Hari´s Märkte am Abend – 18.04.12 – Kurzbericht

22 Uhr - Handelsschluss

Mangels Zeit für schöne Formulierungen, heute nur ein kurzes Marktupdate und ein paar Meinungen zum Euro in Kurzform:

(1) Die Konsolidierung nach dem gestrigem Anstieg bewegt sich im DAX im normalen Rahmen. Das ist kurzfristig leicht positiv zu werten, mittelfristig spricht alles dafür, dass uns die Phase wilder Swings erhalten bleibt - und zwar in beide Richtungen.

(2) Ähnlich ist die Lage im S&P 500. Wir konnten das gestrige Niveau zwar nicht ganz halten, haben aber nur wenig abgegeben. Das war heute zwar keine Bestätigung des gestrigen Tages, aber auch keine völlige Negierung. Geduld ist gefragt, an dieser wichtigen Wegscheide.

(3) Nur die Schwäche der letzten Minuten in den US Indizes war unschön, mit der wir auch die Trading-Range wieder verloren haben. Von einem schwachen Auftakt im DAX ist also Morgen auszugehen, dann könnte es im Laufe des morgigen Tages wieder drehen, falls die erneute spanische Anleihen-Auktion gut läuft.

(4) Chesapeake Energy (WKN 885725) stürzt heute zeitweise um 10% ab, bevor sich die Verluste etwas verringern, nachdem durch Reuters dubiose Finanzierungen des CEOs und Gründers Aubrey McClendon in Milliardenhöhe bekannt werden. Nach meiner Einschätzung reagiert der Markt so negativ, weil die Lage völlig undurchsichtig ist, Auswirkungen auf die Finanzierung von Chesapeake selber und einen anstehenden Börsengang einer Tochter befürchtet werden und keiner in eine Art "Enron II" Szenario geraten will. "Sell first, think later" lautet das Motto. Lesen Sie -> hier <-. Ich kann Ihnen auch nicht sagen, was da richtig ist und ob man Chesapeake nun kaufen sollte oder nicht. Rein technisch ist die Aktie brutal überverkauft und schon lange für einen Bounce fällig. Aber ich nutze diese Schwäche trotzdem definitiv nicht zum Kauf, weil auch ich finde, dass das Thema richtig "stinkt". Auf jeden Fall zeigt es mir persönlich, dass Aubrey McClendon vor allem an die eigene Brieftasche und weniger an die Aktionäre denkt.

(5) Freeport McMoran (WKN 896476) (Kupfer) zieht in der sonstigen leichten Schwäche an, ein gutes Zeichen für Kupfer, die Konjunktur und den Rohstoffsektor. Und eine Aktie bei der ich optimistisch bin, obwohl erst Morgen die Quartalszahlen kommen. Selbst eine Übernahme von Freeport durch einen der ganz Grossen wie BHP Billiton ist denkbar. Lesen Sie zum Beispiel mal -> hier <- und -> hier <-

(6) Die Spanien-Krise schwelt weiter und ich sehe nicht, wie das Thema schnell verschwinden soll. Wir erleben in meinen Augen wieder alle Inkredenzien einer schwelenden Krise, wie wir es zuletzt im Herbst letzten Jahres hatten. Gelddrucken ist eben keine Lösung, Sparen alleine auch nicht. Politisch verordnete Wachstumspakete ala Hollande aber auch nicht. Wettbewerbsfähigkeit muss sich hart und mühsam erarbeitet werden, wie jeder Mittelständler weiss und kann nicht politisch verordnet werden. Aufgabe der Politik ist es, dafür die richtigen Rahmenbedingungen zu setzen und nicht sich selber via Fördermittel als Investor zu betätigen.

(7) Trotzdem wird auch diese Eskalation immer wieder von Erleichterungsphasen durchbrochen werden und ich kann mir durchaus vorstellen, dass so eine Phase im Falle Spanien nun ab Morgen mal wieder ansteht, denn am Donnerstag steht eine erneute Auktion spanischer längerlaufender Anleihen bevor. Insofern macht es für mich kurzfristig wohl wenig Sinn, nun als Letzter auch noch in die Untergangsgedanken zum Euro einzustimmen. Am Wochenende ist darüber hinaus IWF Sitzung und da dürfte es auch wieder wohl klingende Aussagen geben, die ein dürstender Markt wohl gerne aufgreifen wird.

(8) Mittelfristig wäre ich aber überrascht, wenn es die Euro-Währungsunion in der jetzigen Form in ein paar Jahren so noch gibt. Denn der fehlkonstruierte Euro beraubt die schwachen Volkswirtschaften des entscheidenden Stellhebels, um ihre mangelnde Wettbewerbsfähigkeit am Weltmarkt auszugleichen - den Wechselkurs. Ich sehe keine konventionelle Lösung im Rahmen des jetzigen Euros, die das Problem grundlegend behebt. Alle Aktionen der EZB verzögern das Unvermeidliche in meinen Augen nur und schaffen kurze Phasen der Ruhe, bevor die fundamentalen Realitäten wieder zuschlagen. Eine gemeinsame Währung ohne gemeinsame Regierung, Gesetzgebung und Wirtschaftsraum kann einfach nicht dauerhaft funktionieren. Und für eine wirklich einheitliche Regierung und Union ist Europa (noch) nicht reif. Keine schönen Aussichten für unser unmittelbares Lebensumfeld !

