Vom Zappeln, Verdrängen und der besten Strategie


Der folgenden Text erschien im Premium-Bereich im Oktober 2018 im Rahmen einer grösseren Thematik. Hier stelle ich Ihnen den Kerntext zur Verfügung, der sich um unsere Psychologie als Anleger dreht.

Am Ende folgt dann noch ein aktueller Nachtrag meinerseits.

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Das Fiese und gleichzeutig Schöne am Markt ist, dass er - wenn wir das hören wollen und es nicht verdrängen - uns aufzeigt, wie stark wir doch von Ängsten getrieben sind.

Wenn wir im Markt sind, haben wir Angst es könnte eine Korrektur geben und wir Geld verlieren.

Wenn wir aus dem Markt heraus sind, haben wir Angst er könnte uns weglaufen und wir den Einstieg verpassen.

Wenn wir gerade eingestiegen sind, mit der Absicht diese Position als Investment lange zu halten, macht uns das schnelle Minus an den folgenden Tagen doch nervös und wir fragen uns, ob wir nicht gleich wieder aussteigen sollten.

Wenn wir dann aber ausgestiegen sind, haben wir wieder Angst, es könnte genau jetzt drehen und "unsere" Aktie uns weglaufen.

Wenn wir gerade eingestiegen sind, mit der Absicht diese Position als Investment lange zu halten, macht uns das schnelle Plus an den folgenden Tagen doch nervös und wir fragen uns, ob wir die Gewinne nicht sichern sollten.

Ich könnte endlos weitermachen, ich denke wenn wir ehrlich sind, kennen wir das alle. Das genau ist unser "Affenhirn" und der Markt zeigt uns durch seine Rückkopplung via Kurse unsere Fratze im Spiegel. Und wir sollten nicht glauben, dass dieses unser Verhalten auf den Markt begrenzt sei, nein es ist Teil unseres normalen Verhaltens, nur zeigt es uns der Markt mit der Rückkopplung über die Kurse wie im Brennglas.

Einen Weg zu finden, sich darüber zu erheben, ist die Kernaufgabe, vor der wir alle stehen. Wer diesen Weg findet und die Ruhe ihn zu beschreiten entwickelt, hat eine gute Chance für konsistenten Erfolg an den Märkten. Wer diesen Weg nicht findet, ist chancenlos und wírd nur mit Glück auch mal Erfolge sehen, die man sich dann schönreden kann.

Es gibt zwei klassische Arten, wie wir damit umgehen, die beide eine Form von Selbstbetrug sind und nicht funktionieren. Es sind aber die Wege die die meisten gehen, weil es vermeintlich die einfachsten Wege sind.

Da haben wir auf der einen Seite die, die sich ihrer Affenfratze im Spiegel eigentlich gar nicht stellen wollen. Diese versenken sich in ihre Emotionen, lassen sich von ihnen treiben und versuchen durch Kompensationshandlungen ihre Emotionen zu befriedigen. Und natürlich redet man sich die Kompensationshandlungen dann vor sich selber schön.

Das führt zu einem Stil den ich immer "zappelig" nenne, sobald so ein emotionaler Trigger kommt, meint man was "tun" zu müssen, um sich selber das Gefühl zu geben, noch Herr der Lage zu sein. Wenn man einfach nur in den Wald gehen und Holz hacken würde, wäre das ja sinnvoll und würde vor allem keinen Schaden anrichten. Am Markt aber, richtet es Schaden an und es ist dieser Typus, der nie bei seinen Absichten bleibt, sondern wie ein Baum im Sturm hin und her gebogen wird und sich das noch schön redet.

Neben den zappeligen Anlegern mit mangelnder Impulskontrolle, haben wir auf der anderen Seite aber die Verdränger. Das sind die, die einen Trade als langfristiges Investment umdefinieren wenn er schlecht läuft, aber auch die, die sich schönreden, wie sehr sie sich doch über den nächsten 50% Crash freuen werden, weil sie billiger kaufen können. Natürlich können sie es in Realität dann nicht, der Vorteil der Verdränger ist aber, dass ihr Selbstbetrug nicht sofort vom Markt aufgedeckt werden kann, weswegen dieser Ansatz lange "zu funktionieren" scheint.

