Pandemie? War da was? Das will doch derzeit keiner lesen, alle Augen und Ohren sind auf den Osten, auf Russland und die Ukraine gerichtet.
Und ja, wir diskutieren bei uns in der Community nun auch vor allem über das Geschehen im Osten und die Implikationen, nicht nur für die Börsen, sondern auch für unser Leben in Europa. Und mancher schläft dieser Tage nicht mehr so gut wie in den Jahren zuvor, die Eskalation schreitet mit atomaren Drohungen von "Putins People" voran und es scheint als ob es keinen wirklichen Ausweg daraus gibt.
Gerade *weil* das so ist, will ich mit dem heutigen Artikel für den freien Bereich mal einen Kontrapunkt setzen und nicht auch noch Text zum Krieg in der Ukraine beisteuern. Ich rede bewusst *nicht* über Russland, sondern will auf eine mittelfristige Chance aufmerksam machen, die sich gerade so richtig in Bewegung zu setzen schien, bevor sie vom Krieg im Osten wieder temporär überlagert und zerstört wurde.
Trotzdem sind die dahinter stehenden Mechanismen intakt und sobald sich der Nebel des Krieges heben sollte, werden diese sich wahrscheinlich erst Recht durchsetzen.
Denn die Pandemie geht und wird zur Endemie. Und mit dem Ende der Pandemie und dem Fallen der meisten Reisebeschränkungen ist ein Boom in der Touristik und Luftfahrt möglich, der alles bisher Dagewesene in den Schatten stellen könnte.
Die Menschen sind nach 2 Jahren Pandemie einfach ausgehungert nach Reisen, einfach um mal "raus" zu kommen und gleichzeitig wurde das Angebot in der Krise von den Anbietern ausgedünnt um Kosten zu sparen. Auch was die Mitarbeiter angeht, dürfte die Touristik damit teilweise die Probleme bekommen, die wir schon von Restaurants kennen - die alten Mitarbeiter sind weg und neue nicht zu finden.
Das schafft eigentlich die Grundlage für einen starken Ausschlag des Pendels zur anderen Seite, nachdem die Touristik und Luftfahrt als Branche mit am stärksten unter der Pandemie leiden musste.
Wie so etwas abläuft kann man schon jetzt bei den Privatjets beobachten, die Wirtschaftswoche beschreibt hier den aktuellen Boom, der von mehreren fundamentalen Logiken gespeist wird:
-> Warum man kaum noch Privatjets kaufen kann <-.
Erstens die Pandemie, eine Reise im Privatjet entbindet von Problemen und Risiken, die eine Reise im "Sardinen-Bomber" einfach mit sich bringt.
Zweitens ganz generell die immer quälenderen Prozeduren in den großen Hubs, die Reisen mit dem Massen-Flugzeug zur Plage machen - nicht der Flug selber, sondern das davor und danach, von Zeitaufwand bis Schlange stehen.
Drittens der wachsende Wohlstand bei den oberen 10% Prozent, der in der Pandemie auch durch das befördert wurde, was wir hier auch machen: Aktien!
Ich halte den Trend zum Privatflieger für fundamental und dauerhaft und mit neuen Antrieben und leichteren Werkstoffen, werden auch die Flugzeuge immer billiger werden.
Ein Trend zur Individualität, den übrigens auch das autonome Fahren auslösen wird. Sobald das mal wirklich vollständig da ist und man sich ohne Engriff von A nach B einfach fahren lassen kann, verlieren die Massenverkehrsmittel ihren einzigen Vorteil für das Individuum, von Kosten vielleicht abgesehen.
Das Rad-Schiene-System ist sozusagen jetzt schon tot, es weiss es nur noch nicht und der Politik fehlt die Vorstellungskraft, was das autonome "Gefahren-Werden" an strukturellen Brüchen auslösen wird. Die Politik investiert und fördert mal wieder untergehende Branchen, darin hat sie ja Übung. 😛
Aber zurück zur Touristik, selbst wenn es den Boom gar nicht geben würde, selbst wenn der Reisebedarf ohne Überschiessen nach oben einfach nur auf alte Niveaus zurückkehren würde, dürften das reduzierte Angebot zu Knappheitspreisen führen, die wiederum die Margen der Touristik-Unternehmen nach oben katapultieren werden.
Auch bei uns wird das passieren, im Moment ziehen die Buchungen für den Sommer zwar deutlich an, aber noch ist einiges frei, auch weil der Krieg neue Unsicherheit schafft. Warten wir aber mal ab was passiert, wenn alle Begrenzungen und mit Glück auch die Sorgen fallen und jeder auf den gleichen Gedanken kommt. 😉
Weswegen für eine taktische Geldanlage für 1-2 Jahre der ganze Sektor der privaten Luftfahrt und Touristik durchaus noch Chancen bietet, denn dieser hat im Gegensatz zu anderen Sektoren noch nicht zu den Vor-Corona-Hochs zurückgefunden.
Die Belastungen, die nun durch den kriegerischen Konflikt in Europa kommen, haben den Sektor aber nun erneut gedrückt, wie heisst es so schön bei Murphy:
„Alles, was schiefgehen kann, wird auch schiefgehen.“
So haben Fluggesellschaften nun natürlich neue Probleme, die Flugstrecken werden länger und manche Ziele müssen aus dem Programm genommen werden, Frachtflüge fallen aus und die russischen Touristen fallen auch weitgehend weg, was gerade im Luxus-Bereich ein Thema sein dürfte.
