Von Opportunismus und Handelssetups

Heute teile ich mit Ihnen im freien Bereich einen Artikel, den ich am 09.02.17 für den Premium Bereich geschrieben habe.

Es geht darin um etwas sehr Grundsätzliches und sehr Wichtiges, die Trennung opportunistischen Handelns von langfristigen Investmentgedanken.

Und darum, wie absolut entscheidend gnadenloser, chancenorientierte Opportunismus für die ist, die als Trader mit Markttiming einen Gewinn erzielen wollen.

Was wir glauben und wünschen ist dabei völlig egal, alleine was der Preis uns sagt zählt. Die Wahrheit des Traders liegt eben auf dem Platz (im Chart).

Ich bin sicher, die Mehrheit von Ihnen, die Sie das hier nun lesen, verstösst gegen diese klare Trennung von Investment und opportunistischem Handeln. Um so wichtiger ist, sich das bewusst zu machen!

Ich wünsche gute Erkenntnisse!

---------------------------

Wir haben in den letzten Wochen im Premium Bereich einiges über Investments besprochen. Heute möchte ich den Blick mal wieder auf den kurz- und mittelfristigen, opportunistischen Handel richten.

Voraus schicken möchte ich aber erneut eine Warnung, diese beiden Dinge nicht miteinander zu vermischen!

Ich weiss, diese Warnung wird trotzdem teilweise unverstanden verhallen, denn wenn ich die Argumentation vieler Anleger "da draussen" in Foren lese, warum sie gerade jetzt eine Aktie kaufen oder verkaufen wollen, ist es zu oft eine wirre und intellektuell gruselige Mischung von langfristigem, fundamentalen "Hopium", verbunden mit dem kurzfristigen aber fehlgeleiteten Versuch, den Markt durch Herumraten zu Timen.

Das Irre dabei ist, diese Anleger fühlen sich dabei subjektiv auch noch als "Investoren", während sie in Gedanken permanent herum rätseln, ob der Kurs nun Morgen hoch oder runter geht. "Trader", die opportunistisch einen Edge identifizieren, sind sie aber auch nicht, eher Schafe, die von Angst und Gier getrieben dem Markt hinterher laufen. "Investoren", sind sie aber auch nicht, denn das bedeutet fachlich weit mehr, als sich von Hopium erfüllt eine schöne Zukunft auszumalen oder ein paar Indikatoren der Vergangenheit wie KGV und KBV abzulesen. Letzteres war ja in den letzten Wochen klar Thema hier.

Faktisch ist es so, dass eine Aktie problemlos ein gutes langfristiges Investment sein kann und trotzdem kurzfristig ein klarer, taktischer Short. Oder eine Aktie kann gute Chancen auf schnelle 20% Gewinn bieten, gleichzeitig sich aber auf einem endlosen "tiefer geht immer" Pfad in den Orkus befinden, der zuverlässig mit der Insolvenz enden wird. Werfen wir kurz- und mittelfristige Handelserwägungen also auf keinen Fall gedanklich mit Investmentfragen in einen Topf. Die beiden Dinge haben *nichts* miteinander zu tun. Nichts! Punkt!

Wer einen klaren Kopf hat, dem sollte klar sein, dass mit diesem gedanklichen Wirrwarr kein Blumentopf abseits von Zufallserfolgen zu gewinnen ist. Und ich kenne auch keinen der so agierenden Anleger, der wirklich am Markt Erfolg hat, weder als Trader noch als Investor.

Nein, wenn wir handeln, müssen wir wissen *warum* wir handeln, auf welcher *Zeitebene* wir agieren und *wo* unser Vorteil (Edge) konkret gegenüber dem Markt liegt. Denn der Markt ist klug und hat alles was man auf einfache Art und Weise wissen kann, sowieso schon in den Kursen eingebacken, so dass sich kein leichter Edge ergeben kann.

Was es bedeutet wirklich Investor zu sein, darüber habe ich zuletzt geschrieben. Heute geht es darum, was es bedeutet ein Trader zu sein, der auf einen Differenzgewinn aus ist.

Und dabei steht ein Wort im Mittelpunkt: Opportunismus. Purer, gnadenloser Opportunismus, der die harte Wahrheit der Kurse, nicht mit Hoffnungen und Überzeugungen vermischt.

