Marktupdate – zur Technik eines „Runaway Move“

Mit seiner dynamischen Bewegung über 6600 im DAX, hat der Markt heute die Wahrscheinlichkeit meines -> hier <- skizzierten Szenarios (1) weiter erhöht, die Möglichkeit eines Runaway-Move im DAX sollte man nun sehr ernsthaft in Erwägung ziehen ! Zwar sieht dieser Ausbruch über 6600 kurzfristig eher nach einem kleinen Top im DAX aus und ich rechne eher damit, dass der Markt nun noch einmal Luft holt, die Dynamik der Bewegung ist aber nun so hoch, dass es durchaus bald weiter nach oben gehen könnte.

Leider ist ein solcher "Runaway-Move" keineswegs so positiv, wie sich das auf den ersten Blick anhört. Denn auch für die Bullen unter uns ist es sehr schwierig, eine solche Bewegung erfolgreich mitzugehen. Denn leider ist in so einer Phase das normale Schwingen des Marktes zwischen einem "überkauften" und "überverkauften" Marktzustand völlig ausser Kraft gesetzt. Und damit verliert die Kursentwicklung jede Berechenbarkeit. Denn der Druck durch frisches Geld von der Seite ist so hoch, dass es kaum noch zu relevanten Korrekturen kommt. Und wenn, dann dauern diese gerade mal einen Tag, danach wird wieder aggressiv gekauft. So füttert die Hausse sich selbst und am Ende rennt alles in den Markt, weil es scheinbar nur noch nach oben geht.

Das Ende einer solchen Bewegung ist aber leider zu oft ein kleiner Crash und das Problem dabei ist: wann der kommt ist nicht wirklich vorhersagbar, da Marktzyklen und Sentimentanalyse in so einer Bewegung ausser Kraft gesetzt sind. Wer aber den bewährten Methoden von Zyklen und Sentiment folgt, wird bei einem Runaway-Move garantiert viel zu früh aussteigen und den Hauptteil der Bewegung nach oben verpassen.

Grund genug, dass wir uns deshalb mal am Beispiel anschauen sollten, was so ein "Runaway-Move" wirklich bedeutet. Glücklicherweise haben wir perfekten Anschauungs-Untericht bei der Kursentwicklung von Silber im letzten Frühjahr:

Wie Sie sehen, startete Silber die Bewegung im Januar 2011 bei gut 25USD um 3 Monate später im April 2011 bei fast 50USD zu toppen - eine Verdoppelung in nur 3 Monaten ! Danach folgte ein crashartiger Absturz bis fast 30 USD.

Schaut man sich den Chart genau an, lassen sich daraus für mich die folgenden Lehren ziehen:

1. Wer den klassischen Methoden der Markttechnik gefolgt war, hat den Markt schon nach einem Monat bei ca. 33 USD verlassen, weil Silber da schon überkauft war. Und hat damit den Schwerpunkt der Bewegung verpasst. Bitte beachten Sie, dass rein vom Zeitablauf her, dieser Moment im Februar 2011 mehr oder weniger dem heutigen Ablauf der Rally entspricht. Es waren gerade mal ein guter Monat vergangen. Das heisst keineswegs, dass die Bewegung aktuell genau so laufen muss. Ich will nur klarmachen, dass eine solche Bewegung meistens länger andauert als man denkt.

2. Wer einmal rausgeflogen war, dem gab der Markt keine Chance via signifikantem Rücksetzer wieder aufspringen zu können. Selbst wer die Korrektur im Februar richtig getimed hatte und bei vielleicht 33 USD abgesprungen war, kam später nicht mehr zu besseren Kursen an Bord.

3. Gegen Ende der Bewegung gab es eine Art Kaufpanik, die sich an der Beschleunigung des Anstiegs nachvollziehen lässt. Auch diese Kaufpanik dauerte Wochen und damit länger als sich die meisten vorstellen konnten.

4. Das Top wurde genau dort markiert, wo der Markt nach einem kurzen Rücksetzer nicht mehr in der Lage war, kurz danach neue Höchststände zu erreichen.

