsen-Gral“ zu suchen, den es so nicht gibt. Ich habe sogar schon Statistiken gesehen, die eindeutig einen statistischen Effekt bestimmter Mondphasen auf die Börse nachweisen. Fundamental natürlich absurd, aber solange es funktioniert und ich damit einen statistischen Vorteil erlange, warum nicht ? 😉

    Ich weiss, diese pragmatische Haltung ist gerade für fundamental denkende Menschen schwer erträglich, weil viele fragen sich: wie kann etwas funktionieren, dass objektiv Unfug ist ? Ich halte diesen Pragmatismus aber für sehr wichtig für Börsenerfolg, denn wie ich schon mehrfach sagte: Die Börse ist das Ergebnis unserer (der Marktteilnehmer) Ängste und Hoffnungen und wenn wir an etwas glauben, dann wird es in den Kursen ganz real, eben weil wir die Kurse machen ! Das ist die Selbstbezüglichkeit der Märkte !

  10. @Hari,

    naja, war mir schon klar, dass Fibonacci nicht der Stein der Weisen ist. Auch wenn ich in letzter Zeit scheinbar immer wieder ein wenig naiv rüberkomme (wofür ich mir auch die Schelte auf meine Frage an Z88 abgeholt habe), denke ich, es hilft trotzdem vielen (stillen) Lesern. Vielleicht sind die ja auch so naiv – und ich trau mich eben die Fragen zu stellen. Nur so können „wir“ alle von Deinen excellenten Beträgen am meisten profitieren. Und ich geb zu: ich habe schon viel von den Beiträgen hier gelernt. Nachträglich natürlich besonders schön, mein Kauf von Klöckner vor 2 Tagen: aber die bullische Divergenz im RSI konnte eigentlich niemand mehr übersehen, der Dir aufmerksam zuhört und seine eigenen Schlüsse zieht. Auch denke ich nicht, dass Fibonacci der „Heilige Börsen-Gral“ ist. Bezgl. des GDX liefert das FiboRT allerdings so ziemlich die gleichen Marken, nach denen Du den GDX getradest hast…

    Bin mir nicht sicher, ob ich mich jetzt nicht (schon) wieder blamiere: habe mir den S&P500 in einem Langfristchart und etwas kürzer angesehen und mit den Fibonaccis gespielt. Das Ergebnis zwischen Hoch in 2007 und Tief in 2009 liefert die 23,6%-Linie für heute bei 1361. Das Ergebnis zwischen Tief im November 2011 und Hoch in 2012 liefert die 23,6%-Linie für heute bei 1359.

    Tja.. ich sag lieber nichts. Was ich hier gelernt habe, würde mich zu der Aussage verleiten: wenns darüber geht, sind die Chancen groß, dass es weiter nach oben geht – sollten wir nächste Woche feststellen, dass wir an dieser „gedanklichen Fibo-Linie“ abprallen, war es heute mal wieder ein schöner Tag für die Bullen im immer noch gültigen Bärenmarkt. Aber wie gesagt: ich sag lieber nichts. Gegen die exzellenten Beiträge von Dir, Hans, Z88, Tokay und vielen anderen Profis sieht man immer schlecht aus.

  11. @ Johann, erst einmal schön, dass Du so offen schreibst, das zeichnet Dich aus – Danke dafür !

    Mir ist aber nicht ganz klar, warum Du nun denkst ich würde Dich als „naiv“ betrachten. Das ist auf jeden Fall weder meine Meinung noch meine Absicht. Und mir ist auch nicht bewusst, dass Du „gescholten“ worden bist ?!

    Ich schreibe so viel, da bitte ich wirklich nicht jedes meiner Worte auf die Goldwaage zu legen, sonst könnte ich nur ein Drittel schreiben und müsste alles immer dreimal drehen und wenden. 😉

    Ich bemühe mich halt immer zu erklären und zu helfen und dabei auch Informationen zu liefern, die vielleicht nicht direkt gefragt wurden. Bei meiner letzten Antwort – die Du vielleicht meinst – habe ich halt so viel Begeisterung bei Dir heraus gelesen, dass ich diese etwas einbremsen wollte um Dir die Perspektive zu erhalten. „Ungefragte“ Ratschläge bergen halt immer die Gefahr in sich, als „Oberlehrergehabe“ anzukommen, auch wenn nur beste Absichten dahinter sind. Umgedreht, wenn ich manchmal nicht „ungefragte“ Ratschläge geben würde, würdet Ihr vielleicht eine wichtige Information verpassen, denn manchmal ist ja das Problem die richtige Frage überhaupt zu formulieren. Ich denke bisher hat das ganz gut hier geklappt und wenn Ihr alle meine Worte weiter im positiven Sinne als Hilfsbereitschaft interpretiert, wird das auch so bleiben.

    Was Deine Annahme zum S&P500 angeht ist das tatsächlich so wie Du sagst. Der normale Fall wäre, dass wir am Montag von den 1362 heute wieder abgeben. Sollte das nicht passieren und wir am Montag weiter hochlaufen, würde das auf weit höhere Kurse in naher Zukunft hindeuten.

