Rentendesaster und Rentenchance

Pfingsten nähert sich, ich mache mal 2 Wochen Urlaub vom Blog und viele Menschen fragen sich nun, wie sie im Zeitalter der Inflation ihre Altersvorsorge betreiben sollen.

Die Inflation bedeutet dabei ein noch unterschätztes Langfristproblem für alle die auf Rentenzusagen gebaut haben, zumal wir aufgrund der teilweisen Rückabwicklung der Globalisierung davon ausgehen müssen, dass wir dauerhaft mit erhöhten Inflationsraten im Bereich ab 3% leben müssen. Der aktuelle Peak wird sich zurückbilden, eine Rückkehr zur langjährig geringen Inflation um rund 1% ist aber fragwürdig.

Gerade jetzt wo die Kurse fallen und wir uns mit 20% im S&P500 und 30% Minus im NASDAQ in einem Bärenmarkt befinden, dominiert bei vielen Anlegern wahrscheinlich die Angst, die defensive Sorge davor, zu viel vom mühsam angesparten Kapital wieder zu verlieren. Das ist ja auch nicht völlig ungerechtfertigt, aber ist es wirklich die ganze Geschichte?

Ich meine *Nein*, möchte ihnen bei einem *Perspektivwechsel* helfen und adressiere mit meiner Antwort dabei vor allem die Leser ab sagen wir mal 50, spätestens ab 60 Jahre, bei denen die Rente langsam in den Blick gerät, Menschen die einerseits noch etwas vom Leben haben wollen, andererseits nun aber in die Phase eintreten, wo sie ihr Alterkapital "verrenten" und unbeschwert leben wollen.

Zielgruppe dieses Artikels ist also sozusagen der "typische 60-jährige Börseninteressierte", der sich nun fragt, wie er im Zeitalter der Inflation seine Rente organisiert. Wer in dem Alter nicht mindestens ein Altersvermögen von wenigen hundertausend € als Rücklage angespart hat, hat sowieso ein ernstes Armutsproblem.

Bevor jetzt manche Schnappatmung bekommen und bei den Sätzen von wenigen hundertausend € gleich "reich" in den Mund nehmen, muss ich in einem kurzen Abstecher daran erinnern, dass man in eine Vermögensbilanz für das Alter natürlich auch Pensions- und Rentenansprüche aufnehmen muss und mit dem diskontierten Barwert bewerten. Viele der öffentlichen Vermögensstatistiken kann man wegen dieses Mangels schlicht vergessen.

Wer mit 60 zum Beispiel als Beamter des gehobenen Dienstes einen Pensionsanspruch von 3.000€ monatlich besitzt, besitzt damit den diskontierten Barwert von Pi-mal-Daumen ca. 1.000.000€ - oder mit anderen Worten, wenn ein 60-Jähriger 1.000.000€ zu einer Versicherung bringt um diese sofort bis zum Lebensende verrenten zu lassen, würde er ungefähr diese ca. 3.000€ als garantierte Rente zugesagt bekommen.

Gleiches gilt natürlich für sonstige Renten oder Betriebsrenten, wer als 60-Jähriger eine Rente von 3.000€ im Monat haben will, braucht dafür heute den Barwert von Pi-mal-Daumen rund 1.000.000€. Wer also nicht wenigstens ein paar hundertausend € angespart hat, egal ob in einer Rente/Pension gebunden oder bar auf dem Konto, hat im Alter ein ernstes Armutsproblem.

Natürlich, ein langjähriger Bundespolitiker mit einer Pension von 6.000€, der dann auch noch auf dem Konto 500.000€ Cash hat, für den sind diese halbe Million "freies Spielgeld" und da darf man dann zu Recht von "wohlhabend" reden. Für den Selbstständigen ohne Pension und ohne Rentenanspruch, der mit 60 Jahren dann in Summe gerade 500.000€ Vermögen angespart hat, entspricht das einer sicheren Rente von nur rund 1.500€ - "wohlhabend" ist etwas anderes, "reich" sowieso.

Man muss bei diesen Betrachtungen also unbedingt immer die gesamte Vermögensbilanz sehen, zu der natürlich auch andere Assets wie Immobilien gehören, wichtig ist aber sich klarzumachen, dass Pensions- und Rentenansprüche auch Vermögen mit Barwert sind, etwas was von der Politik gerne unterschlagen wird wenn sie über eine "Vermögenssteuer" diskutiert. Würde klar, dass die Pensionen mit Barwert in die Vermögensbilanz einzurechnen sind, wäre das Thema schnell vom Tisch oder man würde über Freibeträge ab 5 Millionen € reden. 😛

So, nach diesem Abstecher zu der Frage was eigentlich "Vermögen" ist, nun zur eigentlichen Sache.

Denn vor uns liegt durch die Inflation ein gesellschaftliches *Rentendesaster*, das vor allem kleine Selbstständige treffen wird, die nicht in der gesetzlichen Rente sind.

