Makro-Betrachtung: Auf die Erwartungen kommt es an – die Lucas-Kritik

Alle, die schon länger am Aktienmarkt aktiv sind, wissen es: Auf die Erwartungen kommt es an, auf die Erwartungen, und nochmals auf die Erwartungen. Die Erwartungen sind am Aktienmarkt, was am Immobilienmarkt die Lage ist, nämlich ein ganz zentraler Maßstab für die Preiswürdigkeit des Anlagevehikels. Und nicht nur am Aktienmarkt zählen die Erwartungen, sondern auch in der Wirtschaftspolitik.

Diese Erkenntnis sollte eigentlich selbstverständlich sein. Und sie ist es auch heutzutage, aber bis in die siebziger Jahre hinein war das nicht der Fall. Bis dahin hatte man die Wirtschaftspolitik als einen Instrumentenkasten mit Stellschrauben angesehen, an denen mal hier, mal da etwas herumgedreht wurde, je nach dem, was gerade besser werden sollte. Wie die Teilnehmer am Wirtschaftsgeschehen (in der Fachsprache: Wirtschaftssubjekte) darüber dachten,wurde ausgeblendet.

Das änderte sich schlagartig, als 1976 der amerikanische Ökonom Robert E. Lucas seinen Essay „Econometric Policy Evaluation: A Critique“ veröffentlichte. In ihm vertrat Lucas die Auffassung, Politiker sollten ihre Maßnahmen nicht nach den Ursache-Wirkungs-Beziehungen der Vergangenheit ausrichten, wie sie in ökonometrischen Studien gemessen werden, sondern danach, was die Teilnehmer am Wirtschaftsgeschehen von solchen Politikmaßnahmen erwarten würden. Dieser Essay revolutionierte die Art und Weise, wie über wirtschaftspolitische Maßnahmen gedacht wurde. Die sogenannten "rationalen Erwartungen" spielen seither eine prominente Rolle. Dabei geht es nicht so sehr darum, daß die Teilnehmer am Geschehen immer recht haben, sondern darum, daß sie sich darum bemühen, die zukünftige Entwicklung so plausibel als möglich einzuschätzen.

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DAX-Betrachtung: Ist der Aktienmarkt überbewertet ?

Ein Gastkommentar von Tokay

Der DAX hat seit Jahresanfang eine rasante Aufwärtsbewegung vollzogen. Er tat dies für uns nicht überraschend – bereits Ende letzten Jahres hatten wir im Artikel -> Ein schwieriges Jahr ist fast überstanden <- eine markante Aufwärtsentwicklung als reale Möglichkeit in Betracht gezogen. Diese Entwicklung ist eingetreten. So erfreulich sie auch ist, so sehr stellt sich doch die Frage, ob es in 2015 munter so weitergehen wird.

Betrachten wir dazu die erste Grafik:

DAX Entwicklung seit 01.06.2011

Die Aufwärtsentwicklung seit Herbst 2011 wurde bislang stets begrenzt durch die Linie AB. Diese Aufwärtsbewegung wurde an Punkt D nach oben durchbrochen. Sie wollte sich sozusagen nicht mehr an diese Trendlinie halten. Angesichts der enormen positiven makroökonomischen Einflüsse, die seither auf den Aktienmarkt eingewirkt haben, allen voran die beschleunigte monetäre Expansion seitens der EZB, ist dies auch keine Überraschung. Die Untergrenze wird markiert durch die 9000er-Marke, die in 2014 mehrfach getestet wurde. Das Unterschreiten von Punkt C mit dem Fake-Out vom Spätherbst 2014 an stellt aus heutiger Sicht eine eher theoretische Möglichkeit dar.

Wir sehen hier ganz typisch, daß es Momente gibt, an denen dem Markt irgendwelche technischen Konstellationen egal sind. Jeder, der auch nur ein bißchen Ertrag erzielen möchte, muß ins Risiko gehen, egal wie sehr die Kurse auch schon gestiegen sein mögen. Man wird von den Notenbanken regelrecht dazu gezwungen.

Auffällig ist in jedem Fall, dass wir seit dem Fake-Out bei ca. 8.500 Punkten einen Anstieg von bislang über 40 Prozent gesehen haben - und das nur gerechnet auf ein halbes Jahr! Selbstverständlich hat es in der Realwirtschaft keine entsprechenden Anstiege in der Gewinnentwicklung gegeben. Doch die derzeitigen Gewinne werden aufgrund der derzeitigen EZB-Politik praktisch nicht abdiskontiert, also steigt deren Gegenwartswert und steigen damit die Kurse. Zugleich wird die Anlage in deutsche bzw. in europäische Unternehmen als weniger riskant erachtet – somit sinken die entsprechenden Risikoaufschläge und steigen die Bewertungsmultiplikatoren. Geld zum Investieren ist genug da.

Dennoch sind die Kurse schon recht weit voraus gelaufen. Nimmt man die Linie ABD und extrapoliert sie auf das Jahresende, dann landet man ziemlich genau bei 12.000 Punkten. Gegenwärtig sind wir bereits bei fast 12.400 Punkten – Luft nach oben gibt es also eigentlich nicht mehr. Und nimmt man den exponentiellen Trend seit Juni 2011, dargestellt durch die gestrichelte Linie, dann landet man ebenfalls bei etwa 12.000 Punkten zum Jahresende.

Doch Vorsicht – Mr. Market ist ein schwankender Geselle. Es wäre ihm zuzutrauen, dass er sich für geraume Zeit von seinem längerfristigen Wachstumspfad entfernte. Schauen wir dazu auf die nachfolgende Grafik:

DAX lfr Entwicklung seit 1965

Wir sehen hier die Entwicklung der letzten 50 Jahre. Anhand einer exponentiellen Trendfunktion war in dieser Zeit ein langfristiges Wachstum von etwa 7,5 Prozent jährlich zu erwarten, was ökonomisch gesehen ein durchaus plausibler Wert ist. Leitet man aus diesem Wert die Prognosewerte für die Entwicklung des DAX ab, dann erkennt man, wie stark der „theoretische“ DAX vom tatsächlichen DAX abgewichen hat. Diese Abweichung wird sichtbar anhand der gelben Linie. Diese zeigt die prozentuale Abweichung zwischen Wochenschlusskurs (Weekly Close) und Prognosewert.

Dabei sehen wir etwas Interessantes. Nimmt man den exponentiellen Trend zum Maßstab, dann gab es mehrere Phasen der Überbewertung. In den sechziger Jahren war der DAX über längere Zeit deutlich überbewertet – so wäre die Baisse in den Jahren 1973 und 1974 zu erklären. Von 1996 bis 2000 hat es eine lange Überbewertung mit langer nachfolgender Baisse gegeben. Auch damals war die Geldpolitik über längere Zeit expansiv, manche sagen zu expansiv, und auch hier schloss sich eine längere Baisse an. Ähnliches in den Jahren 2006 und 2007 mit einer Baisse bis ins Frühjahr 2009 hinein.

Derzeit sieht es so aus, als könnte eine neue und möglicherweise länger anhaltende Überbewertung starten. Seit Februar sind Kurse zu beobachten, die mehr als zwanzig Prozent über den „Normverlauf“ hinausgehen. Eine Überbewertung ist für sich genommen noch kein Alarmsignal. Sie entwickelt sich und sie kann andauern. Überbewertungen sind nichts anderes, als in Zahlen gegossene Euphorie. Es ist allerdings nicht vorstellbar, dass eine solche Euphorie der EZB entgeht und man darf gespannt sein, wann und in welcher Form sie reagieren wird. Denn eine Euphorie kann und wird früher oder später in der Realwirtschaft ankommen und unerwünschte Entwicklungen in Gang setzen. Wenn wir uns den Immobilienmarkt in den Ballungsräumen in Deutschland anschauen, so haben wir dort eine solche Entwicklung bereits heute. Jedoch die EZB beobachtet den gesamten Euroraum und nicht nur die Entwicklung in Deutschland. Und im Euroraum ist die Entwicklung mittlerweile zwar recht gut, aber noch nicht überschäumend.

Noch haben wir keine allzu starke Überbewertung. Als die 2000er Blase platzte, waren die Kurse den Prognosewerten bereits mehr als das Doppelte vorausgelaufen. Auch Ende 2007 lagen sie fast fünfzig Prozent über dem theoretisch zu erwartenden Wert, wie wir in der Grafik sehen. Im Moment haben wir eine Abweichung von knapp dreißig Prozent und insofern noch ein bißchen Luft nach oben. Aufgrund der derzeitigen Zinspolitik sind die derzeitigen Bewertungen durchaus noch gerechtfertigt.

Aber wir müssen natürlich damit rechnen, nicht für unbegrenzte Zeit in der besten aller Welten leben zu können. Tiefe Ölpreise, tiefe Zinsen, ein schwacher Euro, stabile Gewinne – dieser Zustand wird irgendwann einmal der Vergangenheit angehören. Vorerst ist er noch Gegenwart. Die Tarifabschlüsse beispielsweise ziehen bereits wieder an. Das wird auf die Preisentwicklung und damit auf die Zinsen drücken.

Es würde nicht verwundern, steuerte der DAX noch auf die 13.000er Marke zu. Aber ebenso würde es nicht verwunden, machte er oberhalb dieser Marke halt und konsolidierte oder träte den Rückwärtsgang an.... Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste.

Tokay

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Der DAX und das ….Rrrisiko!

Ein Gastkommentar von Tokay

Heute mal ein staubtrockener Beitrag angesichts der dramatischen Entwicklungen im Weltgeschehen, die einen kaum noch Zeit zum Luftholen lassen. Es geht um die Frage, ob der DAX mittlerweile schon zu teuer geworden ist, oder ob er angemessen, wenn nicht sogar günstig bewertet ist. Ausgangspunkt solcher Überlegungen ist oftmals das KGV. Ein geringes KGV sei etwas positives und damit eine Riesenchance zum Einstieg, während ein hohes KGV ganz klar „Finger weg!“ anzeigen würde, wird in der Finanzpresse gerne kolportiert.

Dabei wurde an dieser Stelle schon einmal die Meinung vertreten, dass das KGV für sich genommen nur sehr wenig aussagt. Das liegt daran, dass der Kurs d.h. der Marktpreis von sehr vielen intelligenten Leuten analysiert wird und damit die Markterwartungen dieser Leute bereits enthält. Anders formuliert, ein tiefes DAX-KGV etwa bringt zum Ausdruck, dass die Marktteilnehmer von den DAX-Unternehmen nicht viel erwarten. Ein hohes DAX-KGV lässt hingegen darauf schliessen, dass die Wachstumsperspektiven der DAX-Unternehmen als ausgesprochen rosig eingeschätzt werden.

Wovon das DAX-KGV beeinflusst wird, wissen wir. Es sind
• die Gewinnerwartungen;
• die Zinsen;
• die Risikoeinschätzungen;

Dies kommt in folgender Gleichung, die sich durch Umformung aus dem sogenannten Dividendendiskontierungsmodell ergibt, zum Ausdruck:

P/E = D/E / (r-g)

Es lohnt sich, diese Gleichung näher zu untersuchen. D/E ist die Ausschüttungsquote der DAX-Unternehmen. Es ist nicht unplausibel, davon auszugehen, dass die Unternehmenschefs konstante Gewinnanteile ausschütten werden, um die Aktionäre bei der Stange zu halten. Also kann man D/E längerfristig als konstant annehmen.

Bei den Zinsen kommen zwei Fragestellungen ins Blickfeld. Erstens, was könnte man alternativ zum DAX erzielen, etwa in längerfristigen Bundesanleihen ? Die wären vergleichsweise risikolos im Verhältnis zu den enormen Kursschwankungen, die am Aktienmarkt doch immer wieder durchlebt werden müssen. Zweitens, wie gross müsste die Zusatzprämie ausfallen, um einen für das Risiko am Aktienmarkt zu entschädigen?

