Die Notenbanken machen Ernst – 14.09.12 – DAX & Co. mit historischen Höchstständen ?

09:00

Wir erleben an den Finanzmärkten gerade Historisches. Denn wir betreten geldpolitisches Gebiet, dass noch nie zuvor betreten wurde. Nachdem die EZB den unbegrenzten Ankauf von Staatsanleihen in die Wege geleitet hat und auch Chinas Notenbank wohl kurz vor neuem Stimulus steht, legt nun die FED nach.

Und was die FED macht, hat den Charakter eines "Game Changers".

Denn die FED erklärt unmissverständlich, dass Sie in Zeit und Höhe unbegrenzt und solange im Markt interveniert, bis sich der Arbeitsmarkt in den US gebessert hat.

Alle bisherigen Programme hatten zeitliche und volumenmässige Begrenzungen. Nun also ist die FED "all in". Damit macht die FED defacto Arbeitsmarktpolitik und übernimmt Aufgaben, die eigentlich der Regierung zufallen.

Die Reaktion der Finanzmärkte ist eindeutig. Und ich warne davor, das jetzt nicht ernst zu nehmen und sich bei der Geldanlage von berechtigten Sorgen um die langfristigen Folgen dieser Politik leiten zu lassen. Natürlich kennt niemand die Nebenwirkungen der Medikamente die nun verabreicht werden. Und ich bin sicher, dass uns in den nächsten Jahren massive Währungskrisen und schlimme Verwerfungen bevor stehen. Ebenso wie ich sicher bin, dass das Gerede um "Sterilisierung" letztlich Unfug ist und wir früher oder später vor einer massiven Assetprice-Inflation stehen. In den Ballungszentren Deutschlands ist diese auf dem Immobilienmarkt ja schon zu beobachten. Der Aktienmarkt dürfte der nächste Ort werden, an dem die Liquidität zu massiven Anstiegen führt.

Um an der Börse zu gewinnen muss man aber nicht nur richtig liegen, sondern das auch genau zum richtigen Zeitpunkt. Es nützt also nichts, sich über die absehbaren Folgen dieser gigantischen weltweiten Gelddruckmaschine im Klaren zu sein. Im Gegenteil, wenn man zu früh diesen Sorgen folgt, wird man überrollt. Man muss vielmehr geduldig warten und erst dann - wenn auch die anderen Marktteilnehmer skeptisch werden - dann ist die Zeit die eigenen Überzeugungen zu Gewinn zu machen.

Wichtig wird in dieser Phase der monetären Expansion sein, in den richtigen Segmenten des Marktes investiert zu sein. Denn ich erwarte nicht, dass alle Boote des Marktes gleichermassen gehoben werden. Im Lichte der Politik der FED bieten sich zwei Bereiche an:

1. Die Assets die direkter Geldersatz sind - die also letztlich Währung sind. Darunter fallen primär Gold, Silber und Öl sowie alle Aktien die direkt davon profitieren. Sekundär dann auch Platin, Palladium und alle sonstigen begrenzten Rohstoffe. Das frische Geld dürfte seinen Weg in diese Assets finden, da sich jeder darüber im Klaren ist, dass die Papierwährungen durch diese Politik weiter entwertet werden. Es geht also primär um Geldersatz und dabei hat Gold ganz klar die Führungsrolle. Um den Goldpreis ist mir nicht bange, solange die monetäre Expansion der Notenbanken anhält. Und laut Bernanke wird das über den Zeitraum hinaus andauern, an dem die US Wirtschaft wieder Fahrt aufgenommen hat. Also voraussichtlich bis 2014 oder länger.

2. Die gross kapitalisierten Aktien mit hohem Cashflow. Also die Aktien die man gemeinhin als "Bluechips" charakterisiert. Das ist nicht mit "defensiv" zu verwechseln, auch Apple fällt darunter und ist sicher keine defensive Aktie. Denn diese werden für die multimilliarden an institutionellem Geld, dass nun aus Bonds heraus fliesst, als Bond-Ersatz dienen. Die Tendenz, dass die grossen Indizes besser laufen als die breite Menge der Nebentitel, dürfte also anhalten. Wer sich zu stark auf Nebentitel konzentriert, dürfte also erneut eine Unterperformance erleben und mitansehen müssen, wie sich seine Aktie dürftig entwickelt, während die Indizes zu neuen Höchstständen steigen.

Ab heute befinden wir uns also in "Uncharted Waters". Denn eine zeitlich und mengenmässig unbegrenzte Intervention der Notenbank hatten wir noch nie. Und wie sich das mittelfristig auf die Psychologie der Märkte auswirkt ist unvorhersehbar. Bisher war es zum Beispiel immer so, dass in einer Korrektur die Spekulation auf ein Eingreifen der Notenbanken psychologisch stabilisierend wirkte. Was wird nun aber passieren, wenn es trotz dieser Notenbank-Interventionen zu einer starken Abwärtsbewegung kommt ? Wie wird sich das auf die Psychologie der Märkte auswirken ? Keiner weiss es, weil wir dieses Szenario historisch noch nie erlebt haben.

Um einzuschätzen, was das für die Geldanlage bedeuten könnte, muss man die unterschiedlichen Zeithorizonte betrachten:

Kurzfristig

Kurzfristig im Sinne der nächsten Tage, haben wir das Potential, dass sich die Rally nach einer Phase der Begeisterung erst einmal erschöpft. Jeder Markt muss mal Luft holen. Ganz typisch für Mr. Market wäre auch, dass er genau dann wenn alle aufatmen weil nun FED, EZB, BVG etc. hinter uns liegen, zur Korrektur ansetzt. Genau dann, wenn niemand mit einer Korrektur rechnet. Dieser Zeitpunkt könnte vielleicht Anfang kommender Woche sein.

Ich rechne aber damit, dass in diesem Umfeld jede Korrektur nur flach sein wird und eine Kaufgelegenheit ist.

Mittelfristig

Mittelfristig zum Jahresende und darüber hinaus, stehen alle Ampeln nun auf Grün. Nur überraschende, exogene Ereignisse wie Krieg oder Katastrophen, dürften dieses Bild verändern können.

