Charts des Sommer – US Staatsanleihen, Volatilität und US Oil

Schauen wir heute früh mal wieder auf die wichtigen Entwicklungen an den Anleihen und Rohstoffmärkten, die den Aktienmarkt massiv beeinflussen und hohe Aufmerksamkeit erfordern.

Zunächst erneut ein Blick auf die langlaufenden US Staatsanleihen, hier dargestellt anhand des ETFs TLT. Sie sehen, dass die Renditen weiter steigen (=Kurse fallen) und das schafft zwei grosse Probleme. Erstens dämpft es durch höhere Zinsen die gerade angelaufene wirtschaftliche Erholung und zweitens verteuert es mittelfristig den Zinsaufwand des sowieso überschuldeten Staates, wenn auslaufende Anleihen refinanziert werden müssen.

Bernanke ist es also trotz seiner Rede als "Taube" im Juli nicht gelungen, denn Aufwärtstrend bei den Renditen zu stoppen. Das wird in der FED für erhebliches Kopfkratzen sorgen und erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass die FED eher noch mehr Geld auf den Markt wirft, als das sie wirklich zur Reduktion (Tapering) der Anleihekäufe schreitet. Wie abhängig der Markt geworden ist, können Sie sich klar machen, wenn Sie sich vorstellen was passieren würde, wenn die FED nun ihre Käufe einstellen würde. Dieses Chart würde dann wohl zu einem Gemetzel werden !

TLT 06.08.13

Als zweites schauen wir auf die Volatilität in Form des VIX seit 2008, die nun nahezu historische Tiefststände erreicht hat. Haben Sie nicht auch den Eindruck einer geradezu unwirklichen Ruhe am Aktienmarkt ? Dieses Chart beweist es.

Gäbe es eine einfache Möglichkeit für Privatanleger, sinnvoll den VIX (oder VDAX) abseits von Futures Long zu gehen, wäre das wohl mit Horizont von 6 Monaten ein nahezu sicherer Trade. Nur gibt es diese Möglichkeit genau aus diesem Grund nicht, denn um im VIX Long zu gehen, bräuchte es ja eine Gegenpartei - in der Regel eine Bank. Und warum sollte die das tun ? Es gibt zwar Zertifikate auf die Volatilität, aber die haben einen massiven "Decay" und so hohe interne Kosten die der Absicherung der Bank dienen, dass eine Investition keinen Sinn macht und nur Verlust produziert, ausser man erwischt wirklich exakt den Tag bevor der VIX nach oben springt. Das kann aber niemand und wäre reines Glück.

VIX 06.08.13

Und zum Schluss erneut ein Blick auf Öl, hier US Light Crude Oil, das neben Gold einer der besten Indikatoren für Inflationserwartungen ist. Diesen Chart habe ich schon mehrfach gezeigt und Sie sehen nun, dass der Ausbruch bestätigt zu werden scheint. Die Konsolidierung oberhalb der Ausbruchszone deutet kurzfristig auf weiter steigende Preise hin. Gleichzeitig hat US Oil aber einen guten Trackrecord um bedeutende Market Tops zu indizieren, oft lief ein Peak bei Öl einem Market Top ein paar Monate voraus. So war es zuletzt 2008 und 2011.

US Oil 06.08.13

Und warum ist das alles nun so wichtig werden Sie fragen ?

Ganz einfach. Wenn die Anleihenrenditen (und damit Finanzierungskosten für Unternehmen) weiter steigen und wenn die Grundstoffe wie Öl wieder teurer werden, dann wird das einem US Aktienmarkt der sowieso schon nach oben überdehnt ist und auf historischen Höchstständen notiert, die Luft für weitere Anstiege abschneiden. Dann erhöht das ganz massiv die Wahrscheinlichkeit, dass wir in den Indizes gerade das "letzte Hurrah" einer lange andauernden Aufwärtsbewegung erleben.

Und weil dieser Zusammenhang existiert, ist es so wichtig auf diese Charts zu schauen.

Ihr Hari

Diskutiere diesen Beitrag im Forum

*** Bitte beachten Sie bei der Nutzung der Inhalte dieses Beitrages die -> Rechtlichen Hinweise <- ! ***

9 Gedanken zu „Charts des Sommer – US Staatsanleihen, Volatilität und US Oil“

  1. Der TLT bezieht sich ja nur auf Staatsanleihen, kann man daraus auf die Finanzierungskosten für Unternehmen schließen? Schaut man sich ETFs auf corporate bonds (LYX0EE) oder high yields (A1C3NE) an, das habe ich gerade kurz getan, sieht das vielleicht nicht berauschend aus, aber nach steigenden Finanzierungskosten jetzt auch nicht wirklich.

