Kommt von mir jetzt eine Predigt zu Ostern? Eigentlich nein, aber vielleicht ein wenig. 😉
Aber ich will diese Feiertage doch nutzen, um ihnen in aller Kürze etwas sehr Grundsätzliches und Wichtiges zu den Märkten zu vermitteln, das Schnittmengen in weite Teile unseres (gesellschaftlichen) Lebens hinein hat.
Zunächst einmal will ich bestimmte Typologien auflisten, die wir alle mehr oder weniger kennen oder schon erlebt haben:
- Kennen sie Menschen, die immer so übertriebene Sorge vor zukünftigen Bedrohungen haben, dass sie aus Angst davor permanent das Leben selber vergessen und sich jeden Tag mehr vor dem Morgen sorgen, statt sich des Lebens zu freuen? Menschen die gedanklich oder real sich immer gerne in die Scheinsicherheit eines "Bunkers" zurückziehen möchten und "100%ige Sicherheit" suchen, etwas was es sowieso nie gibt? Und nein, das ist kein Bezug zur berechtigten Vorsicht bei realen Bedrohungen wie Covid, es geht um einen strukturkonservativen Typus der immer etwas braucht um sich zu sorgen und Neues grundsätzlich nur als Bedrohung empfindet. Ich kenne den Typus aus eigenem Erleben im privaten Umfeld genau. Diese Menschen haben so viel Angst vor dem ungewissen Morgen, dass sie was ihr Leben angeht, sozusagen "Selbstmord aus Angst vor dem Tod" begehen. Denn am Ende landen wir sowieso alle in der Holzkiste, egal ob wir uns vorher permanent gesorgt haben, oder bei aller berechtigten Umsicht doch nicht vergessen haben das Leben auch zu geniessen und in vollen Zügen zu leben!
- Kennen sie den Typus "Fachbeauftragten", der in seinem Beruf nach "Perfektion" strebt, sich in Details verliert und dabei die Regeln und Maßnahmen so verdetailliert und verkompliziert, dass sie am Ende kontraproduktiv werden und mehr Schaden als Nutzen produzieren? Ich kenne diesen Typus vom Datenschutz - man schaue nur was bei den Cookies nun für ein Irrsinn passiert - und ich kenne ihn auch von der Finanzregulierung ala Mifid-II, als ob die Papierberge die da produziert werden, irgendjemandem etwas nützen würden. Die sorgen nur dafür, dass Menschen die dringend eine Beratung bräuchten, keine mehr bekommen. Und freie, selbstbestimmte Menschen, die wissen was sie tun, gegängelt und behindert werden.
- Kennen sie den Typus "Gesetzesmacher", sei es im Bundestag oder in Ministerien wie im Finanzministerium, der im bemühten Versuch der Illusion der "Einzelfallgerechtigkeit" nachzujagen, in Wirklichkeit dadurch immer wieder neue Bürokratiemonster voller struktureller Ungerechtigkeit erschafft? Ich kenne diesen Typus ganz genau, er begegnet mir gerade als Unternehmer und Steuerzahler immer wieder in Form von "Machwerken", die schon alleine deshalb verfassungswidrig sein müssten, weil sie selbst ein gebildeter und verständiger Bürger nicht mehr ohne Hilfe verstehen kann.
- Kennen sie den vor allem an sich selbst denkenden Typus "save my ass", der in schwierigen Ausgangslagen die kein einfaches Richtig oder Falsch kennen, statt zu führen gerne den Weg geht, der ihn am wenigsten angreifbar macht? Mir begegnet der Typus nun permanent, sei es in der Politik in der Pandemie zu bewundern, oder auch in Vorstandsetagen, in denen Entscheidungen nur noch dann getroffen werden, wenn sie vorher durch diverse Rechtsgutachten bestätigt wurden. Nur wozu braucht man dann noch Management, wenn sowieso die Rechtsabteilungen bestimmen? Diese Angst vor Angreifbarkeit wird dann auch noch positiv "Compliance" genannt, dabei geht es hier vor allem darum, sich selber aus der Schußlinie zu bringen. In der Politik ist das die Variante der "Führung via Umfrage".
- Kennen sie den mit moralischem Impetus aufgeladenen Typus, der Nebensächlichkeiten mit -> First Level Thinking <- gerne zur Hauptsache aufbläst und dann mit Tunnelblick diese in den Mittelpunkt seines Universums stellt? Ich kenne den zunehmend gut, bei Identitären aller Lager und selbsternannten "Social Warriors" mit viel Zeit ist der aktuell stark vertreten. Früher hätte man diesen Typus auch "Blockwart" und später in den 60er/70ern "Spießer" genannt, denn das gleichbleibende Muster ist eine selbstverliebte Aufplusterung über vermeintlich sozial inadäquates Verhalten anderer, das den eigenen beschränkten Horizont zum Universum erklärt und anderen keine andere Weltsicht mehr zugesteht. Ich schreibe hier übrigens immer wieder vom "Typus", also generisches Maskulinum. Natürlich können aber auch Frauen solche "Typen" sein. Typ*innen, Blockwart*innen und Spießer*innen also. Entschuldigung dass ich diese diskriminiert habe. 😛
Ich könnte locker weitermachen, aber ich denke der Punkt ist gemacht. Was ist diesem Typus gemein? Wo ist der gemeinsame Nenner?