Wie ich hier schon mehrfach schrieb, rechne ich mit Wahrscheinlichkeit mit historischen Höchstständen in DAX, S&P500 und Co. zum Jahresende. DAX 8500 und S&P500 1600 sind durchaus denkbar und für mich persönlich wahrscheinlicher als entsprechende Abstürze.

Die Assets die man dafür spielen muss, habe ich oben genannt. Wir haben nun die Chance, ein paar Monate des ruhigen, wenig volatilen Hochschiebens vor uns zu haben. Denn die Notenbanken haben dem Markt nun einen Boden eingezogen und wie wir alles wissen, tendieren Märkte dazu zu übertreiben - auch nach oben.

Ich persönlich bin ja, wie Sie als Leser wissen, schon seit Juli Long&Strong im Markt, werde aber Korrekturen nutzen um nachzulegen. Ich versuche so viel wie möglich von diesem einmaligen Marktumfeld mitzunehmen. Wer weiss, wann wir wieder mit so einem Sicherungsnetz der Notenbanken wie aktuell operieren dürfen.

Langfristig

Langfristig, mit Blick auf Jahre, tauchen in meiner Erwartung nun bittere Worte wie "Währungskrise" oder "Währungsreform" auf. Ich bin sicher, diese Medizin der Notenbanken wird massive, ungewollte und bittere Nebenwirkungen haben. Aber diese Brücke überqueren wir erst, wenn wir vor ihr stehen. Ich kann daher nur dazu raten, solche Gedanken oder Artikel im Moment zu verdrängen und sich ganz darauf zu konzentrieren, aus dem mittelfristigen Horizont das Maximum an Ertrag zu holen. Langfristig werden wir es brauchen und davon zehren müssen.

Und noch eine Lehre sollten wir alle mitnehmen. Erinnern Sie sich an Mitte Juli, als der Markt zum Sprung ansetzte und ich hier mehrfach schrieb, dass ich dieser Rally Bedeutung zumesse und sich hier Grosses zusammen braut ? Nun wissen wir warum der Markt zum Sprung ansetzte und wieder hat uns Mr. Market bewiesen, dass er mehr weiss als wir und niemand einen besseren Riecher für die Zukunft hat. Deshalb sollte es uns eine Lehre sein dem Markt zu folgen, statt zu glauben wir könnten zukünftige Entwicklungen besser einschätzen. Mr. Market hat lange vor den meisten hier im Blog das "All In" der Notenbanken gerochen. Und wer ihm einfach gefolgt ist, sitzt nun schon auf dickem Plus. Machen Sie den selben Fehler jetzt also nicht noch einmal. Folgen Sie dem Markt und seiner Price-Action. Nur so wird Erfolg an den Börsen gemacht. Die Wallstreet ist übersät mit den Leichen derjenigen, die klüger als Mr. Market sein wollten.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen viel Erfolg und ein gutes Händchen. Und vergessen Sie bei aller positiven Sicht die Absicherung nicht ! Denn egal wie klar etwas aussieht, die Zukunft ist unbestimmt und es kann immer anders kommen. Und auch Mr. Market hat eine Historie darin, auf dem Absatz umzudrehen und in die Gegenrichtung zu marschieren. Mr. Market zu folgen, erfordert gedankliche Flexibilität und Wachsamkeit !

Ihr Hari

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25 Gedanken zu „Die Notenbanken machen Ernst – 14.09.12 – DAX & Co. mit historischen Höchstständen ?“

  1. Wieder einmal sehr gut den Markt eingeschätzt Hari, Hut ab 🙂

    Ich frage mich wie lange es noch dauern wird bis Notenbanken, speziell die FED, erkennen, dass unlimitertes Geld drucken vielleicht doch nicht so wirkungsvoll ist wie sie es gern hätten! Zudem kann der Herr Bernanke, auch wenn er es stark dementiert, keinem weismachen, dass die Entscheidung nicht politisch motiviert war, gerade wenn man bedenkt, dass Romney öffentlich überlegt hat ihn nicht nocheinmal einsetzen zu wollen. Wen interessieren da langfristige Konsequenzen? (Ich glaube bei Politikern heißt langfristig „nach der nächsten Wahl“ und wen interessiert das schon…)
    Denn der langfristige Nutzen (und sowieso den für die breite Bevölkerung) ist doch fragwürdig wenn man bedenkt dass die ganze Welt Geld druckt, was den Wirkungsgrad für jede einzelne Wirtschaft reduziert oder nicht?

    Die Aussichten würde ich ähnlich sehen, ob Höchstände (welche man sicher bald auf den Covers diverser Fachmagazine ablesen kann) gerechtfertig sind ist die andere Frage.
    Bin mal gespannt auf die Quartalsberichte, würde mich nicht wundern, wenn einige Unternhemen speziell im Q4 unter steigenden Rohstoffpreisen leiden, die sie nicht schnell genug an ihre Kunden weiter geben können! Auf der anderen Seite, wie Zerohedge treffend schreibt, „…at times it seems a dream that fundamentals would ever matter again“, muss man sich fragen, ob das überhaupt jemanden interessieren wird!

  2. Hmmm aber damit haben die Notenbanken ja jetzt ihr Pulver verschossen. Ich glaube nicht, dass neue Höchststände ein Selbstläufer werden. Wenn zB der US-Jobmarkt auch trotz der Milliarden nicht in Gang kommt oder China auf die bremse tritt oder die nächsten Quartalsgewinne doch nicht so hoch sind usw.
    Spannende Zeiten, warten wir’s ab…

  3. Ich traue mich auch nicht so richtig rein. Die QE-Effekte nahmen mit jedem Programm ab und seit gestern Abend stehen die Notenbanken mit vollem Risiko bzw. mit allem was sie haben in der Pflicht (z. B. die EZB als Staatsanleihen-Ramschbude bei 85 Mrd. Eigenkapital und damit Hebel 35 bei ca. 3 Bill. Bilanzsumme). Was & wie wollen die als nächstes ankündigen, vor allem, wenn es wieder rappelt? Hari hat ja dieses Szenario schon angesprochen.