All das schafft eine erneute, temporäre Delle in einem Sektor, der sich eigentlich gerade anschickte zur Erholungsrally zu starten. Was aber mittel- und langfristig die Chancen eher erhöht, denn der Boom ist verschoben, nicht aufgehoben. Aufgehoben wäre er nur, wenn sich der Krieg auf das NATO-Territorium ausdehnen würde, etwas was nicht völlig undenkbar ist, aber für uns kein Maßstab bei der Geldanlage sein kann, denn dann haben wir ganz andere Probleme als unsere Depots.
Als Beleg und Beispiel für das Gesagte, will ich ihnen nun Charts bekannter Unternehmen zeigen. Man sieht die Chancen, die sich bis vor 2 Wochen schon entwickelt hatten, aber auch, wie der Krieg im Osten diese nun temporär wieder vom Tisch genommen und die Erholung abgebrochen hat.
Zunächst natürlich die Lufthansa (LHA), die Struktur zeigte einen "Doppelboden im Doppelboden" und zeigte deutlich nach oben, dann kam aber die Eskalation mit Russland mit ihren Belastungen:
Dann natürlich die Drehkreuze wie Fraport (FRA), die auch von einem Touristik-Boom profitieren würden und nun aber auch noch einmal belastet werden:
Und natürlich die Kreuzfahrt-Unternehmen wie Carnival (CCL), die haben noch eine Menge Luft nach oben, sind auch vom Geschehen in Europa weniger betroffen und wurden doch abgewiesen. Das wird durch die Herdeneffekte des Marktes ausgelöst, die unter anderem von ETFs ausgehen. Wenn Touristik-ETFs verkauft werden, wird eben alles mitverkauft was enthalten ist, unabhängig davon ob es direkte Auswirkungen gibt oder nicht:
Und zuletzt auch die "Schaufelhersteller" für die Luftfahrt, die Motorenbauern wie MTU Aero Engines (MTX) mit einem ähnlichen Bild. Ein schon laufender Ausbruch wurde abgewürgt:
Das sind nur Beispiele, es gibt noch viele andere Namen, die wir bei uns besprechen. Und natürlich hatten wir auch die Gewinner dieses Krieges auf dem Radar, Aktien wie Rheinmetall (RHM) und Hensoldt (HAG) und das schon lange, das ist aber ein anderes Thema.
Dieser Artikel hier im freien Bereich soll ihnen nur zeigen, dass sich im Sektor eine taktische Chance entwickelt hatte, die nun durch den Krieg erst einmal abgewürgt wurde.
Heute gehören diese Aktien also auf die Beobachtungsliste, denn der Treiber der für einen Boom sorgen wird - die durch die Pandemie nach Urlaub und Ferne ausgehungerte Bevölkerung - geht nicht weg und ist nun derzeit nur durch den Krieg überlagert. Dass der Treiber nicht weg ist sehen wir auch daran, dass die Rückgänge durch den Krieg teilweise noch recht verhalten und eher der allgemeinen Unsicherheit geschuldet sind.
Halten wir also aktuell die Füße still, bleiben aber wachsam, denn diese taktische Chance lauert immer noch auf den Befreiungsschlag, der irgendwann recht wahrscheinlich kommen wird.
Damit es kein Missverständnis gibt, als dauerhaftes Investment kommen diese Aktien bis auf MTU Aero Engines (MTX) eher *nicht* in Frage, zu zyklisch ist das Reise-Geschäft und zu wenig Wert wird da langfristig geschaffen. Aber taktisch mit Blick auf 1-2 Jahre bestehen hier Chancen, wenn sich der Nachholbedarf der Menschen nach der Pandemie so richtig Bahn brechen wird.
Behalten wir das im Auge, warten als Anleger nun erst einmal die Eskalation im Osten ab, drücken als Bürger Europas aber die Daumen, dass sich eine Lösung findet, die das Blutvergiessen beendet und Europa eine neue Sicherheitsarchitektur schenkt. Meine kurzfristige Hoffnung darauf ist sehr gering, die Hoffnung stirbt aber bekanntlich zuletzt, denn Hope springs eternal.
Und noch etwas, sprechen wir nicht von „Russlands Krieg“, denn die normalen Russen sind nicht unsere Feinde, die wollen genauso ein erfülltes Leben mit ihren Lieben haben, wie wir auch.
Das ist der Krieg Putins und einer kleinen Clique imperialistischer Fanatiker um ihn - "Putins People". Und dieser Krieg bringt nicht nur furchtbares Leid über die Bürger der Ukraine, sondern auch über die einfachen Russen. Vergessen wir das nie.
Ich zitiere mal abschliessend Yoda dazu:
"Furcht führt zu Wut, Wut führt zu Hass, Hass führt zu unsäglichem Leid“
Hinter der medialen Fassade des "starken Mannes" Putin hat schon immer Furcht gesteckt, die tragische Entwicklung folgt daraus.
Ihr Michael Schulte (Hari)
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