Ich wünsche trotzdem einen schönen Abend. Die Kunst ist, trotz dieser Aussichten, im "Hier und Jetzt" das Leben zu geniessen - eine Fähigkeit, an der auch ich immer mal wieder scheitere !

Ihr Hari

3 Gedanken zu „Hari´s Märkte am Abend – 18.04.12 – Kurzbericht“

  1. „Mittelfristig wäre ich aber überrascht, wenn es die Euro-Währungsunion in der jetzigen Form in ein paar Jahren so noch gibt.“ – Ich denke, ab nächsten Sonntag wird Bewegung in die Sache kommen. Denn wir nähern uns der französischen Präsidentenwahl, und wenn die Linkskandidaten im ersten Wahlgang nicht deutlich unter 40 Prozent bleiben – was eine Riesenüberraschung wäre – dann wird der Präsident ab Mai Hollande heissen. Sehr bald danach wird es Neuwahlen fürs Parlament geben, und auch diese werden eine klare linke Mehrheit erbringen. Bezeichnend ist ja, daß die Frontisten beider Lager nahezu 30 Prozent der Stimmen in den Umfragen auf sich vereinigen, und diese Wähler lehnen den Euro eindeutig ab.

    Es kann also sehr gut sein, daß Hollande unter Druck kommen wird, die Politik der Schuldenbremse aufzugeben. Frankreich hat historisch gesehen immer zwischen Nord und Süd manövriert; das Herz weist Richtung Süden, der Verstand nach Norden. Die Wachstumsregionen Frankreichs, also Île-de-France, Lyonnais, Elsaß und Côte d’Azur, kommen mit dem Euro sehr gut klar. Aber den ländlichen Regionen geht es ähnlich wie Italien und Spanien: Hier dominieren Wachstumsschwäche und Arbeitslosigkeit, und hier wird es auch klare linke Mehrheiten geben. Was es mit großer Wahrscheinlichkeit nicht mehr geben wird, ist eine Politik im Stil von „Merkozy“. Gefordert werden wird von den französischen Politikern (und nicht nur von ihnen) eine Politik der Wachstumsimpulse, eine expansive Politik der EZB in Abhängigkeit von der Mehrheit der südlichen Regierungschefs.

    Statt dessen werden sich Merkel und Hollande wohlmehr oder weniger zusammenraufen, aber beide werden letztlich geleitet von entgegengesetzten Zielsetzungen. Es muss sich kurzfristig nicht dramatisch etwas ändern, daß sich aber langfristig etwas ändert, ist ziemlich wahrscheinlich. Das Szenario Nord-Euro versus Süd-Euro wäre dann keine reine Phantasterei mehr. Der Euro, so wie er jetzt ist, hilft Deutschland: Hätten wir noch die Mark, so hätte diese gegenüber den europäischen Südwährungen und auch gegenüber dem Franc deutlich aufgewertet. Da außerdem bei uns Löhne und Gehälter über die letzten Jahre hinweg nur sehr moderat gestiegen sind, hat Deutschland heute deutliche Kosten- und Produktivitätsvorteile, die Südländer entsprechend deutliche Nachteile. Dies wird kaum ad infinitum aufrechterhalten werden können. Das wird auch nicht über Eurobonds aufgefangen werden können, da diese nicht nur das Verhältnis zwischen Nord- und Südländern verschieben, sondern auch zwischen den Euroländern und der übrigen Welt.

    Die zweite große Verschiebung könnte es dann im November in den USA geben – denn daß Obamas Wiederwahl gesichert ist, davon kann man derzeit nicht ausgehen. Obama mag der charismatischere Kandidat sein – aber wenn die amerikanische Wirtschaft nicht anspringt, sieht es düster für ihn aus. Viel hat er bis heute nicht vorzuweisen.

    Diese Unsicherheiten,muss man befürchten, werden sich weiterhin im Marktgeschehen niederschlagen. Was fehlt, ist die Orientierung, wie es weiter gehen könnte. Und so werden wir wohl auch in den kommenden Monaten nächtliche europäische Krisensitzungen erleben.

    Sorry, daß ich heute abend etwas pessimistisch bin. Aber die Sonne ist bisher noch jeden Morgen aufgegangen und sie wird es auch weiterhin tun…

    Tokay

  2. Der letzte Satz, ganz grosses Kino ….. 😉 Das gehört wohl als Trader ab und zu ins Leben, wobei viele oder alle Menschen damit sicher auch mal scheitern, oder man ist Buddha!

