Die Märkte im Jahr 2013: unfrei, alternativlos und auf Steroiden !

Ich mache es heute kurz, mit ein paar eher sarkastischen Worten zur Marktlage. Mehr lohnt sich auch nicht, weil dank der Notenbanken sind die Indizes oberflächlich betrachtet zu einem "no-brainer" geworden, wie man im amerikanischen sagt.

Es ist ja üblich im Spiel um Aufmerksamkeit im Finanzmarkt, dass man immer den Eindruck erwecken muss, alles gelassen im Griff zu haben, alles schon vorher gesehen zu haben und die Zukunft genau zu kennen. Nun ich gestehe Ihnen aber ebenso gelassen: Ich mag nicht, was in den Indizes passiert ! Es frustriert mich ! Es ist zu einer Farce geworden, einem manipulierten Spiel der Notenbanken, das sich den wirtschaftlichen Realitäten entzieht. In einzelnen Aktien findet man immer noch den echten Wechsel von Angebot und Nachfrage. In einzelnen Aktien macht es noch Sinn und Spass sich Gedanken zu machen. Aber in den grossen Indizes ?

Denn es spielt einfach alles keine Rolle mehr, was freie Märkte eigentlich auszeichnet. Wirtschaftsdaten ? Erwartungen ? Sentiment ? Vergessen Sie es. Schlechte Wirtschaftsdaten sind gut, weil dann die Notenbanken mehr drucken. Und gute Wirtschaftsdaten sind sowieso gut.

Erfolgreich diesem Markt zu folgen erfordert erstens Scheuklappen, mit denen man alles ausblendet, was in irgend einer Weise Risiken signalisiert. Und zweitens einen Finger, der konsequent und ohne nachzudenken, wie ein Schimpanse dem man eine Banane versprochen hat, jeden Dip kauft. Das ist ein "no-brainer" und passend dazu, hat mir gerade gestern ein bekannter Banker signalisiert, dass in Deutschland die Milchmädchen an die Börsen zurück kehren. Zunehmend bekommt er Anfragen nach Anlagen von Kunden, die jahrelang die Aktie als Teufelswerk betrachtet haben. Aber was immer steigt, egal was die Wirtschaft macht, dass muss ja gut sein ! Aktien sind einfach alternativlos und das ist tatsächlich so !

Alle meine Reflexe, meine Markt-Erfahrung, mein Wissen um Zusammenhänge signalisieren mir: hohes Risiko. Vorsicht, dieser Markt kann jeden Moment wegkippen, denn er ist der Realität zu weit voraus gelaufen. Aber das zählt (scheinbar) nicht mehr, wenn Notenbanker mit ihren Bazookas die Märkte unter Feuer nehmen.

Diese verzerrte Lage von Indizes auf Höchstständen und konjunktursensiblen Zyklikern auf Tiefstständen, haben wir auf jeden Fall einer unheiligen Allianz aus Notenbanken, Grossfinanz und Staaten zu verdanken. In der linken Szene wird ja gerne von "entfesselten Märkten" geredet, ich sehe das ganz anders. Die Märkte sind nicht mehr frei, sie wurden in die Hände weniger machtvoller Institutionen gegeben, die hier ihr Süppchen kochen. Ich habe in meinem ganzen Leben noch nicht so unfreie und offensichtlich manipulierte Märkte gesehen wie aktuell.

Ich erlaube mir hier an dieser Stelle mal ein paar Zitate des von mir respektierten L. A. Little aus seinem Blog -> Technical Analysis Today <-:

"Will we ever have a normal market again - one that operates on actual economics rather than central bank interventions around the world? Will normalcy ever return? I don't know about you but I grow tired of the endless hype and expectations of what the central banks are or are not going to do. Seriously! These V-shaped rallies on low volume after breakdowns appear and the endless bid under the market is like out of a movie."

"It's a really strange world and I'm at a point where my graying hair is falling out as the manipulation of interest rates is rendering most economic models useless."

