22 Uhr Handelsschluss
Ein eher langweiliger Tag an der Börse geht zu Ende. Wie ich heute um 12 Uhr in meinen -> Marktupdate <- schon bemerkte, weiss der Markt nicht so recht wohin er will. Und ich kann mir durchaus vorstellen, dass das bis zur (hoffentlich) endgültigen Griechenland-Entscheidung voraussichtlich diesen Mittwoch dann auch so bleibt. Und wenn dann Griechenland endlich sein Geld hat um eine paar weitere Monate zu überleben, wäre eine "sell the news" Reaktion des Marktes auch nicht so untypisch.
Insofern mache ich es heute kurz, zumal ich ja -> hier <- zu Tesla Motors schon einen hoffentlich interessanten Artikel veröffentlicht habe.
Leoni
Die hier schon mehrfach erwähnte Leoni (WKN 540888) will ich aber nicht vergessen, die heute mit fast 5% Plus erneut derart dynamisch in den Himmel gestiegen ist, dass einem Angst und Bange werden kann.
Fundamental und von den Geschäftsaussichten her, sieht Leoni für mich weiterhin höchst attraktiv aus und hat für mich sogar noch Potential nach oben. Man sollte allerdings realistisch bleiben und ich gehe davon aus, dass spätestens im Bereich um 40€ Gewinnmitnahmen einsetzen. Insofern muss man bei aller Begeisterung für den Titel jetzt wohl nicht mehr unbedingt dem Kurs hinterher rennen, sondern sollte sich eher etwas in Geduld üben.
Deutsche Börse
Interessant sind sicher auch die Quartalszahlen und Aussagen der Deutschen Börse (WKN 581005), die heute nach Börsenschluss veröffentlich wurden. Diese lagen im Rahmen meiner hier ja mehrfach besprochenen Erwartungen. Die Dividende für 2011 soll auf 2,30€ pro Aktie erhöht werden und zusätzlich soll eine Sonderdividende von 1€ pro Aktie fliessen. Der Rest der überschüssigen Liquidität soll in Aktienrückkäufe fliessen.
Der nachbörsliche Kurs näherte sich in Folge den 50€ und ich habe das nun heute am späten Abend zum kompletten Ausstieg genutzt. Denn wenn der Dividendeneffekt von ca. 6,5% bezogen auf den heutigen Kurs ausläuft, kann ich mir gut vorstellen, dass die ungelösten strategischen Fragen der Deutschen Börse wieder in den Vordergrund treten und den Kurs belasten.
Ein derartiger Rücksetzer wäre dann aber vielleicht wieder eine Einstiegschance in eine prinzipiell spannende Aktie, bei der dem Management dann vielleicht ja auch in Zukunft etwas Besseres mit der Liquidität einfällt, als es für Aktienrückkäufe zu verwenden. Denn nun hat das Management der Deutschen Börse ja endlich wieder Zeit, sich ausschliesslich um das operative Geschäft zu kümmern. Und vielleicht werden meine persönlichen Wünsche ja doch noch irgendwann erhört und der für mich wenig erfolgreiche Herr Francioni wird durch jemanden mit mehr Innovationskraft und Gestaltungswillen ersetzt.
Kirch vs Deutsche Bank
Ein Ereignis fand ich heute bemerkenswert, auch wenn es nur mittelbar mit der Börse zusammen hängt. Der Prozess Kirch gegen die Deutsche Bank (WKN 514000) scheint nach der Meldung des Manager Magazins -> hier <-mit einem Vergleich zu Ende zu gehen, nach dem die Deutsche Bank knapp 800 Millionen Euro zahlen soll.
Was offiziell "Vergleich" genannt wird, ist wenn es sich bestätigt in meinen Augen ein grandioser, posthumer Sieg von Leo Kirch, seinen Vertreter und Anwälten gegen einen Weltkonzern mit nahezu unbegrenzter juristischer und finanzieller Schlagkraft. Man kann über den verstorbenen Leo Kirch denken wie man will und seine ganze Weltanschauung war mir (so weit die Darstellungen der Presse stimmten, denn ich kannte ihn nicht persönlich) immer höchst suspekt. Aber der hier gezeigte Durchsetzungs- und Behauptungswillen ist bemerkenswert und vor dieser Kraft und Energie kann ich nur meinen Hut ziehen.
