Der folgende Artikel erschien schon Freitag 30.10.15 10:00 in Hari Live, ist aber nach wie vor aktuell
Der Markt steigt und steigt und da haben Analogien wieder Konjunktur.
Auch ich habe ja am 01. September, im Artikel -> Welches Börsenjahr reimt sich auf 2015 <- Analogien bemüht, um uns ein Gefühl dafür zu vermitteln, was uns vielleicht bevor steht.
Wenn Sie den Artikel vom 01.09. noch einmal lesen, erinnern Sie sich, dass ich der 1998er Analogie - was den reinen Kursverlauf angeht, die Zeit war damals eine andere - die höchste Wahrscheinlichkeit eingeräumt hatte.
So ist es dann auch auf den Punkt gekommen, die 1998er Analogie war das exakte Vorbild für das, was in den folgenden 2 Monaten abgelaufen ist - inklusive der Tatsache, dass Anfang Oktober das zweite Tief markiert wurde:
Ich zitiere noch einmal aus dem Artikel:
Aber es gibt noch eine, zunehmend vergessene Parallele, die mir noch einen Tick besser gefällt. Und das ist 1998, woran sich noch 2 Jahre harte Rally anschlossen, bevor dann im Jahr 2.000 eine echte Blase platzte:
Diese Struktur eines Doppelbodens passt sehr gut zu einem Ablauf, in dem die Indizes nun noch bin zu den genannten Widerstandszonen laufen, dann im Zuge einer Erwartung der Zinserhöhung der FED in die FED Sitzung hinein fallen und nach dem die Kuh endlich vom Eis ist und klar wird, dass nach der ersten pro-forma Erhöhung sowieso nichts nachkommt, dann zum Jahresende hin wieder in den Rallymodus gehen.
Alles Spekulation? Stimmt, das betone ich ja immer. Aber es spricht viel dafür, dass die 2011er und 1998er Analogie näher an den Realitäten der Gegenwart ist, als die extremen Crash- und Rebound-Szenarien, die man von den grossen "Crashpropheten und Gesundbetern" nun mal wieder lesen kann.
Für die Anleger bedeutet das, nicht zu schnell das ganze Pulver zu verschiessen und sich auf weitere, wilde Volatilität einzurichten - aber Schwäche trotzdem Zug um Zug zu nutzen, um langfristige Posititionen wieder aufzubauen, die aufmerksame Markt-Beobachter Anfang August abgebaut haben.
Sic! Wer diesem Muster folgte, hat nun zwei hoch erfolgreiche Monate hinter sich.
Sind deswegen Analogien nun die Art und Weise, mit denen wir immer an die Märkte heran gehen sollten? Gott bewahre Nein!
Auch in obigem Artikel hatte ich dazu geschrieben:
Am Ende ist es aber alleine die Price-Action die für uns Relevanz haben sollte. Wir dürfen uns deshalb auch nicht in obige Vorlagen verbeissen, vielleicht hat 2015 sein ganz eigenes Muster, das noch nicht geschrieben ist.
Aber eine grobe Orientierung können die alten Verläufe schon geben und solche Szenarien erlauben uns, das reale Geschehen dann auch schneller einzuordnen. Und das ist eine Menge wert, nur verheiraten und verlieben dürfen wir uns in diese Analogien eben nicht. Es sind gedankliche Krücken, nicht mehr, aber auch nicht weniger.
So ist es und wir dürfen uns auf keinen Fall in so Analogien verlieben. Wir haben eben 2015 und nicht 1998! Solange wir sie aber nur benutzen, um uns Möglichkeiten und Muster prägnant vor Augen zu führen, haben sie Wert und schärfen unseren Blick.
Das voraus geschickt, fällt doch derzeit auf, dass wir in den Medien wieder jede Menge Analogien lesen. Auffällig dabei ist aber, dass es von Chartechnikern scheinbar überwiegend bärische Analogien sind, die uns zeigen, warum vermeintlich der Markt nun zusammen brechen "muss".
Vielleicht gibt es ja irgendwo auch eine bullische, ich habe aber zuletzt *nur* bärische Analogien gesehen und diese vermehrt. Das sollte uns etwas sagen. Es sagt uns nämlich, dass sehr viele dieser Rally misstrauen und sie bekämpfen und das ist gut und stabilisiert die Rally.