    Was passiert eigentlich, wenn die Realität (Berichtssaison/Wirtschaftsdaten) im nächsten Quartal schlechter wird – divergieren Kurse und Realität dann trotzdem noch weiter auseinander?

  4. ElMariachi und Holgerson, genau das sind aber die Überlegungen, die nach meiner Erfahrung nichts bringen. Im Gegenteil, Ihr wollt klüger als der Markt sein, denn der feiert gerade. Und ihr erklärt dem Markt, dass er zu Unrecht feiert. Vielleicht habt Ihr ja sogar recht, es ist trotzdem irrelevant. Denn Mr. Market interessiert es nicht die Bohne und nur was auf dem Kurszettel steht zählt wirklich !

    Es ist einfach wichtig zwischen grundsätzlichen Überlegungen und konkretem Handeln hier und jetzt zu unterscheiden. Eure Überlegungen machen ja Sinn, nur interessiert es den Markt hier und jetzt nicht. Ich habe diese Überlegungen auch und habe sie im Hinterkopf für die Zeit, wenn sie wichtig werden. Aber ich handele im hier und jetzt in der Gegenwart.

    Und im übrigen ich feiere gerade mit und schiebe meine Stops permanent nach oben mit. Was interessiert mich also eine Wende im Markt ? Mittlerweile auch nicht mehr die Bohne. Dann wechsele ich halt auf die Gegenseite. Aber erst wenn es passiert ist und nicht per Ratespiel vorher !

    Wenn Ihr mir es nicht glaubt, kann ich Euch endlose Kommentare von anderen erfolgreichen Pros zeigen, die alle auf das Gleiche hinaus laufen. Der Versuch die Zukunft zu erraten „is a Loosers Game“.

    Ich weiss, dass ist eine harte Wahrheit und Ihr mögt bestimmt nicht, was ich gerade schreibe. Aber ich will Euch helfen Erfolg zu haben, Euer Ego streicheln und damit dann auf Eure Kosten Geld verdienen, das machen schon genügend andere im Finanzmarkt. Ich will die Ausnahme sein, aber Wahrheit tut manchmal weh.

    Geld wird gemacht, in dem man Setups erkennt. In diese Setups einsteigt und sich nach unten absichert. Und dann abwartet, was heraus kommt. Die besten Setups sind übrigens die, bei denen man sich emotional eine Klammer auf die Nase stecken muss, weil es stinkt. So wie im Juli Long&Strong zu sein. Das ist übrigens genau der Grund, warum der Markt gerade so abhebt, Massen an Skeptikern für die das stinkt, was wir gerade erleben. Und die das Gleiche denken wie Ihr.

    Und diese Setups gibt es aktuell in Masse, denn der Markt drängt mit Macht nach oben. Also Aktien mit Momentum und Nachholpotential auswählen. Stop auf die Niveaus vor EZB und BVG also von Anfang September. Und dann einfach abwarten. Risiko dann vielleicht 5% und Potential ein Vielfaches. Das ist ein Setup. Was hindert daran es zu spielen ? Eine höhere Sicherheit als wenn alle Notenbanken gleichzeitig aufs Gaspedal treten, werden wir so schnell nicht mehr erleben. Und 5% Risiko gibt es immer im Aktienmarkt. Ohne Risiko keine profitablen Gelegenheiten.

    Wenn alle Skeptiker wie Ihr dann im Markt sind, dann wird es wieder gefährlich. Das stimmt. Das dauert aber noch Wochen, denn zunächst graben sich diese Leute in ihrem Bias ein, sie gehen sozusagen in die gedanklichen Schützengräben. Auch das ist typisch für den Sentimentcycle. Und ja, grössere Korrekturen kommen noch garantiert. Aber auch über diese Brücke gehen wir dann, wenn wir vor ihr stehen. Eine kleine Korrektur dürfte schon in Kürze anstehen.

  5. „Geld wird gemacht, in dem man Setups erkennt. In diese Setups einsteigt und sich nach unten absichert.“

    Da mir einfach die Technik und Erfahrung fehlt, diese Setups mehr oder weniger sauber zu erkennen, schaue ich mir das von der Seitenlinie aus an und denke derweil über Dein „antizyklisches Modell der Marktwahrnehmung“ nach.

    Bzgl. der Setups komme ich mir mehr oder weniger als totaler Legastheniker vor, ein Beispiel:

    „Also Aktien mit … Nachholpotential …“

    Tja, Banken haben Nachholpotenzial. Defensive Bluchips eher nicht. Mehr fällt mir dazu nicht ein, schon gar keine konkreten Titel, die ich auf dem Radar haben könnte. Im Prinzip reicht meine Wirtschaftskompetenz nur aus, um das Geschäftsmodell von beispielsweise VW oder Adidas zu erfassen/verstehen – wie soll ich da spezielle Einzeltitel mit Nachholbedarf bestimmen oder gar traden 🙂

    Bis jetzt war die Börse und das drumrum recht interessant, aber langsam fange ich an, mir ernsthaft Sorgen um unsere Ersparnisse zu machen. Blöderweise fehlen mir die Kenntnisse und Werkzeuge, um in den nächsten Monaten die richtigen Entscheidungen für die Zukunft zu treffen.

  6. @ Holgerson,

    Indizes haben genau so Setups. Wie zb der GDX, der ETF aller Goldminen. Und auch Bluechips haben teilweise Nachholpotential, natürlich nicht jeder.

    Und um ein Setup zu erkennen, musst Du nicht das Geschäftsmodell bis in alle Einzelheiten verstehen. Das ist die Aufgabe für den Investor, nicht für den Trader. Dem Trader sagt die Price-Action im wesentlichen alles, was er wissen will. Beide Modelle funktionieren, wenn man sie konsequent spielt.

    Was Deine Sorge um unsere Ersparnisse angeht, teile ich die völlig. Du erinnerst Dich sicher an meine diversen sehr kritischen Artikel inklusive dem mehrfach beschriebenen Szenario des „Resets“. Und die Aussage, dass die Bundesrepublik Deutschland dem Ende zusteuert, liest Du sicher auch nicht an jeder Strassenecke. Du darfst mich also durchaus auch als Skeptiker bezeichnen und ich habe grosses Verständnis für Deine Überlegungen.