Nun, die Zinsen für Bundesanleihen sind beobachtbar, man kann sie jeden Tag im Wirtschaftsteil der Tageszeitung nachlesen. Für die Risikoprämie gilt das nicht. Aber man kann sie sich ungefähr herleiten:

1. Da die Ausschüttungsquote D/E identisch ist mit der Dividendenrendite D/P mal dem KGV bzw. mit P/E, ergibt sich bei D/P = 2,8 % und P/E = 13,3 %, das sind die Werte aus dem DAX, ein Wert von D/E = 37,2 %.
2. der Zins r ergibt sich als risikoloser Zins längerfristiger Anleihen r0 plus der Risikoprämie rp, d.h. r = r0 + rp.
3. Die Gewinnerwartungen g ergeben sich als reale Gewinnerwartungen zuzüglich der (längerfristigen) Preissteigerungsrate, d.h. g = g(real) + p

Diese Ausdrücke setzt man ein in die oben präsentierte Formel und löst nach der Risikoprämie rp auf, also:

rp = D/E / P/E + g(real) + p – r0

Jetzt muss man diesen Ausdruck „nur noch“ mit „richtigen“ Zahlen füllen. Die Ausschüttungsquote D/E haben wir ja bereits berechnet, P/E kennen wir ebenfalls. Wir erkennen hier übrigens, dass sich die Risikoprämie zum KGV invers verhält; eine hohe/tiefe Risikopräme ist immer mit einem tiefen/hohen KGV verbunden.

Das reale Gewinnwachstum g(real) kennen wir nicht. Hier müssen wir Annahmen treffen. Eine sinnvolle Annahme ist zum Beispiel das durchschnittliche Wachstum des Bruttoinlandsproduktes in den letzten 10 bis 15 Jahren. Nach dieser Logik könnte man etwa ein Wachstum von ca. 1,5 Prozent jährlich zugrundelegen.

Bei der Preissteigerungsrate müssen wir ebenfalls Annahmen treffen. Legt man das Expertenpanel der Bundesbank zu den Inflationserwartungen zugrunde, dann wären auch hier 1,5 Prozent Preissteigerung jährlich ein plausibler Wert.

Den risikolosen Zins kennenwir auch ungefähr; nehmen wir den Zins der zehnjährigen Bundesanleihe, dann sind wir bei etwa 0,35 Prozent.

Also ergibt sich die Risikoprämie rp als

rp = 37,2 % / 13,3 + 1,5 % + 1,5 % – 0,35 % = 5,55 %.

Ist das nun viel oder wenig ? Angenommen, wir würden die Meinung vertreten, der DAX sei überbewertet, dann würde eine solche Überbewertung mit einem hohen KGV einhergehen, sagen wir bei etwa 30, was in Deutschland zuletzt im Jahr 2000 der Fall war. Befänden wir uns in der Hochkonjunktur, dann lägen Wachstumsaussichten, Preise und Zinsen entsprechend höher. Die Alternativrechnung sähe dann zum Beispiel so aus:

rp = 37,2 % / 30 + 2,5 % + 2 % - 6 % = - 0,26 %

Das hieße, in einer echten Überhitzung wären die allgemeinen Perspektiven so glänzend, daß die Anleger bereit wären, auf eine Risikoprämie gänzlich zu verzichten und gegebenenfalls sogar noch einen Abschlag hinzunehmen.

Ist der DAX aber andererseits noch unterbewertet ? Dann hätten wir ein tiefes KGV. Preise und Zinsen lägen sehr tief, was ja derzeit tatsächlich der Fall ist, also z.B.

rp = 37,2 % / 7,5 + 1,5 %+ 1,5 % - 0 % = 7,96 %

In so einem Fall wäre jemand nur dann zu einem Einstieg in den Aktienmarkt bereit, wenn das Risiko eines geringeren Ertrags durch bereits deutlich tiefere Kurse abgegolten würde.

Insgesamt haben wir also mit großer Wahrscheinlichkeit trotz bereits deutlich gestiegener Kurse immer noch keine Überbewertung. Sondern der Anstieg ist so zu erklären, dass in dieser Zeit ein gewisser Prozentsatz an Risikoprämie abgebaut wurde, was ganz wesentlich durch die Politik der EZB bewirkt wurde, aber auch durch ein stabileres Umfeld in der Weltwirtschaft erzielt werden konnte - dies kommt auch und gerade dem deutschen Export zugute, nicht zuletzt den vielzitierten „hidden champions“. Der stark gesunkene Ölpreis und der tiefe Eurokurs wirken zusätzlich wie ein Konjunkturprogramm. So gesehen ist es eher erstaunlich, dass deutsche Aktien nicht noch höher notieren.

Und nun der „erhobene Zeigefinger“: Auch wenn es schön ist, dass die Bewertungen noch nicht überzogen sind, so bedeutet das noch nicht automatisch, dass sie in der Zukunft steigen werden. Risikopotentiale wie Griechenland, Ukraine oder Naher Osten gibt es genügend, die den Investoren die Lust am Aktienkauf verleiden könnten. Sind die Perspektiven schlecht, dann bleiben auch die Bewertungen schlecht. Siehe Italien, siehe Österreich, siehe Russland – diese Märkte sind schon seit Jahren tief bewertet. Anders die USA – der amerikanische Markt ist schon seit Jahren hoch bewertet, aber er hat vorerst noch weiter gute Perspektiven.

Außerdem: Einige Größen sind Erwartungsgrößen und können sich ändern – sollte sich etwa in naher Zukunft das Elektroauto flächendeckend durchsetzen, dann dürfte der Ölpreis noch weiter in den Keller purzeln. Die Notenbanken wären dann in der angenehmen Lage, auch bei florierender Konjunktur weiter fleißig Geld drucken zu können und die Zinsen tief zu halten – so wie sie das jetzt bereits tun. Sollten sich allerdings etwa die Saudis eines schlechteren besinnen, dürfte das ganze leider in die Gegenrichtung funktionieren.

Tokay

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Betrachtung zu Anleihen: Sind die guten Zeiten vorbei ? (Teil 2)
Die Lage nach der EZB-Entscheidung

Ein Gastkommentar von Tokay

Im ersten Teil dieser Betrachtung ging es darum, ob die gegenwärtige Anleihenrendite Einfluss hat auf die zukünftigen Erträge aus Anleihen. Das Ergebnis war, dass es kurzfristig keinen Zusammenhang gibt, langfristig aber schon. Die künftige Performance von Anleihen hängt mit davon ab, in welche Richtung die Anleihenrenditen tendieren werden. Bei so einer Betrachtung soll es deshalb auch darum gehen, welches die langfristigen Bestimmungsfaktoren der Anleihenrenditen sind. Vier Faktoren sind meines Erachtens wesentlich:

• Die Inflationserwartungen
• Die internationale Zinsentwicklung
• Die Konjunkturerwartungen
• Das Verhalten der Zentralbank (und der Regierungen)

Zum ersten Punkt: Inflationserwartungen sind nicht genau meßbar, allenfalls über die Differenz zwischen Renditen aus herkömmlichen und inflationsgesicherten Anleihen bei gleicher Laufzeit. Die Bundesbank misst außerdem die Inflationserwartungen über ein Expertenpanel, doch das „hard fact“ liefert natürlich die Teuerungsrate selber. Grundsätzlich gibt es ohne Zweifel einen Zusammenhang zwischen Inflation und Anleihezins, in dem Fall der Rendite 10jähriger Bundesanleihen, wie die nachfolgende Grafik zeigt:

Inflation und Anleihezins

Man ersieht, daß ein Anstieg der Inflationsraten in der Vergangenheit gesamthaft auch zu einem Anstieg der Zinsen geführt hat, und daß der Realzins in aller Regel deutlich positiv war. Denn immerhin geht es darum, ob die heutige Kaufkraft erhalten bleibt und das ist nur bei einem in der Zukunft positiven Realzins der Fall, da ein Anstieg der Teuerungsrate ins Kalkül gezogen werden muss. In der Vergangenheit musste der Staat im Durchschnitt drei Prozent mehr als die jeweilige Inflationsrate bieten. Die heutige Situation ist mit einem Kreis eingezeichnet. Derzeit haben wir sowohl eine sehr tiefe Inflationsrate als auch einen sehr tiefen Realzins. Historisch gesehen kann beides nicht noch tiefer fallen, sondern müsste eher wieder steigen.

Der zweite Faktor sind die internationalen Zinsen, und hier sind natürlich die amerikanischen Zinsen maßgeblich. Nachfolgend sieht man den Zusammenhang zwischen dem Zins für den zehnjährigen US Treasury Bond und dem für zehnjährige deutsche Bundesanleihen:

US Anleihezins und DE Anleihezins

Man erkennt leicht anhand des kreisförmig markierten Bereichs, dass sowohl die USA als auch Deutschland historisch gesehen extrem weit im unteren Bereich liegen. Man erkennt den Zusammenhang deutlich und vor allem, daß die deutschen Zinsen immer dann steigen, wenn auch die amerikanischen Zinsen steigen. Sollten also die amerikanischen Zinsen künftig steigen, wie es erwartet wird, dann werden über kurz oder lang auch die deutschen Zinsen wieder steigen. Zumindest werden steigende amerikanische Zinsen einen positiven Einfluß im Sinne eines Anstiegs auf das deutsche Zinsniveau haben.

Der dritte Faktor ist die Konjunkturentwicklung. Der Zusammenhang ist folgender: Ist das Konjunktur- bzw. das Geschäftsklima schwach, wie es überwiegend in Europa der Fall ist, dann ist auch die Nachfrage nach Krediten schwach und sind die Preise niedrig, letzteres auch wegen des gesunkenen Ölpreises. Infolge dessen ist der Kapitalmarktzins seit der Finanzkrise fortwährend zurückgegangen. Ein Anstieg der Kapitalmarktzinsen würde also nur dann begünstigt werden, wenn die konjunkturelle Entwicklung in Euroland wieder anziehen würde. Hier haben wir aber nun die Situation, dass dies in Deutschland bereits geschieht, in den südeuropäischen Ländern aber nicht, so dass der Zins für Euro-Anlagen und damit auch für deutsche Anleger zunächst weiterhin tief bleibt. Wir ersehen die Entwicklung aus der nachfolgender Grafik:

Langfristige Entwicklungen Zinsen

Es ist klar zu erkennen, dass das anämische Wachstum in Europa zu einer relativ geringen Zinsdifferenz zwischen lang- und kurzfristigem Zins führen muss. Bei schwachem Wachstum ist die Nachfrage nach Krediten relativ zum Angebot einfach nicht groß genug. In früheren Rezessionsphasen gab es sogar negative Zinsdifferenzen, weil der kurzfristige Zins relativ zum langfristigen Zins zu hoch war. Anders als heute, wo der Geldzins tief ist, war die Ursache aber immer ein zuvor massiv erhöhter Leit- und damit auch kurzfristiger Zins. Bleibt das Wachstum tief, wird die Zinsdifferenz tief und damit auch der Kapitalmarktzins bzw. der langfristige Zins unten bleiben.

Der vierte und derzeit am weitaus meisten diskutierte Faktor ist das Verhalten der Zentralbank. Und hier hat der EZB-Rat am vergangenen Donnerstag eine weitreichende Entscheidung getroffen, indem er beschlossen hat, ab März bis September 2016 jeden Monat für 60 Milliarden Euro europäische Staatsanleihen zu kaufen(Quantitative Easing/QE). Diese Entscheidung wird in Deutschland von vielen Experten sehr stark kritisiert.

Da die EZB als Nachfrager am Markt auftritt, dürfte weitere Zinssenkungen die Folge sein. Darüber hinaus erhofft man sich eine allgemeine Belebung der Konjunktur. Genau diese Auswirkung wird aber von vielen deutschen Fachleuten angezweifelt. Was sehr wahrscheinlich eintreten wird, und das zeichnet sich jetzt schon sehr deutlich ab, ist eine positive Auswirkung auf den Aktienmarkt in den Euroländern. Darüber hinaus wird der Euro geschwächt, was eine stimulierende Auswirkung auf den Export haben dürfte; jedenfalls scheint man sich das zu erhoffen.

