DAX-Betrachtung: Prognosen, Projektionen, Prophezeiungen
Ein Gastkommentar von Tokay
Das Jahr 2014 hat begonnen und so gibt es auch dieses Mal keinen Mangel an Deutungen für die Zukunft, insbesondere für die Börsenzukunft(Nein, wir bemühen heute nicht Karl Valentin.. ;-)). Lohnen sich denn diese ganzen Spekulationen ? Mir scheint, das was in der Öffentlichkeit an Vorhersagen herumgereicht wird, ist nur wenig geeignet, Licht ins Dunkel der Marktprognose zu bringen. Dabei ist die Frage an sich von großer Bedeutung, denn wer keine Vorstellung davon hat, wie es an der Börse künftig laufen wird, der sollte sich lieber von ihr fern halten. Es sei denn, er hängt jenen Wachstums- oder Crash-Gurus an, welche für alles und jedes eine Vorhersage parat haben. Eine Prophezeiung ist eine auf religiöse Überzeugungen gestützte Vorhersage. Als solche kann man die diversen Vorhersagen über den angeblich unmittelbar bevorstehenden Zusammenbruch des „Scheingeldsystems“ durchaus auffassen. Das Weltfinanzsystem indes hat sich gegenüber solchen Vorhersagen als bemerkenswert widerstandsfähig erwiesen, und wer auf den Zusammenbruch vertraut hat, der hat in der jüngeren Vergangenheit eine Menge Gelegenheiten verpasst. Wir sollten die Apokalypse vielleicht erst einmal vertagen.
Zurück zu etwas profaneren Dingen: Im „Handelsblatt“ waren zu Jahresanfang Prognosen der Volkswirte großer Banken zu lesen. Als Konsens der Schätzungen ergab sich, dass der DAX gegen Jahresende 2014 gut über 10000 Punkten stehen müsse. Jedoch ergaben derartige Schätzungen in den Vorjahren stets, dass man in Baissejahren die Börsenzukunft zu optimistisch einschätzte und in Haussejahren zu pessimistisch lag. Demnach sind Zweifel daran erlaubt, ob wir die genannten 10000 plus x DAX-Punkte zum Jahresende tatsächlich sehen werden. Ich halte das für eher unwahrscheinlich.
Warum das so ist, hat heute der Schweizer Finanzprofessor Erwin Heri in dem Blog -> Journal21 <- treffend dargestellt. Wetterprognosen können heutzutage mit großer Genauigkeit gestellt werden. Bei Börsenprognosen müsste das eigentlich ähnlich sein. Anders als bei den Börsenkursen ist es dem Wetter jedoch egal, wie die Leute auf Prognosen reagieren. Denn wenn die Zunft der Prognostiker einen Anstieg vorhersagt, werden die Börsenteilnehmer ziemlich umgehend auf solch rosige Zukunftsaussichten reagieren. Diese Aussichten werden entsprechend zeitnah verarbeitet und die Prognose alsbald invalide werden.
Man kennt die Bestimmungsgründe der Aktienkursentwicklung zur Genüge: Die Gewinne der Unternehmen, die Zinsentwicklung, die Entwicklung der politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen im aller weitesten Sinne. Diese Parameter stehen jedoch nicht still. Sie verändern sich ständig. Und weil sie sich ständig ändern, ändert sich auch die Erwartungsbildung.
Wenn es richtig ist, dass der DAX die Entwicklung der wirtschaftlichen Aussichten voraus nimmt, und wir wollen den Stand des DAX für Ende 2014 vorhersagen, dann wollen wir praktisch vorhersagen, was die Mehrzahl der Marktteilnehmer für 2015 vorhersagen wird. Eine Vorhersage der Vorhersage sozusagen. Da die Mehrzahl der Bestimmungsgründe sich aber erst in der Zukunft herausbilden wird, kann man diese heute unmöglich kennen. Der Aktienmarkt selber spiegelt dieser Vorhersagen bereits heute wieder. Eine Prognose für den DAX-Stand am Jahresende ist daher ein eher verzweifeltes Unterfangen.
Es macht daher wohl eher Sinn, die Erwartungshaltungen, so wie sie derzeit bestehen, erst einmal als gegeben hinzunehmen und diese in die Zukunft zu projizieren. Wenn sich die Sachverhalte, auf denen die Erwartungen basieren, ändern, so werden diese geänderten Erwartungen demnächst ihren Niederschlag in den Kursen finden, und es genügt für den Augenblick vollauf, sich an der tatsächlich zu beobachtenden Kursentwicklung zu orientieren. Das bedeutet aber keineswegs, dass die heutige Kursentwicklung prognostische Qualitäten hätte. Der DAX selber „weiß“ nicht und kann es nicht wissen, wohin er sich in Zukunft entwickeln wird. Aber man kann sich an den heute herrschenden Erwartungen orientieren und für eine Weile fortschreiben. Das wäre dann eine Projektion. Und zu so einer Projektion kommen wir nun – wir haben sie hier schon mehrfach gezeigt, zuletzt im Dezember:
Es hat sich im Vergleich zum Dezember wenig geändert; die Aufwärtsentwicklung des DAX hält weiterhin an. Wenig überraschend eigentlich, denn die Rahmenbedingungen sind im Wesentlichen gleich geblieben. Solange es nicht nennenswert unter 9000 Punkte geht, bleibt der Aufwärtstrend intakt und wir bewegen uns mehr oder minder zügig Richtung 10000 Punkte. Eine Zwischenkonsolidierung ist denkbar (und gar nicht einmal unerwünscht), sie könnte sich Richtung 9500 Punkte bewegen(Punkt F). Dann dürfte auch die Entscheidung darüber fallen, ob die dynamische Haussebewegung sich entlang der Linie ABCF fortsetzt oder in eine spürbar gemächlichere Entwicklung entlang der Linie DEF mündet.
Ein bisschen Prognose wollen wir aber dennoch betreiben: Im vergangenen Jahr haben wir anhand der sogenannten 5-Tage-Regel gemutmaßt, dass 2013 ein gutes Aktienjahr werden könnte. Genauso ist es gekommen, wie so erstaunlich oft in den letzten mehr als zwanzig Jahren. In 2014 haben wir in den ersten fünf Tagen ein leichtes Minus zu verzeichnen. Also wird 2014 kein so gutes Börsenjahr? In der Tat nicht, wenn man der Regel Glauben schenkt. Oder handelt es sich nicht vielleicht doch eher um Koinzidenz denn um Kausalität? Denn in Gegenden beispielsweise, wo überdurchschnittlich viele Storchennester zu finden sind, sind die Geburtenzahlen ja höher als sonst wo. Ein kausaler Zusammenhang dürfte da jedoch nur schwer herzustellen sein....
Tokay
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