Kinder Morgan und Deutsche Post – Bullenmarkt oder Bärenmarkt?

Die breiten Indizes von S&P500 bis DAX, haben nun zum bisher besten Rebound-Versuch des Jahres angesetzt. Drei Tage hintereinander, ist der S&P500 nun gestiegen und auch der DAX hat mit der 9.300er Marke, einen ersten wichtigen Widerstand zurück erobert.

Natürlich kommen dann - das ist wie beim Murmeltier, das täglich grüsst - gleich die "grossen" Prognostiker aus ihren Ecken, die dann die "grossen Wende" ausrufen und wieder "Kaufkurse" schreien, wie sie das ja schon am Anfang des Jahres so treffend und punktgenau getan haben. Wer hier Sarkasmus findet, kann ihn behalten. 😉

Oder andere, die Permabären, sind sich so etwas von sicher, dass es es immer weiter runter gehen *muss*, dass sie diesen ersten ernst zu nehmenden Rebound des Jahres, nun schon wieder Shorten, weil das "Endspiel" ja zwangsläufig begonnen hat und wir sowieso schon bald vor einer Währungsreform stehen.

Das kann alles sein und ich schliesse nichts aus, es hilft uns aber herzlich wenig. Und wer sich zu stark und verbohrt mit einer vermeintlich "sicheren" Zukunft verheiratet, hat nur eines garantiert: dass er im Markt keinen Erfolg haben kann. Denn der Markt ist immer in Bewegung und per Definitionem wetterwendisch.

Eine besonders absurde Form des Drangs etwas statisch zu definieren, was in Realität immmer in Bewegung ist, ist dabei der Versuch, einen Bullen- oder Bärenmarkt über absolute Prozentzahlen zu definieren.

Da gibt es tatsächlich Leute, die 20% Minus zur "Marke" ernannt haben, ab der sie das Label "Bärenmarkt" aufkleben können, was dann umgedreht wohl heisst, bei 19,8% aber bitte noch nicht. 😉 Man könnte meinen, hier haben die EU Bürokraten, die sich ansonsten intensiv mit dem Krümmungsgrad von Bananen beschäftigen, nun einen Abstecher ins Börsengeschehen gemacht. 😉

Wer dergleichen ernst nimmt, ist als Marktbeobachter selber nicht ernst zu nehmen, denn schon alleine die Dimension des Zeithorizontes, lässt solche statischen Definitionen wie sprödes Glas zerspringen. Denn ein Markt kann übergeordnet und langfristig sehr wohl in einem Bullenmarkt sein und trotzdem mittelfristig eine mehrmonatige Bärenmarktphase durchlaufen. Was der Markt dann für einen ist, ist also die Frage der Perspektive und des Anlagehorizontes.

Nein, ein Bärenmarkt ist einfach eine Phase längeren, übergeordneten Abgabedrucks, die zu einer Kette immer niedriger Hochs führt, so wie ich das in -> Wie ein Bärenmarkt aussieht <- dargestellt habe.

Im Bärenmarkt ist ein Rebound also zu verkaufen, weil er schon bald wegkippt und was das Schicksal des aktuellen Rebounds ist, muss sich erst noch erweisen. Im Bullenmarkt dagegen, besteht ein längerer, übergeordneter Kaufdruck, der dazu führt, dass der Markt in Wellen immer weiter hoch schiebt und jeder Dip zu kaufen ist.

Es handelt sich also um relative und abstrakte Definitionen, die einen dauerhaften Überhang von Kauf- oder Verkaufs-Interesse im Markt beschreiben. Sie beschreiben sozusagen, wie die übergeordnete Windrichtung des Marktes aussieht und ob die Hauptströmung des Windes eher nach Süden oder nach Norden bläst. Nicht mehr und nicht weniger beschreibt der Begriff eines Bullen- oder Bärenmarktes.

Wie wenig hilfreich solche absoluten Definitionen mit festen Prozentzahlen sind und wie wenig sie uns bei unserer Geldanlage helfen, will ich mit zwei aktuellen Charts zeigen:

Einerseits Kinder Morgan, ein grosser US Pipeline-Spezialist für Öl und Gas, bei dem gestern bekannt wurde, dass sich nun -> Warren Buffetts Berkshire Hathaway bei Kinder Morgan eingekauft hat <-.

Wir sehen im Chart, dass die Aktie - wie der ganze Sektor - seit Mitte 2015 klar im Bärenmarkt ist. Wie tief das Minus ausgefallen ist, ist für diese Einschätzung dagegen völlig irrelevant:

KMI 18.02.16

Wir sehen aber auch, dass sich hier nun vielleicht eine Wendeformation formt, die durch Buffetts Beteiligung mit einem Gap-Up nun Fahrt aufnehmen könnte. Alles was es braucht, ist eine Stabilisierung des Ölpreises auf dem aktuellen Niveau und die Chancen sind dafür ja gar nicht so schlecht.

Andererseits aber die Deutsche Post, eine Aktie, die mit der Globalisierung und dem Aufstieg des Internet-Handels, lange in einem klaren Bullenmarkt war.

Die Deutsche Post steht nun aber vor diversen Herausforderungen und Problemen und zwar gleichzeitig hausgemachten Problemen mit ihrer eigenen Software, wie auch - und viel schlimmer - vor dem Risiko, dass die Globalisierung ihren Höhepunkt erreicht hat, Grenzen wieder wichtiger werden und auch die Dezentralisierung der Produktion (just in time) ihren Höhepunkt hinter sich hat. Auch der Aufstieg des 3D Drucks in der industriellen Fertigung, wird Produktion wieder lokaler machen.

Als I-Tüpfelchen der Probleme der Deutschen Post kommt dann noch dazu, dass der Grosskunde Amazon nun seine eigene Paket-Logistik aufzieht, damit faktisch zum Mitbewerber wird und DHL damit grosse Umsatz-Volumina verlieren dürfte.

All das zeigt sich auch in einem Chart, das klare Anzeichen einer langfristigen Topbildung besitzt, denn der Markt kennt all diese Probleme natürlich und preist diese ein:

DP 18.02.16

Und jetzt frage ich Sie: Was hilft uns nun eine Bärenmarkt-Definition mit 20% Minus? Wenden Sie diese "Bürokraten-Logik" hier bitte mal bei Kinder Morgan und der Deutschen Post an und sagen mir, welchen Mehrwert Sie nun daraus ziehen können? Ich sage es Ihnen, genau so viel wie vom Krümmegrad der Bananen. 😉

Wichtig ist bei Kinder-Morgan und der Deutschen Post etwas ganz anderes. Es ist wichtig, den übergeordneten Trend zu erkennen und der war bei Kinder Morgan lange abwärts und bei der Deutschen Post lange aufwärts.

Und es ist wichtig zu erkennen, dass sich hier nun zwei potentiell gegenläufige Wendeformationen gebildet haben, eben weil der Markt sehr präzise die bekannten Chancen und Risiken in Kursen manifestiert.

All das ist für unsere Einschätzung und unser Anlageverhalten wichtig. Ob die Kurse aber 20% unter den Hochs sind? Geschenkt!

Ihr Hari

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