Soweit zumindest sieht es kurzfristig aus. Es ist durchaus denkbar, dass die positiven Auswirkungen auf den Märkten für Vermögenswerte langfristig auch zu positiven Auswirkungen auf den Gütermärkten führen werden. Eine solche Wirkung liesse sich allerdings wesentlich direkter erzielen durch eine Erhöhung der staatlichen Infrastrukturausgaben, und nicht wenige Fachleute sagen, daß ohne eine solche Erhöhung die Maßnahme der EZB nicht viel bringen wird. Hier müsste dann vor allem Herr Juncker ran.

Aber zurück zu den Auswirkungen auf den Zins. Aufgrund von Simulationen, die der Ökonom John Taylor durchgeführt hat, ist bekannt, daß durch expansive Maßnahmen der Notenbank auf kürzere Sicht ohne Zweifel eine stimulierende Wirkung auf die Wirtschaftstätigkeit ausgeübt wird. Es treten aber nach einigen Jahren Auswirkungen auf die Inflationsentwicklung ein, und zwar Auswirkungen, die sich dann verfestigen.

Nun haben wir am Anfang gesagt, dass es einen Zusammenhang zwischen Inflation und Anleihezinsen sowie zwischen den internationalen Zinsen und den Zinsen hierzulande gibt. Da QE nun über sechs Jahre in Amerika betrieben wurde, ist damit zu rechnen, dass die allgemeinen Preise dort in einigen Jahren deutlich steigen werden. Damit werden auch die amerikanischen Zinsen wieder steigen, dies wird dann Druck auch auf die Zinsen bei uns ausüben.

Und zudem hat die EZB mit QE eben erst angefangen, so daß bei uns das gleiche passieren dürfte. Nicht sofort natürlich, aber über eine Reihe von Jahren gesehen schon.

Und was heißt das nun für Anleihebesitzer? Mehrerlei:

  • Kurzfristig kann der Zins aufgrund der expansiven Maßnahmen durchaus noch weiter runtergehen. Sogar die 0 % - Bundesanleihe kann , man glaubt es kaum, eine positive Rendite abwerfen;
  • Langfristig sollten sich die Anleihebesitzer jedoch auf sehr magere Renditen gefasst machen. Denn zum einen sollten die nominalen Renditen so schnell nicht ansteigen, und zum anderen lieferten in den letzten Jahren starke Kursanstiege bei den Anleihen einen immer größeren Beitrag zur gesamten Performance. Diese Kursanstiege werden auf lange Sicht nicht mehr wiederkehren. Die künftige Performance dürfte also aus wieder steigenden Couponzinsen kommen, allerdings sehr wahrscheinlich immer mal wieder durch Kursverluste beeinträchtigt werden. Und Anstiege werden wohl mit einer wieder steigenden Inflation verbunden sein, so daß sie real dadurch zumindest teilweise wieder aufgezehrt werden. Und versteuert werden müssen sie ja auch noch.
  • Einen „Anleihencrash“ müssen Anleihenkäufer aber auch nicht befürchten, außer in sehr extremen Konstellationen. Bei Bundesanleihen ist eine Auszahlung zu 100 Prozent praktisch sicher. Wird die Anleihe bis zum Laufzeitende gehalten, bleibt das Kapital zumindest nominal erhalten. Panik ist daher in jedem Fall unangebracht, wohl aber Sorge darüber, wie es weitergehen wird.

Tokay

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Betrachtung zu Anleihen: Sind die guten Zeiten vorbei ? (Teil 1)

Ein Gastkommentar von Tokay

Der berühmte Anleihen-Guru Bill Gross publizierte kürzlich im Wall Street Journal einen Artikel mit dem Titel „Are The Good Times Over ?“. Er beantwortete die im Titel gestellte Frage dahingehend, dass das Jahr 2015 für Anleiheninvestoren wohl mit einem Minuszeichen enden werde. Man liest darüber hinaus jedoch auch immer wieder Artikel, in denen die grosse Zinswende beschworen wird, da sich eine Blase am Anleihenmarkt gebildet hätte und Anleihen somit maßlos überteuert wären. Entsprechen solche Vorstellungen der Realität? Sind Anleihen tatsächlich überteuert ? Und woran könnte man das festmachen ?

Man kann sich dazu ja einmal ein paar Bezugspunkte anschauen. Der erste Bezugspunkt ist die Aktienentwicklung. Wenn man sich grundsätzlich die Frage stellt, investiert man in Anleihen oder in Aktien, liegt ein solcher Bezugspunkt nahe. Glücklicherweise haben wir in Deutschland mit dem DAX- und mit dem REX-Performanceindex eine direkte Vergleichsmöglichkeit. Während der DAX Kurse und Dividendenzahlungen der dreißig größten deutschen Aktien mißt, erfaßt der deutsche Rentenindex REX ebenfalls dreißig Titel. Und zwar für den Anleihenmarkt charakteristische Staatsanleihen unterschiedlicher Laufzeit. Gemessen werden Zinscoupon plus Kursgewinn oder -verlust, und dies bereits seit 1967. Da es auch für den DAX bzw. dessen Vorläufer zurückberechnete Indexwerte gibt(seit 1959), ist ein direkter Vergleich ab 1967 möglich.

Ein wesentlicher Unterschied zwischen beiden Indizes liegt darin, daß den DAX-Unternehmen Dividendenausschüttungen aus den Jahresgewinnen zugrundeliegen, die Zinscouponzahlungen für Staatsanleihen sich hingegen nach der allgemeinen Situation auf dem Kapitalmarkt bemessen. Der Zinscoupon schwankt weitaus weniger stark als die Jahresdividende, obschon solide Unternehmen normalerweise sehr bestrebt sind, eine möglichst gleichmäßige Dividende zu bezahlen. Doch hängt die Entwicklung des DAX nicht nur von den Unternehmensgewinnen ab, sondern ebenfalls von den Marktzinsen. Mit denen werden die Gewinne abdiskontiert. Damit ist der DAX von vornherein viel größeren Schwankungen unterworfen als der REX - dies umso mehr, als die DAX-Entwicklung maßgeblich von den Erwartungen(oder auch von den Erwartungen über die Erwartungen ;-)) der Marktteilnehmer abhängt und nicht so sehr von tatsächlichen Couponzahlungen.

Betrachten wir einmal die Entwicklung des DAX und des REX seit Anfang 1967:

REX vs DAX 1967-2014

Diese Zahlen sind beeindruckend. Und zwar beeindruckend insofern, als der REX mit einem annualisierten Wertzuwachs von 6,8 Prozent nur unwesentlich schwächer abschnitt als der DAX, welcher einen jährlichen Zuwachs von 7,3 Prozent zu verzeichnen hatte. Und das bei einem weitaus geringeren Risiko! Es waren tatsächlich gute Zeiten für Anleiheninvestoren, wenn diese bei vergleichsweise sehr geringem Risiko beinahe soviel an Wertzuwachs erzielten wie Aktieninvestoren. Das wäre jedenfalls dann so gewesen, wenn man das jeweilige Marktportfolio angepasst und auf dick und dünn durchgehalten hätte, auch wenn das sicherlich eine etwas idealisierte Annahme ist.

Zugleich zeigt der Vergleich zwischen DAX und REX an, wann Aktien gemessen an Anleihen billig oder teuer waren. Ende der Sechziger Jahre waren Aktien gemessen an Anleihen teuer; Anfang der Achtziger Jahre waren sie sehr billig. Anfang 2000 und 2007 waren sie wieder teuer, Anfang 2003 und 2009 wieder billig. Im Moment scheint man wieder „auf Normal“ angekommen zu sein. Aktien sind nicht mehr billig, Anleihen sind es allerdings noch weniger. Die großen Schwankungen am Aktienmarkt können auch so interpretiert werden, dass die Bewertungsunterschiede durch den Abfluß von Anlagemitteln aus Aktien in Anleihen und umgekehrt sukzessive abgebaut werden.

Der zweite Bezugspunkt ist die Performance des REX in Verbindung mit der allgemeinen Kapitalmarktentwicklung. Ein hoher Kapitalmarktzins ist für Anleihenbesitzer etwas sehr angenehmes, da ein hoher Zinscoupon vereinnahmt wird, Noch angenehmer ist ein Kapitalmarktzins, der von hohem Niveau aus sinkt, denn dann kann neben einem hohen Coupn auch noch ein Kursgewinn kassiert werden, was die Gesamtperformance anhebt. Das Gegenteil ist natürlich bei tiefen Kapitalmarktzinsen der Fall, wie wir sie derzeit haben. Allerdings haben wir in 2014 gesehen, dass ein tiefer Marktzins jene Lügen strafen kann, die glauben, daß ein bereits sehr niedriger Marktzins nicht mehr weiter fallen könne. Aber in 2014 ist genau das passiert.

Wir haben im vergangenen Jahr die Performance des US-Aktienmarktes nach dem sogenannten Shiller-CAPE untersucht. Machen wir einmal bei Anleihen etwas ähnliches und schauen uns einmal die Einjahresperformance des REX in Abhängigkeit von der Entwicklung des Anleihen-KGV's, also des Kehrwertes der Umlaufrendite für 10-jährige Anleihen an:

REX-Performance 1 Jahr in Abh v Kurs-Rendite-Verh

Wir sehen hier, daß die Performance des REX anhand des Anleihen-KGV's bzw. der Umlaufrendite praktisch nicht prognostiziert werden kann. Die Korrelation zwischen der Jahresperformance des REX und dem Anleihen-KGV liegt nahezu bei Null. Der Jahresertrag des REX hängt nicht nur von der Zinshöhe ab, sondern auch von der Veränderung des Zinsniveaus. Das Zinsniveau wiederum hängt von verschiedenen makroökonomischen Größen ab, wozu in Teil 2 etwas gesagt werden wird. Doch ist die Natur dieser makroökonomischen Größen so beschaffen, daß auf kurze Sicht genau wie bei den Aktien keine gehaltvolle Prognose möglich ist. Auch gibt es seit Beginn der monetären Expansion nicht genügend Beobachtungspunkte, die sich in die Entwicklung der Vergangenheit einreihen.In jedem Fall kann auf Jahressicht nicht von einem bestimmten Anleihen-KGV aus auf eine bestimmte jährliche Anleihenperformance geschlossen werden. Bezüglich der Jahresprognosen von Banken sollte man daher auch bei Anleihen sehr vorsichtig sein, und ebenso bei den Prognosen von Bill Gross.

Deutlich besser sieht es hingegen für die lange Frist aus:

REX-Performance 10 Jahre  in Abh v Kurs-Rendite-Verh

Die langfristige Performance des REX kann langfristig überwiegend durch das Anleihen-KGV erklärt werden. Eine gute Anleihenperformance war in den meisten Fällen mit einer relativ hohen Anleihenrendite und damit einem tiefen Anleihen-KGV verbunden und umgekehrt. Zu keinem Zeitpunkt allerdings hat es so etwas wie eine „Anleihen-Blase“ gegeben. Das liegt ganz einfach daran, dass qualitativ erstklassige Anleihen – und um solche handelt es sich bei den Komponenten des REX - im allgemeinen zu 100 Prozent zurückgezahlt werden. Gewisse Kursschwankungen sind zwar möglich, insbesondere bei Anleihen mit längerer Laufzeit, aber die Kursschwankungen werden sich normalerweise in Grenzen halten. Auf lange Sicht sollte es daher in aller Regel bei deutschen Anleihen einen positiven Jahresertrag geben oder doch zumindest keine nominalen Verluste.

Somit kommen wir bei Anleihen erstaunlicherweise zum gleichen Ergebnis wie bei der Analyse der Aktienperformance anhand des Shiller-CAPE. Die Anleihenbewertung gemessen an der Umlaufrendite ist kurzfristig für die Prognose der Wertentwicklung vollständig ungeeignet. Auf lange Sicht kann die Anleihenperformance jedoch überwiegend anhand der aktuellen Bewertung erklärt werden. Und zwar je länger, desto besser.