Und weil das so ist, will ich nun hier mal eine bullische Analogie dagegen halten. Es ist wieder die von 1998, denn bisher hat sich der Markt ja perfekt an diesen Ablaufplan gehalten, warum soll er es also nicht auch weiter tun?
Ich will aber erneut voraus schicken, damit es kein Missverständnis gibt: Ich denke keineswegs rein bullisch! Ich halte die bärischen Szenarien durchaus für legitim und werde sehr kritisch beobachten, ob der Markt im November nun eine Art "rechte Schulter" einer grösseren Topbildung formt. Gut vorstellen kann ich mir das.
Ich zeige hier nur deshalb eine rein bullische Analogie, um mal den Kontrapunkt zu den permanenten Katastrophenszenarien zu machen und zu beweisen, dass auch bullische Analogien sehr logisch und eingängig sein können. Wäre es anders herum, würde der Markt nun euphorisch sein, würde ich hier wohl eine bärische Analogie als Kontrapunkt zeigen.
Der Punkt ist immer wieder, dass wir opportunistisch dem Markt folgen sollen! Insofern sind solche Analogien interessant und manchmal auf hilfreich um Muster zu erkennen. Unser Handeln leiten wir aber *alleine* aus der Price-Action ab.
Nun aber zu der 1998er Analogie. Hier haben wir den aktuellen, markanten Doppelboden der letzten Wochen mit dem zweiten Tief Anfang Oktober:
Und nun gehen wir in 1998 zurück und schauen auch da auf den Doppelboden mit sehr vergleichbarer Struktur. Auch 1998 stand die Korrektur am Ende einer mehrjährigen Anstiegsphase, so dass man auch 1998 sich ernsthaft fragen musste, ob dieser Markt nicht gerade eine Topbildung vollzieht.
Dass es noch 2 Jahre weiter hoch gehen würde, konnte man sich auch da kaum vorstellen:
Hier ist aber nun, wie es weiter gegangen ist. 1999 und 2000 folgten mit weiterer Rally und erst 2000 erreichte der Markt ein echtes Euphorie-Hoch:
Im ganz grossen Bild, gibt es also keinen Grund, warum wir hier nicht gerade eine Wiederholung des blauen Kästchens von 1998 sehen sollten. Die Analogie ist klar vorhanden:
So ...
Das sollten wir einfach im Hinterkopf behalten, wenn wir wieder bärische Szenarien um die Ohren gehauen bekommen. Diese Bären wissen es auch nicht. Je stärker diese bärischen Szenarien aber propagiert werden, desto stärker wird dadurch deutlich, wie stark die "Wall of Worry" noch ist. Und ein Markt der bekämpft wird, beliebt gerne weiter zu steigen.
Sicher, ich habe auch aufgestellte Nackenhaare, wenn ich mir klar mache, worauf diese Rally beruht. Erst heute sehen wir ja wieder, was hier substantiell dahinter ist. Es ist Stimulus, Stimulus, Stimulus. Die Drogenbeauftragen sind immer noch am Werk.
Es gruselt mich, wenn ich mir vorstelle was passieren wird, wenn dieses Kartenhaus mal zusammen kracht. Und ja, ich glaube nicht daran, dass das eine dauerhaft tragfähige Finanzpolitik ist. Sie kennen meine Haltung dazu.
Aber all das darf uns nicht in Angststarre versetzen, weil selbst wenn der grosse 2000er Crash wieder kommt, spricht im Moment doch nichts Zwingendes dagegen, dass dazwischen nicht noch ein 1999 liegen könnte.
Sicher, eine kurzfristige Korrektur bzw Konsolidierung, ist nach diesem Anstieg nun für Anfang November hoch wahrscheinlich und überfällig. Mehr als das, ist aber derzeit nicht zu erkennen, zumindest gibt es dafür im Moment keine klaren Signale.
Deshalb will ich Ihnen mit dieser Analogie mitgeben:
Bleiben Sie opportunistisch und folgen Sie dem Markt! Schieben Sie Ihre Stops mit und wenn dieser Markt weiter hoch schiebt, sind sie weiter dabei. Und wenn er dreht, lassen Sie sich raus kegeln.
So "einfach". Und wenn Sie das so konsequent tun, brauchen Sie auch nicht über bärische Analogien zu grübeln. Dann können Sie die Schultern zucken und "schaun mer mal" sagen. Und so kann man gut schlafen, egal was kommt.
Ihr Hari
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1 Gedanke zu „Analogien – von S&P500 und Co. und von 1998 bis 2015“