Der Weg zum Jahreswechsel

Wir alle würden ja gerne wissen, was die Zukunft bringt. Schon ein kleiner Zettel mit dem DAX-Stand des 22.12. vor Weihnachten, würde ja genügen, einen intelligenten Menschen reich zu machen. Denn wenn man den exakten DAX Stand zu einem Zeitpunkt sicher kennt, könnte man alle möglichen Kredit- und Margin-Hebel in Bewegung setzten, um mit dem ganzen Vermögen und maximal möglichem Hebel darauf zu setzen.

Wir haben dieses Privileg aber nicht und alle Prognosen sind auch nur nette Raterei, am Ende ist die Zukunft offen.

Alles was wir haben sind Tendenzen und Wahrscheinlichkeiten, die funktionieren aber erstaunlich gut, wenn man bereit und in der Lage ist, sich darauf einzulassen, statt nach etwas wie absoluter Sicherheit zu suchen, das es sowieso nicht geben kann. Wir müssen -> die Unsicherheit eben lieben lernen <-.

Die bekannteste Tendenz ist dabei der Trend und der ist das ganze Jahr schon hoch. Wenn wir den für den Leitindex S&P500 fortschreiben und einen kleinen Schluckauf im November vorher einplanen, sieht das Chart dann so aus:

Das ist ein realistische Annahme zum Jahresende. Nicht sicher, aber gut wahrscheinlich. Und dann haben wir noch eine zweite bekannte Tendenz, die berühmte Jahresendrally.

Nun kann man ja mit Fug und Recht argumentieren, dass der Markt schon das ganze Jahr nicht getan hat, was die Mehrheit erwartet hat und deshalb eine echte Korrektur genau dann kommen sollte, wenn keiner damit rechnet - kurz vor Weihnachten.

Ich bin weit davon entfernt, das als Möglichkeit in Abrede zu stellen, möglich ist fast alles, aber ich halte es für eher unwahrscheinlich. Denn die Jahresendrally hat ja einen Grund, die kommt ja nicht einfach vom Himmel herab, weil die Börsen Weihnachtsgefühle haben. Die typische Jahresendrally hat in hohem Masse auch mit Anlagedruck der Institutionellen Anleger zu tun - auch gerne Window Dressing genannt - und wann ist dieser Anlagedruck wohl am Grössten?

Sie ahnen es, in Jahren in denen die Mehrzahl dem Markt hinterher hechelt, weil dieser keinen sauberen Einstiegspunkt mehr gewährt - in Jahren wie 2017. Die Unterperformance zum Index dürfte für die meisten institutionellen Anleger in 2017 deutlich sein.

Ein Laie würde 2017 für einen einfach zu handhabenden Markt halten, der ist ja nur gestiegen. Diese "Einfachheit" entsteht aber nur im Rückblick, hinterher ist man halt klüger. Ein seriöser, institutioneller Anleger, der zum Beispiel in einem Family Office das Vermögen seiner Kunden verwaltet, kann aber nicht guten Gewissens in einem schon extrem überdehnten Markt einfach ohne Absicherung mit Vollgas mitfahren.

So ein Profi wird Absicherungsgeschäfte tätigen und die kosten ein wenig Performance. Und er wird bei Korrekturgefahr auch mal den Cash-Bestand erhöhen, was dann auch wieder Performance kostet, wenn der Markt wie das ganze Jahr 2017 dann doch wieder nach oben zieht.

Ein "einfacher" Markt ist ein nach oben laufender Trend, der schön zwischen Korrekturen und Aufwärtsbewegungen wechselt und dem klassischen Prinzip von "2 Schritte vor und 1 Schritt zurück" fröhnt. So ein Markt ist für einen erfahrenen Anleger ein leichter Markt, in dem er mit seiner Technik sogar eine Überperformance erzielen kann.

Wenn aber wie in 2017 jeder Korrekturansatz unterbleibt und der Markt nur eine Richtung kennt, ist das extrem schwierig zu handhaben. Nur ein Affe, der sich über Risiken keine Gedanken macht, kann da blind immer voll auf dem Gaspedal bleiben.

Nun ist eine gute Perfomance, die leicht hinter den Indizes bleibt ja kein wirkliches Problem. Für einen Fondsmanager aber schon, denn nach Gebühren wird das Delta noch grösser und die Rechtfertigung für das "Management" ist nicht da.

Und so macht so ein Jahr, in dem die Mehrheit hinter dem Markt hinterher hechelt, besonderen Druck auf das Jahresende und besonderen Druck die Gewinner auch noch ins Depot zu legen und ein paar Risiken auf der Long-Seite einzugehen. Und weil das so ist, hat die Jahresendrally auch 2017 wieder gute Karten.

Dieser Mechanismus kann eigentlich nur durch eine echte Richtungsänderung des Marktes ausser Kraft gesetzt werden, durch eine starke Abwärtsbewegung also und von dieser ist weit und breit nichts zu sehen. Nur eine sehr böse Überraschung wie ein Atomkrieg in Asien oder ein offener Konflikt im Nahen Osten mit brennenden Ölfeldern könnte den wohl triggern.

Wir tun also gut daran, auch dieses Jahr von der Jahresendrally auszugehen, gerade weil das Jahr davor schon so gnadenlos gut war.

Ihr Hari

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1 Gedanke zu „Der Weg zum Jahreswechsel“

  1. „Ein seriöser, institutioneller Anleger, der zum Beispiel in einem Family Office das Vermögen seiner Kunden verwaltet, kann aber nicht guten Gewissens in einem schon extrem überdehnten Markt einfach ohne Absicherung mit Vollgas mitfahren.“

    Ein seriöser, langfristig orientierter Privatanleger auch nicht. Er sollte ebenfalls vorsichtiger werden.

    Covacoro

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