Hat Anleihe-Guru Gross also recht oder unrecht? Nun, für Amerika könnte er recht haben, bei Europa ist es nicht so ganz eindeutig. Und ob er auf lange Sicht recht hat, hängt von den langfristigen Einflußfaktoren des Kapitalmarktzinses ab. Um die geht es in Teil 2.

Tokay

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Der DAX am Jahresende 2014: Ein schwieriges Jahr ist (fast) überstanden

Ein Gastkommentar von Tokay

Das Börsenjahr 2014 neigt sich dem Ende zu und so mancher „Normalanleger“ dürfte froh darüber sein, denn es war insgesamt ein schwieriges Anlagejahr, was nicht zuletzt den exogenen Schocks geschuldet ist(vor allem Krim/Ostukraine, Syrien/Irak). Gingen die Kurse einmal nach oben oder nach unten, so machten sie bald auf dem Absatz kehrt und tendierten wieder in die jeweilige Gegenrichtung. Ein günstiges Szenario für Range-Trader, aber ein ungünstiges Szenario für Trendfolger. Die Börsenweisheit „Hin und her macht Taschen leer“ fällt einem da ein.

Das Jahresende stimmt nun aber etwas versöhnlicher. Wir haben hier die günstige Konstellation Wintersaison plus expansive Geldpolitik. Aus der Vergangenheit wissen wir, dass eine solche Konstellation sich in den allermeisten Fällen positiv ausgewirkt hat, und dies zeigt sich erneut in diesem Jahr. „Don't fight the Year-End Rally“ könnte man dazu sagen. Denn seit Ende Oktober kennt der DAX praktisch nur noch eine Richtung: Nach oben. Die Banken haben am Jahresende 2013 im Durchschnitt einen DAX von etwas über 10.000 Punkten für Ende 2014 prognostiziert, und noch ist das Jahr ja nicht ganz vorbei. Aber komplett daneben scheinen sie diesmal nicht gelegen zu haben.

Das nahende Jahresende ist auch ein guter Zeitpunkt, sich darüber Gedanken zu machen, wie denn so die allgemeine Lage ist, und dafür bieten sich drei Betrachtungsebenen an: Die sehr langfristige, die etwas längerfristige und die mittel- bis kurzfristigere. Die ganz kurzfristige Betrachtung lassen wir hier außen vor, da sich dieser Artikel nicht explizit an Day Trader wendet.

Zuerst die sehr langfristige Betrachtung. Schauen wir uns dazu das folgende Chart an, es zeigt die DAX-Wochendaten seit Oktober 1959:

Diagramm 1

Der DAX ist seither im Jahresdurchschnitt um etwa 6 ½ Prozent angestiegen. Wenn wir davon ausgehen, dass die Jahresgewinne um etwa zwei bis drei Prozent langfristig ansteigen – zumindest war das in der Vergangenheit so – wenn wir davon ausgehen, dass die Preise im Durchschnitt um etwa zwei Prozent ansteigen, wenn wir ferner von einer Dividendenrendite zwischen zwei und drei Prozent ausgehen, dann liegen wir ungefähr im Bereich dessen, was erwartet werden kann. Man kann sich natürlich mit Recht fragen, ob diese Prämissen längerfristig haltbar sind, aber das würde den Rahmen der heutigen Betrachtung sprengen.

Der exponentielle Trend gibt die genannte Entwicklung wieder und schreibt ihn fort. Vergleichen wir damit die tatsächliche Entwicklung des DAX, so erkennen wir, dass zahlreiche längerfristigen Bewegungen vom Gleichgewicht weg- und auch wieder hingeführt haben. Die mit Pfeilen markierten Bewegungen haben zum Gleichgewicht hingeführt. So die Stagnation in den sechziger Jahren, so die Hausse in der längsten Zeit der achtziger Jahre, so die scharfen Rückgänge wie auch die Anstiege seit Anfang 2000.

Gegenwärtig bewegen wir uns etwas vom Gleichgewicht nach oben weg, was aber im Moment nicht besorgniserregend ist. Denn solche Bewegungen können durchaus länger andauern und vor allem, das Ende einer solchen Aufwärtsbewegung geht oftmals einher mit einer allgemeinen Aktieneuphorie. Die haben wir zurzeit nicht. Viele Vermögensbesitzer sind, was Aktien anlangt, völlig unterinvestiert. Das Kapital liegt auf Sparkonten oder steckt in Immobilien. Schlussfolgerung also: Die jetzige Entwicklung dürfte langfristig gesehen wahrscheinlich noch geraume Zeit weitergehen.

Kommen wir zur etwas längerfristigen Entwicklung, auch hierzu haben wir ein Chart:

Diagramm 2

Wir erkennen, dass die seit Herbst 2011 andauernde Aufwärtsbewegung ABC im Juli 2014 gebrochen wurde. Seither gab es eine volatile Korrekturbewegung EF. Diese Bewegung wurde in diesem November(mehr dazu später) bei Punkt F gebrochen. Die Korrektur kann damit als abgeschlossen betrachtet werden, dies umso mehr, als die Einflussfaktoren Wintersaison und monetäre Expansion sich günstig auf den Markt auswirken.

Schaut man weiter Richtung 2015, dann ist eine Bewegung im Intervall zwischen 8750 und 11750 DAX-Punkten auszumachen. Das vergangene Jahr mit seinen zahlreichen exogenen Schocks hat gezeigt, wie schwer die tatsächliche Entwicklung vorherzusehen ist, nämlich praktisch gar nicht. Relativ an wahrscheinlichsten erscheint eine Bewegung hin zum oberen Rand des genannten Bereichs. Das hieße: Weiterhin positive Entwicklung zumindest in den kommenden Monaten. Man wird abwarten müssen, wie die in Aussicht stehenden Maßnahmen der EZB bezüglich der Staatsanleihekäufe sich auswirken werden. Diese Maßnahmen stimulieren den Aktienmarkt per se zweifelsohne, aber die Frage ist natürlich schon, ob dies auf Dauer so sein wird oder die Wirkung dieser Maßnahmen nicht irgendwann abstumpft. Professor Sinn sagte vergangene Woche in einem Interview zur EZB-Politik sinngemäß, die EZB dürfe nicht nur Schmerzmittel verabreichen, auch die notwendigen Operationen müssten von Seiten der Staaten des Eurosystems angegangen werden.

Kommen wir abschließend zur mittel- bzw. kürzerfristigen Betrachtung:

Diagramm 3

Hier genügen eigentlich zwei Linien, um die Lage zu charakterisieren:

Der Abwärtstrend ABC wurde am 21. November unter sehr hohem Volumen gebrochen. Zugleich hat der DAX die 200-Tage-Linie unter hoher Dynamik nach oben durchschnitten. Der 21. November markiert damit die Wasserscheide zwischen Korrektur und Wiederaufnahme des Bullenmarktes.

Zugleich wurde gestern Abend die 10.000er Marke nach oben durchbrochen(Punkt D). Wir werden in den kommenden Handelstagen sehen, ob das Durchbrechen dieser Marke Bestand hat oder der DAX erst einmal eine kleine Pause einlegt. In „Hari Live“ werden wir dies in großer Ausführlichkeit verfolgen können.

Tokay

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Warum Helmut Kohl unrecht hat – und Angela Merkel auch

Betrachtung zum Zeitgeschehen: Warum Helmut Kohl unrecht hat – und Angela Merkel auch

Ein Gastkommentar von Tokay

November 2014 – und Feiertage allenthalben. Fünfundzwanzig Jahre Mauerfall, Ansprachen, Gesprächsrunden, Bücher, zwei davon von Altkanzler Helmut Kohl – das eine zur deutschen Wiedervereinigung, das andere mit dem Titel „Aus Sorge um Europa“. Helmut Kohl hat maßgeblich zur deutschen Wieder-, oder sollte man besser sagen zur Neuvereinigung, entscheidend beigetragen und ebenso zur europäischen Einigung. Die deutsche Vereinigung, so kann man fünfundzwanzig Jahre später wohl sagen, ist weitgehend vollzogen. Dagegen ist auf europäischer Ebene vieles nicht mehr so selbstverständlich wie es noch vor, sagen wir zehn Jahren, schien. Kohl träumte einst vom europäischen Bundesstaat, davon, dass man dereinst auch in London und Zürich mit dem Euro bezahlen würde. Dieser Traum ist wohl ausgeträumt. Das Projekt Euro ist latent gefährdet. Einst von den Franzosen, von Mitterrand und Delors als Preis für die deutsche Neuvereinigung gefordert, zahlte Helmut Kohl diesen Preis willig, aus tiefer innerer Überzeugung. Heute läuft er unter Umständen Gefahr, dereinst als verhängnisvolle Gestalt in Erinnerung zu bleiben, die, anstatt die europäische Einigung herbeizuführen, den Keim für Spaltung und Zwietracht in Europa säte.

Helmut Kohl ist sich anscheinend dessen bewusst – daher das Buch, daher der Buchtitel. Würden die Dinge heute besser stehen, hätte man so weitergemacht wie der Mann aus der Pfalz? Wenn man liest, was Kohl schreibt, bekommt man so ein wenig den Eindruck. Man hätte die Griechen nicht in den Euro lassen dürfen, man hätte sich an die Maastricht-Kriterien halten sollen, man hätte die Agenda-Politik früher einleiten sollen....

Aber leider haben die Griechen geschummelt, vielleicht hat man ihnen zu willig geglaubt. Doch das Momentum der europäischen Einigung war sehr mächtig damals; das sollte man aus heutiger Sicht nicht unterschätzen. War das nicht ein großartiger Gedanke,möglichst viele europäische Länder mit einer einheitlichen Währung? Nie mehr Krieg, nie mehr Leid, nie mehr Unglück. All das und noch mehr lag der ganzen Kohl'schen europäischen Einigungspolitik zugrunde, und dafür hat er Dank und Anerkennung verdient.

Und leider kündigte sich das Ende des weltweiten Wirtschaftsaufschwungs, ablesbar an den Börsenkursen, bereits gegen 1998 an, ziemlich genau zu der Zeit also, als Kohls Kanzlerschaft zu Ende ging. Die Russlandkrise, eine Vorbotin der Krisen, der Crashs, die erst noch kommen sollten, aber was wusste man davon damals schon. Deswegen wollen wir ihn nicht kritisieren; niemand kennt die Zukunft. Die Defizite, das Stopfen von Finanzlöchern, das mussten Kohls Finanzminister schon, als die Wirtschaft gut da stand.

Die deutsche Einigung, die europäische Einigung, das waren Herkulesaufgaben, das waren alles Unterfangen, die gewaltig waren, die Ressourcen banden, finanzielle Ressourcen. Seien wir froh, dass die wirtschaftliche Großwetterlage damals einigermaßen mitgespielt hat. Aber die Nachfolger dafür kritisieren, dass sie mit ihrem Handeln die heutige Krise herbeigeführt hätten – ich glaube nicht, dass es sich so verhält. Hätte Kohl eine Politik im Stile der Agenda 2010 eingeleitet ? Ich kann es mir nicht vorstellen. Kohl war sechzehn Jahre im Amt, so lange wie keiner vor ihm, der Elan war dahin, die Opposition zu stark. Und zu andersartig – daher die beständigen Gefechte, die kleinen Gehässigkeiten., die ihn bis zum Ende verfolgten, denen er aber auch nicht aus dem Weg ging. Und Kohl war immer auch Sozialpolitiker, er wollte schließlich wiedergewählt werden. Kohl war kein Agendapolitiker. Natürlich hätte Schröder, sein Nachfolger, dann mit seiner Agendapolitik viel eher beginnen müssen, er tat es unter weit ungünstigeren Umständen, dann erst nämlich, als das Land schon ächzte und stöhnte und die eigenen Leute ihm nicht mehr folgen wollten. Aber er tat es – und dafür ist die Nation auch ihm zu Dank verpflichtet – wenngleich er deswegen abgewählt wurde. Übrigens besteht das gleiche Problem auch heute wieder, man ruht sich heute auf den Reformerfolgen von damals aus, aber das schreibt Kohl natürlich nicht.