Und dem Land und anderen Unternehmen hat Leo Kirch in meinen Augen damit einen Dienst getan, denn nie wieder wird sich wohl ein Bankvorstand derart "locker" öffentlich zu seinen Kunden äussern, wie das Rolf Breuer in meinen Augen getan hat. Insofern löst dieses "Peanuts" eindeutig übertreffende Ende hoffentlich einen positiven und Demut fördernden Lerneffekt bei den "Masters of the Universe" aus.
Fusion Misys - Temenos
Im folgenden ein abschliessendes Wort zur zuletzt -> hier <- besprochenen Temenos (WKN 676682), bei der sich ja die Ereignisse kurz nach der Vorstellung hier überschlagen haben:
Am Mittwoch Morgen letzter Woche kamen insofern negative Nachrichten in den Markt, als das Tauschverhältnis der Aktien bei der Fusion auf den Stand von Dienstag Abend nach Börsenschluss festgezurrt werden soll. Das ist deshalb eher negativ, weil Temenos ja aktuell nach meiner Ansicht noch unter Wert gehandelt wird und es nun keine Chance zu geben scheint, diese Differenz im Zuge der Fusion aufzuholen. Wie ich in dem Artikel oben schon schrieb, ist das ein weiteres Beispiel dafür, warum derartige Fusionsverhandlungen mit so vielen Risiken verbunden sind, dass es fraglich ist ob man während dessen investiert sein muss. Ich habe daher auch konsequent am Vormittag des letzten Mittwochs in die fallenden Kurse hinein meine Gewinne mitgenommen und bleibe nun auf Zeit an der Seitenlinie.
Unklar ist, ob die Aktionäre von Temenos in Anbetracht des für mich wenig attraktiven Umtauschkurses zustimmen werden. Ich kann mir diese für Temenos eher ungünstige Bewertung nur damit erklären, dass das Temenos Mangement im neuen Konzern möglicherweise die Führung übernimmt und daher möglicherweise ein Eigeninteresse daran hatte, den Deal auch zu einem ungünstigen Kurs für die Temenos Aktionäre zu erzwingen. Der scheinbare Abgang des bisherigen Misys CEOs Mike Lawrie deutet auf jeden Fall in diese Richtung. Und die Fusion als solche macht ja jede Menge Sinn und ist prinzipiell im Interesse der Aktionäre, weil sich beide Unternehmen sehr gut ergänzen und in mehrfacher Hinsicht von geringeren Kosten und grösserer Marktmacht profitieren könnten. Ob sich die Temenos Aktionäre dieser Sicht anschliessen oder sich dem eher ungünstigen Umtauschkurs verweigern, wird sich zeigen. Die Meldung der NZZ dazu -> hier <-
Insofern sollte man in meinen Augen nun an der Seitenlinie bleiben, das neue fusionierte Unternehmen dann aber ganz eng auf den Radar nehmen, sobald die Fusionswirren vorbei sind. Denn alles was ich zu Temenos sagte, gilt für das neue Unternehmen erst recht. Bankensoftware hat jede Menge Zukunft und die fusionierte Temenos/Misys wird in diesem Spiel eine ganz bedeutende Rolle haben.
Ich wünsche eine gute Nacht !
Guten morgen Hary, an der seitenlinie stehend haben wir das gezerre Temenos/Misys verfolgt, und (wohl nicht ganz überraschend) nun ist es beendet worden. Teilst du meine annahme, dass es sich lohnen könnte, nun wieder einen einstieg ins auge zu nehmen? Denn deine ausgangs-überlegungen dürften doch nicht hinfällig sein. Oder? Schönen montagsgruß für gute woche
HB
Hallo Harrygo, ja – die Gründe für meine Besprechung sind unverändert gültig. Und das Temenos nicht um jeden Preis Misys übernimmt finde ich auch gut und zeigt eher Stärke. Der Kurs ist auch wieder im alten Bereich unter 16€. Insofern ja, alles zurück auf los.
Trotzdem macht es vielleicht Sinn noch etwas zu beobachten wie der Kurs jetzt auf die Nachricht reagiert, damit man sicher ist, dass das alles eingearbeitet ist. Denn eine strategische Option hat Temenos schon verloren und das ist negativ. Und es ist auch nicht ausgeschlossen, dass es dann noch zur Fusion kommt, wenn sich die anderen „Angebote“ als Unsinn heraus stellen. Denn das Management beider Unternehmen hat das ja gewollt und ich vermute die machen einen zweiten Versuch.
