Prokon, die Bundesregierung und warum Risiko gut ist !

Heute muss ich in der Frühe mal wieder einen persönlichen Kommentar zu einem finanzpolitischen Thema los werden. Denn was ich heute in den Medien lese und laut Medien wohl vom neuerdings SPD geführten Justizministerium ausgehen soll, lässt meine Zornesader schwellen:
-> Bundesregierung will riskante Finanzprodukte verbieten <-

Jetzt riecht das natürlich auch wieder nach so einer typisch politischen Reaktion, wie sie nach medialer Aufmerksamkeit heischend, auch oft nach publikumswirksamen Gewalttaten kommt. Dann wird gerne von erhöhten Strafen schwadroniert und sobald das Thema von den Schlagzeilen verschwunden ist, kümmert sich keiner mehr so richtig darum.

Hier lese ich persönlich aber aus der politischen Absicht auch eine Geisteshaltung heraus, die ungefähr so lautet: Risiko ist schlecht und muss verboten werden ! Der Bürger muss vor sich selber geschützt werden ! Der liebe Staat weiss schon, was gut für Dich Bürger ist !

Die Gängelung und Bevormundung des Bürgers, tritt für mich damit in eine völlig neue Dimension. Eine Dimension, die wir mündige Bürger nach meiner Ansicht zum Wohle unseres Gemeinwesens nicht mehr so einfach hinnehmen dürfen.

Denn die Wahrheit ist: Risiko ist gut ! Unser Fortschritt, unsere Wirtschaft und damit auch die von Steuereinnahmen finanzierten Gehälter, die diese Damen und Herren in den Ministerien jeden Monat auf ihrem Konto haben, sind das Resultat davon, dass Menschen in der Vergangenheit ins Risiko gegangen sind und geforscht, gegründet und investiert haben !

Alle grossen Erfindungen, jedes neues Medikament, jeder Fortschritt, musste erst einmal finanziert werden. Denn vorher ist es ja noch nicht da. Und um etwas zu finanzieren, braucht es Geldgeber, die ins Risiko gehen. Und die dann - wenn es ein Erfolg wird - zu Recht grosse Gewinne einstreichen können. Und wenn es scheitert, ihre Investition abschreiben müssen. Das nennt man Wirtschaft und Fortschritt !

Wenn Elon Musk vor dem Börsengang von Tesla Motors, im Rahmen einer Beteiligungsgesellschaft mit "Genussrechten" um private Geldgeber geworben hätte, wäre das ohne jede Frage ein hoch riskantes Investment gewesen, das auch hätte schief gehen können. Denn erst hinterher ist man klüger !

Nach der Logik, nach der riskante Finanzprodukte für private Anleger zu verbieten sind, hätte dann aber keine deutsche Privatperson bei Tesla Motors investieren dürfen. Weil das liebe Justizministerium und/oder die Bafin "weiss" ja, dass das riskant ist. Ich lache mich tot ! Mit Verlaub, der ganze Gedankengang ist absurd. Und wenn er wirklich ernst gemeint sein sollte und nicht nur von der Süddeutschen verdreht oder übertrieben dargestellt wurde, müsste man sich ernsthaft die Frage stellen, ob man im Angesicht solcher Verantwortlichen, nicht schnellstens aus diesem Land auswandern sollte.

Richtig ist am Finanzmarkt etwas ganz anderes. Die Verbraucher sind nicht vor Risiko zu schützen, sie sind vor Betrug zu schützen ! Denn Risiko hat seinen Preis und das ist gut so. Wer ein sehr riskantes Investment anbietet, muss für den Erfolgsfall eine viel höhere Rendite anbieten, als jemand mit einer vergleichsweise sicheren Anlageform.