    Für mich war der heutige Tag bei den Amis ´ne klare Konso, sollte morgen, spätestens abends unserer Zeit sich nach oben hin auflösen, dann wäre mein Szenario einer letzten up-Bewegung konform mit neuen Hochs. Ich deute diese Phase als Distribution und denke , dass Big Money sich von den grossen Positionen verabschiedet, a la MSFT, die Du schon beschrieben hattest, weswegen Dir die Überzeugung fehlt und Danke für diesen Bericht, wie auch Daimler gestern. Und diese Monster Pakete von x- 100.000 Aktien los zu werden, das dauert und will dementsprechend über einen guten Zeitraum verteilt werden. Sonst geht das nicht oder man ist eben Buy and Holder

    Die Earnings bisher auch ganz ok, aber ich weiss nicht, irgendwie könnten wir einen verdammt heissen Sommer an den Börsen bekommen, hoffe dbzgl auch in der Synchronizität.

    Verbleibe mit kurzfristigem Optimismus bis Mitte Mai und Juni und lasse mich gerne eines besseren belehren

    We will see
    Good Trades

  3. Kompromißvorschlag: Mittleres Kino… ;-)……Heute habe ich ein Interview mit Richard Kooh, dem Chefvolkswirt von Nomura Securities, Tokio, gelesen, das mich einen neuen Blick auf das Thema Eurokrise wwerfen läßt. Es steht hier: http://www.faz.net/aktuell/finanzen/anleihen-zinsen/japanischer-oekonom-richard-koo-amerika-und-europa-naehern-sich-japan-an-11722366.html. Das interessante daran finde ich den Begriff „Bilanzrezession“, welchen Terminus Kooh selbst in die Diskussion eingeführt hat. Dieser Begriff trägt dazu bei, das Puzzle „Eurokrise“ aufzulösen. Demnach müssen Spekulationsblasen im Immobiliensektor über lange Jahre vom Privatsektor, d.h. von den Unternehmen und von den Haushalten über Ersparnisse ausgeglichen bzw. finanziert werden.

    Eine solche Spekulationsblase ist in den Südländern, insbesondere in Spanien entstanden aufgrund der Einführung des Euro, der diesen Ländern historisch einmalig niedrige Zinsen und darauffolgend einen gigantischen Bauboom ermöglichte. Auch deutsches Kapital floß dorthin. Die „Bilanzrezession“ soll also dazu dienen, die dadurch hervorgerufene Überschuldungssituation des Privatsektors wieder auszugleichen. Dies war, so sagt er, in Mexiko so, in Japan, und in den USA. Und nun die interessante Aussage: Es ist FATAL, wenn der Staat in einer solchen Situation Konsolidierungspolitik betreibt. Damit wird die heimische Nachfrage sozusagen „zur Strecke“ gebracht. Vielmehr müsste sich der Staat im Gegenteil verschulden, um diese Ersparnis aufzunehmen und dem Privatsektor bei der Sanierung seiner Bilanz zu helfen. Fatal wäre es außerdem, wenn der staatliche Kredit durch das Ausland finanziert würde, denn für diesen Kapitaltransfer bräuchten diese Länder Exportüberschüsse, die sie nicht haben, und auch nicht durch Währungsabwertung herbeiführen können. Natürlich muß der Staat sich irgendwann konsolidieren, aber erst dann, wenn der Privatsektor wieder solide finanziert ist. In dieser Phase ist auch eine expansive Geldpolitik ungefährlich, ja sogar wünschenswert, da der Kreditmarkt darnieder liegt ,so daß auch keine inflationären Tendenzen entstehen.

    Die von der Bundesregierung propagierte Schuldenbremse hilft also in erster Linie den Nordländern. Da deren wirtschaftliche Situation derzeit günstig ist und durch den Euro sogar noch gestützt wird, hilft die Schuldenbremse gegen eine Überhitzung der Binnenwirtschaften der Nordländer, denn das inländische Kapitalangebot ist groß genug, ablesbar z.B. an den historisch tiefen Zinsen für Bundesanleihen. Für die Südländer aber ist die Schuldenbremse Gift, sie führt sie in eine noch schwerere Rezession und damit zu einem noch stärkeren Aufschaukeln der ohnehin bestehenden Ungleichgewichte. Dabei ist die Situation in Italien günstiger als in Spanien, da der Privatsektor in Italien im gegensatz zu Spanien nicht überschuldet ist, auch in Griechenland ist er nicht überschuldet.

    Sein Lösungsvorschlag ist sehr unkonventionell, hört sich aber für mich sehr vernünftig an: Blankogarantie für die europäischen Banken, ggf. Kapital nachschiessen wie in den USA nach der Lehman Pleite, die Peripheriestaaten dürfen sich nur noch im Inland verschulden. Das ist wahrscheinlich besser wie schablonenhafte Lösungen á la Eurobonds oder Schuldenbremse. Und so gesehen wäre eine Wachstumspolitik im Sinne von Hollande dann doch nicht so abwegig.

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