Zu dieser Kategorie gehören auch die, die komplett aus dem Markt, auf den richtigen Einstiegspunkt warten. Nur kommt der nie und wenn er kommt, ist die Lage so katastrophal, dass man sich nicht traut, denn eine katastrophale Lage kann immer noch desaströser werden und jeder Kurs kann sich noch einmal halbieren, auch der, der schon 50% gefallen ist.

In dem man sich einredet, man würde "weise" an der Seitenlinie warten, pflegt man auch sein Ego und betrügt sich selber, auch hier kann der Markt den Selbstbetrug aber erst viel später aufdecken, weswegen die Methodik des Verdrängens eindeutig die beliebteste ist und von vielen geflegt wird - natürlich auch ohne echten Erfolg. Denn letztlich ist diese Haltung nichts anderes als eine große, selbstgefällige Prognose, dass der Markt noch einmal auf Kurse kommen wird, die man sich wünscht. Man kann sich dabei vor sich selber auch so wunderbar als Teil einer wissenden Minderheit produzieren, die im Markt sieht, was andere nicht sehen können, die wie Schafe in ihren Untergang laufen. Nur dummerweise muss der Markt gar nichts und macht gerne das Gegenteil dessen, was wir uns wünschen. Und wer am Ende das Schaf ist, darüber entscheiden alleine die Kurse.

Beide "Methoden" sind letztlich Ersatzhandlungen. Man stellt sich dem wahren Problem nicht, weil es zu schwierig und schmerzhaft ist und pflegt den eigenen Emotionshaushalt mit Placebos. Man optimiert eben nicht das Verhalten als Anleger, man optimiert den eigenen Emotionshaushalt. Erfolg geht so nicht.

Erfolg kommt nur, wenn wir einen Weg finden, diese emotionalen Bedürfnisse an anderer Stelle als im Markt abzufackeln und wir uns bei unseren Handlungen einer klar definierten Strategie verpflichten. Mit der Strategie kommt dann im Laufe der Zeit auch Sicherheit und mit dem Gefühl der Sicherheit kommt am Ende auch emotionale Ruhe. Die können wir aber nur erreichen, wenn wir uns darauf einlassen und mal an etwas halten. Und die können wir nur im Umgang mit dem Markt erreichen, nicht ohne Impulskontrolle indem wir jeder Zuckung hinterher rennen, aber auch nicht außerhalb, in dem wir uns vor uns selbst als "weiser Außenseiter" produzieren, wo wir doch nur simple Verdränger und Vermeider sind.

Aktueller Nachtrag 24.11.19:

Die "klar definierte Strategie" zu finden, das ist die zentrale Aufgabe aller Anleger. Leider ist auch hier manches was medial angeboten wird, wenig hilfreich, weil es schnell in Besserwisserei und damit dogmatische Glaubenslehren ausartet. Sobald jemand mal eine Strategie gefunden hat, die zu einem passt und auch wirklich Ertrag generiert, müssen bei manchen Menschen alle anderen Techniken gleich abgewertet werden.

Egozentrik ist das einzig passende Wort dafür, was für einen selber nicht funktioniert, kann ja nur falsch sein. So mokieren sich eher passiv aufgestellte Anleger gerne über aktive Anleger und stellen in Abrede, dass aktives Management tatsächlich Sinn machen kann. Viele Mitgliederdepots zeigen bei uns das Gegenteil, sie zeigen Erfolg und Sínn von Stockpicking, wenn man weiss, wie man da heran gehen muss. Aber wen interessiert es, wenn die Glaubens-Burg nur fest gefügt ist. 😉

Aber das ist ja nur ein Beispiel, Goldjünger mokieren sich über Anleger am Aktienmarkt, weil die ja vermeintlich nur blind ins Verderben laufen und junge, sich selber überschätzende Trader, lachen über defensive Anleger, die bewusst und wohlüberlegt nicht über Nestle und Co. hinaus gehen.