Vielleicht wird es jetzt überraschen dass ich Vorteile der gesetzlichen Rente sehe, denn diese hat einen schlechten Ruf und klar, in einem normalen Umfeld kann diese natürlich nicht mit einem profitabel organisierten, eigenen Aufbau von Vermögen mithalten, zumal sie von der Willkür der Politik abhängig ist. Die gesetzliche Rente hat dafür aber in schweren Krisensituationen strukturelle Vorteile die stark unterschätzt werden und das gilt insbesondere für Finanzkrisen.

Denn der Vorteil der gesetzlichen Rente ist der oft geschmähte Generationenvertrag. Der ist einerseits Risiko bei stark schwankender Demographie, in Zeiten der starken Inflation ist er aber auch ein Schutz, den kaum eine private Rente so liefern kann.

Denn die gesetzliche Rente hat sozusagen einen "eingebauten Inflationsschutz" der daher rührt, dass hier kein Kapital verzinst werden muss, sondern jedes Jahr die Renten der Älteren wieder neu erwirtschaftet werden. Auch die politische Bedeutung der gesetzlichen Rente stellt einen zusätzlichen Inflationsschutz dar, denn Rentner sind Wähler und die kann man nicht einfach in die Armut rutschen lassen, wenn man ihre Stimmen weiter will.

Ja selbst ein Ende des Euros und eine Währungsreform wäre für die gesetzliche Rente kein totales Desaster, denn die Politik kann ihre Wähler bei einer Währungsreform ebensowenig hängen lassen, wie die Ostdeutschen nach der Maueröffnung hängen gelassen wurden. Formal hatten die nämlich keinen Cent in das System eingezahlt und die Einzahlungen in der DDR waren finanztechnisch nichts mehr wert. Man hat aber völlig zurecht auf die Lebensleistung abgehoben und trotzdem Renten gezahlt.

So wird es mit der gesetzlichen Rente bei jedweder Krise sein, solange diese Demokratie und dieser Staat Bestand hat. Diese Rente ist nicht groß und hat ihre politischen Abhängigkeiten die nerven können, aber sie stellt eine Basisabsicherung dar, die auch einen Schutz gegen Inflation und Währungsreform bietet - etwas was praktisch keine private, kapitalgebundene Rentenversicherung bieten kann. Eine Basisabsicherung, nicht mehr, aber immerhin!

Womit wir zum kommenden Rentendesaster kommen. Denn sehr viele der kleineren Selbstständigen, haben sich weit überwiegend über private Lebensversicherungen und Renten abgesichert.

Ich erinnere mich an eine freie Mitarbeiterin in der Buchhaltung bei meiner Firma. Die "verdingte" sich als Einzelkämpferin reihum immer wieder für einige Monate als Spezialistin bei Firmen und half denen bei bestimmten Aufgabenstellungen. Sie war damit frei und unabhängig, verdiente gut und war aufgrund ihres Spezialwissens gefragt, was will man mehr?

Da sie im Rahmen ihres Vertrages auch "steuerschonende" Wünsche zu den Zahlungen hatte, wurde ihre Altersvorsorge-Strategie zum Thema. Die beruhte wie bei Buchhaltern üblich - aktien- und risikoaffin sind die höchst selten - auf einem konsequenten Ansparen in großen privaten Rentenversicherungen, die ihr dann im Alter den Lebensstandard sichern sollten. Ich habe schon damals versucht sie davon abzubringen und von diesem "Klumpenrisiko" abzuweichen und zu diversifizieren, das war aber unmöglich, alles andere war ihr zu "unsicher".

Nun gut, wie dürfte es dieser Dame heute mit Mitte 50 gehen? Ich befürchte sie hat schwere Sorgen.

Denn zunächst kamen ja die damals unvorstellbaren Dauerniedrigzinsen und dann sogar Negativzinsen. In Folge ist die Ablaufleistung praktisch aller Lebensversicherungen und privaten Renten extrem zusammengeschnurt, so dass ihre ganze Rechung nicht mehr aufgeht und sie mit den 3,25% oder 4% die ihre alten Verträge haben, noch einen Inflationsausgleich bekam aber das wars dann - die schönen Projektionen sind alle Makulatur und die Endleistung der Rentenverträge stellenweise gerade mal gut die Hälfte dessen, was bei Vertragsabschluss ins Fenster gestellt wurde.

Es kommt aber noch schlimmer, weil jetzt kommt die Dame in die Rentenphase und eigentlich wollte sie sich ja die Beträge als Rente auszahlen lassen und so etwas wie Aktien nie machen.

Jetzt hat der Gesetzgeber aber auch bei den Altverträgen zugeschlagen und die nach Inflation nicht vorhandenen "Erträge" müssen nun auch bei Altverträgen in Teilen pauschal versteuert werden. Nur wenn man sich die Ablaufleistung auf einen Schlag auszahlen lässt, ist diese bei Altverträgen nach 12 Jahren noch steuerfrei. Das wollte sie ja aber nicht, sie wollte eine "sichere Rente". Shit happens.

Aber auch das genügt noch nicht, weil stellen wir uns mal vor, sie hätte einen Vertrag der keine Gesamtauszahlung, sondern nur eine Rente vorsieht. Jetzt kommt aber die Inflation und in Anbetracht der teilweisen Rückabwicklung der Globalisierung müssen wir uns darauf einrichten nun dauerhaft mit Inflationsraten von 3-5% zu leben.