    Insofern trink jetzt bitte ein Bier oder Wein, Du bist ein geschätztes Mitglied dieser Community, hast mit Deiner Einschätzung zum S&P500 genau recht und offensichtlich schon jede Menge gelernt, womit Du zur löblichen Minderheit der privaten Anleger gehörst. 🙂 Und ich freue mich auf Deine Beiträge !

  12. @Johann

    Also an Schelte kann ich mich gar nicht erinnern. Ist eigentlich auch nicht so meine Art 🙂

    Ich vertrete in Bezug auf Fibonacci-Relationen auf der Basis eigener Erfahrungen eine etwas andere Auffassung und möchte Dich eher ermutigen, in dieser Richtung weiter zu forschen. Es lohnt sich!

    Im Gegensatz zu irgendwelchen vermeintlichen „Holy Grail“-Indikatoren stellen sich Fibo-Realationen deutlich anders dar. Ich spreche hier aber auch von „Relationen“ und nicht von Retracements, die neben den Extensions nur eine populäre Spielart der Fibo-Relationen sind. Ich nutze diese Relationen auf eine bestimmte – nicht klassische – Art und Weise, um recht zuverlässig wahrscheinliche Zielmarken und Zwischenmarken von Kursverläufen zu ermitteln. Wer hier in den letzten Tagen aufmerksam einige Beiträge gelesen hat, konnte das auch teileise „live“ verfolgen. Ich spreche hier also nicht von grauen Theorien sondern von sehr praktischen eigenen Erfahrungen.

    Ein weiteres Indiz dafür, dass Fibo-Relationen keine neumodische Eintagsfliege sind, sehen wir in den angesprochen Elliott-Wellen. Diese Theorie wurde bereits Ende der zwanziger Jahre des letzten Jahrhunderts entwickelt und basiert ganz wesentlich auf Fibo-Relationen. Zu diesem Zeitpunkt gab es weder RSI, MACD u. Co., und Candlesticks existierten nur in Japan. Während die Elliott-Wellen-Theorie heute eher ihre kleine, verschworene Anhängerschaft hat (sie ist auch extrem kompliziert und nach m.M. nur als nachträgliches Erklärungsmodell, nicht jedoch für den Handel brauchbar), sind die Fibo-Relationen in Form der Retracements und Extensions nach wie vor sehr verbreitet.

    Ich gebe Hari recht, dass mit den klassischen Retracements als Widerstands- und Unterstützungsniveaus alleine kein Blumentopf zu gewinnen ist. Wenn man sich aber die Mühe macht, die Märkte einmal gezielt daraufhin zu untersuchen wird man feststellen, dass alle Märkte in allen Zeitebenen noch viel mehr Fibo-Relationen aufweisen. Klingt vielleicht fantastisch, ist aber so und kann von jedem mit einem Fibo-Tool und etwas Forschergeist selbst verifiziert werden. Aus meiner Sicht sind die Fibos – richtig angewandt – zusammen mit der Analyse von Preisbewegungen ein äußerst wirkungsvolles Instrumentarium.

    Ich möchte jetzt mit meinen Aussagen keine Grundsatzdiskussion lostreten, wollte aber auch nicht nur eine Sicht alleine stehen lassen, weil ich diesbezüglich andere Kenntnisse und Erfahrungen habe. Es gibt wie für alles Befürworter und Gegner. Ich bin auf der Basis eigener langähriger Erfahrung ein Befürworter und möchte durchaus dazu ermuntern, eigene Forschungen anzustellen.

  13. @ Z88, da gibt es auch keinen Grund für Grundsatzdiskussionen, es gibt keine allein selig machenden Wahrheit an der Börse. Und wenn Du durch Spezialisierung auf diesem Gebiet eine profitable Methode gefunden hast, um so besser !

    Ich selbe habe einen etwas anderen Stil und bin im Bereich Fibo nicht spezialisiert, aber deswegen ist das weder besser noch schlechter, sondern einfach nur anders. Es gibt an der Börse viele Wege nach Rom, alle sind aber mühsam und steinig. 😉

    Wenn Du Lust hast, Deine Methode mal etwas ausführlicher darzustellen, fände ich das toll und auch für mich interessant, gerne stelle ich das auch als Gastartikel ein, wenn Du genügend „Futter“ für einen Artikel zum Thema lieferst.

  14. @Z88,

    nein, nein… war keine „Vorwurf“ gegen Dich. Und auch gegen niemanden anders. Ich machte mir nur meine Gedanken, weil aufgrund meiner Frage an Dich ein eigenes Thema „Die Mission dieses Blogs“ aufgemacht wurde. Da schluckte ich zunächst, weil darin für mich ertsmal der Eindruck entstand, wie naiv meine Frage eigentlich gewesen sei. Aber Hari hats ja klar gestellt: er will „uns“ Hilfestellungen geben…. und das schafft er (auch wenn wir manchmal gerne was anders hören würden – aber nur „durch Schmerz“ lernt man wirklich 😉 )! Also; schon wieder vergessen ich bin dankbar, dass man „sich überhaupt mit Laien wie mir hier“ im Board auseinander setzt.

