Die neualte Wahrheit über den Markt

Mit den Erregungszyklen der neuen (a)sozialen Medien und der zunehmenden Klicksucht der Etablierten, ist die mediale Landschaft noch kurzatmiger geworden, als sie sowieso schon immer war.

Das gilt insbesondere auch für Börsenmedien und viele Menschen haben sich wie Lemminge vom "Allerneuesten" abhängig gemacht, etwas was einen Tag alt ist, ist da schon fast prähistorisch und keinen Gedanken mehr wert.

Diese Entwicklung hat viele negative Auswirkungen in die Gesellschaft hinein, die hier nun aber nicht Thema sein sollen und über die ich teilweise schon an andere Stelle geschrieben habe.

Diese Sucht nach "neuen Aufregern" macht aber gerade im Finanzmarkt den Scharlatanen das Leben leicht, die die natürliche Angst und Gier der Anleger bedienen und sich so Klicks und Umsätze verschaffen.

Immer wieder will ich sie dagegen ein wenig "immunisieren", was mir hier im nur lose gelesenen freien Bereich aber höchstens ansatzweise gelingen kann.

Aber immerhin ansatzweise und dem Einen oder Anderen wird vielleicht doch klar, wie sehr er sich über die Jahre hat in falsche Denkstrukturen locken lassen. Und deswegen will ich ihnen nun mit einem 4 Jahre alten Artikel von 2016 zeigen, dass bestimmte Wahrheiten eben nicht altern und viele gut daran tun würden, sich diese in Erinnerung zu rufen, statt dem nächsten Marktschreier hinterher zu rennen.

Die Originalversion findet sich -> hier <-, war vom 05.07.2016 und seitdem ich diese Zeilen geschrieben habe, ist der S&P500 von damals rund 2.100 auf rund 3.400 gestiegen, oder 62% oder rund 15% pro Jahr - ohne Dividenden, die noch einmal ca. 2% jährlich hinzufügen.

Und jetzt lesen sie mal die folgende Liste aus 2016 und fragen sich, welchen Wert für ihre Geldanlage die aktuellen Aufreger und ihre lauten Verkünder haben. Aber heute ist alles anders, schon klar. 😛

Dabei will ich ausdrücklich betonen, was ich auch 2016 betont habe, dass ich mich über die Risiken ja nicht lustig mache. Nein, ich nehme jedes einzelne Risiko verflucht ernst und teilweise schlafe ich deswegen schlecht, sonst hätte ich es nicht hingeschrieben. Und einige der Punkte von 2016 sind sogar eingetreten, siehe Trump.

Heute könnte man ein paar der Risiken von 2016 streichen, dafür sind andere hinzugekommen, im Saldo könnte man auch heute so eine Liste erzeugen.

Entscheidend ist aber: Welche Relevanz hatte das für ihre Geldanlage? Haben sie davon profitiert sich davor zu fürchten? Eben. 😛

Der Markt ist eben weder die Ökonomie, noch die Politik und hat seine eigenen Gesetze. Und wir tun gut daran, diese zu kennen und uns nicht von all denen ins Bockshorn jagen zu lassen, die ihr mediales Geld mit unseren Emotionen verdienen.

Und vor allem, man könnte problemlos eine ebensolche positive Liste erstellen, die sich dann vor allem mit Innovation, Fortschritt und einer sich im Saldo verbessernden Welt befasst. Die verschafft aber nicht so leichte Klicks wie Crash-Weissagungen und deswegen gibt es sie medial auch kaum.

Nun aber zurück ins Jahr 2016:

Ich habe so einen ähnlichen Artikel schon einmal geschrieben, aber doppelt genäht hält besser. 😉

Betrachten wir doch mal "fundamental" und "objektiv" die Welt- und Marktlage: [Anmerkung: von Juli 2016]