Andernfalls wird er keine Geldgeber finden, ausser die "Dummen", denen man sowieso alles andrehen kann, wenn man es nur lecker genug mit einer Schleife verpackt. Will das Justizministerium jetzt auch Dummheit und mangelnde Bildung verbieten ? Ich meine, ich fände es ja toll, wenn beides vom Erdboden verschwinden würde, aber mit einem Verbot erreicht man das nicht, sondern nur mit dem, worin der Staat aktuell versagt: den jungen Bürgern schon in der Schule wirtschaftliche und finanzielle Grundbildung zu vermitteln !

Die entscheidende Frage ist also nicht, wie riskant eine Anlage ist, sondern ob diese Risiken angemessen und vollständig dargestellt wurden. Und wenn das mit Vorsatz nicht passiert, dann darf man das Wort "Betrug" in den Mund nehmen und davor ist der Bürger tatsächlich zu schützen, nicht aber vor Risiko !

Nur blöderweise gibt es die Gesetze alle schon, die Betrug bei Finanzanlagen unter Strafe stellen und es gibt mehr als genügend Formulare und Regularien, daran mangelt es Deutschland nicht. Darauf zu verweisen, würde aber natürlich keine schöne Schlagzeile in der Süddeutschen generieren. Sicher gibt es in Details Verbesserungsbedarf bei den regulatorischen Anforderungen an solche Beteiligungen, das ist aber immer so und keine Schlagzeile wert.

Woran es aber im Lande in Finanzdingen wirklich strukturell mangelt, ist finanzielle Eigenverantwortung und finanzielle Bildung ! Da steht der Staat in einer Verantwortung in Schulen und sonstigen Bildungseinrichtungen. Denn wer glaubt, man bekäme im aktuellen Finanzumfeld irgendwo ohne jedes Risiko 6, 7 oder sogar 8% Rendite, die sich dann auch noch "gut" und "nachhaltig" anfühlt, ist mit Verlaub ziemlich naiv. Aber das ist ja kein Problem - unser liebes, uns an seine erstickende Mutterbrust drückende Justizministerium - verbietet dann auch Naivität. Wer hier Sarkasmus findet, ist auf dem richtigen Dampfer !

Spannend würde auf jeden Fall zu beobachten sein, welche Finanzprodukte, die in dem Fall nicht zu beneidende Bafin, dann als "zu riskant" für normale Bürger vom Markt nehmen müsste. Fangen wir - mit leichtem Augenzwinkern - doch mal mit drei Kandidaten an:

- Aktien der Commerzbank ? Ich meine "riskant" waren sie, oder ? 😉

- Oder vielleicht eine Beteiligung an Solarworld. Auch die war offensichtlich riskant, oder ? 😉

- Staatsanleihen ? Insbesondere für Mittelmeer-Anrainerstaaten der Eurozone ? Nein, das kann nicht sein, die sind ja total sicher. Oder doch nicht ? Nach welchem Kriterium eigentlich ? 😉

Soll ich weitermachen ? Was glauben Sie, was bei der Prüfung der obigen Anlagen vor Jahren heraus gekommen wäre, wenn die arme Bafin hier hätte prüfen müssen, ob das Finanzprodukt zu riskant ist ?

Ich denke, ich habe meinen Punkt gemacht. Erstaunlich ist nur, dass man so etwas überhaupt schreiben muss und das nicht selbstverständlich ist.

Abschliessen will ich meine Wutrede daher versöhnlich. Denn glücklicherweise gibt es da draussen auch noch Verantwortliche mit Verstand. Und deshalb zitiere ich hier aus dem oben verlinkten Artikel der Süddeutschen, stellvertretend die Präsidentin der Bafin Elke König:

"Jeder Anleger müsse bedenken, dass es einen Zusammenhang zwischen der versprochenen Rendite und dem Ausfallrisiko eines Wertpapiers gebe und dass die Anbieter auf den Finanzmärkten keine Wohltäter seien. Man sollte nur in Produkte investieren, die man versteht, und eine gesunde Skepsis an den Tag legen"

Danke ! Da habe ich überhaupt keinen Widerspruch. So ist es.

