Aus dem Nähkästchen „kostenloser“ Web-Angebote

Immer wieder erreichen mich Mails nach einem klassischen Muster, von denen ich zwei mit Ihnen teilen will. Ist ja auch mal interessant für Sie, ein wenig hinter die Kulissen zu schauen.

So bekam ich zuletzt ungefragt und ohne jeden Vorkontakt die folgende Mail, die ich nur anonymisiert habe, ansonsten aber unverändert ist:

Sehr geehrte Damen und Herren,

wir sind eine Agentur, welche im Dialogmarketing tätig ist und unsere Kunden bei der Neukunden-Akquise unterstützt (Offline oder Online).
Für unsere Kunden XXXXX führen wir regelmäßig E-Mail Standalone-Kampagnen für die Neukundengewinnung durch und sind dementsprechend immer auf der Suche nach neuen Special Interest Portalen, die die Zielgruppe abbilden und die Möglichkeiten eröffnen, „Online“ zu werben.

Die Kernzielgruppe des Kunden umfasst:
BTC: Männer, 50+, HHNE, finanzaffin, DE
Interessen/Merkmale (optional): Eigenheimbesitzer, Immobilien-Interessierte, Luxusreisen Interessierte, Golfreisen Interessierte, Architekten, Ärzte, User mit Interesse an Theater/Kultur/Oper, Aktienjournale, Börsenjournale, hohe Bildung, Anleger, Interesse an Wirtschaft du Aktien, Börsenaffin
UND/ODER
BTB: Fach- und Führungskräfte in KMU

Wenn Sie Ihre E-Mail-Adressen vermarkten, wäre für uns wichtig zu erfahren:
-Genaue Zielgruppen Beschreibung
-Erfahrungen in der Vermarktung des eigenen Newsletter
-Durchschnittliche Leistungswerte Öffnungsraten und Klickraten
-Ähnliche Kampagnen / Referenzkunden
-Generierung der Adressen über: SOI oder DOI?
-Wie groß ist Ihr Empfängerpool?
-Wie oft werden die User werblich angesprochen?
-Können Sie uns ein Beispielnewsletter zur Verfügung stellen?
Vorrangig buchen wir für den Kunden Standalone-Kampagnen ein.
Falls Sie dies nicht abbilden, können Sie uns auch gerne eine Newsletter Integration anbieten oder senden Sie uns Ihre Mediadaten zu. Gerne auch die Info was Online bei Ihnen möglich ist.

Ich freue mich auf ein Angebot bzw. Feedback bis Ende der Woche.
Vielen Dank und beste Grüße

Interessant. Und cool, gleich mit Fristsetzung für die Antwort, da sollte ich wohl die Hacken zusammen schlagen, oder? 😉

Wir lernen daraus, das ganz selbstverständlich von der Vermarktung von E-Mail Adressen ausgegangen wird und es sich daher scheinbar lohnt, solche Mails sogar blind und ungefragt ohne Vorkontakt an Blogs zu verschicken.

Interessant auch, dass der Finanzdienstleister XXXXX es scheinbar nötig hat auf diese Kaltakquise-Methoden zu setzen. Was sagt das über die aus? Vor allem, will man sein Geld wirklich jemandem anvertrauen, der offensichtlich so einen Vertriebsdruck nötig hat?

Damit ich nicht missverstanden werde, ich habe nichts gegen Werbung, die ist sinnvoll und legitim. Man muss einfach etwas dafür tun, dass einen Kunden auch finden können. Kaltakquise über gekaufte E-Mail-Adressen, ist aber am Finanzmarkt für mich ein anderes Kaliber.

Ich reagiere auf so Mails grundsätzlich gar nicht, weil was soll ich da sagen? Das kostet mich nur Zeit, eine Zusammenarbeit kommt für mich sowieso nicht in Frage und das Ergebnis ist daher sowieso klar. Mailadressen und Kontaktdaten der Mitglieder sind und bleiben bei mir (der Seldon Digital GmbH) und gehen auch nirgendwo anders hin, ausser ein Gericht oder gesetzliche Pflichten zwingen mich dazu.

So kann ich aber nur reagieren, weil ich eben nicht den Schein des "Kostenlosen" aufrecht erhalte und mich dann "hintenrum" finanziere. Sie können aber fest davon ausgehen, dass solche Agenturen solche Mails nur deshalb verschicken, weil bei einigen der "kostenlosen" Angebote am Finanzmarkt - auch Blogs - auf solche Anfragen positiv und geldorientiert reagiert wird. Machen Sie sich das also klar, wenn Ihnen gerade am Finanzmarkt irgendwo etwas "kostenlos" angeboten wird und Sie dafür "nur" eine Mail-Adresse angeben sollen. Kostenlos ist nicht mal der Tod. 😉

Übrigens, nach dem ich nicht geantwortet habe, kam schon vier Tage später die folgende Mail:

Sehr geehrte Damen und Herren,

leider habe ich noch keine Rückmeldung erhalten. Könnten Sie dies bitte zeitnah nachholen?

Lustig oder? Man penetriert mich mit Ungefragtem, hat sich selber noch nicht einmal 5 Minuten mit Mr-Market beschäftigt, weil dann wäre die Antwort schon klar und "erwartet" aber, dass ich meine Zeit für eine inhaltliche Antwort verbrauche.

Ich habe aber trotzdem nicht geantwortet, das ist keine Sekunde meines Lebens wert. Aber Ihnen als Leser wollte ich mal zeigen, was ich da immer wieder bekomme, weil es im medialen Markt eben Usus ist.