    Aber gerade deswegen ist es wichtig, die Elfmeter mitzunehmen, wenn sie einem von den Notenbanken vor die Füsse gelegt werden. Von irgend was müssen wir ja leben, wenn all die erwarteten Katastrophen eintreffen. Es ist wie bei den Tieren vor dem Winter. Die sind auch klug vorher Speck anzusetzen. Die wissen auch, dass der Winter kommt. Das sollte sie aber nicht daran hindern, sich im hier und jetzt des Herbstes den Wanst voll zu fressen, solange es geht.

  7. Als Anleger freuts einen natürlich, wenn das Depot vor lauter historischen Entscheidungen „ergrünt“. Als Staatsbürger wird es aber einem mit der Zeit immer mulmiger.

    Hari hat aber recht – wenn wir die Möglichkeiten geboten bekommen, solche Anstiege mitzunehmen, dann machen wir das doch auch erst mal. Was danach kommt, wissen wir nicht. Außerdem: Man kann nicht alles haben. Und wenn man als Staatsbürger so nachdenkt…..

    1. Geldpolitische Konzeption: Ja, Staatsfinanzierung durch die Notenbank darf eigentlich nicht sein. Aber: Die Spanier und Italiener sind ganz schön in der Bredouille. Sie können nicht sanieren UND die Konjunktur auf Trab bringen. Beides zusammen GEHT NICHT. Also macht die EZB etwas, was sie gar nicht dürfte. Ich sehe darin nicht das größte Problem. Das Problem sehe ich darin, daß den Spaniern und Italienern irgendwann einfällt, daß sie keine Lust mehr haben zu konsolidieren. Dann geht nämlich der ganze Mist von vorne los, mit dem Unterschied, daß das Pulver dann irgendwann verschossen ist. Das ganze ist eigentlich eine Wette auf den Goodwill der Italiener und Spanier. Allerdings hat Deutschland nach dem Ende der High-Tech-Blase auch nicht gerade die allersolideste Politik betrieben. Es musste erst mal schlimmer kommen, ehe es besser werden konnte. Außerdem hat damals die EZB die Zinsen für uns tief gehalten, was irgendwann geholfen hat, aber natürlich die damalige Überhitzung im Süden begünstigte, welche die Folgen zeitigte, die heute eingetreten sind.

    2. Preisstabilität: Auch sehr kritisch. Aber Abkehr davon vorübergehend vielleicht hinnehmbar. Auch hier wieder ist die Wette, daß man zu diesem Regime irgendwann wieder zurückkehrt, weil es später nicht mehr nötig sein wird. Nur was ist, wenn die Inflationsspirale bis dahin losgetreten ist? Und Inflation ist etwas sehr unsoziales. Von den Steigerungen der Aktienmarktpreise und von der Sozialisierung der Staatsschulden des Südens profitiert doch in erster Linie der vermögende Sektor. Jedoch Preisanstiege von 4 % und mehr treffen den kleinen Mann, den einfachen Angestellten, die Familie mit Kindern, die kleine Rentnerin. Wenn die aber merken, was ihm der Euro dann am Ende gebracht hat, dann werden sie umso lauter das Ende des Euro fordern. Und dieser Wille wird politisch kanalisiert werden.

    3. Währungsstabilität: Den Euro zur Weichwährung zu machen ist vielleicht gut für die deutsche Exportindustrie, aber schlecht für alle anderen. Ein weicher Euro ist nichts anderes wie eine Subventionierung deutscher Exporte, die die Franzosen/Italiener/Spanier noch mehr aus dem Markt drücken. Die Targetsalden werden noch weiter anschwellen. Deutschland wird damit immer erpressbarer werden.Der Euro ist damit auf Dauer nur tragbar als Währung von Ländern mit vergleichbaren Wirtschafts- und Sozialstrukturen. Übrigens, die Schweiz ist ein Land mit einer Wirtschaftsstruktur, die der deutschen sehr ähnelt, und folglich liegt der Franken seit über einem Jahr zum Euro stabil, somit ist der Franken de facto Teil des Euroraums. Die Zinsunterschiede sind minimal. Die Spreads zum Süden sind es noch, aber das kann sich wieder ändern, nämlich dann, wenn Zweifel entstehen an der Nachhaltigkeit der Reformwilligkeit des Südens.

    4. Politische Stabilität: Ein System, das wirtschaftlich nicht gesund ist, kann es politisch auf Dauer nicht sein. Der Norden wird rebellisch werden, weil die wirtschaftliche Stabilität in Gefahr steht. Der Süden ist jetzt bereits rebelllisch, weil er mitten in der Krise steckt. Mit nur finanztechnischen Mitteln wird man der Sache auf die Dauer nicht beikommen. Die Ängste der Bürger müssen ernst genommen werden. Es muss dezentralisiert werden, nicht zentralisiert. Geschieht das nicht, so werden politische Plattformen entstehen, die diese Ängste kanalisieren. Es braucht außerdem Personen und Konzepte, die den Leuten Orientierung geben können. Außerdem ist eine solide Wirtschaftspolitik zugleich die beste Sozialpolitik.

  8. @Hari, Deine Worte haben mir Anlaß zum nachedenken gegeben. Du hast geschrieben:

    „Es ist einfach wichtig zwischen grundsätzlichen Überlegungen und konkretem Handeln hier und jetzt zu unterscheiden. Eure Überlegungen machen ja Sinn, nur interessiert es den Markt hier und jetzt nicht. Ich habe diese Überlegungen auch und habe sie im Hinterkopf für die Zeit, wenn sie wichtig werden. Aber ich handele im hier und jetzt in der Gegenwart…..Wenn Ihr mir es nicht glaubt, kann ich Euch endlose Kommentare von anderen erfolgreichen Pros zeigen, die alle auf das Gleiche hinaus laufen. Der Versuch die Zukunft zu erraten “is a Loosers Game”.“