All das ist Quatsch, all das ist eher Ausdruck eigener psychologischer Abgrenzungsbedürfnisse, als sinnvoller Diskurs. Erfolgreiche Anleger haben Besseres zu tun, als Glaubenskriege in Foren zu führen und unbedingt die Andersdenkenden zu "besiegen".

Denn die Wahrheit ist, am Markt können ganz viele verschiedene Strategien zum Erfolg führen. Nicht jede, es braucht einen "Edge", aber ganz viele. Und Dogmatismus ist eine charakterliche Eigenschaft, die grundlegend kontraproduktiv dem wandelbaren Markt gegenüber ist.

Denn der wirklich entscheidende Faktor neben einem Edge ist, dass eine Strategie zu einem selber passt, zur eigenen Psychologie, zur eigenen Risikobereitschaft, zum eigenen Kapital, zum eigenen Wissensstand, zur verfügbaren Zeit und zum Umfeld.

Selbst das Umfeld ist entscheidend, denn unzählige ernst gemeinte Versuche, jeden Crash im Sinne Buy&Hold auszusitzen, wurden schon alleine dadurch zerstört, dass nach 50% Minus der Partner bittere Vorwürfe macht, man würde mit der "Zukunft der Familie" und dem "Schicksal der Kinder" *zocken*. Dann verkauft man, natürlich am Tiefpunkt.

Wir hier bei Mr-Market, haben diesen Dogmatismus in der Community nicht. Hier gibt es Daytrader, Swing Trader, Positions Trader, Taktische Themen-Investoren, Macro-Investoren, Langfristige Investoren, Trendfolger, Fundamental- und Value-Orientierte und so weiter uns so fort.

Hier gibt es Anfänger, Feierabendanleger, Privatiers, professionelle Trader, Vermögensverwalter, Fondsmanager und so weiter und so fort. Und jeder hat seine Strategie gefunden, die zu ihm passt oder ist auf dem Weg, diese Strategie zu finden.

Und dabei, bei der Suche nach der Strategie die zu einem passt, kann gerade diese Breite an Wissen und Erfahrung immens helfen - eben gerade, weil Dogmatiker hier keine Chance haben und schnell gegen eine Wand der Intelligenz laufen. Es gibt nur einen Maßstab für Erfolg und das ist das grüne Depot.

Wenn Sie auf der Suche nach *Ihrer* Anlage-Strategie sind, schauen Sie doch mal bei uns in der Community vorbei. Schnelle mundgerechte Lösungen in 5 Minuten werden Sie da allerdings nicht finden, die kann es auch gar nicht geben, weil jeder Mensch eben anders ist. Und was beim Einen funktioniert, führt beim Anderen ins Desaster, weil beispielsweise psychologische Voraussetzungen nicht gegeben sind.

Vielmehr wird auf Sie erst einmal eine "Wand des Wissens" einstürzen und Sie Schwierigkeiten haben, das alles zu verarbeiten, was Sie da im Forum und Archiv finden. Da müssen Sie aber durch, denn wenn eine profitable Strategie für den Markt mal eben durch Studium eines Buches zu finden wäre, gäbe es wohl kaum so viele gescheiterte Anleger-Existenzen.

Am Ende ist die Breite des Wissens und der fehlende Dogmatismus aber Ihr großer Vorteil. Hier können Sie die Strategie der Geldanlage finden, die zu Ihnen passt. Und nur eine Strategie die wirklich zu Ihnen passt, werden Sie auch in Krisen durchhalten.

Übrigens, wir haben -> weitere Kolumnisten <- an Bord, neun sind es mittlerweile an der Zahl, die regelmässig-unregelmässig für Mr-Market schreiben. Scrollen Sie doch mal im Link nach unten.

Der letzte Neuzugang ist promovierter Neurobiologe, schreibt über die Hirnforschung und wird unser anlagetechnisches "Affenhirn" daher mal von der wissenschaftlichen Seite aus beleuchten. Ein spannendes Thema wie ich meine, das mehr mit ihrer Strategie zu tun hat, als die Allermeisten ahnen oder wahrhaben wollen.

Ihr Michael Schulte (Hari)

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