Verfrühstückt – Die Marktlage des DAX im griechischen Chaos

In Anbetracht der starken Volatilität im Markt und der bedeutenden Entwicklungen, gibt es die tägliche, morgendliche Marktlage, die um 08:20 Uhr im Premium-Bereich erschienen ist, heute ausnahmsweise nur wenig später auch mal im freien Bereich.

Guten Morgen!

Der Berg kreiste und gebar die erwartete Maus. Aber der Markt hat klar sein Urteil gefällt und hakt das Thema Griechenland ab. Die DAX Futures stehen vor Handelsstart bei knapp unter 11.600!

Sie sehen nun, warum ich letzten Mittwoch klar gesagt habe, dass jeder nun eine Entscheidung treffen muss. Denn zum Einstieg wird nicht geklingelt und wenn man darauf wartet, bis "alles klar" ist, liegt der wesentliche Teil der Bewegung schon hinter einem.

Dass es bei einer positiven Auflösung so massiv nach oben gehen würde, hat uns der Markt auch schon im Vorfeld gezeigt und ist keineswegs überraschend. Erinnern Sie sich an den Hoffnungs-Schub vom 10.06.? Der gab klare Indikation, was in dem Markt steckt und ich habe das mehrfach entsprechend kommentiert.

Ist damit nun das "all clear" Signal für zögerliche Anleger da? Leider Nein.

Denn der Markt funktioniert eben anders und vor allem schneller, als unsere zögernden Hirne. Die grössten Chancen sind dann, wenn die grösste Unsicherheit herrscht. Wenn aber alles klar erscheint, ist das auch in den Kursen und schon verfrühstückt.

Ich habe Ihnen Mittwoch letzte Woche in deutlichen Worten geschrieben, dass nun der beste Zeitpunkt seit April ist, sich im Markt zu exponieren. Das war auf den Punkt. Und was ist nun? Leider ist nun, bei DAX 11.600 *nicht* mehr der optimale Punkt um sich im Markt zu exponieren.

Aber auch nicht der Schlechteste, wir haben nun einfach eine Grauzone, in der der Markt durch Griechenland hindurch schaut und sich neu positionieren wird.

Denn ich denke, dass der DAX mit den 800 Punkten, die er von grob 10.800 auf nun 11.600 hoch gelaufen ist, die Erleichterungs-Rally aus der Griechenlandsaga weitgehend verfrühstückt hat. Das zumal hier nun die Abwärtstrendlinie herunter kommt.

Es ist auch klar, wenn wir uns das grosse Bild deutlich machen. Der DAX hat ja nicht nur wegen Griechenland korrigiert, sondern auch, weil er schlicht überhitzt war. 11.600 ist ein sinnvolles Konsolidierungsniveau auch ohne das griechische Desaster.

Ich erinnere an meinen Artikel von Ende April -> Sell in May und der Supervulkan <-, in dem auch ohne griechische Pirouetten von einer Konsolidierung bis ca. 11.000 über den Sommer ausgegangen wurde.

Und wenn wir uns mal gedanklich vom griechischen Gezappel lösen und uns wieder das grössere Chartbild des DAX anschauen, das wir hier so oft vor Augen hatten, dann ist doch bisher im Rahmen einer Korrektur im bullischen Aufwärtstrend alles in Perfektion gelaufen.

Wir hatten eine 1-2-3 Korrektur bis zum 200er EMA und zum 38er Fibo Retracement, haben genau in der 10.600-11.000 Zone gedreht und genau das gemacht, was ich schon vor Monaten sagte: Unter 11.000 hat der DAX wohl mittelfristige Kaufkurse:

DAX 23.06.15

Im Nachhinein wird man sich fragen, warum man bei dieser klaren Struktur nicht zugegriffen hat. Denn klarer wird es nie sein, als es hier war. Gäbe es in diesen Momenten keine Unsicherheit, wären die Kurse nicht unten, sondern oben.

Wie geht es also von hier weiter?

Ganz ehrlich, das ist für mich auf der kurzfristigen Zeitebene im Moment ganz schwer zu sagen. Und genau so klar, wie ich den Zeitpunkt der Chance letzte Woche benennen konnte, genau so unklar, ist nun von hier ausgehend die kurzfristige Entwicklung für mich.

Auch im S&P500 bin ich übrigens keineswegs überzeugt, dass der jetzt wirklich nach oben weggeht. Das kann zwar sein, aber ganz ehrlich, eher rechne ich mit einem weiteren Rückfall in die Range und einer Fortdauer der indifferenten, leicht steigenden Seitwärtsbewegung.