  • Die Flüchtlingskrise wird wieder anschwellen und zu einer veritablen Staatskrise mit Unruhen führen. Check!
  • Früher oder später werden Atomwaffen in den Händen von Selbstmordattentätern sein. Check!
  • Wenn man der Hydra des Terrorismus einen Kopf abschlägt, wachsen sofort drei Neue nach. Check!
  • Der Westen hat seinen inneren Kompass verloren und verliert sich und die Werte der Freiheit, in kulturellem Relativismus. Check!
  • Der Euro ist eine Fehlkonstruktion und wird zwangsläufig scheitern. Check!
  • Das Brüsseler Europa der Beliebigkeit und des Konsens um jeden Preis, hat sich überdehnt und scheitert gerade. Check!
  • Der Brexit wird andere Länder dazu animieren auszutreten, wenn man sieht, dass die Briten vom Austritt profitieren. Check!
  • Der "Club Med" wird die EU zunehmend dominieren und sie zu einer Transferunion machen. Check!
  • Deutschland wird durch die weiche Währung langsam seine Wettbewerbsfähigkeit verlieren. Check!
  • Amerika hat sich als unfähig heraus gestellt, mit seiner Dominanz die Welt zu einem besseren Ort zu machen. Check!
  • Trump wird Präsident. Check!
  • Die Krise in der Ukraine ist kein bisschen gelöst. Check!
  • Der IS ist kein bisschen besiegt. Check!
  • Im chinesischen Meer kann jederzeit ein offener Konflikt auftreten. Check!
  • Deutschlands Wohlstand ist auf Sand gebaut, die Altersarmut weiter Bevölkerungsteile kommt. Check!
  • Die Notenbanken der Welt überheben sich gerade. Check!
  • Der "Race to the Bottom" der Währungen wird nicht gut ausgehen. Check!
  • Das Finanzsystem ist kein bisschen stabiler als 2008, die Beteiligten haben nichts oder zu wenig gelernt. Check!
  • Die aktuellen Verzerrungen der Preisfindung an den Märkten, basieren primär auf zu starken dirigistischen Eingriffen von Staaten und Notenbanken im Sinne "Planwirtschaft Light". Check!
  • Mit dem nächsten Finanzcrash, wird nicht nur von Radikalen das Gesellschaftssystem in Frage gestellt werden. Check!
  • Und an allem wird für die medialen Lautsprecher sowieso nur "der Kapitalismus" schuld sein - was immer das ist. Check! 😉
  • Die Märkte sind nach Jahren des Bullenmarktes für eine Korrektur überreif. Check!
  • Die Anleihenmärkte befinden sich in einer gigantischen, von den Notenbanken und Staaten aufgepumpten Blase. Check!
  • Wenn dieser Markt abwärts zu rollen beginnt, wird es sehr schnell, sehr übel werden, weil der Margin Call sich durch das System frisst. Check!
  • Die Dominanz der trendfolgenden Algorithmen, wird den nächsten Crash noch schneller, tiefer und brutaler machen, als alle vorher. Check!

Habe ich etwas vergessen? Bestimmt! Da fällt Ihnen doch mit Sicherheit noch ein wichtiger Punkt ein. Oder?

Ach ja, ich habe noch Einen mit einem Augenzwinkern: 😉

  • Gold ist neben einem Bunker, einer Schrotflinte, einem Schäferhund und einem Rübenbeet, die einzige Rettung in der kommenden Katastrophe. Check!

Moment, ich habe noch Einen, denn die obige Doomsday-Liste, könnte der Propaganda von Russia Today über den Westen entsprungen sein. Dieses Mal also die Kategorie "Kalauer":

  • Bei Putin ist alles besser. LOL!

So, das sollte genügen. Und da die Lage so erfrischend, erbaulich und erfreulich ist, wie sie ist, schauen wir nun auf den Leitindex S&P500 im langfristigen Bild, der dieser traurigen Lage sicher Rechnung tragen wird, denn der Markt hat ja immer Recht:

S&P500 04.07.16

Autsch! 🙂 Da stimmt doch was nicht. Ja spinnen die denn jetzt alle die Römer?

Die Wahrheit ist:

Nein der Markt spinnt nicht. Der wird von Erwartungen getrieben und dabei vor allem von Erwartungen an die Gewinne und die Notenbankpolitik. Und bei beiden Bereichen, deuten die Signale aktuell eher auf einen positiven Sommer.

Und denken Sie nicht, ich mache mich über die Risiken oben lustig. Nein, ich nehme jedes einzelne Risiko verflucht ernst und teilweise schlafe ich deswegen schlecht, sonst hätte ich es nicht hingeschrieben.

Was die Risiken oben angeht, gilt aber:

"It doesn´t matter until it matters." Auf Deutsch: Das alles oben zählt nicht, bis es irgendwann zählt.

Nun könnte jemand "ganz Kluges" ja auf den Gedanken kommen, deswegen nun aus dem Markt auszusteigen. Dummerweise gab es 2009, 2010, 2011, 2012, 2013, 2014 und 2015 eine ähnlich gruselige Risikoliste und schauen Sie oben, was heraus gekommen ist.

Und übrigens, es gab solche Listen auch 1949, 1962 (Kuba-Krise) oder 1989 kurz vor dem Zerfall der Sowjetunion. Und man kann auch eine Chancen-Liste für eine bessere Welt machen, die ist auch sehr lang.

Wer seit 2009 die ganze Zeit den Markt bekämpft hat, weil er es besser wissen wollte, hat nämlich nun sein Depot geschrottet und das haben einige, die auf die Schallmeienklänge der Crash-Propheten herein gefallen sind.

Denn bis dieses "irgendwann" von oben eintritt, ist es unser Job Geld zu verdienen. Denn "irgendwann" kann schon nächste Woche sein, aber auch noch verdammt lange dauern und auch unser Leben ist endlich. Leider.

Was ist also zu tun?

Ganz einfach: "Dabei" sein und trotzdem wachsam zu sein und Verluste eng zu begrenzen.

Beides eben. Wem das nicht schmeckt, der sollte sich von der Börse fern halten. Denn das war und ist immer die Aufgabe des intelligenten Anlegers, egal ob 1962, 1989, 2009 oder 2016.

So einfach und gleichzeitig schwierig ist nun einmal die Börse.

Ihr Michael Schulte (Hari)

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