Jahresendrally oder davon, die Wirklichkeit anzunehmen

Wenn Sie sich erinnern, letztes Jahr im November und Dezember 2015, ist die Jahresendrally faktisch ausgefallen. Die Kurse wurden durch das "Window Dressing" zum Jahresende zwar zusammen gehalten, aber es war schon eine innere Schwäche sichtbar, die uns hier zur grossen Vorsicht gemahnte und es uns daher ermöglich hat, dem scharfen Einbruch direkt zum Jahresbeginn, profitabel aus dem Weg zu gehen.

Dieses Jahr erscheinen die Chancen weit besser. Sicher ist am Markt gar nichts, zumal nicht mit einem neuen US Präsidenten, der sein Programm überhaupt erst finden muss und erst einmal grosse Fragezeichen aufwirft.

Aber trotzdem, sich in Angst, Ablehnung und dem eigenen Bias zu suhlen, ist etwas für Verlierer. Wer am Markt zu den Gewinnern gehören will, muss immer wieder die Wirklichkeit so annehmen, wie sie ist. Was wir denken, wollen oder wünschen, ist dem Markt völlig egal. Im Gegenteil, es weist eher in die falsche Richtung, denn da auch wir Teil der "Herde" sind, ist es recht wahrscheinlich, dass andere die gleichen Ängste und Zweifel haben und das schon längst in den Kursen steckt.

Gewinner am Markt haben eine kalten, klaren Blick auf diese Wirklichkeit und richten ihr Handeln an dem aus, was ist und nicht an dem, was sie gerne hätten oder befürchten.

Stellt sich die Frage, wie denn nun aus meiner Sicht die aktuelle Wirklichkeit des Marktes zum Jahresende aussieht:

(1)

Erste Statements von Trump geben zur Annahme Anlass, dass er seine Wahlversprechungen tatsächlich angehen will, aber in einer "verträglichen", deutlich weniger radikalen Form, als es im zugespitzten Wahlkampf hinaus posaunt wurde. Das sind keine schlechten Voraussetzungen für die Börse.

(2)

Das grosse Konjunktur/Infrastrukturprogramm wird kommen, weil absolut zentraler Teil von Trumps Versprechungen und Grundlage der Loyalität seiner Wähler, gerade aus den alten Industriebereichen. Dieses Programm, wird massive Kursphantasie generieren und das vor allem in der US Binnenkonjunktur und in den klassischen Industrie- und Bausektoren. Schauen Sie einfach mal, was der Baumaschinen-Bluechip Caterpillar (CAT) die letzten Tage nach Trumps Sieg gemacht hat, dann wissen Sie, was ich meine. Das Programm wird das BIP anheben und die Inflationserwartungen nach oben bewegen, das erscheint recht wahrscheinlich.

(3)

Wir haben in der abgelaufenen Quartalssaison gesehen, dass die Gewinnerwartungen der Unternehmen wieder zu steigen beginnen und diese Lage trifft auf ein Sentiment im Markt, das bis zu Trumps Wahl eher negativ und skeptisch war. Das ist eine sehr positive Mischung für die Märkte.

(4)

Und es gibt dieses Jahr besonders massiven Performance Druck auf die institutionellen Anleger. Denn viele Fondsmanager und Hedgefonds hängen in diesem schwierigen Jahr den Indizes hinterher. Da dürften nun einige Angst um ihre Jobs haben und müssen nun um jeden Preis eine potentielle Jahresendrally mitnehmen. Und gerade weil das so ist, hat die Rally besonders gute Chancen zu kommen, ganz typisch im Sinne der selbsterfüllenden Prophezeihung im selbstreferentiellen Markt.

Alle vier Punkte deuten für den Markt eher nach oben zum Jahresende. Wobei man sehr selektiv sein muss, denn es sind in der neuen "World of Donald" eben andere Sektoren und Themen als bisher, die den Markt treiben. Wenn Sie dazu mehr wissen wollen, sollten Sie zur Community dazu stossen.

Und was sind die Risiken? Neben den bekannten Basisrisiken, die immer da sind, wie geopolitische Krisen oder Seuchen & Katastrophen ala Tschernobyl, dürfte es vor allem die Frage sein, wie berechenbar Trump tatsächlich agiert. Die Signale der ersten Tage sehen zwar gut aus für den Markt, aber neue Unsicherheit durch erratisches Hin- und Her, darf nun nicht auftreten.

Und auch das Referendum am 04.12. in Italien ist ein Risiko, dass die Eurokrise wieder hochpoppt, die natürlich kein bischen "gelöst" wurde, wie uns Merkel glauben machen will, denn diese ist struktureller Natur. Aber was Italien angeht, haben die eine Tradition darin, sich "durchzumogeln", warum soll es dieses Mal anders sein?

Aber wie schon oft gesagt, ohne Risiken bekommt man eben auch keine Chancen. Denn wären die Risiken nun nicht da, wären die Kurse heute schon 10 oder 20% höher. Aber zumindest scheinen wir zum Jahresende nun ein positives Chance/Risiko Verhältnis zu haben, das ist doch schon mal was.

Übrigens, nach Phasen von so massivem konjunkturellem Stimulus, kommt - wie bei zu viel Alkohol am Abend - am Ende dann fast immer eine Phase der Ernüchterung, in der die negativen Seiteneffekte sichtbar werden. Das war weiland bei Reagan auch nicht anders.

Damit beschäftigen wir uns aber, wenn es irgendwann, vielleicht in einem Jahr, so weit ist. Die profitabelste Phase ist dagegen immer, wenn die Chancen des Stimulus frisch eingepreist werden und diese Phase ist jetzt, während Trump so langsam auf seine Amtseinführung zuläuft.

Ihr Hari

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