Und in diesem Stil will ich Ihnen heute beispielhaft zwei typische Situationen zeigen, die taktisch oft aussichtsreich sind. Nicht weil uns die Unternehmen interessieren und auch nicht, weil wir zu deren fundamentaler Entwicklung eine Meinung haben, sondern alleine aus der Price-Action abgeleitet, die durch bestimmte Muster mit Tendenz in eine bestimmte Richtung weist:

Flaggenstruktur am Beispiel Tesla (TSLA):

Der Klassiker ist die gegenläufige Flagge im bestehenden Trend. Damit diese ideal ist, muss das Abwärtsvolumen in der Flagge abflauen und dann mit dem Ausbruch nach oben wieder ansteigen. Gerne gibt es am Ende von Flaggen auch einen Fakeout in die Gegenrichtung, trotzdem generiert eine lange genug gelaufene Flagge oft einen guten Einstiegspunkt - wie hier bei Tesla:

Wie weit jetzt der aktuelle Schub geht, kann ich Ihnen nicht sagen, wenn man drin ist, kann man mit "Trailing Stops" arbeiten. Und man kann mit dem "Prinzip des measured Moves" ein grobes Gefühl für das Bewegungspotential entwickeln. Diese Themen wurden alle ausführlich hier im Premium Bereich behandelt.

Der plötzliche Trendbruch am Beispiel Cameco (CCJ)

Trendlinien sind oft subjektiv, aber je mehr Schnittpunkte mit dem Kurs sie haben, desto bedeutender und "realer" werden sie. Wenn wir einen stabilen Abwärtstrend haben mit vielen Aufliegepunkten der Trendlinie und wenn diese Abwärtstrendlinie mit Volumen und Karacho plötzlich nach oben gebrochen wird, dann lohnt es sich sehr oft dieser Richtung zu folgen, da kommt dann weit öfter noch mehr nach, als das Gegenteil:

Das sind nur zwei Beispiele. In diesem Stil gibt es unzählige Muster, auf die man sich spezialisieren könnte. Beliebt bei mir ist auch die grosse, langfristige Basis (Bodenbildung) aus der ein Ausbruch erfolgt oder bekannte Muster wie SKS oder Cup´n Handle. Letztich ist aber weniger wichtig *welches* Muster Sie wählen, als dass Sie sich *überhaupt* ernsthaft fokussieren und so ein Muster dann auch mal im Detail trainieren.

Mein Rat, wenn Sie ernsthaft handeln wollen: Konzentrieren Sie sich zunächst auf eine bis maximal 3 derartige Strukturen, die Ihnen persönlich zusagen und mit denen Sie emotional gut klar kommen. Dann scannen Sie den Markt gezielt nach solchen Setups, die in ihr neues Beuteschema passen, überlegen sich eine Absicherungsstrategie dafür und dann beginnen sie diese zu Handeln.

Perfekter Erfolg wird sich auch mit guten Setups nicht sofort einstellen, weil viel hat auch mit der "Execution" also der Ausführung im Detail zu tun. Das müssen Sie aber als einen inkrementellen Verbesserungsprozess verstehen und auch so agieren und das können Sie auch nicht theoretisch lernen, sondern müssen Sie real immer wieder mit echtem Geld erfahren. Trading kann eben nur durch Trading und nicht theoretisch gelernt werden.

Sie analysieren Ihre Trades also *alle* im Nachhinein und stellen sich immer die Frage, ob Sie Ihre Setups und das Risikomanagement adjustieren sollten. Am Ende wird dann eine Taktik stehen, die ihnen einen kleinen statistischen Edge generiert und dieser folgen Sie so lange, bis dieser Edge verschwindet - und das wird er, im reflexiven Markt ist nichts von Ewigkeit.

Konzentrieren Sie sich dabei auf den optimalen Prozess und optimale Entscheidungen und versuchen Sie Freude und Ärger über Gewinn und Verlust auszublenden. Wenn Sie sich auf einen guten Prozess konzentrieren, der zwingend ein gutes Risikomanagement beinhaltet, kommt der Erfolg im Laufe der Zeit statistisch von alleine.

Das ist das "harte Brot" des Traders. Wer aber glaubt ernst zu nehmendes Investieren wäre einfacher und weniger aufwändig, macht sich was vor. Jedwede Methode, die versucht aus dem Markt mehr heraus zu holen, als er von alleine zu geben bereit ist, ist mit Anstrengung verbunden, geschenkt wird einem im Leben eben nichts, auch nicht am Markt.

Was aber in keinem Fall funktioniert, weder als Trader noch als Investor, ist fröhlich als Bienchen ziellos herum zu summen und überall mal zu kosten, was einem gefällt, ohne dabei einer klaren, beschreibbaren Strategie zu folgen.

Ihr Hari

*** Bitte beachten Sie bei der Nutzung der Inhalte dieses Beitrages die -> Rechtlichen Hinweise <- ! ***

Schreibe einen Kommentar