Siehe auch -> hier <-

Und so haben DAX und S&P500 vor wenigen Tagen - genau als sie ganz typisch wegzukippen begannen und ökonomische Frühindikatoren nach unten zeigten - einfach wieder eine V-förmige Wende hingelegt. Und das nun schon zum x-ten Mal ! Wer länger in den Märkten unterwegs ist weiss, wie selten V-förmige Wenden eigentlich sind. Aber seit die Notenbanken angefangen haben den Markt aufzublasen, sind V-förmige Wenden zur neuen Regel geworden.

Das Schöne daran ist, es ist für uns nun - zumindest vermeintlich und oberflächlich gesehen - einfach geworden, Geld zu verdienen. Buy the Dip. Und bloss nicht nachdenken ! Das Dumme ist, je mehr man davon versteht, was da hinter den Kulissen abläuft und wie wackelig dieses Kunstgerüst ist, desto schwieriger wird es diesen Knopf zu drücken. Aber trotzdem muss man es wohl tun, einmal tief durchatmen, alle Regeln vergessen und ... KAUFEN ! Dann sofort absichern. Auch Kaufen ist "alternativlos".

Insofern kann ich Ihnen nun mit einem deutlichen Augenzwinkern die ultimative Marktprojektion für Schimpansen für 2013 geben:

Der Markt in Form der Indizes steigt und steigt und steigt. Und jeder Dip wird gekauft. Jeder und immer ! Und wenn das aufhört und der Markt eine Pause macht, dann macht er danach was ? Genau, er steigt wieder. Bewertung ? Gewinne ? Wirtschaftsdaten ? Vergessen Sie es - der Markt steigt.

Bis zu diesem Tag, an dem er aufhört zu steigen. An dem der Dip nicht mehr gekauft wird. Und das wird dann passieren, wenn die Notenbanken die Richtung ändern. In diesem Moment werden alle gleichzeitig zum Ausgang wollen. Und wir werden einen der übelsten Einbrüche der Börsengeschichte erleben. Das wird so sein, wie wenn jemand Ihnen den Boden unter den Füssen wegzieht.

Kommt das in 3 Monaten bei DAX 8200 ? Oder in 3 Jahren bei DAX 11870 ? Oder schon Morgen ? Ich habe keine Ahnung - fragen Sie den Notenbanker Ihres Vertrauens, das ist das Einzige was wirklich zählt.

Also, machen Sie es etwas daraus. Machen Sie Heu, so viel sie können ! Tanzen Sie auf der Party so lange sie andauert ! Und seien Sie bei den ersten, die dann aus dem Markt springen, wenn der Dip nicht mehr gekauft wird. Vergessen Sie einfach alles, was Sie zu Wirtschaft je gelernt haben. Werden Sie statt dessen Fachmann darin, die Gesichtszüge der Notenbanker zu interpretieren. Werten Sie deren Aussagen aus und wenden Sie jedes Wort mehrfach mit einem Linguisten ! Nur darauf kommt es an, der Rest ist irrelevant geworden.

Sie denken jetzt bestimmt: oh da ist jemand frustriert ! Ja, was den bitteren Preis angeht, den wir dafür bezahlen werden. Denn ich kann mir den leider vorstellen. Aber Nein, was aktuell das Geldverdienen angeht. Es ist im Moment wirklich so einfach geworden:

Kaufen und die Indizes Long gehen. Absichern unter 10% Korrektur und ansonsten laufen lassen. Glauben Sie mir, dass kann noch lange so weiter gehen. Und wenn jetzt die Milchmädchen an die Börse zurück kehren, dann sehen wir vielleicht auch noch DAX 10.000 in nicht zu ferner Zukunft. Oder es kann Morgen schon zusammen klappen. Aber nur dann, wenn die Notenbanken zucken ! Nur die Notenbanken zählen - leider.