    Interessant an solchen Überlegungen ist, wie dieses Spiel genau eigentlich funktioniert. Der Markt ist doch eigentlich nichts anderes wie eine Zusammenfassung kollektiver Versuche, die Zukunft zu erraten. Demzufolge würde jeder Marktteilnehmer das „Loosers Game“ spielen. Warum das nicht so ist, muß wohl damit zu tun haben, daß man aufgrund der Marktdaten Rückkopplung erhält über das Denken der anderen und dieses in seine eigenen Überlegungen einbeziehen kann. Auf diese Weise kann man dann Schlüsse ziehen, wie die anderen rechnen. Insofern ist es dann etwas normales, die Zukunft erraten zu wollen. Ein „Loosers Game“ wird doch erst dann daraus, wenn man die Signale der Außenwelt ausblendet und seine vorgefaßte Sichtweise beibehält. Der Markt ist sozusagen der Spiegel, den man vorgehalten bekommt. Was natürlich noch lange nicht heißt, daß der Markt eine durch und durch rationale Veranstaltung ist. Sondern viele, wenn nicht die meisten, denke ich, handeln so wie sie handeln, weil es andere gibt, die auch so handeln. So daß es im Kern nicht darum geht, die Zukunft zu erraten, sondern zu erraten, wie die anderen sich wohl verhalten werden.

    Ich habe, fällt mir gerade ein, mal ein Interview mit den legendären Fondsmanager Peter Lynch gelesen. Der sagte, um am Aktienmarkt erfolgreich zu sein, müsse man nicht so sehr viel von Wirtschaft verstehen, sondern ein guter Pokerspieler sein. Würde das dann ja voll bestätigen.

  9. @ Tokay,

    Du sagst: „Der Markt ist doch eigentlich nichts anderes wie eine Zusammenfassung kollektiver Versuche, die Zukunft zu erraten.“

    Überwiegend ja, aber eben nicht alle grübeln über die Zukunft, Algos sowieso nicht. Den erfolgreichen Pro zeichnet gerade aus, dass es ihn nicht interessiert zu raten. Er weiss nicht was die Zukunft bringt. Er sieht aber das Setup in der Gegenwart, dass ihm nach seiner Analyse ein positives Chance/Risiko Verhältnis beschert, zb eine 70/30 Chance. Bei der Bewertung dieser Situation fliessen natürlich auch Sentimentdaten bzw das direkt in der Price-Action steckende Sentiment des Marktes ein. Insofern ist das Beispiel mit dem Pokerspieler also treffend.

    Dann geht der Pro den Trade ein, nicht weil er weiss was die Zukunft bringt, sondern weil er ein gutes Blatt hält um mitzubieten. Und wenn er doch verliert, geschieht das automatisiert per Stop und Schulterzuckend, denn die nächste Chance ist um die Ecke.

    Wenn man es also schafft durch Fleiss und Wissen, immer die 60/40 oder 70/30 Chancen als Setups zu identifizieren und dann die Verluste zu begrenzen und die Gewinne laufen zu lassen, lässt sich Reichtum gar nicht vermeiden. Und das völlig ohne sich Gedanken darum zu machen, was die Zukunft bringt. Man muss dazu „nur“ die Gegenwart verstehen, was aber nur die Besten schaffen.

    In Summe ist der Vergleich mit dem Pokerspieler also durchaus treffend, wenn auch wie alle derartigen Metaphern nur teilweise. Der Pokerspieler kennt sein Blatt (den Setup) und die Psychologie der anderen am Tisch. Das ist in Summe die halbe Miete.

  10. „Er sieht aber das Setup in der Gegenwart, dass ihm nach seiner Analyse ein positives Chance/Risiko Verhältnis beschert, zb eine 70/30 Chance.“

    Ein schönes Beispiel für diesen Gedankengang ist ja der Silber-Trade, der hier vorgestellt wurde.
    Man hat sich am Scheideweg positioniert und konnte sich damals zusammenreimen wie wahrscheinlich es ist, dass die Notenbanken den Hahn aufdrehen. Das war ein sehr gutes CRV und die Idee ist aufgegangen.

  11. Richtig pxtc, und vor allem Willkommen im Blog ! 😉

    Ich gebe hier andauernd Hinweise auf so Setups, man muss sie nur zu lesen wissen. So habe ich zB vor Kurzem mal in den Tips erwähnt, dass man bei Salzgitter nun einen Stop bei 27€ einziehen kann und auf das Momentum des Sektors wetten. Das war bei 31,5. Eine Woche später sind wir fast 10% höher.

    Gerade in den Tips gebe ich immer wieder Hinweise auf Setups, ich nehme aber nicht die ganze Arbeit ab um das mundgerecht fertigzustellen. Wer das will, müsste mir meinen Stundensatz zahlen und der ist im mittleren dreistelligen Bereich. 🙂

  12. @Hari

    Sehr gut geschrieben. Trotz aller egalitären Anwandlungen wäre ich gerne in einer Situation, wo sich Reichtum gar nicht vermeiden liesse… ;-).

    Mein Beispiel ist etwas vereinfachend, ich geb’s ja zu. Die Einschätzung von Chancen und Risiken habe ich letztlich stillschweigend unter „Raten“ subsumiert, wenn auch unter einer fundierten Art des Ratens, denn letztlich sind das ja subjektive Wahrscheinlichkeiten und keine, die auf Messungen im naturwissenschaftlichen Sinne basieren. Außerdem kann man immer nur mit Vergangenheitswerten operieren, und seit 2008 wurde so einiges an Konzepten ad absurdum geführt. Mir kommt da auch eine Analogie zu Schachgroßmeistern in den Sinn, oder überhaupt zu „Großmeistern“ aller Art. Die haben einfach einen ungeheuren Grundwortschatz bzw. Erfahrungsschatz, der sie trägt.

