Der folgende Beitrag erschien schon Mittwoch 06.05.15 12:30 in Hari Live
Die Allianz hat heute überraschend gute Zahlen geliefert und der bisherige -> CEO Michael Diekmann übergibt an Oliver Bäte. <-
Da lohnt sich doch mal wieder ein Blick auf das Chart zu werfen, um zu schauen, was das zur Lage sagt. Dieses zumal die Allianz-Aktie ja über Monate zu meinen Favoriten gehörte und ich auch den Einbruch durch den Abgang von Gross bei Pimco, für übertrieben gehalten habe. Im Nachhinein war das ja auch eine geniale Kaufgelegenheit:
Was wir sehen, ist erst einmal ein Chart, das danach schreit, dass es nun von 150€ erst einmal wieder hoch geht. Zu klar ist die Unterstützung und zu überverkauft die Lage. Die guten Zahlen sind nun ein Katalysator, der eine Wendeformation in Gang setzen sollte.
Berücksichtigen Sie aber bei der Betrachtung bitte den morgigen, massiven Dividendenabschlag, der dieses Chart-Bild optisch zerstören wird, ohne dass dem Einbruch ein wirklicher Vermögensverlust gegenüber steht. Nehmen Sie also bitte nicht 150€ als Stop. 😉
Nur wohin geht die Reise, nach dem dieser initiale Schub nach den Zahlen dann ausgelaufen ist? Dabei bin ich nun erst einmal latent skeptisch und kann mir einen Verlauf wie eingezeichnet gut vorstellen, der aber natürlich nur ein Szenario unter vielen ist.
Zwei Faktoren sind dabei dominant:
Erstens wäre die Allianz wohl eine der Hauptleidtragenden, falls sich der beginnende Anstieg der Renditen der Staatsanleihen weiter fortsetzt. Die Allianz ist durch regulatorische Anforderungen, wie andere europäische Versicherer, bis zur Halskrause mit Staatsanleihen voll geladen. Bis letzten Monat konnten diese Anleihen durch die sinkenden Zinsen Buchgewinne erzielen, nur was passiert in der Gegenrichtung? Und wie sind diese Buchgewinne bilanziert?
Denn die Interessen der Lebensversicherungskunden und der Aktionäre der Allianz sind nicht gleich gerichtet. Die extrem gefallenen Renditen sind gefährlich für die bestehenden Lebensversicherungsverträge, deren dauerhafte Tragfähigkeit in Frage gestellt werden könnte, wenn die Nullzinsphase lange andauern sollte. Für die Bewertung der riesigen Bestände an Staatsanleihen bei den Versicherern aber, waren die fallenden Renditen aber kurzfristig erst einmal positiv und das tat den Aktionären gut.
Langfristig werfen die Niedrigzinsen aber auch für die Aktionäre Fragen auf, denn wenn der temporäre Effekt der Buchgewinne ausgelaufen ist bleibt die Frage, wo denn die Erträge her kommen sollen. Das bei wieder steigenden Anleihen-Renditen auf die Versicherungskonzerne aber bilanzielle Fragezeichen zukommen, die die Börsen dann nicht kalt lassen werden, erscheint mir zumindest wahrscheinlich.
Aber auch ein zweiter Faktor ist am Werk und dass ist die Tatsache, dass der langjährige Chef Michael Diekmann nun seinen Abschied genommen hat und natürlich mit einer guten Zahlenbilanz. Es ist eine reine Vermutung meinerseits, aber es wäre nicht der erste Fall, bei dem zu so einer Abschlussbilanz dann allerlei "optimiert" wird, um das Bild zum Abschluss besonders gut aussehen zu lassen. Natürlich nur im legalen Gestaltungsrahmen, der ist aber im Bereich IFRS erheblich und gibt grossen Spielraum. Lesen Sie im Zweifel -> hier <-.
Und neue Chefs machen - wenn sie klug sind - dann am Anfang sowieso erst einmal ein bilanzielles "Grossreinemachen", weil sie bei den ersten Quartalen dafür noch nicht in persönliche Haftung genommen werden.
Beide Faktoren zusammen gemahnen in meinen Augen zur Vorsicht und das Risiko ist daher für mich da, dass wir am 13.04. bei 170€ bei der Allianz ein zumindest mittelfristiges Hoch gesehen haben.
Deswegen muss man nun nicht ins andere Extrem kippen und die Allianz zu einem Short erklären, dafür sehe ich keine Grundlage. Aber für mich ist die Allianz nun also kein zwingender Favorit mehr, sondern ich rechne eher damit, dass die Aktie dem Markt in den kommenden Monaten vielleicht sogar hinter hinken wird.
Wer in der Aktie drin ist, sollte den absehbaren Anstieg nach den guten Zahlen, nun also vielleicht kritisch beobachten.
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Moin Hari,
Deinen Ausführungen zum Thema Zinsanstieg und Einfluss auf den Allianz-Gewinn kann ich nicht folgen. Der allergrößte Teil der Staatsanleihen liegt im Sondervermögen, d.h das betrifft die AG und somit Aktionäre kaum, da es Performance-Trigger für den Verwalter im klassischen LV-Geschäft praktisch nicht gibt. Dieses Sondervermögen wurde und wird auch nicht marktwertaktualisiert wie bei einem Investmentfonds, weil Kursgewinne bei LVen irrelevant sind, da die die Titel zum Tagespreis kaufen und idR halten bis zur Fälligkeit, so daß die bisherigen „Kursgewinne“ nirgends G&V- oder Bilanzrelevant ausgewiesen werden und wurden und dadurch auch keine Auswirkungen auf die G&V der Allianz SE haben. Die Marktveränderungen finden sich in den sog. Bewertungsreserven wieder um die zur Zeit zwischen Altvertragshaltern, während deren Sparzeit sie entstanden sind (wegen ständig sinkender Zinsen) und den Inhabern jüngerer Verträgen gestritten wird.
Ferner glaube ich, daß Diekmann ein sehr gut bestelltes Haus an Bäte übergibt. Bäte wird m.E. kaum Anlass haben irgenwo auszumisten, sondern brav den eingeschlagenen Weg weiter gehen und bei Gelegneheit rechts und links strategisch sinnvolles einsammeln …
Insofern bin ich zuversichtlich, daß die Allianz aktuell immer noch eine gute Kaufgelegenheit ist.