  15. @Hari

    Ich hatte auch schon darüber nachgedacht, hier etwas tiefergehende Informationen zum Thema Fibo-Relationen zu schreiben. Allerdings habe ich bisher noch keinen Weg gefunden, einerseits Informationen zu vermitteln, mit denen andere etwas anfangen können (das möchte ich wirklich gerne) und andererseits meine Handelsmethodik nicht zu gefährden. Hier lesen bestimmt nicht nur Hobby-Trader oder DIY-Investoren 🙂

    Allgemeine Information zu Fibo-Retracements und Extensions sind bereits frei im Internet verfügbar und sicher ein guter Beginn für diejenigen, die sich in dieser Richtung weiterentwickeln wollen. Vielleicht finde ich noch einen Weg, diesen Spagat irgendwie hinzukriegen.

  16. @ Johann, das mit dem „Artikel wg Dir“ solltest Du positiv sehen. Es ist tatsächlich so, dass mich Kommentare manchmal dazu inspirieren, aus einer grundsätzlichen Antwort gleich einen Artikel zu machen. Das hat zwei Gründe:

    1. Brauche auch ich ja immer mal wieder Input, was für die Leser nun ein sinnvoller Beitrag wäre. Auch ich habe manchmal „Schreibblockade“ – das kennt jeder Autor. Da sind Kommentare oft ein guter Ideengeber, jetzt mal endlich zu sagen, was man schon immer sagen wollte. Und Kommentare zeigen ja erst, wo den Lesern der Schuh drückt.

    2. Wenn ich längere Antworten mit grundsätzlichem Tenor in Kommentaren gebe, stellt sich immer die Frage, ob diese nicht sinnvoller eine Artikel wären. Denn Artikel sehen alle, Kommentare werden von Dritten leicht übersehen.

    Insofern hat mich Dein Kommentar durchaus dazu „inspiriert“, etwas was ansonsten ein Kommentar gewesen wäre, zum Artikel zu machen. Aber das Auditorium waren alle und der Artikel ging auch über den Inhalt Deines Kommentars weit hinaus, insofern bin ich eher dankbar für den „Trigger“ den Du ausgelöst hast. Wie schon mehrfach gesagt, „Auslöser“ ist nicht gleichbedeutend mit „Ursache“.

    Das Grunddilemma bleibt aber bestehen:

    Ich will ja gerade, dass sich alle frei fühlen hier auch die Anfänger-Fragen zu stellen. Und deshalb versuche ich für eine hilfsbereite Community zu sorgen, in der sich auch die „Anfänger“ wohl fühlen können, weil Sie wissen, dass Ihnen hier ohne Unterton freundlich geholfen wird. Und versuche selber mit gutem Beispiel voran zu gehen.

    Das darf ja aber nicht bedeuten, dass man nicht mehr die sachlich richtigen Antworten bekommt, nur weil diese vielleicht jemanden in seinem Ego verletzen könnten. Dann würde der Blog seinen Sinn verlieren, der nicht darin besteht sich die Leser „gut fühlen“ zu lassen, sondern relevantes Börsenwissen zu vermitteln.

    Ich weiss, das ist ein schmaler Grat, und Du hast ja selber erkannt, dass die richtigen Antworten nicht immer schmerzfrei sein können, aber bisher hat diese Balance hier ja ganz gut geklappt.

    Und noch etwas ist ganz wichtig und richtet sich primär an all die stummen Leser dieses Blogs – auch eine Wahrheit die viele nicht gerne hören wollen:

    Wer nicht den Mut hat zu seinen Fehlern zu stehen und wer sich nicht traut zu fragen, nur weil er vielleicht eine Antwort bekommen könnte die weh tut, wird am Markt nie erfolgreich sein !

    Die Fähigkeit sich selber zu hinterfragen, kritisch mit den eigenen Marotten umzugehen und sich so weiter zu entwickeln, ist nach meiner Erfahrung absolute Grundvoraussetzung um eine Chance am Markt zu haben.

    Auch für erfahrene Marktteilnehmer wie mich gilt das jeden Tag aufs Neue. Jeden Tag machen wir Fehler oder stehen in Gefahr in alte, falsche Marotten zurück zu fallen. Jeden Tag werden wir mit neuen Situationen konfrontiert, an die wir uns auch erst wieder unter Fehlern anpassen müssen.

    Hätten wir nicht die Bereitschaft uns selber zu kritisieren und hinterfragen, würden wir scheitern. Wer am Markt ist um sein Ego zu bestätigen, wird von Mr. Market früher oder später ganz grausam rasiert, dafür garantiere ich mit absoluter Sicherheit !

    Diese psychische Stärke ist aber vielen nicht gegeben, was auch ein Grund ist warum so viele an der Börse scheitern. Insofern Johann, darfst Du Dich zu einem exklusiven Kreis zugehörig fühlen und stolz sein auf Deine Ehrlichkeit und Offenheit ! Und Du siehst ja jetzt schon, zu welchen Fortschritten es führen kann, wenn man den Schmerz auch an sich heran lässt.

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