Food-for-thought bei der ING-DiBa

Ein "Sponsored Article" von Carsten Brzeski, Chefvolkswirt der ING-DiBa

Die Weltwirtschaft ächzt und krächzt noch immer. Die USA haben gerade mal wieder den Kopf aus der Schlinge gezogen und ihre Schuldenkrise um drei bis vier Monate vertagt, Europa kämpft noch immer mit den Problemen der Krise und auch in Deutschland fragt man sich, wie es in den kommenden Jahren weiter gehen soll. Bleibt Deutschland der Wachstumsmotor im Euroraum oder schlafwandeln wir uns gerade wieder zum kranken Mann des Europas 2020?

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Große Fragen, die am 15. Oktober anlässlich des vom Europäischen Wirtschaft Verlags ausgerichteten „Wirtschaftsdialog 2013“, welcher im LEO-Gebäude der ING-DiBa stattfand, diskutiert wurden.
Der Abend bei der ING-DiBa fand in einem illustren Kreis von gut 200 Unternehmern, Managern und Bankern statt und war gespickt mit etlichen Reden und einer Paneldiskussion. Das eigentliche Thema des Abends war „Finanzplatz Deutschland“, aber schnell sollte deutlich werden, dass diese Perspektive zu eindimensional ist. Den Finanzplatz Deutschland kann es nur in einem funktionierenden europäischen Umfeld und mit einer starken deutschen Konjunktur geben.

Überraschenderweise gab es eine große Übereinstimmung über die Notwendigkeit weiterer europäischer Integration. Der Mangel an einer Vision für Europa und der Befragung der Bürger wurde allerdings kritisiert. Wie nicht anders zu erwarten, gab es natürlich die verschiedensten Rezepte für eine tragfähige Zukunft Europas. Vom reinen Verbund nationaler Staaten bis hin zum europäischen Superstaat, alles scheint möglich. Interessant war vielleicht noch der Blick auf die andere Seite des Atlantiks. Die USA sind die einzige funktionierende Währungsunion, die es im Augenblick gibt, und könnten Europa zumindest die Richtung angeben. Elemente der amerikanischen Währungsunion sind nämlich u.a. regionale Schuldenbremsen, ein gemeinsamer Bankenabwicklungsfonds, eine gemeinsame Einlagensicherung, eine gemeinsame Sprache, ein zentraler Haushalt und Banken, die nicht in regionale Anleihen sondern Bundesanleihen investieren. Einige dieser Elemente gibt es mittlerweile im Euroraum, andere werden noch kontrovers diskutiert. Natürlich muss Europa nicht per se den amerikanischen Weg gehen. Ein Blick über den großen Teich ist aber auf jeden Fall die Mühe wert.

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Die Renovierung des europäischen Hauses ist jedoch nicht die einzige Herausforderung für Deutschland und auch die neue Bundesregierung in den kommenden Jahren. Deutschland muss auch seine eigenen Hausarbeiten erledigen. In den letzten Jahren hat sich unbemerkt wieder ein kleiner Reformstau aufgebaut. In aktuellen OECD-Studien zur Durchführung neuer Reformen rangiert Deutschland langsam wieder am Ende. Die vielleicht größte Aufgabe ist wahrscheinlich das Schließen der Investitionslücke. Die neue Regierung hat die einmalige Chance endlich mal in guten Zeiten neue Reformen anzustoßen und nicht erst auf die schlechten Zeiten warten zu müssen. Dabei müssen wir natürlich nicht an neue Anlageinvestitionen denken, sondern vielmehr an Investitionen in Bereichen wie Energie, Verkehrsinfrastruktur und Bildung.

Die große Frage ist jedoch, wie und ob die Investitionslücke geschlossen werden kann ohne Steuererhöhungen und neue Verschuldung. Die Glaubwürdigkeit und das Vertrauen, dass Deutschland gerade in den letzten Jahren an den Finanzmarkten gewonnen hat mit solider Haushaltspolitik sollte nicht leichtfertig aufs Spiel gesetzt werden.

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Die Antwort auf „wer soll das bezahlen“ erfordert also einige Kreativität. Ein Lösungsansatz besteht zum Beispiel darin, nicht alle Verantwortung für neue Investitionen beim Staat zu legen, sondern auch den Privatsektor zu involvieren. Hierbei könnte der Staat unterstützend auftreten. In diesem Zusammenhang wurde eine Idee längere Zeit diskutiert: wie kann man Privatvermögen für Realinvestitionen frei machen. In der aktuellen Niedrigzinsperiode gibt es eine immer grösser werdende Suche nach Rendite. Mehr Rendite bedeutet natürlich auch mehr Risiko, aber es ist vorstellbar, dass vorhandenes Kapital z.B. bei Versicherungen und Privaten eingesetzt wird für neue Investitionsprojekte. Diese Umverteilung von Kapital hat viel Charme. In der Diskussion wurde aber auch deutlich, dass die Geister sich bei der praktischen Ausführung noch scheiden. Wie wahrscheinlich so häufig an solchen Abenden wurden leider wieder mal keine Krisen gelöst. Denkanstöße und food-for-thought gab es jedoch zu Genüge.

Carsten Brzeski ist Chefvolkswirt der -> ING-Diba <-. Davor war er unter anderem als Senior Economist bei ABN Amro und als Economist bei der Europäischen Kommission tätig.

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