Und wie hätte Kohl gehandelt, wenn er sich der Finanzkrise 2008 gegenübergesehen hätte? Wäre seine Politik eine grundlegend andere gewesen als die der Regierung Merkel/Steinbrück? Vielleicht liegt die Ironie der Geschichte darin, dass das alles gar nichts genützt hätte, und die spätere Malaise noch viel deutlicher ausgefallen wäre. Ein wirtschaftlich starkes Deutschland einerseits, erlahmende Franzosen und Italiener andererseits, das wäre auch für Kohl schwierig geworden. Doch halt, Kohl war stets spendabel, was Europa und den europäischen Gedanken angeht. Wir bekämen die Überweisungen nach Europa mit Zins und Zinseszins zurück, so sagte er immer. Doch darin liegt auch das Problem, lag es schon vor über hundert Jahren. Ein starkes Deutschland mitten in Europa, so stark, dass alle beständig darüber nachdenken, wie man es unter Kontrolle bekommt.

Das ist auch das heutige Problem von Angela Merkel: Sie steht diesem starken Deutschland vor, stark durch seine Wirtschaft, stark alleine schon dadurch, dass es ist, was es ist. Und so sehen es die anderen auch: Die Franzosen, die Italiener, die schon lange nicht mehr mithalten können; die Engländer, die sich von Deutschland in Gestalt von Brüssel-Europa, so sehen sie es wenigstens, nicht vorschreiben lassen wollen, wie sie zu leben haben. Die Amerikaner, die uns als Partner sehen, aber nicht mehr als Freunde – die Zeiten von Eisenhower-Adenauer oder Bush Senior-Kohl sind lang her. Partner darf man ausspionieren, ohne deswegen ein schlechtes Gewissen haben zu müssen. Die Chinesen, denen ist dieses starke Deutschland willkommen, damit können sie etwas anfangen – noch. Frau Merkel weiß es, sie hegt und pflegt die Chinesen. Doch China ist weit, und auch die Chinesen sind zwar Partner, aber keine Freunde.

Und die Russen natürlich, ohne die diese Vereinigung nicht gekommen wäre. Hätte Gorbatschow seine Armee marschieren lassen, die Wiedervereinigung wäre mausetot gewesen. Was man dem Herrn Putin wohl hätte zutrauen können, wenn er damals schon dort gewesen wäre, wo er heute ist. Man hat allen Grund dafür, Gorbatschow zu danken, und man tut es mit Hingabe. Nicht nur Gorbatschow als Person, sondern auch Gorbatschow als Vertreter des im Grunde vernünftigen russischen Staates, der damals die Einsicht hatte, dass er sich nicht dauerhaft in Mittelosteuropa würde behaupten können, der dieses Mittelosteuropa aber immer als seinen Vorhof betrachtet hat. Mit Mühe hat man Russland im 19. Jahrhundert im Zaum gehalten, erst die Engländer, dann die Österreicher, was funktionierte, solange Bismarck die Oberaufsicht hatte. Danach ging es nicht mehr. Und auch heute benötigte man eine kluge Diplomatie, denn die Russen sind da und sie werden dableiben. Man sollte sich mit ihnen arrangieren, anstatt sie wiederholt vor den Kopf zu stoßen – auch wenn man sich von Russland mehr Besonnenheit wünschen würde.

Scheitert der Euro, scheitert Europa, so Frau Merkel. Nein, umgekehrt: Scheitert Europa, scheitert der Euro. Doch hat es Europa schon gegeben, als es den Euro noch nicht gab, und wird es auch in Zukunft geben. Europa ist mehr als ein paar Staatschefs, die regelmäßig zusammentreffen. Europa ist eine Idee, eine schöne, aber auch eine sehr zerbrechliche. Insofern war es schon das richtige Projekt, das Adenauer und de Gaulle, Schmidt und Giscard, Kohl und Mitterrand verfolgten und das Merkel und Hollande heute verfolgen. Jedoch die Welt ist heute eine andere wie vor fünfundzwanzig Jahren. Vielleicht muss Europa sich neu erfinden. Auf jeden Fall muss es sich umschauen, was in der Welt so passiert. Nur mit der alteuropäischen Beseeltheit von Kohl und nur mit dem Weiter-So-Gewurstel von Merkel wird Europa nicht mehr funktionieren.

Tokay

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Tokay’s DAX-Betrachtung: Wochen der Entscheidung stehen bevor

Ein Gastkommentar von Tokay

In den letzten Tagen herrscht wieder einmal Unruhe an den Aktienmärkten und so fragt man sich, ob die in den USA seit 2009 währende Hausse und ob die am deutschen Markt erneut seit September 2011 zu beobachtende Hausse nunmehr zu Ende geht.

Befassen wir uns heute wieder einmal mit dem DAX als dem deutschen Leitindex. Hier sehen wir in der nachfolgenden Abbildung zwei(eigentlich vier) Linien, die die Entwicklung charakterisieren:

  • Linie ABC kennzeichnet die Untergrenze der Aufwärtsentwicklung, welche Anfang August bei Punkt C fürs erste gebrochen wurde;
  • Die Aufwärtsentwicklung war nach oben durch die Linie DE begrenzt, sie prallte bei Punkt E ab und wir haben seither eine Konsolidierungsbewegung Richtung DAX 9500. Dort befindet sich zugleich auch der Jahresendpunkt der exponentiellen Regression.

Grafik 01.10.14

Hier sind zwei denkbare bzw. wahrscheinliche Verläufe:

  • Der DAX durchbricht die Marke 9750 nachhaltig nach oben; dann wäre das ursprünglich anvisierte Jahresendziel von einem DAX 10500 doch noch erreichbar. Dazu müsste sich allerdings die derzeitige negative Grundstimmung verflüchtigen, was zumindest derzeit noch nicht zu sehen ist. Es müsste also die EZB mit ihrem Chefdirigenten Mario Draghi wieder einmal ran, Stichwort Anleihekäufe.
  • Andererseits befinden wir uns sehr knapp nach wie vor unter der 200-Tage-Linie, welche nach herkömmlicher Lesart die Wasserscheide zwischen Bullen- und Bärenmarkt darstellt. Noch hält die exponentielle Trendfunktion bei etwa 9250 Punkten, Würde diese nachhaltig unterschritten,dann stünden die Zeichen auf Baisse, und dann könnte man ziemlich dynamisch nach unten Richtung 7000 Punkte rauschen.

Wir sehen also, die kritischen Marken liegen recht nahe beieinander. Die Entwicklung steht somit buchstäblich auf des Messers Schneide.

Dennoch bin ich letztlich positiv gestimmt für den restlichen Verlauf des Jahres. Die makroökonomischen Indikatoren geben letztlich grünes Licht. Der ominöse St. Leger's Day ist ebenfalls überstanden. Die Ereignisse im Nahen Osten, so furchtbar sie auch sind, haben keinen Anstieg der Ölpreise bewirkt. Ganz im Gegenteil herrscht dort zurzeit Überangebot. Allerdings kann es durch die dortige Entwicklung dazu kommen, dass der Risk-Off-Modus das dominierende Szenario wird bzw. bleibt. Dies würde die Konsumenten und Investoren in den westlichen Ländern nachhaltig verunsichern. Ein Erreichen der ursprünglich anvisierten 10500er Marke ist aber nach wie vor möglich, wenn nicht sogar noch mehr. Anleihen sind jedoch sündhaft teuer, der US-Dollar auch – da könnte für Aktien noch etwas gehen. In ein paar Wochen werden wir es wissen.

Tokay

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DAX-Betrachtung extra: Die Lage am Abend des 1. August 2014

DAX-Betrachtung extra: Die Lage am Abend des 1. August 2014

Ein Gastkommentar von Tokay

Der 1. August 1914 war ein historischer Tag. Heute vor hundert Jahren, am Abend um 20 Uhr übergab der deutsche Botschafter Friedrich von Pourtalès dem russischen Außenminister Sergej Sasonow „unter Tränen“ die Kriegserklärung des Deutschen Reichs. „Dann fragte er diesen, so schreibt er in seinen Aufzeichnungen, angeblich dreimal, ob Russland nicht auf Berlins Forderung nach einem Stopp der Generalmobilmachung eingehen wolle. Nach dessen Verneinung las er die Kriegserklärung vor und verabschiedete sich unter Hinweis darauf, wie viel ihm stets an den deutsch-russischen Beziehungen gelegen habe“.(Preußische Allgemeine,01.08.2014). Deutschland und Russland waren im Krieg. Österreich-Ungarn und Serbien waren es bereits, Frankreich, Belgien und England sollten wenig später folgen.

Hundert Jahre später leben wir in Frieden, jedoch die Beziehungen mit Russland sind im Augenblick angespannt. Wir hoffen, dass der Wille zur Vernunft am Ende obsiegen wird, doch sind im Augenblick beide Seiten auf Konflikt gestimmt. Die USA und die EU haben Wirtschaftssanktionen gegen Russland verhängt, die Russen haben eine Erhöhung der Energiepreise angedroht. Der Frieden ist somit nichts selbstverständliches. Die Gegensätze sind vorhanden und sie werden sich nicht so schnell auflösen.

Aus aktuellem Anlass heute eine Aktualisierung der DAX-Grafiken. Der von uns beobachtete langfristige Aufwärtstrend ABC ist heute bei Punkt G gebrochen und damit invalide geworden. Es hat sich zunächst ein kurzfristiger Trend herausgebildet, der auf Sicht von zwei Monaten die 8.500-Punkte-Marke ansteuert. Der neue Negativtrend könnte erst deutlich oberhalb von 9.500 Punkten wieder gebrochen werden. Andererseits könnte er eine größere Dynamik entfalten, so dass der Rückgang nicht auf 8.5000 Punkte beschränkt bleiben könnte. Das Abwärtsmomentum ist in jedem Fall beachtlich und es spricht wenig für eine baldige Erholung.

Grafik A - Die Lage am 1. August 2014

In der zweiten Grafik sehen wir, dass der Bruch des Aufwärtstrends sich etwa Mitte Juli ereignete. Insbesondere die Entwicklung der beiden letzten Handelstage verlief sehr dynamisch. Was ist als weiterer Verlauf denkbar?

Denkbar wäre eine Erholungsbewegung AB, die wieder auf 9.400 Punkte führte. Am Punkt B stünde dann eine Entscheidung an: Fortsetzung der Abwärtsbewegung unterhalb von BC, etwa in den Bereich von 8.900 Punkten, oder Fortsetzung einer Erholung oberhalb von BD in den Bereich von 9.700 Punkten.

Grafik B - Die Lage am 1. August 2014

Auf der anderen Seite ist die Makrosituation nicht dermaßen bedrohlich, wie es der Kursverlauf der letzten Tage nahelegt. Das Kursziel von 10.500 Punkten bleibt erreichbar, eine Wiederbelebung der Hausse im Herbst erscheint durchaus denkbar. Die 10.500 Punkte-Marke aber würde, wenn sie erreicht werden sollte, über sehr volatile Umwege erreicht werden.

Tokay

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DAX-Betrachtung: Money for nothing

DAX-Betrachtung: Money for nothing

Ein Gastkommentar von Tokay

„Money for nothing“ war der Titel eines Songs von den Dire Straits aus den 80er Jahren. Der Titel kommt einem heute wieder in den Sinn. Einmal denkt man dabei möglicherweise an die mageren Zinsen, die man bekommt, wenn man Anleihen kauft. Zum anderen an die mageren Aktienrenditen, die seit Jahresanfang zu erzielen sind. Mark Knopfler hatte damals sicherlich anderes im Sinn, als er vom „Money for nothing“ sang. Heutzutage bekommt Wolfgang Schäuble „money for nothing“, was ganz erstaunlich ist. Noch am Jahresanfang hatten die Auguren unisono steigende Zinsen vorhergesagt. Eingetreten ist wieder einmal das Gegenteil. Zu einem Run auf Aktien hat das in diesem Jahr trotzdem noch nicht geführt. Aber das muss ja nicht so bleiben.