Das für mich wahrscheinlichste Szenario ist eine Rückkehr des 1. Quartals. Sprich die europäischen Märkte steigen weiter und die US Indizes kommen nicht vom Fleck. Aber das muss sich erst noch zeigen, wir sollten abwarten, was der Markt daraus macht, wenn er nun durch Griechenland hindurch in die Zukunft zu schauen beginnt.

Fazit in kurzen klaren Worten:

1. Die Rebound-Chancen, die sich aus einer Auflösung des griechischen Debakels ergeben, liegen nicht vor uns, sondern bei DAX 11.600 weitgehend hinter uns. Wer diese Bewegung nun nicht mitgenommen hat, braucht nicht mehr auf sie zu warten.

2. Der S&P500 muss erst einmal beweisen, dass er wirklich nach oben weg kann. Zweifel sind erlaubt.

3. Das politische Risiko, dass doch noch ein Grexit kommt, ist aus Sicht des Marktes nun minimal und ich glaube er hat damit Recht. Sollte dieser Fall aber trotzdem eintreten, gäbe es ein Schlachtfest am Markt, denn nun ist der Markt ungeschützt, Hedges wurden aufgelöst.

4. In den europäischen Märkten kommt es nun sehr auch auf den Euro an. Wenn der wieder fällt und Goldman Sachs hat dafür heute punktgenau an der Wegscheide -> eine Studie in den Markt geknallt <-, dann kehrt im 3. Quartal die Welt des ersten Quartals zurück, mit ihren stark steigenden Kursen in Europa und dem fallenden Euro.

Das für DAX und Co. kurzfristig bullischte Szenario - die Rückkehr des 1. Quartals - tritt also absurderweise genau dann ein, wenn die Eurozone zwar den Grexit verhindert, aber ansonsten weiter herum irrt, herum eiert und noch mehr gutes Geld dem schon verlorenen schlechten hinterher wirft.

Also alles, was mir persönlich als politisch und ordnungspolitisch denkender Mensch den Bauch umdreht und übel aufstösst, wird den Euro drücken und eine Rally befeuern. Und nach dieser Variante sieht es ja wirklich aus.

Jegliche Form von klarem Schnitt aber, egal ob ein echter Grexit oder ein Griechenland in der Eurozone, dass nun endlich mit klaren, harten Massnahmen beginnt, wird den Euro eher stärken. Und damit eine massive Rally in DAX und Co. schwierig machen.

So sehe ich heute früh die Welt. Das "leichte Geld" wurde gemacht, nun blickt der Markt nach vorne und was er sieht ist indifferent. Nach einer Phase der Orientierung, sind aber weiter steigende Kurse in Europa das wahrscheinlichste Szenario.

Denn wie schon im Artikel Ende April gesagt, rechne ich weiter eher mit neuen Höchstständen in Europa zum Jahresende, als mit dem Gegenteil und einbrechenden Kursen. Don´t fight the EZB!

Ich wünsche einen erfolgreichen Tag!

Ihr Hari

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1 Gedanke zu „Verfrühstückt – Die Marktlage des DAX im griechischen Chaos“

  1. Hallo Hari-Hari ist Pflichtlektüre.Bewundernswert Dein Wissen und Instinkt.Im Fall Referendum sehe ich das aber anders.Tsipras ist gewählt,um das Volk vor weiteren g r a v i e r e n d e n Einschnitten zu schützen.Und die Einschnitte ,die auferlegt wurden sind nicht annehmbar,die muß man sich nur durchlesen.So hat er das einzig richtige getan als Politiker,der seinen Auftrag erfüllt.Er lehnt ab,aber sein Volk kann entscheiden.Das Referendum wird durchgehn.Tsipras zurücktreten(dann ist er für mich ein ganz großer Politiker im Gegensatz zu unserer Hampelmannregierung,der nichts einfällt als dem IWF und Amerika zu folgen )oder via Mißtrauensvotum stürzen.Er muß eh weg,damit Griechenland uns erhalten bleibt als Speerspitze gegen Rußland.So bleibt Griechenland im Euro,die Kommunisten sind gestürzt und mit der alten Regierung läßt sich alles durchwinken.Ach ja vielleicht gibts dann als Zuckerl eine kleinen Schuldenerlaß…und der Dax steht bei 12000.

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