Kaufen + Desaster Protection. Die alternativlose Strategie in einem Mark auf Steroiden. Und nach uns die Sintflut. Wir haben einfach keine Wahl !

Ein schönes Wochenende wünscht trotzdem: Ihr Hari

PS: Und damit es keine Missverständnisse gibt, wenn ich hier so sarkastisch und mit einem Augenzwinkern die "No Brainer" Strategie darlege: Ich bleibe bei meiner Aufstellung, die ich in den Artikeln zur -> Seitenlinie <- und an anderen Stellen mehrfach dargelegt habe. Ich traue diesem Markt seit Anfang April aktuell nicht mehr und nehme nur noch kurzfristig und taktisch nach oben mit, immer mit einer Hand schon am Hebel für den Notausgang ! Denn wenn so ein "Runaway-Move" dann doch mal dreht, dann wird das übel !

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18 Gedanken zu „Die Märkte im Jahr 2013: unfrei, alternativlos und auf Steroiden !“

  1. Arme Permabären…die müssen echt leiden, trotz vieler Indikatoren, welche sich negativ entwickeln (hohe Jugendarbeitslosigkeit, gesenkte Wachstumsprognosen bei vielen Ländern und Firmen,etc..) geht es gnadenlos nach oben..( scheint auch gewollt zu sein). aber ist es nicht so wie bei einem auf Steroidgedopten Sportler, das System krankt innerlich und wird einen bösen Tod sterben, äußerlich lange fit und innen wütet die Zerstörung. Bekommt man eigentlich dann noch cfds auf fallende indices wenn der Markt stirbt??
    Schönes WE Allen
    John Doo

  2. Ich scheine wohl auch ein Permabär zu sein – mir macht es schon seit Juni 2012 keinen Spass mehr :=) Hatte in den letzten Monaten deswegen wenig in meinem CFD Konto gemacht. Mit der aktuellen Korrektur im DAX fing der Handel dann aber wieder an Spass zu machen und ich hatte nach längerer Zeit endlich ein paar gute Trades nach Süden dabei.

    Das alte bekannte Gefühl der Irritation stellte sich jedoch in den letzten 2.5 Tagen wieder ein, als es (wieder mal) senkrecht 400 Punkte hochging. Dabei dachte ich anfangs noch, dass ich am Dienstag mit 150 Long-Punkten ein gutes Geschäft gemacht hatte.

  3. Ja die Bewegungen im Moment sind brutal, sieht man auch an den Prognosen der indices-Analysten, die regelrecht verwundert sind…

  4. „no-brainer“ trifft es ziemlich gut. Ich für meinen Teil muss leider feststellen, dass ich dem Marktgeschehen in den letzten Monaten doch sehr häufig von der Seitenlinie zugeschaut habe. Hier den inneren Widerstand zu überwinden und in diesen Markt (auf der zu long-Seite) zu investieren, widerspricht eben jahrelanger Erfahrung und „brain“ war zu nichts nutze. Jung und unbedarft müsste man nochmal sein 😉 Ich für meinen Teil muss leider zugeben, dass meine persönliche Performance der Entwicklung der Indizes schwer hinterher hinkt. Frustrierend!

  5. Stimmt Tomte, oder einfach stur nach Chartmustern traden. Da war (und ist!) schon eine ganze Menge zu holen und mit einer sauberen Absicherung auch ohne zu grosse Bauchschmerzen. Wenn man sich allerdings die generelle Frage „soll ich diesen Markt noch kaufen“ stellt, wird man wahnsinnig ! Also einfach den Mustern folgen, das funktioniert nach wie vor. Ist mir aber auch nicht immer leicht gefallen, weil ich im Hinterkopf halt auch diese Gedanken habe die „Vorsicht“ rufen.

  6. Schaut stark nach dem von der Österreichischen Schule bekannten Crack-up-Boom aus, dem Auseinanderdriften von Finanz- und Realwirtschaft mit abschließendem Crash.