  2. Natürlich besteht der Zusammenhang zwischen Leitzinsen, Staatsanleihen und damit auch den Kreditzinsen von Unternehmen. Der Zusammenhang ist manchmal etwas zeitversetzt und die Differenzen können schwanken, aber langfristig bewegen sich diese Parameter alle in die gleiche Richtung, das ist eindeutig.

    Oder anders gesagt: In einem Environment, in dem AAA Staaten wieder wie vor 10 Jahren 4-5% Zinsen am Markt bieten müssen, in so einem Environment liegen auch Kreditzinsen für Unternehmen weit höher als heute, wo die solidesten Unternehmen in Deutschland Kredite ab 3% bekommen können, was langfristig sensationell ist.

  3. Der Rio Tinto Trade spielt Inflationserwartungen wie an anderer Stelle bereits erwähnt, der Ölpreis wie oben erwähnt.
    Gold scheint das nicht zu jucken!

  4. Öl als Frühindikator für Aktienmarkt in 2008?? Da verstehe ich irgendetwas nicht. Der Dow hatte seinen Peak in 2007 bei 14000. Bis Mitte 2008 lag er dann etwa 20% tiefer. Öl stieg von 2007 bis Mitte 2008 um satte 20%.

  5. Eben. Öl steigt und der Dow fällt. Was ist daran nicht zu verstehen ? Das ist doch genau der Punkt.

    Der WTI Future hatte sein Hoch am 07.07.08 und am 02.05.2011. Jeweils ca. 3 Monate später krachte es dann erheblich. Der S&P500 hatte sein letztes brauchbares Zwischen-Hoch am 11.08.08 und am 04.07.11. Dann ging es in den Abgrund.

    Die Ursachen für den Crash hatten natürlich nicht direkt mit dem Ölpreis zu tun. Allerdings waren die Gewinnmargen durch die Rohstoffpreise da schon so unter Druck, dass nun der berühmte Funke ausreichte, um es richtig krachen zu lassen. Genau deshalb war der Markt schon vorher gefallen. Also auch ohne Funken, wären die Kurse durch den Margendruck der Rohstoffpreise deutlich zurück gekommen und waren es ja schon, wie Du richtig bemerkst. Und übrigens, was beobachten wir bei den Quartalszahlen gerade allenthalben ? Genau, stagnierende oder sinkende Margen. Und das noch *ohne* hohe Rohstoffpreise allenthalben. Was passiert mit dem Aktienmarkt, wenn Öl und Co. weiter steigen ?

    Solche Topbildungen beruhen nicht auf digitalen schwarz/weiss Faktoren, sondern sind Ergebnis komplexer Zusammenhänge. Und selbst ein Lehmann-Desaster wäre anders abgelaufen und nicht zwangsweise in einem derartigen, breiten Crash resultiert, wenn es auf einen unterbewerteten Aktienmarkt auf einem Niveau 2003 getroffen wäre, dessen Unternehmen gerade wachsende Margen und Gewinne verzeichnen und nicht schrumpfen. Dann hätte es immer noch im Bankensektor gerumpelt, aber nicht in dem Masse im gesamten Markt.

  6. Hi Hari,

    ich habe eine kurze Frage. Ist es mir möglich den VIX als Chart zu monitoren? Ich finde keine ISIN/WKN und im Netz maximal die Indikationen irgendwelcher Banken.

    Vielen Dank Dir!

    TSW

  7. Hängt von Deiner Bank / Handelssystem ab. Ich habe Zugriff auf die Futures (CBOE Volatility Index) und damit auch auf die „Continuous“ Darstellung. Und ich habe Zugriff auf die diversen ETFs (zb ProShares oder Barclays) die den VIX im ETF abbilden.

    Das wird aber alles an der Wallstreet gehandelt und erfordert Wallstreet Zugang via Broker. In Deutschland mit WKNs wird es schwer. Aber ich habe ja schon oft erklärt, wie wichtig ein professioneller Zugang zur Wallstreet ist.

Schreibe einen Kommentar