Schauen wir uns den DAX seit Anfang 2011 an. Diese Grafik habe ich an dieser Stelle schon einige Male gezeigt. Wir sehen, dass die Aufwärtsentwicklung nach wie vor intakt ist.Wir sehen aber auch, dass die obere Begrenzungslinie DE nun schon einige Male touchiert wurde. Und wir sehen, dass die untere und die obere Begrenzungslinie immer näher zusammenrücken. Die Entscheidung darüber, wie es weiter gehen wird, fällt also im Herbst. Denn eine dieser beiden Linien wird sehr wahrscheinlich gebrochen werden, und zwar nachhaltig. Welche von beiden es sein wird, wissen wir nicht. Noch nicht.

Grafik I

Schauen wir uns im weiteren den DAX-Verlauf des letzten halben Jahres an: Der Jahresanfang sehr volatil. Dann ein Aufwärtstrend ABC, auch er volatil. Dieser Aufwärtstrend wurde soeben gebrochen, aber dieser Bruch muß nicht notwendigerweise von Dauer sein, doch zu nachhaltig sollte er auch nicht verletzt werden, denn dann hätten wir eine Korrektur vielleicht über die nächsten Wochen und Monate zu gewärtigen. Wir befinden uns also an einem heiklen Punkt.

Grafik II

Bis Jahresende sollte einem dennoch nicht übermäßig bange sein. Solange Zinsen und Inflationserwartungen tief bleiben, bleibt das Risikopotential gering. Die Turbulenzen um die portugiesische Großbank Santo Spirito zeigen einem freilich, dass es ganz schnell wieder Richtung Krise gehen kann. Die Schwerfälligkeit, mit der die Erholung in der Eurozone voranschreitet, ist ein Hinweis darauf, dass die offizielle Krisenpolitik in ihrer Wirkung bislang begrenzt geblieben ist. In den südeuropäischen Firmen ist sie bislang noch nicht angekommen. Und so lange die Banken Staatsanleihen kaufen, anstatt Kredite auszureichen, wird das auch so schnell nicht passieren. Auch auf diesem Gebiet ist man in den USA wieder einmal viel weiter. Die Leistungen der deutschen Exportindustrie in allen Ehren, aber sie wird mit der derzeitigen Eurokurspolitik quasi subventioniert. Machte man es wie die Amerikaner, die Japaner, die Engländer, dann würde die deutsche Industrie noch stärker profitieren als ohnehin schon. Und das würde die Kluft zwischen Deutschland und dem Rest der Eurozone weiter vertiefen.

Abschließend noch ein Blick auf die Fußball-WM. Statistiker haben ausgerechnet, dass die deutsche Mannschaft die stärkste Leistung erbracht hat, die jemals ein Nationalteam bei einer Weltmeisterschaft erbracht hat(www.eloratings.net). „The Mannschaft“ zeigte dabei eine ungeheure mentale Stärke, mit der sie die équipe tricolore, die selecao und die albiceleste in die Knie zwang. Hundert Jahre nach dem schicksalhaften Sommer des Jahres 1914 fürchtet man die Deutschen aber nicht mehr, sondern gönnt ihnen ihren Erfolg. Das ist so, weil Deutschland ein weltoffenes Land geworden ist und diese Weltoffenheit von der deutschen Mannschaft verkörpert wird. Weltoffenheit ist eine gute Voraussetzung für die Zukunft im allgemeinen. Mentale Stärke ist eine gute Voraussetzung für Börsenerfolg. “Money for nothing“ gibt es nicht.

Tokay

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DAX-Betrachtung: Eine Baisse ist nicht in Sicht

DAX-Betrachtung: Eine Baisse ist nicht in Sicht

Ein Gastkommentar von Tokay

Am Freitag wurden die neusten Daten des Ifo-Instituts veröffentlicht. Demnach scheint die deutsche Konjunktur ihren Zenit überschritten zu haben. Also eigentlich keine gute Nachricht für den deutschen Aktienmarkt? Stimmt, eigentlich ist das keine gute Nachricht. Aber so schlecht auch wieder nicht. Denn ein rückläufiger Ifo-Index spricht nicht gerade für eine Überhitzung der Konjunktur, und damit auch nicht für eine euphorische Stimmung, in welcher, wie ja die alte Börsenweisheit sagt, eine Hausse stirbt.

DAX 03.01.2011 bis heute

Betrachten wir den DAX seit Anfang 2011. Im Spätherbst 2011 startete die Erholungsrallye auf dem Höhepunkt der Eurokrise(Bankenkrise sollte man wohl besser sagen). Diese Rallye folgt dem Pfad ABC und sie läuft noch immer ganz beharrlich den Punkt F an, der ungefähr in der Höhe von 10.500 Punkten liegt. Der DAX hat in den vergangenen Monaten eine von Unsicherheit geprägte Entwicklung durchgemacht, nachhaltig beeinträchtigt wurde er in seinem Aufwärtstrend aber nicht. Nicht durch die Ukraine, nicht durch Putin, nicht durch China, eigentlich gar nicht. Gut, er konsolidiert nun seit einigen Monaten. Er befindet sich weiter im oberen Bereich seiner Möglichkeiten; eben das beschränkt die Möglichkeiten seiner Aufwärtsentwicklung. Doch nach wie vor ist die expansive Geldpolitik der EZB der alles dominierende Faktor, so dass Mutmaßungen über die technische Verfassung des Marktes vor diesem Hintergrund ziemlich müßig sind. Diese spielt nicht wirklich eine Rolle für die längerfristige Entwicklung; sie spiegelt eher die Erwartungen, die gehegt werden.

Schauen wir uns einmal an, wie sich in den letzten etwa fünfzehn Jahren die Entwicklung des DAX und die Geldpolitik zueinander verhalten haben:

DAX und Geldpolitik 1999-2014

Auf der linken Ordinate sehen wir die Differenz zwischen dem Zins für zehnjährige Bundesanleihen und dem Leitzins der EZB als Maßstab für die Geldpolitik und auf der rechten Ordinate den Verlauf des DAX. Man erkennt, dass eine Baisse am Aktienmarkt immer dann eingeläutet wurde, wenn die EZB den Abstand zwischen langfristigem Zins und Geldmarktzins verkürzte und über die Erhöhung des Leitzinses eine Inversion der Zinssätze bzw. eine Verkürzung der Zinsdifferenz bewirkte. Nur dann ging es mit dem DAX nachhaltig bergab. Das war 2001, 2007 und ansatzweise 2011 der Fall. Denn eine Zinsinversion ist ein probates Mittel, um Inflationserwartungen einzudämmen. Aber eben auch eines, um die Konjunktur abzuwürgen, und damit auch den Aktienmarkt, welcher der Konjunktur voraus läuft.

Wie ist die Situation heute? Der kurzfristige Zins ist heute nahe Null, der Zins für 10-jährige Bundesanleihen liegt unter 1 ½ Prozent. Eine Erhöhung des Leitzinses auf der nächsten EZB-Sitzung steht nicht zur Debatte. Ganz im Gegenteil ist es Konsens, dass der Leitzins eher noch aufgrund der sehr verhaltenen wirtschaftlichen Entwicklung in Südeuropa weiter reduziert wird, ja, sogar von einem Strafzins für Sichteinlagen der Großbanken beim EZB-System ist die Rede und ebenso von Anleihekäufen. Man mag über die Wirksamkeit dieser Maßnahmen denken wie man will, doch eines ist klar, eine Zinsinversion liegt in weiter Ferne, und damit auch eine Baisse am deutschen Aktienmarkt.

Eine dynamische Aufwärtsentwicklung indes ist auch nicht zu sehen, dazu fehlen einfach im Moment die Impulse. Eines ist auffällig: Trotz der rekordtiefen kurzfristigen Zinsen regen sich nicht einmal im Ansatz irgendwelche Inflationserwartungen. Das wäre in den achtziger oder neunziger Jahren in einem solchen Umfeld sehr rasch der Fall gewesen. Warum ist es diesmal nicht der Fall? Das liegt gemäß dem amerikanischen Ökonomen Richard Koo in der sogenannten „Bilanzrezession(balance sheet recession)“ begründet. Diese hat dazu geführt, dass die Unternehmen, anstatt ihre Gewinne neu zu investieren, diese dazu benutzen, ihre Schulden abzubauen. Dies verbessert ihre Finanzierungsstruktur, aber es beeinträchtigt die Nachfrage, so dass auch keine Inflationserwartungen entstehen. Auch führt die Tiefzinssituation dazu, dass der Privatsektor umschuldet, sprich alte, höher verzinste Kredite durch neue, tiefer verzinste Kredite ersetzt. Auch zeigt sich, dass der jetzige Eurozins für Deutschland viel zu tief und für den Süden viel zu hoch ist. Die deutsche Binnenkonjunktur läuft ausgezeichnet, eben auch wegen der tiefen Zinsen. Daran ändern auch die heutigen Ifo-Zahlen nichts. Doch der Süden bräuchte gemäß der Taylor-Regel(einer geldpolitischen Regel, die auf den Ökonomen John Taylor zurückgeht) einen noch tieferen Zins. Vor allem aber bräuchte er neben Strukturreformen eine sehr expansive Finanzpolitik, um die Nachfrage zu ersetzen, die aufgrund des Deleveraging des Privatsektors weggefallen ist. Das ist aber nicht so und es bestätigt die These vieler Ökonomen, dass der Euro kein optimaler Währungsraum sei.

Kommen wir abschließend zu einem weiteren Einflussfaktor für den deutschen Aktienmarkt, nämlich den amerikanischen Aktienmarkt und schauen uns hier die Entwicklung des NASDAQ Composite seit Anfang 2009 an:

Nasdaq Composite 01.04.2009 bis heute

Der seit 2009 laufende Aufwärtstrend wurde im Prinzip bislang nicht ernsthaft beeinträchtigt. Es gab zwar eine Rotation vom High-Tech-Bereich hin zu eher defensiven Titeln, aber per saldo blieb der Trend weiter aufwärts gerichtet( →Linie ABCF). Die Beschleunigung des Aufwärtstrends CD wurde im Frühjahr gebrochen, aber in der weiteren Folge ebenso die Konsolidierungslinie EF, und so steuert der Nasdaq wohl doch den Punkt D bei 4.750 Punkten an. Solange der 200-Tage-Durchschnitt bei etwa 4.000 Punkten nicht nachhaltig verletzt wird, droht keine Gefahr. Der NASDAQ ist allerdings dieser Grenzlinie zuletzt deutlich näher gekommen. Auch ist in den Vereinigten Staaten die Geldpolitik nach wie vor expansiv. Das Fed wird wohl kaum zur Geldmengenrestriktion übergehen, ohne sich vorher davon überzeugt zu haben, dass diese die Konjunkturentwicklung nicht nachhaltig beeinträchtigt. Zwar ist der US-Markt höher bewertet, doch spiegelt diese höhere Bewertung die besseren Wachstumsperspektive der amerikanischen Wirtschaft wider. Auch in den USA ist eine Baisse erst einmal nicht in Sicht.

Was bedeutet das konkret, wenn keine Baisse, aber auch keine neue Hausse in Sicht ist? Es legt eine selektive, mehr taktisch geprägte Verhaltensweise nahe, „Selling on Strength“ ebenso wie “Buying on Weakness“. Und es legt eine gezielte Aktienauswahl nahe. Im Forenboard von „Mr-Market“ findet man stets eine gute Auswahl von überlegt ausgesuchten Titeln vor. Ich kann den Lesern nur empfehlen, dieses Forum einmal zu besuchen und sich einige dieser Titel in Ruhe näher anzuschauen.

Tokay

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Betrachtung Deutsche Aktienindizes: Klimawandel – Ende der Liquiditätshausse ?