    Besonders diesem Zitat von Hari kann man nur zustimmen […] Bis zu diesem Tag, an dem er aufhört zu steigen. An dem der Dip nicht mehr gekauft wird. Und das wird dann passieren, wenn die Notenbanken die Richtung ändern. In diesem Moment werden alle gleichzeitig zum Ausgang wollen. Und wir werden einen der übelsten Einbrüche der Börsengeschichte erleben. Das wird so sein, wie wenn jemand Ihnen den Boden unter den Füssen wegzieht. […]
    Von mir sehr geschätzte Autoren und Investoren sehen Ende 2013/Anfang 2014 die reale Gefahr einer neuerlichen, sehr schmerzhaften und vielleicht finalen Bruchlandung. Die ganzen Indikatoren der letzten Jahre und Monate würden passen.

    Ich erlaube mir in diesem Zusammenhang Felix Zulauf aus seinem immer noch lesenswerten Interview mit der wiwo im Juli 2011 zu zitieren: […] Im Prinzip kann man nur versuchen, das Geld zu sichern; Wir stehen am Anfang von gewaltigen Gewitterstürmen mit Blitzen, Überschwemmungen und Bergstürzen. Nass werden wir alle werden. Da kommt keiner trocken durch. Entscheidend ist, dass man nicht dort steht, wo der Blitz einschlägt, die Überschwemmung kommt oder der Bergsturz erfolgt. […]

  7. hallo hari,
    leider funktioniert die temporäre freischaltung zumindest bei mir nicht. ich werde immer automatisch zur „willkommensseite“ und den premium-modalitäten weitergeleitet…im voraus aber schonmal mein dank für die schnupper-freischaltung, die bestimmt wieder einige motivieren wird, dem premium-bereich beizutreten 🙂
    beste grüße,
    arud

  8. Ein – wie immer – sehr guter, treffender Beitrag, vielen Dank dafür. Steroide, das trifft es genau. Ein wahnsinniges Kartenhaus wird da gerade aufgebaut. Mitspielen und hoffentlich rechtzeitig den Ausgang finden, das ist tatsächlich die einzige Devise.

  9. Hallo Hari,
    ich habe heute wieder den sehr treffenden Artikel aus dem Jahre 2009 gefunden, welcher die kommenden Entwicklungen in den Grundzügen sehr gut antizipiert hat.

    -> Smartinvestor <-

    Lohnt sich auf alle Fälle zu lesen, da mein Verständnis vom derzeitigen „big picture“ erhält.

  10. @ Stevoxx, ja – sehr schön. Genau das ist auch das gedankliche Makromodell, mit dem ich selber seit 2009 operiere. Wer den Blog von Anfang an verfolgt hat weiss, dass ich den RESET des Weltwährungssystems immer als zwangsläufig dargestellt habe, gleichzeitig aber kurz- und mittelfristig genau deswegen bullisch für die Aktienmärkte war und immer noch bin.

  11. Wohl wissend, dass eine zeitliche Einschätzung dieses RESET’s sehr schwierig ist, da abhängig von politischen Rahmenbedingungen, Willen der Entscheidungsträger usw., würde mich interessieren, wann du dies in etwa erwartest?

    Der beste mittelfristig erkennbare Indikator wäre für mich eine extrem steil ansteigende Kurve in den Aktienmärkte, bis zum Punkt wo „steiler als steil“ nicht mehr geht, eine Art Supernova, es mit den Worten von Bill Gross zu sagen.

  12. Eine konkrete Zeitangabe ist natürlich Unsinn, ich habe keine Kristallkugel. Ich schaue dabei vor allem auf die Währungen. Die ersten Kandidaten für einen echten Knall sind Yen und GBP. Wenn der kommt, dürften wir extreme Verzerrungen in den Asset-Klassen weltweit erleben, wobei es vermesse wäre, die nun präzise vorherzusagen. Frag mich dann noch einmal, wenn die erste westliche Währung kollabiert, Yen oder britisches Pfund.

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