Mal ein theoretisches Szenario:
Chef eines Hedgefonds in London kennt den Chef eines Private Equity Investors. Man kennt sich halt in der „City“ oder spielt zusammen Golf. PE Investor gibt nicht völlig ernst gemeintes Konkurrenzgebot für Misys ab und treibt damit den Preis. Hedgefond wettet vorher auf Preisansteig und Bieterkampf bei Misys. Kompensation des PE Chefs läuft später auf irgend einem anderen Kanal – eine Hand wäscht die andere.
Das sind garantierte Gewinne fast ohne Risiko und weil sie das sind, laufen so Deals auch immer wieder. Die Versuchung ist einfach zu gross. Sicher ist das illegal, aber wenn die beiden nicht völlig verblödet sind und nichts davon notieren, wie will jemand den Zusammenhang herstellen ?
Nur eine Sache könnte in die Suppe spucken: wenn der Käufer (hier Temenos) abspringt. Das wäre AUA 😉 Und kurz danach dürfte dann auch der PE Investor aus irgendwelchen vorgeschobenen Gründen aussteigen, so ganz ernst gemeint war das ja nicht.
Natürlich alles ganz theoretisch, aber nicht unlogisch und nach meiner Erfahrung auch nicht völlig irreal. Insidergeschäfte sind zwar strafbar, aber zu verlockend und deswegen an der Tagesordnung.
Auf Temenos übertragen heisst das: auch wenn die von mir beschriebene Story wieder aktuell ist, sehe ich keinen Grund da jetzt sofort wieder aufzuspringen. Ich werde erst einmal abwarten und schauen was jetzt passiert. Das der Kurs mir nun über Nacht zweistellig nach oben wegläuft ist eher unwahrscheinlich. Und wenn es doch passiert habe ich halt Pech gehabt – das soll vorkommen und es gibt genug andere Aktien.
Meldung über fehlgeschlagene Einigung sehe ich eher negativ an.
Denn auch Hari hat den Zusammenschluss grundsätzlich als positives Signale aufgefasst.
Ich bin ein Befürworter von M&A trotz der ernüchternden Erfolgsquote, welche nach allgemeiner Aussage ungefähr 50 % scheitern lassen.
M&A-Strategien beruhen auf Wachstumsperspektiven und dem Erreichen einer kritischen wettbewerbsfähigen Unternehmensgröße.
Gerade die Unternehmensgröße verwirklicht einen bedeutenden Erfolgsfaktor.
Ausreichend Sicherheiten, Stabilität und ein hohes Maß an technischen, materiellen und personellen Ressourcen sind von entscheidender Bedeutung.
Eine angemessene Unternehmensgröße würde finanzielle Potentiale offenbaren, die von einer verbesserten Liquiditätssteuerung über niedrigere interne Finanzierungskosten führt.
Größere Unternehmen können günstigere und höhere Finanzierungskonditionen wahrnehmen und haben oft einen besseren Zugang zum Kapitalmarkt.
Ferner können diese Unternehmen die Vorzüge der Außenfinanzierung durch Ausgabe von Anleihen, Aktien und Mezzanine-Kapital ausschöpfen.
Ein expandierendes Unternehmen kann leichter geeignetes Personal rekrutieren und bietet talentierten Mitarbeitern vielseitige Karrieremöglichkeiten.
Zudem führt die Akquisition eines Unternehmens derselben Wertschöpfungsstufe und im selben Markt über eine marktbereinigende Branchenkonsolidierung zu einem größeren Marktanteil.
Eine zunehmende Marktmacht verbessert den Preissetzungsspielraum gegenüber Zulieferern und Abnehmern und trägt zur Erzielung einer größeren Gewinnmarge bei.
Die sich ergebenden Kostenvorteile bei einer Synergierealisation können ergänzt werden durch die Verringerung der Transaktionskosten.
So kann ein marktwirtschaftlicher Vorteil entstehen.
Zusätzlich ermöglichen die Kosteneinsparungen einen signifikanten Wettbewerbsvorteil durch die Verwirklichung einer Kostenführerschaft nach Porter.
Es ergeben sich sicherlich noch einige weitere Vorteil und man sollte auch nicht die vielen Risiken verharmlosen,
aber dies würde an dieser Stelle zu weit gehen.
Tribun