Betrachtung Deutsche Aktienindizes: Klimawandel – Ende der Liquiditätshausse ?

Ein Gastkommentar von Tokay

In den letzten Wochen kam gewaltige Bewegung in die Aktienmärkte, insbesondere in den deutschen Markt. Die neuerliche Verschärfung der Krise in der Ukraine wirkte sich hier besonders stark aus. Die Nerven zumal der Privatanleger wurden heftig auf die Probe gestellt. Man mochte sich nach der Annexion der Krim noch beruhigt haben mit „Politische Börsen haben kurze Beine“. Doch es steckt wohl noch etwas mehr hinter den Kursturbulenzen.

Betrachten wir zunächst wieder einmal das Chart des DAX. Seit Herbst 2011 ging es mit nur geringfügigen Unterbrechungen bergauf, der Trend war nach unten begrenzt durch die Linie ABC, nach oben war er begrenzt durch die Linie DEF. Seit etwa Jahresanfang ist nun der Aufwärtstrend ins Holpern gekommen. Die Kurse unterliegen ja immer gewissen Schwankungen, und es mag sein, dass der Aufwärtstrend nur zeitweilig verletzt wurde. Aber sicher ist das keineswegs. Ein Ansteuern des Bereichs um die 9000 Punkte kommt zunächst in Betracht. Sollte auch die 900er Marke nachhaltig verletzt werden, hätte man wahrscheinlich eine längere Korrekturphase zu gewärtigen.

DAX 2009 bis heute

Noch deutlicher wird die Entwicklung, wenn man sich den kleinen High-Tech-Bruder des DAX anschaut, den TecDAX. Seit Herbst 2011 haben sich die Kurse der TecDAX-Aktien nahezu verdoppelt, und es ist völlig klar, dass ein solches Wachstum nicht unbegrenzt fortgeschrieben werden kann. Das Wachstum des TecDAX hat sich in dieser Zeit von der Geraden BD auf die Gerade DG beschleunigt, nach oben wurde es begrenzt durch die Linie EF. Diese Woche war es nun soweit und der Aufwärtstrend DG wurde deutlich gebrochen. Und doch könnte der TecDAX noch auf 1050 Punkte fallen, ohne dass sein übergeordneter Aufwärtstrend in Frage gestellt wäre. Indes hätte man dann aber bereits einen Rückgang von 20 Prozent gegenüber dem Kurshöchst hinzunehmen. Die Psychologie der Anleger dürfte bei solch beträchtlichen Verluste leiden. Eher trübe Aussichten also beim TecDAX.

TecDAX 2009 bis heute

Ganz ähnlich wie beim TecDAX die Situation beim MDAX: Dem Aufwärtstrend AB folgte die Trendbeschleunigung BC, begrenzt nach oben durch die Linie DE. Der Aufwärtstrend BC wurde nun in dieser Woche gebrochen. Eine Rückkehr auf die frühere Trendlinie AB wäre mit einem Fall auf 12000 bis 13000 Punkte verbunden, dies entspräche einer Kurseinbuße von immerhin ca. 25 Prozent. Und dennoch wäre der seit Herbst 2011 laufende Aufwärtstrend nicht verletzt, so dynamisch war dieser bisher. Freilich gelten Kursverluste von mehr als 20 Prozent als Baisse, und dem sollte man nicht schicksalsergeben zuschauen.

MDAX 2009 bis heute

Die neuerliche Entwicklung bei TecDAX und MDAX ist also bislang nur als Korrektur einer sehr dynamischen Aufwärtsentwicklung zu sehen. Von einer echten Korrektur oder gar einer Baisse kann man noch nicht sprechen, genausowenig beim DAX.

Dennoch sollte man die bisherigen Rückgänge nicht auf die leichte Schulter nehmen. Denn es sind durchaus bereits einige Wolken am Horizont aufgezogen:

  • Die Entwicklung des Anleihenmarktes, ablesbar am Kursverlauf des REX, hat bereits im vergangenen Frühjahr einen Höhepunkt erreicht, oder anders ausgedrückt, die Anleihezinsen haben zu jenem Zeitpunkt ein historisches Tief erreicht. Immer, wenn am Anleihenmarkt ein neuer Höchststand erreicht war, folgte bald darauf ein Markttop am Aktienmarkt. Im Rahmen der langjährigen Zyklizität ging es dann bei den Aktien nach unten.
  • Die monetäre Expansion ist weitgehend ausgereizt. Natürlich kann die EZB den Leitzins noch weiter senken, natürlich kann sie Anleihekaufprogramme starten, jedoch ist die Frage, ob sie damit die Entwicklung auf den Zinsmärkten nachhaltig beeinflussen kann. Die Erfahrungen in den USA sind eher ernüchternd.
  • Das Konjunkturklima hat bereits ebenfalls einen Höchststand erreicht. Die entsprechenden Befragungen des Ifo Instituts und des ZEW zeigen an, dass das Geschäftsklima wieder abnimmt. Wenn aber die Spitzenleute in den Unternehmen Verschlechterungen bei Umsätzen, Kosten und Gewinnen erwarten, dann werden diese Erwartungen demnächst ihren Niederschlag in den tatsächlichen Unternehmenszahlen finden. Auch trägt die aktuelle Regierungspolitik nicht eben zu einer Verbesserung der längerfristigen Rahmenbedingungen bei.
  • Und schließlich das an dieser Stelle unvermeidliche Stichwort „Sell in May“: Wie wir im letzten Jahr ausführlich untersucht haben, ist es so, dass das Gros der Gewinne am Aktienmarkt in der Wintersaion erzielt wird. Warum das so ist, íst umstritten. Die gängige Meinung ist wohl die, dass das Gros der Börsianer in der Sommersaison vornehmlich auf dem Golfplatz oder am Badestrand anzutreffen ist, aber nicht vor dem Computerbildschirm. Ausnahmen ausgenommen....

Wie es weitergeht, weiß natürlich niemand. Zu Überschwang besteht aber jedenfalls erst einmal kein Anlass. Es scheint, dass die Liquiditätshausse, die im Herbst 2011 begann, nun allmählich ausläuft und irgendwann übergeht in – ja was eigentlich ? Möglicherweise in eine später einsetzende Gewinnhausse, möglicherweise in eine Zeit der Unsicherheit, die geprägt ist von großer Volatilität. Die Entscheidung darüber wird, wie könnte es anders sein, jenseits des großen Teichs fallen. Denn die USA sind der große Taktgeber und sie sind es auch, die das Quantitative Easing irgendwann werden beenden müssen.

Tokay

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Wird der DAX langsam müde ? Der Krim-Krimi und die Folgen

Wird der DAX langsam müde ? Der Krim-Krimi und die Folgen

Ein Gastkommentar von Tokay

Die letzten Tage und Wochen waren auf den Aktienmärkten von großer Unruhe geprägt, insbesondere der deutsche Aktienmarkt, insbesondere der DAX. Das war natürlich zu einem guten Teil bedingt durch die Großwetterlage im Osten, auf der Krim, in Russland, in der Ukraine. Die dortigen Entwicklungen ließen Befürchtungen hochkommen bezüglich eines neuen kalten Krieges.

Wir scheinen uns an einem Scheideweg der internationalen Politik zu befinden, wofür die Krim schon einmal der historische Ort war. Auch befinden wir uns im historischen Jahr 2014, in welchem sich der Erste Weltkrieg zum hundertsten Male jährt. Dass es zu einem solchen kommen würde, hatten die Zeitgenossen zwar befürchtet, aber nicht im Ernst für möglich gehalten . Auch dass Russland so ohne weiteres die Krim annektieren würde, hat man nicht für möglich gehalten. Man sollte die Parallelen nicht zu weit treiben, doch sieht man nur zu deutlich, dass eine nicht ausbalancierte Ausgangslage in der internationalen Politik eine hohe Dynamik in sich birgt. Wohin gehört die Ukraine? Zur EU ? Zu Russland? Es ist die Aufgabe kluger Politik, diese Dynamik entweichen zu lassen. Das wird allerdings nicht von heute auf morgen geschehen können.

Heftig hat der DAX auf die Ereignisse reagiert: Er brach in Folge der Krim-Krise kräftig ein, konnte sich zwischenzeitlich jedoch wieder etwas fangen. Doch hat in Folge der Krise die Nervosität auf dem Markt zugenommen.

Betrachten wir die Entwicklung des DAX seit 2009:

DAX 01.02.2009 bis heute

Die Krim-Krise hat letztlich dafür gesorgt, daß der langfristige Aufwärtstrend ABC des DAX ramponiert wurde. Ist er damit beendet? Es ist noch zu früh, das zu beurteilen. Denn nachhaltig wurde die Trendlinie bisher ja nicht gebrochen. Sollte es dynamisch unter die Aufwärtstrendlinie ABC gehen, oder gar unter die „innere Linie“(fein gestrichelt) dann wäre dies eindeutig der Fall. Soweit ist es aber vorerst noch nicht.

Wichtiger ist die Frage ob die obere Begrenzungslinie DEF touchiert oder überschritten werden kann. Wenn ja, könnte man die Abwärtsszenarien ad acta legen. Aber wehe, ein allfälliger Aufwärtstrend prallte an dieser Linie ab – dann könnte sich eine erhebliche Abwärtsdynamik entfalten, die erst eine „Etage“ tiefer zum Stillstand kommen könnte.

Man wundert sich natürlich etwas, weshalb so „ein bisschen“ Krim einen derartigen Einfluss ausüben kann. Die fundamentalen Bestimmungsfaktoren sind ja weiterhin nicht ungünstig. Und auf den Gang der Finanzmärkte hat Janet Yellen bestimmt erheblich mehr Einfluss als Wladimir Putin. In seiner ersten Sitzung unter Yellen hat das oberste Fed-Gremium beschlossen, die Anleihekäufe weiter wie geplant zurückzufahren. Das ist eigentlich eine gute Nachricht, denn mit anziehender Konjunktur ist eine monetäre Alimentierung der wirtschaftlichen Entwicklung nicht mehr erforderlich, zumal ja einige Fehlanreize gesetzt werden. Auch dokumentiert dies die Stetigkeit der Fed-Politik. Allerdings muss die Gewinnentwicklung dann halten, was die Gewinnerwartungen heute einpreisen, denn sonst stünde die Hausseentwicklung ernsthaft zur Disposition.

Wir wissen, dass für die Entwicklung der europäischen Indizes und damit auch des DAX die US-Börsen ein wesentlicher Bestimmungsfaktor sind. Wie sieht es hier also aus? Beginnen wir mit dem großen Leitindex, dem S&P 500:

SuP 500 2009 bis heute

Wir erkennen hier eine beeindruckende Aufwärtsentwicklung entlang der Linie ABC. Diese Linie ist in 2013 praktisch nie ernsthaft getestet worden. Schwächephasen wurden immer energisch gekauft. Die höher verlaufende „innere Linie“(fein gestrichelt, sie entspricht der exponentiellen Trendfunktion, also dem mittleren Trend) ist flacher, sie wird bei Fortschreibung der jetzigen Entwicklung die ABC-Linie gegen Ende 2014 schneiden(Punkt P). Ein baldiges Ende der Hausse ist also per heute nicht zu erkennen.

Und was macht die Hightechbörse NASDAQ, die im Ruf steht, empfindlicher zu reagieren, als der Marktdurchschnitt?

Nasdaq Composite 2009 bis heute

Hier ist der Aufwärtstrend noch weniger in Gefahr. Seit Beginn 2009 hat sich das Kursniveau fast verdreifacht und die heutigen Kurse kommen nicht auch nur ansatzweise in die Nähe der unteren Begrenzungslinie ABC. Erst bei einem Unterschreiten eines Kurslevels von 3870 Punkten wäre Gefahr im Verzug. Die untere Begrenzungslinie verläuft jedoch praktisch parallel zur „inneren Linie“; ein Unterschreiten der Untergrenze des Aufwärtstrend geschähe aus quasi heiterem Himmel.