    An mir selber stelle ich auch fest, wenn ich denke, wie ich zu Zeiten der High Tech Blase 2000 über die Börse gedacht habe und wie ich heute darüber denke, da hat sich einiges verändert – will mich damit aber nicht selber beweihräuchern, dazu habe ich keinen Anlaß. Man lernt im Lauf der Zeit sehr viel, und da kommt noch ein Punkt ins Spiel, das Lernen aus der Geschichte bzw. aus der Vergangenheit. Die selbst gemachte Erfahrung, vor allem die Negative, die einem ins Bewußtsein ruft, was man selber schon alles mal falsch gemacht hat. Aber auch die Intuition, hatte man von Anfang an ein durch und durch gutes Gefühl, oder schwang da doch ein gewisses ungutes Gefühl mit? Manchmal ist man aber auch verblüfft festzustellen, wie man doch immer wieder die gleichen Fehler macht, z.B. Hinterherlaufen hinter gestiegenen Kursen, Spekulieren auf den Turnaround, Ignorieren von schlechten Nachrichten und Fakten und, und, und…

    Was in heutiger Zeit immer mehr ins Spiel kommt, sind die „Unknown Unknowns“, im Gegensatz zu den „Known Unknowns“, also von Dingen, die keiner richtig einschätzen kann, weil sie so noch nie da waren. Da könnten die jüngeren, geistig wachen Leute im Vorteil sein, weil sie die neue Zeit besser verstehen (und nicht wie wir „alten Säcke“ in ihrem Denken gefangen sind… ;-)). Ein bisschen was ist dran.

  13. Stimmt Tokay. Manchmal ist es objektiv aber gar nicht so schwierig und irgendwie dann doch wieder für die meisten schwierig.

    Die Situation Mitte Juli war so eine, die „eigentlich“ ganz einfach war. Der Markt sprang an und sagte klar : „ich will nach oben“. Objektiv und mit der Markttechnik nachweisbar. Und gleichzeitig war das Sentiment – auch eindeutig und objektiv messbar – massiv negativ und nahezu jeder sagte zur Rally : „die fällt wieder zusammen“.

    Das war ganz klar und ganz eindeutig ein sehr positives Chance/Risiko Verhältnis und ich habe darüber mehrfach explizit geschrieben und diverse Sentimentstudien zitiert.

    Und obwohl es so eindeutig war und obwohl ich mir in den letzten Monaten ja wohl bei den Lesern einen „Trackrecord“ als guter Fährtenleser mit Gefühl für den Markt erworben haben sollte, dürften die wenigsten auch wirklich eingestiegen sein.

    Warum ? Weil sich die meisten bei ihren Anlagen primär „wohl fühlen“ wollen. Genau dieses Bedürfnis bedienen ja auch diese selbstdarstellenden „Value-Päpste“, denn deren Gefasel von „Value“ dient nach meiner persönlichen Ansicht vor allem dazu den Leuten zu suggerieren, dass sie sich mit diesen Anlagen entspannt wohl fühlen können. Da werden in meinen Augen aus wirtschaftlichem Eigeninteresse Wünsche und Hoffnungen bedient, sonst nichts. Das auch eine Telefonica mit 10% Dividendenrendite sich wie erlebt mal eben halbieren kann, darüber reden wir lieber nicht. 😉

    Nur dummerweise kann man mit Anlagen bei denen man sich „wohl fühlt“, in der Regel keinen Blumentopf gewinnen. Denn „wohl“ fühlt sich der Privatmann erst dann, wenn die mediale Untermalung positiv ist. Was wiederum erst dann der Fall ist, wenn der Käse von den Pros schon längst verspeist ist. Mitte Juli war medial nichts positiv. Da konnte man sich nicht wohlfühlen. Das war ein gutes Setup, eigentlich ganz einfach zu erkennen. Und trotzdem so schwierig gegen die eigene Emotion umzusetzen.

    Der Pro weiss das und nutzt es aus. Weil er einfach seine Setups aktiviert und abwartet, wie es ausgeht. Er weiss, dass die besten Setups da sind, wo alle anderen sich aus Verzweiflung übergeben müssen. Insofern ja, Pokerspieler – das hat was. 😉

  14. Hari, sagst Du damit, dass das ganze „Value Investing“ Bullshit ist und nur dazu dient, eine gewisse Klientel und Ihre Prediger zu bedienen? Ich habe mal irgendwo gelesen, dass Otte auch 87x das Musterdepot umschichtet (also das in seinem Bezahlbereich) – da kommen die privaten gar nicht mit und haben das kritisiert.

    Ich glaube, dass ich so langsam dahinter komme, wie Du dem Markt begegnest…

  15. @Holgersen, nein das sage ich keineswegs. Value-Investing macht jede Menge Sinn, sonst gäbe es ja wohl keinen Buffet und keinen Graham, dem ich ja sogar in Form von Mr. Market den Namen dieses Blogs gewidmet habe.

    NUR, richtiges Value-Investing bedeutet weit mehr, als Aktien mit Dividenden kaufen und mal 1 Minute auf das KBV zu schauen. Das was ein Buffet oder Graham macht, stellt weit höhere Anforderungen an Fleiss und Wissen um Geschaeftsmodelle etc, als rein technisches Trading. Um ein Value-Investor zu sein, muss man die Firma von Grund auf verstehen und tief eintauchen, inklusive Meinung zur Qualität des Managements. Und um diese Meinung überhaupt haben zu können, braucht man Erfahrung und ein eigenes Koordinatensystem bei der Beurteilung von Menschen in Führungsrollen. Deshalb sind 99% der privaten Anleger gar nicht in der Lage Value-Investing betreiben, es mangelt an Wissen, Erfahrung, Zeit usw. – also einfach an allem.

    Was aber von Leuten wie diesem Mann mit Fliege als Value-Investing VERKAUFT wird, hat nach meiner Überzeugung mit Buffets Stil wenig zu tun. Trotzdem haben es solche Leute geschafft, sich als „Value-Papst“ bei der unwissenden Öffentlichkeit zu positionieren. Ich persönlich finde das nur peinlich, wenn ich sehe wie da selektiert wird und warum. Ich sage dazu nur: Praktiker saubillig – da spricht der Preis.

    Eigentlich ist es doch ganz einfach und es ist faszinierend zu sehen, wie Menschen die sich im Selbstbild für rational und erfahren halten, es trotzdem reihenweise nicht sehen wollen : Wenn jemand permanent mit Selbstdarstellung in den Medien auftaucht und gleichzeitig eigene Fonds betreibt, Bücher schreibt, in Kolumnen auftaucht etc, dann will er was verkaufen. Ein echter Buffet hat Besseres zu tun, der ist nämlich mit der Nase tief in den Details der Unternehmen vergraben. Wer Value-Investing wirklich betreibt, hat für diese ganze Selbstdarstellung keine Zeit, der sitzt statt dessen lieber mit dem Management der Unternehmen im Zwiegespräch. So weit meine Meinung und Erfahrung.