Und dann habe ich noch einen. Ein Börsenportal - "kostenlos" natürlich - schreibt mich über einen Redakteur direkt an.

Sehr geehrte Damen und Herren,

YYYYY ist eines der führenden Finanz- und Börsenportale und permanent auf der Suche nach neuen Autoren.... Die Beiträge auf Ihrem Portal sind uns besonders aufgefallen. Hätte Sie Interesse an einer Kooperation?

Ich freue mich über eine Nachricht von Ihnen

Auch hier kenne ich schon den Ausgang und weiss was mit "Kooperation" in der Regel gemeint ist, aber da hier direkt ein Redakteur schreibt, bequeme ich mich nach ein paar Tagen zu diesem Zweizeiler, der bewusst aufdecken soll, ob hier beim Thema "Kooperation" mehr Fleisch am Knochen ist, als nur eine blind verschickte Akquise-Mail. Meine Antwort:

grundsätzlich sind wir immer offen für Kooperationen, allerdings funktioniert Mr-Market komplett anders, als die klassische SEO- und Klickverliebte „Kostenlos“-Webwelt.

Wenn Sie konkretisieren könnten, was Sie unter einer Kooperation verstehen, könnten wir eine inhaltliche Antwort geben.

Schnell kommt die erwartete Antwort, immerhin kenne ich das ja und verbrauche keine Energie mehr für so etwas:

vielen Dank für das schnelle Feedback. In diesem Fall kommt keine Kooperation in Frage.

Viel Erfolg weiterhin

Was lernen wir daraus?

Ich denke das Muster ist klar. Wann immer uns Finanzinformationen am Finanzmarkt "kostenlos" dargeboten werden, tun wir gut daran zunächst die "Cui Bono" Frage zu stellen. Eine verdeckte finanzielle Agenda ist leider zu oft vorhanden - eine Agenda die manchmal den Inhalt entwerten oder zumindest in Frage stellen würde, wenn sie bekannt wäre.

Es gibt davon natürlich löbliche Ausnahmen, die man aber am Besten daran identifizieren kann, dass sie offen und transparent zeigen, womit sie sich finanzieren bzw welche Agenda mit dem Angebot verfolgt wird.

Denn fast niemand kann dauerhaft "nur aus Spaß" professionelle Inhalte bieten und es ist ja nichts Schlimmes daran, das auch offen zu sagen. Man sollte es aber auch offen tun und nicht verstecken, wie man sich finanziert.

Leider ist das aber die Ausnahme. Zu viele Anleger lassen sich von Angeboten mit versteckter Agenda beeinflussen, weil sie dem Lockmittel des "Kostenlosen" erliegen. Dass das eher nicht zu guten Anlageentscheidungen führt, sollte eigentlich selbsterklärend sein.

Ihr Michael Schulte (Hari)

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2 Gedanken zu „Aus dem Nähkästchen „kostenloser“ Web-Angebote“

  1. Nachdem ich gestern auf Mr.Market aufmerksam geworden bin, habe ich das ein oder andere bereits gelesen. Die ehrliche Anrt und Weise gefällt mir hier sehr gut. Ich möchte mich auf den Weg machen meine börslichen Geschäfte alleinig zu tätigen. In der Vergangenheit hatte ich dies über Investemtfonds realisiert bzw. über Vermögensverwaltungen. Zum Teil bereits im letzten jahr über ausgewählte ETFs. Kann ich bei ihrem Blog auf Hinweise und Tipps hoffen? Damit meine ich, z.B. Anlageideen oder bilden Sie teilweise ihr eigenes Depot ab werter HARI? Das würde mir sehr weiterhelfen und dann wäre ich auch gerne Teil ihrer Gemeinschaft.
    Beste Grüße aus Dresden
    Guido

  2. Lieber Guido66,

    danke für die Nachfrage.

    Bitte lesen Sie sich erst einmal ausführlich durch die freien Inhalte. Da steht auch vieles zu meiner Haltung zu „Anlagetipps“, die nämlich herzlich wenig bringen, das machen die anderen ja auch zu Genüge.
    Besonders sollten Sie Artikel der Kategorie „Wissenswertes“ lesen: https://www.mr-market.de/archiv-freier-bereich/archiv-freier-bereich-wissenswertes/

    Sicher gibt es im Premium Bereich Unmengen an Ideen und Vorlagen, am Tag wird sicher eine zweistellige Zahl an Aktien angesprochen, einige als Trade, andere als Investment.

    Der Kern des Angebots ist aber eher eine Art „Kurs“, der den Mitgliedern hilft selber flügge zu werden. Mit dem Abbilden der Depots Dritter wird man das definitiv nicht. Ein Musterdepot führe ich daher auch nicht, es wäre kontraproduktiv.

    Also schauen Sie sich erst einmal um und im Zweifel werden Sie lieber *nicht* Mitglied. Um Versprechungen und den „schnellen Reichtum“ geht es hier nicht, Mitglied sollte nur werden, wer aufgrund der freien Inhalte wirklich überzeugt ist.

    Zu Ihrer Frage sind sicher auch die beiden Artikel interessant:
    https://www.mr-market.de/erfolg-an-den-maerkten-in-aller-deutlichkeit/
    https://www.mr-market.de/der-gegensatz-zwischen-medialer-aufmerksamkeit-und-boersenerfolg/

    Viel Erfolg!

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