Trotz alledem hinterlässt die Analyse den Betrachter mit gemischten Gefühlen. Die Aufwärtsentwicklung am deutschen Markt dauerte lange und sie war sehr dynamisch. Es ist nahezu zwangsläufig, dass eine solche Entwicklung nicht ewig dauern kann. Die internationalen Anleger sehen das auch so, sie wenden sich vermehrt anderen europäischen Märkten zu, wie die Kursverläufe im Zuge der Krim-Krise deutlich aufgezeigt haben. Der DAX wird also langsam müde, der Anleger indes sollte hellwach bleiben!

Tokay

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DAX-Betrachtung: Bleibt alles anders

DAX-Betrachtung: Bleibt alles anders

Ein Gastkommentar von Tokay

Der seit der Doppelkrise vom Sommer 2011(Eurokrise, Fiscal Cliff in den USA) laufende Bullenmarkt besteht weiterhin fort. Naturgemäß wird nun vermehrt die Frage gestellt, wie lange die Sache noch gut gehen könne. Einerseits steht das Thema „DAX 10000“ einmal mehr auf der Agenda, auf der anderen Seite machen diverse Crash-Szenarien die Runde, was dann mit der Höhe der Börsenkredite oder den Aktivitäten der einschlägigen Gurus(George Soros, Warren Buffett) begründet wird.

Schauen wir uns dazu das nachfolgende Langfristchart an. Der Bullenmarkt wird nach wie vor durch zwei große Linien geprägt:

  • einmal durch die Linie DE, die die obere Begrenzung des seit 2009 gültigen Aufwärtstrends markiert;
  • dann durch die Linie ABC, die die untere Begrenzung des seit 2011 gültigen Aufwärtstrends bezeichnet;
  • relevant ist außerdem die „innere Linie“(fein gestrichelt), die ein Maximum an Hoch- und Tiefpunkten seit 2009 miteinander verbindet und daher den mittleren Trend seit 2009 am besten wiedergibt.

DAX 21.02.14

Wir erkennen, dass der DAX momentan ziemlich deutlich nach oben gelaufen ist, ohne dass man aber von einem „überhitzten“ Zustand sprechen kann. Es gibt zwei Möglichkeiten: Entweder der DAX setzt seinen Anstieg entlang der oberen langfristigen Begrenzungslinie DE fort mit dem Ziel 10700 Punkte oder er sinkt weiter ab bis zur Untergrenze des 2011er Trends, der ABC-Linie. Diese liegt derzeit bei ca. 9100 Punkten.

Bei letzterer wiederum gibt es zwei Alternativen: Anstieg entlang der Linie ABC(Ziel wären auch hier wieder die 10700 Punkte) oder weiteres Absinken bis zur „inneren Linie“, welche derzeit bei ca. 8750 Punkten markiert. Bis hierhin könnten die Kurse fallen, ohne dass man von einem Ende des Bullenmarktes sprechen müsste. Wird diese Grenze allerdings unterschritten, wird es kritisch. Wichtig jedoch ist vor allem, dass Rückgänge vom heutigen Niveau aus vorerst nur als Korrekturen zu betrachten sind.

Tritt keine dieser Möglichkeiten ein, sollten die Kurse weiter nach oben laufen. Die gezeigten Linien hätten dann bis spät ins Jahr 2014 hinein Bestand, sollten sie nicht vorher invalide werden. Erst bei Punkt F bzw. bei 10500 Punkten, würde eine Entscheidung darüber fallen, ob die Kurse weiter entlang der ABC-Linie steigen oder ob sie sich dann endgültig Richtung „innere Linie“ oder Richtung untere Begrenzung des langfristigen Aufwärtstrends zurückentwickeln. Jedoch bis dahin ist es noch ein weiter Weg.

Die Kursanstiege seit 2011, das wissen wir, beruhen vor allem auf der expansiven Geldpolitik der Notenbanken. Der Markt agiert nicht gegen die Notenbank. Da die Unternehmensgewinne weniger stark gestiegen sind, sind vor allem die Bewertungen der Unternehmen gestiegen. Das war auch möglich aufgrund deren verbesserter Perspektiven. Somit müsste es zu weiteren Kursanstiegen kommen, sofern die oben genannten Gründe auch in diesem Jahr überwiegend fortbestehen.

Da Zinsen und Gewinne sich nicht sehr stark ändern dürften, gibt es wenig Anhaltspunkte für eine massive Überbewertung, um das mindeste zu sagen. Auch liegen die Bewertungen kaum über denen früherer Jahre, so dass wenig Anlass für eine „Mean Reversion“ besteht. Unter Druck dürften die Kurse allerdings dann kommen, wenn das Fed früher oder entschiedener als erwartet zu einer Politik der Zinserhöhungen überginge oder wenn die Gewinndynamik der Unternehmen entschieden nachließe. Dann kämen nicht nur die Kurse an den US-Börsen unter Druck, sondern auch bei uns. Aber solange die Rahmenbedingungen so bleiben wie bislang, sollten die Kurse weiterhin ansteigen. Der Markt antizipiert im Moment noch dieses positive Szenario. Wir wissen allerdings, wie schnell sich die Meinung des Marktes ändern kann.

Tokay

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DAX-Betrachtung: Prognosen, Projektionen, Prophezeiungen

DAX-Betrachtung: Prognosen, Projektionen, Prophezeiungen

Ein Gastkommentar von Tokay

Das Jahr 2014 hat begonnen und so gibt es auch dieses Mal keinen Mangel an Deutungen für die Zukunft, insbesondere für die Börsenzukunft(Nein, wir bemühen heute nicht Karl Valentin.. ;-)). Lohnen sich denn diese ganzen Spekulationen ? Mir scheint, das was in der Öffentlichkeit an Vorhersagen herumgereicht wird, ist nur wenig geeignet, Licht ins Dunkel der Marktprognose zu bringen. Dabei ist die Frage an sich von großer Bedeutung, denn wer keine Vorstellung davon hat, wie es an der Börse künftig laufen wird, der sollte sich lieber von ihr fern halten. Es sei denn, er hängt jenen Wachstums- oder Crash-Gurus an, welche für alles und jedes eine Vorhersage parat haben. Eine Prophezeiung ist eine auf religiöse Überzeugungen gestützte Vorhersage. Als solche kann man die diversen Vorhersagen über den angeblich unmittelbar bevorstehenden Zusammenbruch des „Scheingeldsystems“ durchaus auffassen. Das Weltfinanzsystem indes hat sich gegenüber solchen Vorhersagen als bemerkenswert widerstandsfähig erwiesen, und wer auf den Zusammenbruch vertraut hat, der hat in der jüngeren Vergangenheit eine Menge Gelegenheiten verpasst. Wir sollten die Apokalypse vielleicht erst einmal vertagen.

Zurück zu etwas profaneren Dingen: Im „Handelsblatt“ waren zu Jahresanfang Prognosen der Volkswirte großer Banken zu lesen. Als Konsens der Schätzungen ergab sich, dass der DAX gegen Jahresende 2014 gut über 10000 Punkten stehen müsse. Jedoch ergaben derartige Schätzungen in den Vorjahren stets, dass man in Baissejahren die Börsenzukunft zu optimistisch einschätzte und in Haussejahren zu pessimistisch lag. Demnach sind Zweifel daran erlaubt, ob wir die genannten 10000 plus x DAX-Punkte zum Jahresende tatsächlich sehen werden. Ich halte das für eher unwahrscheinlich.

Warum das so ist, hat heute der Schweizer Finanzprofessor Erwin Heri in dem Blog -> Journal21 <- treffend dargestellt. Wetterprognosen können heutzutage mit großer Genauigkeit gestellt werden. Bei Börsenprognosen müsste das eigentlich ähnlich sein. Anders als bei den Börsenkursen ist es dem Wetter jedoch egal, wie die Leute auf Prognosen reagieren. Denn wenn die Zunft der Prognostiker einen Anstieg vorhersagt, werden die Börsenteilnehmer ziemlich umgehend auf solch rosige Zukunftsaussichten reagieren. Diese Aussichten werden entsprechend zeitnah verarbeitet und die Prognose alsbald invalide werden.

Man kennt die Bestimmungsgründe der Aktienkursentwicklung zur Genüge: Die Gewinne der Unternehmen, die Zinsentwicklung, die Entwicklung der politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen im aller weitesten Sinne. Diese Parameter stehen jedoch nicht still. Sie verändern sich ständig. Und weil sie sich ständig ändern, ändert sich auch die Erwartungsbildung.

Wenn es richtig ist, dass der DAX die Entwicklung der wirtschaftlichen Aussichten voraus nimmt, und wir wollen den Stand des DAX für Ende 2014 vorhersagen, dann wollen wir praktisch vorhersagen, was die Mehrzahl der Marktteilnehmer für 2015 vorhersagen wird. Eine Vorhersage der Vorhersage sozusagen. Da die Mehrzahl der Bestimmungsgründe sich aber erst in der Zukunft herausbilden wird, kann man diese heute unmöglich kennen. Der Aktienmarkt selber spiegelt dieser Vorhersagen bereits heute wieder. Eine Prognose für den DAX-Stand am Jahresende ist daher ein eher verzweifeltes Unterfangen.

Es macht daher wohl eher Sinn, die Erwartungshaltungen, so wie sie derzeit bestehen, erst einmal als gegeben hinzunehmen und diese in die Zukunft zu projizieren. Wenn sich die Sachverhalte, auf denen die Erwartungen basieren, ändern, so werden diese geänderten Erwartungen demnächst ihren Niederschlag in den Kursen finden, und es genügt für den Augenblick vollauf, sich an der tatsächlich zu beobachtenden Kursentwicklung zu orientieren. Das bedeutet aber keineswegs, dass die heutige Kursentwicklung prognostische Qualitäten hätte. Der DAX selber „weiß“ nicht und kann es nicht wissen, wohin er sich in Zukunft entwickeln wird. Aber man kann sich an den heute herrschenden Erwartungen orientieren und für eine Weile fortschreiben. Das wäre dann eine Projektion. Und zu so einer Projektion kommen wir nun – wir haben sie hier schon mehrfach gezeigt, zuletzt im Dezember:

01.02.2009 bis 16.01.2014

Es hat sich im Vergleich zum Dezember wenig geändert; die Aufwärtsentwicklung des DAX hält weiterhin an. Wenig überraschend eigentlich, denn die Rahmenbedingungen sind im Wesentlichen gleich geblieben. Solange es nicht nennenswert unter 9000 Punkte geht, bleibt der Aufwärtstrend intakt und wir bewegen uns mehr oder minder zügig Richtung 10000 Punkte. Eine Zwischenkonsolidierung ist denkbar (und gar nicht einmal unerwünscht), sie könnte sich Richtung 9500 Punkte bewegen(Punkt F). Dann dürfte auch die Entscheidung darüber fallen, ob die dynamische Haussebewegung sich entlang der Linie ABCF fortsetzt oder in eine spürbar gemächlichere Entwicklung entlang der Linie DEF mündet.

Ein bisschen Prognose wollen wir aber dennoch betreiben: Im vergangenen Jahr haben wir anhand der sogenannten 5-Tage-Regel gemutmaßt, dass 2013 ein gutes Aktienjahr werden könnte. Genauso ist es gekommen, wie so erstaunlich oft in den letzten mehr als zwanzig Jahren. In 2014 haben wir in den ersten fünf Tagen ein leichtes Minus zu verzeichnen. Also wird 2014 kein so gutes Börsenjahr? In der Tat nicht, wenn man der Regel Glauben schenkt. Oder handelt es sich nicht vielleicht doch eher um Koinzidenz denn um Kausalität? Denn in Gegenden beispielsweise, wo überdurchschnittlich viele Storchennester zu finden sind, sind die Geburtenzahlen ja höher als sonst wo. Ein kausaler Zusammenhang dürfte da jedoch nur schwer herzustellen sein....

Fünf Tage Regel

Tokay

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