    Und was hier verkauft wird – nicht nur von dem Mann mit der Fliege – ist für Otto Normalanleger die Illusion der Aktienanlage, bei der man sich „wohl“ fühlen kann. Hier wird nach meiner persönlichen Ansicht eine Art Bauernfang betrieben, in dem man Hoffnungen und Emotionen der Unerfahrenen bedient. Thats Marketing, man muss halt die Emotionen der Kundschaft bedienen. Aber die „Dummen“ die auf Werbung reinfallen, sind ja immer die anderen. 😉 Richtig ist, jeder von uns reagiert auf Marketing, wenn bei uns auf die richtigen emotionalen Knöpfe gedrückt wird.

    Das ist ausdrücklich meine persönliche Meinung. Im übrigen spricht die Performance der Fonds im Vergleich zum Index eine objektive Sprache. Aber bitte seit Auflegung, damit man damit nicht mit dem optimalen Datum rumspielen kann. So lässt sich leicht erkennen, ob hier Mehrwert geschaffen wird oder nicht. Im empfehle da mal einen Blick, das sollte Augen öffnen.

    Fazit: Wer Value will, kauft Berkshire Hathaway und bekommt den besten Investor der Welt als „Fondmanager“. Selbstdarsteller braucht keiner, das ist für die Schafe, die geschoren werden wollen.

    In der Finanzbranche gibt es eine einfache, harte Wahrheit: wofür geklappert werden muss, um es an den Mann zu bringen, ist bestenfalls B-Ware, eher C-Ware. Die Top Anlagen brauchen keine Werbung, die gehen unter den Pros von ganz alleine.

  16. @holgerson, ich lese aus deinen Kommentaren zu diesen Artikel ein bischen Resignation heraus. Dazu moechte ich – wirklich ohne das es besserwisserisch rueberkommen soll – folgendes schreiben.

    Ich wuerde empfehlen, erstmal einen Schritt zurueckzutreten von dem ganzen Zirkus, den Mr Market hier veranstaltet. Ich mache das auch ab und zu, wenn ich zu oft falsch gelegen habe und den Wald vor lauter Baeumen nicht mehr sehe. Du sagst du kannst im Moment keine Setups finden. Das zieht zweierlei nach sich:

    Erstens, wenn du keine Setups hast, dann wuerde ich auch nicht traden. Denn dir fehlt erstens ein Edge, und zweitens fehlt dann meist auch ein Plan B. Wie komme ich wieder raus, wenn der Trade gegen mich laeuft? Wo kommt der Stop hin?

    Zweitens scheint, ob es wirklich so ist kann ich von hier nicht beurteilen, ein bischen Erfahrung/Wissen zufehlen. Dann wuerde ich da erstmal Abhilfe schaffen. Blogs wie Mr Market sind ein guter Anfang, aber man muss noch mehr machen. Z.B. andere Blogs und IMO noch wichtiger auch Buecher lesen.

    Du sagst auch, dass du dir ernsthafte Sorgen um „unsere Ersparnisse“ machst. In diesem Falle gilt ebenfalls, erstmal zurueckzutreten. Du hast IMO nicht den richigen „state of mind“, um dich in den Kampf mit Mr Market zu begeben. Insbesondere dann nicht, wenn es um „unsere Ersparnisse“ geht, sprich wenn mehr als nur das eigene Geld verwaltet werden soll.

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    Wenn du wieder/weiter tradest, wuerde ich die Positionsgroesse erstmal klein halten. In diesem Zusammenhang will ich die Kelly Formel vorstellen. Diese Formel berechnet das Optimum der Positionsgroesse in Prozent http://www.investopedia.com/articles/trading/04/091504.asp#axzz26Wb6wPIn

    Kelly % = W – [(1 – W) / R]

    W ist die Gewinnwahrscheinlichkeit und R ist das Gewinn/Verlustverhaeltnis. Ein (konservatives) Rechenbeispiel: Wir nehmen eine Gewinnwahrscheinlichkeit von 50:50 an, also W=0.5. Dann nehmen wir an, dass wir einigermassen displiniert sind und im Mittel unsere Gewinne 50% groesser als unsere Verluste sind, also R=1.5. Dann

    Kelly % = 0.5 – 0.5/1.5 = 0.17 (gerundet)

    Nach Kelly soll also die Positionsgroesse 17% des Depots ausmachen soll. Full-Kelly ist oft etwas viel, besonders wenn es gerade nicht so richtig laeuft an der Boerse. Oft wird half-Kelly genommen, in unserem Beispiel waeren das dann 8% (gerundet). Manchmal wird noch kleiner getradet, wenn es nicht gut laeuft. Weiter ist zu beachten, dass Kelly nur eine Moeglichkeit ist, die Positionsgroesse zu bestimmen.

    Es gibt andere Moeglichkeiten, z.B. kann man auch folgendes machen: Man ueberlegt sich, wieviel Euro oder Dollar man maximal verlieren will, wenn ein Trade schief geht. Sagen wir mal, ich will fuer eine Idee maximal 100 Euro riskieren. Die Aktie, die ich mir ausgesucht habe, befindet sich gerade im Aufwaertstrend bei 10 Euro. Sollte sie bis auf 8 Euro fallen, waere der Aufwaertstrend kaputt und meine Idee war falsch. Dann will ich die Aktie nicht mehr, d.h. bei 8 Euro wuerde ich den Stop setzen. Also kann ich 100/2=50 Aktien erwerben, welche 50*10=500 Euro kosten.

    Welche Methode die beste ist, muss jeder fuer sich selbst herausfinden, es muss zu einem passen.

  17. Hallo Hans,

    ich persönlich bevorzuge die letzte deiner Methoden. Allerdings will ich noch darauf aufmerksam machen, dass man hier auch einige Disziplin an den Tag legen muss.
    Es kann nämlich passieren, dass die errechneten Positionsgröße einfach zu klein ist (Brokerkosten,…). Da ist man dan sehr leicht versucht sich den Setup schön zureden und einfach den initialen S/L höher zu setzen wie es sinnvoll wäre.