5. Wer beim Top nicht in Windeseile aus dem Markt war, hat in kürzester Zeit fast seine gesamten Gewinne wieder verloren.

Was ich daraus lerne:

-> Der Versuch das Ende der Bewegung vorher zu ahnen wird scheitern und man wird zu früh aussteigen.
-> Sich keine Gedanken zu machen und einfach mitzulaufen führt zwangsläufig dazu, dass man seine Gewinne wieder abgibt.

Die einzige für mich sichtbare Lösung aus so einem Dilemma ist daher:
Stur und ohne langes Grübeln mit einem Trailing Stop agieren !

Ein Trailing Stop ist ein Stop, der jeden Tag nachgezogen wird, so dass der Abstand zum Kurs immer gleich bleibt. Entscheidend ist dabei, den Abstand so zu wählen, dass man durch die normalen Korrekturen nicht ausgestoppt wird.

Würden wir dazu die Korrektur von gestern im DAX als Massstab nehmen, hatten wir Intraday eine Bewegung von 120 DAX Punkte nach unten. Mit Sicherheitsspielraum könnte man also aktuell vielleicht 150 DAX Punkte Abstand wählen und dann hoffen, dass einen ein Runaway-Move in so luftige Höhen zieht, dass die 150 Punkte oder 2,5% potentieller Verlust nicht ins Gewicht fallen.

Auch diese Taktik ist keine Garantie für Erfolg, denn Mr. Market fällt dann sicher gerne mal 152 Punkte bevor er zu neuen Höchstständen aufbricht, diesem hinterhältigen Kerl ist das allemal zuzutrauen. 😉 Aber eine brauchbare Strategie ist es trotzdem und nach meiner Erfahrung allemal besser als nach "Bauchgefühl" irgendwas zu machen. Denn so erwischt man einen Runaway-Move garantiert nicht, der Bauch sagt einem viel zu früh: raus, raus !

Soweit ein paar hoffentlich hilfreiche Gedanken zu solchen Marktbewegungen. Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen, die Möglichkeit eines solchen "Runaway-Move" ist nun durchaus vorhanden, garantiert ist das aber keinesfalls ! Alle drei von mir genannten Szenarien sind nach wie vor möglich, auch wenn sich die Wahrscheinlichkeiten nun weiter Richtung Szenario (1) verschoben haben.

Betrachten Sie obigen Vergleich mit Silber 2011 also bitte nicht als Vorlage wie es nun im Markt weitergeht, ich garantiere Ihnen, es kommt nicht genau so, bestenfalls ähnlich !

Aber ich finde man kann sich anhand des Beispiels klar machen, wie man im Falle des Falles bei einer solchen Bewegung agieren sollte und welche Fallstricke auf dem Weg lauern.

Und eine Wahrheit sollte man aus dem Beispiel Silber in jedem Fall mitnehmen: selbst wenn wir jetzt noch wochenlang im DAX hoch laufen und vielleicht sogar die 7000er Marke erreichen, wir werden dann definitiv im ersten oder zweiten Quartal einen scharfen Einbruch erleben. Bei aller positiven Stimmung ist nun also nicht die Zeit um gedankenlos dem Markt hinterher zu laufen ! Es ist aber auch nicht die Zeit um sich nur aus Bauchgefühl gegen den Markt zu stellen !

Bleiben Sie also geduldig und wachsam. In diesem Sinne wünsche ich erfolgreiches Handeln.