Risiko ist gut ! Es muss nur gegenüber dem Anleger angemessen, vollständig und wahrheitsgerecht dargestellt werden, damit dieser eine mündige Entscheidung treffen kann.

Das war aber schon immer so und ist nichts Neues und schon lange gesetzlich verankert.

Und um zum konkreten Fall Prokon zu kommen, hat es an Warnungen und kritischen Kommentaren zum Geschäftsmodell ja nun wirklich nicht gemangelt. Wer sich über diese hinweg gesetzt hat, hat eine eigenverantwortliche Entscheidung getroffen und ist ins Risiko gegangen. Nun muss dieser Anleger die Konsequenzen tragen. Hätte die Anlage zu riesigen Gewinnen geführt, hätte der Anleger diese ja auch alleine vereinnahmen wollen.

Ihr Hari

PS: Sehr passend zum dem Themenkomplex, will ich auch an meinen älteren Artikel -> Die Legende von der bösen Spekulation <- erinnern.

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7 Gedanken zu „Prokon, die Bundesregierung und warum Risiko gut ist !“

  1. Alles auch meine Meinung und wie immer, Finger in die Wunde gelegt. Ergänzen möchte ich noch:
    Es gab Zeiten, da galten Staatsanleihen und Immobilienfonds durch Rechtsprechung und Gesetz als mündelsicher, da sicher, jederzeit verwertbar und risikolos (oder nur -arm?). Nun ist bei dem ein oder anderen Mündel das Geld längst weg.

  2. Die Selbstregulation funktioniert einfach nicht mehr. Dies findet man in sehr vielen bis allen Bereichen unserer Gesellschaft. Wenn ich überlege, wo überall Menschen falsche Kommentare oder auch unfähige Arbeit abliefern, dies jedoch folgenlos weiter tun dürfen, dann wird mir immer ganz anders. Ich möchte damit nicht sagen, dass diese Personen generell „unfähig“ sind – ganz sicher nicht. Jedermann hat Talente, aber leider viel zu häufig in Bereichen, in denen er nicht tätig ist. Aber das ist eine andere Sache. Wir brauchen eine neue Streitkultur – es muss einem auch mal gesagt werden können – das war nix, was Du da grad gemacht hast. Dies sollte man in Respekt der Person tun und es von der Sache trennen. Würde mich freuen, wenn mir einer seine These sagen könnte, woran das liegt, dass unsere Selbstregulation nicht mehr funktioniert? Sind wir zu bequem geworden und haben wir schon resigniert?

  3. @Die2,

    ich denke mal dieses „in Respekt der Person konstruktiv kritisieren“, funktioniert nur unter Menschen, die sich kennen und daher auch die Motivation des anderen einschätzen können. In Familien, unter Freunden und in sehr engen Communities, wo man sich lange und gut kennt, kann das der Fall sein.

    Diese werden aber zunehmend durch das anonyme Kommunizieren über (soziale) Medien ersetzt. Und da fehlt bei allem „Freundes-Gebrabbel“ eben diese intensive Vertrautheit, die einen Kritik ertragen lässt, weil man weiss, sie ist gut gemeint.

    Und wir erleben Kommunikation ja auch fast nur noch über diese Medien. Das Bild eines Politikers ist doch zum Beispiel zu 100% medial gemacht und ob der Mensch so existiert, wie er sich medial darstellt ist erst einmal fragwürdig.

    Wie will da Offenheit entstehen, die auf Vertrautheit fussen muss ?

    Deshalb lege ich hier im Blog ja auch so grossen Wert darauf, dass die Leser auch etwas von sich preis geben. In dem sie etwas preis geben, werden sie für andere besser einschätzbar. Das schafft Vertrauen und bremst gleichzeitig die Reflexe zur anonymen Giftigkeit. In so einem geschlossenen, vertrauten Kreis, wo man weiss, es wird einem nichts Böses angetan, kann man sich auch eher mal öffnen und auch eigene Schwächen thematisieren.

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