    Ich für mich mache dann immer folgendes und sage mir: Ok, Positionsgröße ist zu klein, rechtfertigt der Setup ein höheres Risiko? Wenn die Antwort nein lautet, dann muss man den Trade sein lassen und ggf. nach einer ähnlich guten Anlage suchen.

  18. Einige Bemerkungen hierzu. Value Investing macht m.E. jede Menge Sinn. Hari hat allerdings zu recht darauf aufmerksam gemacht, dass man es nicht schablonenhaft betreiben darf. Wenn man z.B, einen K lassiker des Value Investing liest, „Intelligent Investieren“ von Benjamin Graham, dann kommt man zu dem Ergebnis,daß die Anforderungen an ein echtes Value Investment schon recht hoch sind. Oftmals allerdings braucht man für ein Value Investment einen recht langem Atem – gerade bei Nebenwerten ist das der Fall, die schon mal gerne länger unentdeckt bleiben. Uebrigens stammt das Werk von Graham aus dem Jahr 1971, hat aber an Aktualitaet nur wenig eingebuesst . Hab grade ein Tastaturproblem, daher die vielen Umlaute.

    Bei den Positionsgroessen ist es m.E. wichtig, diese nicht zu klein zu waehlen. Und zwar deswegen, weil diese kleinen Positionen die Umschlaggeschwindigkeit des Depots erhoehen. Ein Depot aber, dass sehr haeufig umgeschlagen wird, zehrt an den Transaktionskosten. Hin und her macht Taschen leer. Man kann ausserdem nicht nur die Anzahl der Depottitel diversifizieren, sondern auch wenige Titel ueber den Zeitraum.

  19. @Tokay
    Zitat: „Man kann ausserdem nicht nur die Anzahl der Depottitel diversifizieren, sondern auch wenige Titel ueber den Zeitraum.“
    Könntest Du das bitte einmal erklären (Beispiel wäre schön)? Ich verstehe das jetzt nicht.
    @Hari und all,
    wieder sehr hilfreiche Beiträge. So langsam merke ich meine Denkfehler.

  20. Das Problem ist doch auch, dass viele Leute mit „Value-Investing“ eigentlich nicht „Value-Investing nach Graham/Dodd“ meinen, sondern „Buy&Hold von Blue-Chips mit hoher Dividendenrendite und solidem Geschäft“…
    Wie Hari schon erwähnte, bezweifele ich auch, dass die meisten Privatanleger in der Lage wären, dass in Reinform durchzuführen weil der Aufwand enorm ist, gerade bei der heutigen Buchführung… Und wenn man es dann doch (gut) macht, fehlt einem d0ch immer noch das Insiderwissen das die großen Investoren/Fondsmanager haben, an welches man wohl kaum kommt, wenn man nicht gerade vor hat ein paar Prozent eines Unternehmens zu kaufen…

    @ Tokay, verstehe den von hanna zitierten Satz auch nicht 😉

  21. @ Wastl, Tokay: Ihr habt natuerlich vollkommen recht, die Positionsgroesse darf nicht zu klein werden. Wenn wirklich eine Positionsgroesse von 500 Euro wie in meinem Beispiel rauskommt, dann lasse ich es in der Regel auch sein. Besonders wenn man hohe Transaktionskosten hat, ist so ein hin- und her zerstoererisch! Eine Ausnahme habe ich vor kurzem aber doch gemacht: Nokia, nachdem sie nach Vorstellung ihrer neuen Geraete so gefallen sind, dort bin ich so eine Miniposition eingegangen.

    @ Tokay: “Man kann ausserdem nicht nur die Anzahl der Depottitel diversifizieren, sondern auch wenige Titel ueber den Zeitraum.” Das verstehe ich auch noch nicht so ganz…

  22. PS (zum vorletzten Kommentar): Die Experten vom Aktionär rechnen(!) vor: „DAX 20000 Punkte“
    Das ist doch mal ne Prognose. Ich glaube für diesen Artikel würde sich es lohnen die Ausgabe zu kaufen!

  23. @hanna & felix

    tokay meint, dass man bei diesem ansatz einen titel nicht öfter kaufen/verkaufen sollte und somit versucht noch mehr performance rauszuholen, sondern einfach wirklich längere zeit halten

    nehmen wir an, ihr haltet einen titel über 10 jahre gegenüber dem versuch „billig“ einzukaufen und „teuer“ verkaufen und tut das 2x pro jahr. dann hättet ihr über die 10 jahre 20x mehr transaktionskosten gegenüber dem ersten ansatz.

    – und dann kommt natürlich noch dazu, wenn man das spiel nicht so gut beherrscht wie hari, dass man meint man hat teuer verkauft und einige zeit später noch teurer zurückkauft… (oder sich nicht mehr traut zurückzukaufen und dann einen noch viel höheren anstieg verpasst)

    hoffe ich konnte helfen

    greeZ

  24. @Felix, wobei rein vom Timing her, sind solche Artikel die Signale, dass diese Woche mal eine Korrektur kommen könnte ..

    Ich fahre auf jeden Fall gerade meine Absicherung hoch und ziehe meine Stops nach

  25. Komme heute erst dazu, sorry. Was ich meinte, war folgendes: Man trifft ja immer nicht nur eine Entscheidung über Käufe/Verkäufe von Titel, sondern auch über einen Zeitpunkt des Kaufs/Verkaufs. Und wie bei den Titeln hat man auch beim Zeitpunkt das Risiko, daneben zu liegen. Dem könnte man folglich abhelfen über eine zeitliche Staffelung von Käufen/Verkäufen abhelfen . Die „Cost-Average“-Methode funktioniert genau so d.h. kaufe zu festen Beträgen, darüber reguliert sich die Stückzahl.

    Darüber hinaus könntet Ihr Euch auf bestimmte Teilbereiche spezialisieren, weil Ihr zu denen bsp’weise eine bestimmte Affinität habt, z.B. Ihr in der entsprechenden Branche arbeitet und deswegen verfolgen könnt, was da so abläuft.

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