6 Gedanken zu „Marktupdate – zur Technik eines „Runaway Move““

  1. Hallo Hari,

    Ich mach es seit Anfang des Jahres folgendermassen : Meine Aktien die Ich mich onehin mittel bis langfristig interessieren bleiben alle im Depot,ganz egal ob es einen run away move gibt oder wir wieder Richtung 6.000 fallen. Die meisten Firmen davon zahlen Dividende und die Saison steht ja eh bald an,also wiso raus und rein wen man den Höchst oder Tiefstpunkt eh nicht richtig erwischt.
    Das war bei den Aktien wie Basf,Axel Springer oder Deutsche Post genau richtig bisher.Dort gab kaum nennenswerte Korrekturen.Wenn Ich also nach 20% Gewinn schon glatt gestellt hätte,würde Ich mich jetzt nur aufregen.
    Ab 6400 habe Ich allerdings Short Zertifikate angefangen aufzubauen auf den Dax oder Mdax da einiges was Ich im Depot habe eben davon ist und werde diese Absicherung weiter ausbauen falls wir weiter hoch laufen werden.Nach dem heutigen Tag bin Ich ca 40% abgesichert,das heisst Ich bin eher bullisch so wie Du,werde mich aber nicht ärgern müssen falls der Markt wieder einige 100 Punkte oder mehr fällt. Dann wird die Absicherung halt gestaffelt verkauft und das Aktien Basket wieder vergrössert. Falls der Markt weiter hochläuft,ok dann ist es eben eine Gebühr auf meine Aktiengewinne.
    Mir wäre es lieber gewesen wenn der Markt mal ein paar Tage vernünftig konsolidiert hätte aber wenn einem der Markt eine chance gibt in eine laufende Ralley einzusteigen dann ist es eben meist keine „richtige“..so zumindest meine Erfahrungen bisher. Auf der anderen Seite laufen wir dann aber wieder Gefahr wie Du es so schön schreibst innerhalb von ein paar Tagen wochenlang aufgebaute Kursgewinne wieder zunichte zu machen.
    Auf jeden Fall denke Ich auch dass die meisten Anleger gedanklich immer noch in 2011 hängen. Ich merke das an mir selber auch. Ich war und bin diesem Anstieg sehr misstrauisch gegenüber eingestellt,könnte mir also vorstellen wenn dies viele andere Anleger auch sind es einfach weiter munter so steigt da dann eben wenig Widerstand da ist den es zu brechen gilt.

    Haste Du eine momentane Einschätzung zu Arch Coal ? Diese Aktie kommt irgendwie trotz gutem Marktumfeld nicht so richtig in Gang 😉

    Gruss
    LB

  2. @ Lightblue, finde ich eine sehr sinnvolle und gut überlegte Strategie. Ganz ähnlich bei mir, einen Grundstock an Aktien habe ich immer, fragt sich nur welche und wieviel davon. Auch ich „hedge“ temporär mit Shorts. Die Entscheidung „ganz rein“ oder „ganz raus“ kann ich nämlich eigentlich nie zuverlässig treffen, also agiere ich wie Du graduell, sprich ich passe mein Exposure Zug um Zug der Lage an.

    Zu Arch Coal gibt es nichts Neues. Die niedrigen Preise bei Gas und Kohle lasten auf dem Sektor. Wir lange das noch dauert kann ich Dir nicht sagen, Geduld ist also nötig. Aber bisher hat der Schweinezyklus immer funktioniert und auf ein Tief folgte ein Hoch. Ich wüsste nicht, warum es dieses Mal anders sein sollte als in den 100 Jahren davor.

  3. Hallo Hari, woher hast Du eigentlich den Ausdruck „Runaway Move“? Beim googeln findet man da nichts irgendwie börsenmäßiges.

    Ansonsten war der heutige Tag von der positiven Nachrichtenlage(China, Sarko-Trade) geprägt und die Wahrscheinlichkeit eines nachhaltigen Kursanstiegs hat für mich deutlich zugenommen. Ich denke, der momentanen Rallye ist es relativ egal, ob wir ihr Ende erwarten, sie geht einfach weiter. Was nicht heißt, daß sie nicht abrupt enden kann, denn wenn irgendeine entsprechende Nachricht aus der Golfregion eintreffen würde, kannst Du die ganzen rosigen Ausblicke in die Tonne treten, Aber es kann genau so auch das Gegenteil passieren – und das war genau heute der Fall. Insofern läßt man die Sache erst mal weiter laufen und sieht zu, daß man rausgeht, falls die Sache ungemütlich werden sollte. Aber danach sieht es vorerst nicht aus. Aber keine „Angst“, die Korrektur wird schon irgendwann kommen.