Der Typus denkt zu eng, zu perfekt und schwarz/weiss, er hat kein ausreichendes Gefühl für die vielen Grauwerte des Lebens und seine Dynamik und Wandelbarkeit, die zu Sekundär- und Tertiäreffekten führen und eine gute Absicht ganz schnell zu etwas "Bösem" machen können. Denn jedem Risiko steht auch eine Chance gegenüber und vermeintlich "perfekte" Regelungen sind auch ineffziente Regelungen, wie uns eindeutig die 80/20 Regel aufzeigt, die auch -> Pareto-Prinzip <- genannt wird. Und der Fehler von heute ist die Erkenntnis von morgen, genau so lernen übrigens unsere Kinder auch.
Wer aber über der Sorge vor Fehlern das Führen, Gestalten und Leben vergisst, wird seiner (Führungs-)Aufgabe nicht gerecht und wer einzelne Fragen des Verhaltens zur moralischen Monstranz aufbläst, wäre vielleicht besser Pfarrer (Entschuldigung Pfarrer*in 😛 ) geworden, da gehört der Absolutheits- und Wahrheits-Anspruch zur Job-Description.
Letztlich spielt hier auch das schmerzhafte Fehlen einer pragmatischen Fehlerkultur eine Rolle, denn eine SpaceX ist beispielsweise deshalb an den ganzen trägen staatlichen und halbstaatlichen Raumfahrt-Elefanten wie der ESA vorbeigezogen, weil sie via Prototyping Fehler zulassen und aus diesen schnell lernen, während die anderen diese so stark zu vermeiden versuchen, dass jeder Fortschritt zum Stillstand kommt und die Zeit wie in Bernstein eingefangen zu sein scheint.
Und welche Länder sind jetzt beim Impfen schneller und besser unterwegs als wir? Die Länder die nicht alles überkomplizieren und bürokratisieren, sondern zupackend und pragmatisch nach dem 80/20 Prinzip agieren, nicht die perfekte "Einzelfallgerechtigkeit" im Blick und nicht voller Sorge vor "Einzelklagen", sondern primär die Optimierung des Gesamtwohls aller im Visier.
Erfolgreiche Unternehmer sind diese oben beschriebenen Typologien eher nicht, es sei an der Stelle auch daran erinnert, dass ein Vorstandsposten in einem Unternehmen niemanden deswegen sofort zum Unternehmer macht. Unternehmer zu sein ist erst einmal eine Geisteshaltung und nicht an die Einkommenshöhe und den Dienstwagen gekoppelt. Viele Vorstände sind erst einmal gut bezahlte Angestellte, außer sie sind eben signifikant am Unternehmen beteiligt und daher besonders an dessen langfristigem Gelingen interessiert.
Um als Unternehmer erfolgreich zu sein, muss man pragmatisch denken, zielgerichtet denken, das Pareto-Prinzip im Auge behalten, die Zukunft als Chance begreifen und sich den Problemen offen stellen, statt diese so stark zu vermeiden versuchen, dass am Ende nur noch Stillstand und Bürokratie übrig bleibt.
Als Unternehmer muss man also lernen, mit der prinzipiellen Wandelbarkeit und Bewegtheit unseres Universums und unseres eigenen Lebens umzugehen und darf sich nie zu sehr an etwas festkrallen, wenn die Welt sich im Wandel befindet.
Und genau das sind auch Grundeigenschaften, die man für Erfolg an den Märkten braucht! Was aber nicht bedeutet dass man dafür Unternehmer sein muss, aber man muss sich eben in einer Welt voller Wunder und Überraschungen wohlfühlen und dieser nicht die eigenen Wertmaßstäbe aufzwingen wollen!
Erfolgreiche Anleger sind positiv der Zukunft zugewandt und geistig flexibel, weil uns der Markt immer wieder überraschen kann und wird! Denn das was wir "Markt" nennen, ist ein Abbild der wirtschaftlichen Entwicklung des Planeten und daher genauso wandelbar wie die Weltgeschichte.
Und weil dieser Typus in Deutschland leider eher unterdurchschnittlich vorhanden ist, die "Blockwarte", "Spießer" und "Moralapostel" mit ihrem Absolutheitsanspruch dafür aber zu oft vorkommen, ist auch die Börsenkultur bei uns so schwach!
Wer das unstillbare Bedürfnis hat, seine vermeintliche moralische Überlegenheit mit einem Schild am Gartenzaun oder Auto anderen aufzudrängen, wird kaum mit einem Markt klarkommen, den das alles gar nicht interessiert. Diese Menschen lieben dann tendentiell planwirtschaftliches, dirigistisches Denken, weil sie nur da ihre identitätsstiftenden Überzeugungen unterbringen und anderen aufzwingen können.
Fanatische Sicherheitssucher haben an den Börsen auch keine Chance und können nur scheitern, die Vertreter "absoluter Wahrheiten" auch, denn der Markt ist immer im Wandel und bleibt nie stehen. Der Markt ist ein selbstreferentielles, soziales System - -> reflexiv <- eben.
Erfolgreich kann an den Märkten sein, wer die prinzipielle Unbestimmtheit der Zukunft als Chance begreift und annimmt und sich mit Entscheidungen zufrieden gibt, die "gut genug" sind, statt überall noch einen sinnlosen Goldrand aufzuprägen.
Denken sie selber unternehmerisch oder sind einfach geistig flexibel? Sind sie offen für Neues, interessiert an Wissenschaft und Fortschritt und positiv gespannt auf das was Morgen passiert? Lieben sie freie Entscheidungen freier Menschen? Dann haben sie eine wichtige Voraussetzung für Erfolg am Markt. Worauf warten sie dann also noch?
Wenn das jetzt Predigt genug war, dann wünsche ich ihnen schöne Feiertage! 😀
Ihr Michael Schulte (Hari)
*** Bitte beachten Sie bei der Nutzung der Inhalte dieses Beitrages die -> Rechtlichen Hinweise <- ! ***