Das Jahr 2012 – Vom Vaterland und politischen Taliban

Drei Tage vor Weihnachten ist ja die Zeit der Jahresrückblicke angebrochen. Ich möchte mich daran eigentlich nicht beteiligen, das Aufzählen vergangener Ereignisse fand ich noch nie besonders spannend.

Heute Nacht ist aber mal wieder etwas passiert, dass so typisch ist, dass es als exemplarisch für das Börsen-Jahr 2012 herhalten kann. Schauen Sie mit mir auf den S&P500 Future heute Nacht:

S&P Future 21.12.12

Fast 4% Minus in einer Minute ! Was war passiert ? Im Rahmen der Fiscal Cliff Aktivitäten, wollte der republikanische Mehrheitsführer Boehner seinen "Plan B" durch das Parlament bringen. Bevor es aber überhaupt zur Abstimmung kam, verweigerten ihm die Fundamentalisten der "Tea Party" aus der eigenen Partei die Gefolgschaft.

Diese Leute eint der feste Glaube dem einzig möglichen Gott zu huldigen ebenso, wie der radikale Wille ihre Sicht der Welt allen anderen aufzuzwingen. Der Vergleich mit den Taliban ist da für mich persönlich naheliegend, denn die Mischung aus fundamentalistischem Glauben und Sendungsbewusstsein ist keine Spezialität von Moslems.

Der Monotheismus hat leider ein unauflösliches Problem, das schon viel Leid über die Welt gebracht hat und für Multimillionen Tote verantwortlich ist. Denn eigentlich dürfte es nur "einen" Gott geben, nur leider glauben die Menschen der Welt an "verschiedene" Götter. Und wenn überhaupt, kann halt nur eine Gruppe recht haben. So entstehen dann Gläubige und Un-Gläubige, diese "Un"-Wörter haben ja schon in anderen Formen grausame Spuren in der Menschheitsgeschichte hinterlassen.

Aber wie auch immer, das soll hier kein Exkurs zu den "Segnungen" fundamentalistischen Glaubens werden, es soll vielmehr zeigen, was Muster des Börsen-Jahres 2012 war. Wir waren das ganze Jahr Sklaven wildgewordener Politiker und Notenbankchefs quer über die Welt. Keine Woche ist vergangen, in der nicht irgendwelche Aussagen zu solchen massiven Schwankungen geführt haben. Und das hat ein Environment an den Börsen geschaffen, mit dem extrem schwierig umzugehen ist.

Sicher konnte man ahnen, dass es zum Thema des "Fiscal Cliff" noch einmal zu so einer Enttäuschung kommen würde. Ich habe es ja auch voraus gesehen, wie Sie -> hier <- vor 2 Tagen lesen konnten. Nur es nützt nichts, wenn die Einschläge über Nacht in solchem Umfang kommen. So ein Environment ist einfach "untradable", wenn man keine Kristallkugel hat, um den genauen Zeitpunkt des nächsten politischen Irrsinns vorherzusehen.

Das ist leider die Welt des Jahres 2012. Sie ist so eng zusammen gerückt, dass selbst der geistige Auswurf extremer Minderheiten zu einem eigentlich innenpolitischen Thema eines Landes die Märkte weltweit in Schwingung versetzt. Das "Headline-Risk" hat ein Ausmass angenommen, dass nur noch schwer zu ertragen ist.

Ich sehne mich auf jeden Fall nach einer Welt, in der die Märkte sich primär mal wieder aufgrund der Parameter bewegen, um die es bei den Märkten wirklich geht: Wirtschaft, Unternehmertum, Innovation.

Und ich sehne mich nach einer Welt, in der die Verhandlungen korrupter Politiker in griechischen Hinterzimmern mich genau so viel interessieren müssen, wie die Eingebungen bibelfester Fundamentalisten in den USA. Nämlich gar nicht ! Das ist aber leider nicht die Welt des Jahres 2012.

Und es zeigt mir auch ein strukturelles Problem der westlichen Demokratien. Unsere politischen Systeme haben in vielen Ländern zu einer Politikerkaste geführt, bei der nicht mehr das Wohl des Landes, sondern persönliche Manierismen im Vordergrund stehen. Die Besten und Klügsten des Landes sind in der westlichen Welt halt nicht mehr in der Politik.

Auch in Deutschland können wir das doch beobachten. Kennen Sie noch den Begriff "Vaterland" ? Er hat früher sehr emotional diese Verbundenheit zum eigenen Land ausgedrückt, den Willen das Beste für das Land zum Massstab des eigenen Handelns zu machen. Und nein, der Begriff hat nichts mit den Nazis zu tun, das ist ein sehr alter Begriff der bis ins 11. Jahrhundert, also in tiefe Mittelalter zurück geht.

Der politisch korrekte Begriff der Gegenwart dafür ist "Gemeinwesen", der aber nicht diesen persönlichen, emotionalen Unterton der Verbundenheit in sich trägt. Aber wie auch immer man es nennt, Faktum ist doch, dass die Diskussionen um die Zukunft unseres Vaterlandes politisch gar nicht statt finden. Während extrem bedeutende, die Zukunft unser Kinder beeinflussende Entscheidungen vor uns liegen, erregen wir uns über absolut nebensächliche und unwichtige Nebenthemen. Die Manierismen einer "Tea Party" sind gar nicht so weit von der politischen Landschaft Deutschlands entfernt, sie kommen halt bei uns in anderem Kleid, zum Beispiel der Obsession an Details herum zu frickeln um einer Illusion von "Gerechtigkeit" hinterher zu hecheln, während gleichzeitig die Grundfesten unseres Staatswesens erschüttert werden.

Ernsthaft, es ist ja wohl für jeden sichtbar, dass wir in Europa mitten in einer historischen Zeitenwende sind. Haben Sie den Eindruck wir führen in Deutschland eine politische Diskussion um die Zukunft unseres Vaterlandes / Gemeinwesens ?

Wir als Bürger der westlichen Welt müssen daher dringend etwas dafür tun, dass wieder Menschen in die Politik gehen, für die der historische Satz John F. Kennedys eine Selbstverständlichkeit ist:

"Frage nicht was dein Land für dich tun kann, sondern was du für dein Land tun kannst!"

Denn erst wenn das passiert, haben nachhaltige und strukturelle Lösungen unserer Probleme wieder eine Chance. Erst wenn das passiert, diskutieren wir wieder über das, was wirklich wichtig ist. Die Frage nach der Zukunft unseres "Vaterlandes" eben.

Und erst dann, hört für uns Anleger und Trader wieder diese permanente und unerträgliche politische Intervention in den Märkten auf. Dann, wenn Politik endlich wieder für tragfähige Rahmenbedingungen sorgt, innerhalb derer die Märkte ganz alleine schwingen können. Die beste Politik ist nämlich eine, die man im täglichen Leben gar nicht merkt, weil sie kluge Rahmenbedingungen gesetzt hat. Wir haben das genaue Gegenteil. Wir huldigen dem Götzen der politischen Allmacht bis in die kleinsten Details unseres Lebens.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen ein paar schöne Feiertage in unserem gemeinsamen Vaterland. Ein ausführlicher Artikel zu diesem Blog und seiner Zukunft in 2013 folgt im Laufe des Tages.

Ihr Hari

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3 Gedanken zu „Das Jahr 2012 – Vom Vaterland und politischen Taliban“

  1. Hallo Hari, die Kommentare der User sind für mich seit heute nicht einsehbar, und zwar weder mit Internet Explorer noch mit Firefox?

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