    Man kann ja außerdem, wenn die Sache wirklich ungemütlich werden sollte, zu den konservativen Papieren wechseln(Nestlé, Unilever, BAT, um nur ein paar bekannte zu nennen, Versorger, Telekom dagegen, hmmm…), da gibts dann, wenn schon keine Kursexplosion, wenigstens ein paar Prozent Dividende.

    Zur Markttechnik noch folgendes: Ich denke, daß wir mehr und mehr in eine Phase kommen, wo wir einen positiv getrendeten Markt kriegen. Und da mit Oszillatoren wie MACD/RSI/Stochastik zu arbeiten, das hat dann ein paar Nachteile. Vor allem den, den Markt für überverkauft zu halten, obwohl er es in Wahrheit gar nicht ist. In der Baisse passiert übrigens das gleiche, nur umgekehrt. Aber ich bin da auch schon drauf reingefallen. Das ist zwar dann schmerzlich, aber es bleibt hängen(obwohl man darauf gut verzichten könnte…)

  4. Hallo Tokay, den Begriff kenne ich schon seit über 10 Jahren, ich weiss ehrlich nicht mehr woher. Gib mal bei Google „Runaway Stock Move“ bzw „Runaway Rally“ oder „Runaway Market“ ein, da findest Du schon einiges. Aber es stimmt, das ist kein Standardbegriff, auch weil sich viele gar nicht bewusst sind, dass es solche Bewegungen viel öfter gibt als man denkt. Erstaunlich eigentlich, weil das sind eigentlich die Bewegungen bei denen man die höchsten Gewinne in kurzer Zeit einstreichen kann, wenn man sie richtig erwischt. Aber wer schreibt mir vor, dass ich immer nur das Übliche schreiben soll ? 😉

    Ansonsten beschreibst Du genau das, was ich heute in meinem Marktupdate zu vermitteln versuchte. Folge der Rally so weit es geht – und es geht bei solchen Bewegungen oft weiter als man sich vorstellen kann – hab aber die Hand immer am Griff für den Notausgang 😉

  5. Bei http://www.stockcharts.com findet man – das wird bei google zuoberst angezeigt, ist aber auch eine weitherum bekannte Börsenwebsite – folgende Definition eines „runaway gap“:

    „Runaway gaps are also called measuring gaps, and are best described as gaps that are caused by increased interest in the stock. For runaway gaps to the upside, it usually represents traders who did not get in during the initial move of the up trend and while waiting for a retracement in price, decided it was not going to happen. Increased buying interest happens all of a sudden, and the price gaps above the previous day’s close. This type of runaway gap represents an almost panic st“ate in traders. Also, a good uptrend can have runaway gaps caused by significant news events that cause new interest in the stock….“

    Da wir aber momentan in einer solchen Verfassung noch nicht sind, ist das hier wohl nicht dieser „runaway move“? Das wäre dann wohl eine Bewegung, die wohl eher zu Beginn eines Hausszyklus stattfindet(wenn es denn ein solcher ist, aber das weiß man erst hinterher, wenn dieser „move“ in eine reguläre Haussebewegung übergeht)?

  6. @ Tokay, ich glaube nicht, dass es eine „offizielle“ Definition für „Runaway – Move/Market/Rally“ gibt. Das ist aber auch nicht nötig. Und eine „offizielle“ Stelle die solche Begriffe definiert, gibt es sowieso nicht.

    Es beschreibt einfach eine Bewegung im Aktienmarkt die einem „wegläuft ohne zurück zu schauen“ und ganz typisch dafür ist, dass die normale Markttechnik aussetzt und wie Du richtig schreibst all die Oszillatoren temporär nutzlos werden.

    Diese Bewegungen gibt es ganz typisch am Anfang oder am Ende eines Bullenmarktes. In der Mitte sind die eher selten. Bei uns tippe ich aktuell auf ein klassisches „Am Anfang“ Szenario.

    Was Du aber am Fehlen eines etablierten Begriffes siehst, ist wie wenig verstanden und diskutiert solche Bewegungen sind. Erstaunlich eigentlich, denn es gibt sie öfter als man denkt und sie sind besonders profitabel. Schau Dir mal den Markt von September 2010 bis Februar 2011 an oder von März 2009 bis Juni 2009.

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