Dummerweise hat praktisch keine private Rente einen Inflationsschutz, wie sollte der denn auch finanziert werden, weil es doch keine Anlagemöglichkeiten für Renten-Kapital gibt? Manchmal ist man noch an den Überschüssen der Gesellschaft beteiligt, aber welche Überschüsse in Zeiten von Negativzinsen?

Das Ganze ist für diese Dame also ein *Desaster*. Ein Desaster das vor allem die EZB mit ihrer Geldpolitik verantwortet und jetzt von der Inflation vollendet wird:

Erst wurde "dank" Nullzinspolitik die Ablaufleistung "halbiert". Wenn man die nun verrenten lässt, wird die Rente in 20 Jahren zuverlässig von Inflation aufgefressen. Am Ende steht was? Armut, wenn man nur auf diesen Weg gesetzt hat!

So weit das Desaster aus dem Titel und nun die Chance.

Denn wir sind gerade mitten in einem Bärenmarkt, der im S&P500 um 20% und im NASDAQ100 sogar um 30% korrigiert hat, was für eine normale Korrektur "weit genug" ist und in der Regel eine Chance darstellt.

Nur in wenigen Ausnahmen, die pro Jahrzehnt vielleicht einmal eintreten wie zuletzt 2000-2003 und 2007-2009, muss man sich auf noch einmal 20% Minus einrichten, was auch hier und heute denkbar ist, falls jetzt in den USA auch noch eine Rezession folgen sollte. Diese Rezession wird mittlerweile von einigen klugen Köpfen wie -> JP Morgan CEO Jamie Dimon <- befürchtet und ist ein objektiv vorhandenes Risiko, das nicht ignoriert werden kann, man muss sich aber auch von dem Gedanken verabschieden ein Tief perfekt zu treffen, das schafft man sowieso nicht.

Der Punkt ist, wer sich nun in der Altersregion 50-70 befindet, Kapital angespart hat und dieser Korrektur in Teilen aus dem Weg gegangen ist und insofern freies Anlagekapital besitzt, sollte jetzt keine Sorgen und schlechte Stimmung haben, sondern Jubilieren! Was gerade passiert sind *großartige Neuigkeiten* und zwar ganz besonders, wenn die Märkte nun noch weiter fallen sollten!

Zunächst muss man dabei verstehen, dass echte Bärenmärkte gar nicht so oft auftreten, auch -> diese Statistik von LPL <- zeigt das:

Es ist also etwas *Besonderes* aus dem Loch eines Bärenmarktes heraus kaufen zu können und bisher war es praktisch eine *Garantie*, dass diese Kurse danach nie wieder erreicht wurden, weil Märkte eben im Mittel steigen. Auch 2009 und 2003 war es natürlich so und ich erinnere mich noch genau, wie ich mich 2009 wie im "Süsswarenladen" gefühlt habe, eine Ausgangslage, die uns nur Bärenmärkte schaffen können!

Sollten wir von hier also noch einmal die erwähnten 20% auf im Saldo 40% im SPX fallen und einen richtig "knackigen" Bärenmarkt erleben, der im Schnitt nicht öfter als jedes Jahrzehnt auftritt, ist das eine Kaufgelegenheit, wie sie "sicherer" praktisch nie existiert! Weitere Schwäche ist aus der Perspektive also ein Grund zu *Jubilieren*, natürlich nur wenn man mit Risikomanagement dem Bärenmarkt bisher aus dem Weg gegangen ist und freies Kapital besitzt. Aber selbst das jetzige Korrekturniveau von 20% im SPX und 30% im Nasdaq ist langfristig gesehen schon ein solider Einstiegspunkt - wohl wissend dass es noch tiefer gehen kann.

Wenn man sich das vor Augen hält und auch versteht dass große, weltweit agierende Bluechips in der Regel einen eingebauten Inflationsschutz haben, weil sie in der Inflation die Preise anheben und diese damit teilweise überhaupt "machen", dann haben wir für Anleger der obigen Altersklasse nun vielleicht bald den perfekten Zeitpunkt vor uns, einen Teil ihres Kapitals zu "verrenten" und das via Dividenden. Einen Teil, nicht alles, dazu am Ende mehr, aber warum nicht bald den Einstieg finden?

Der Punkt, die Rentenchance ist also, dass der durchschnittliche 60-Jährige aus der Zielgruppe dieses Artikels vielleicht bald einen schönen Zeitpunkt vor sich hat, um Teile seines Kapitals langfristig in Dividendenaktien zu parken und sich aus den Dividenden dann eine jährliche Rente oder Zusatzrente zahlen zu lassen und ansonsten die Aktien einfach liegenzulassen. Übrigens, auch das ist "Timing", das zu erkennen. 😛

Dieses "Dividenden-Rente-Depot" unterliegt dann nach Auflage aber nicht mehr dem Timing und nicht mal mehr der Positionsgrössenstrategie, man ist dann ja in der *Entnahmephase*.

Und ja, ein Basis-Risikomanagement im Sinne *Check* braucht es trotzdem immer noch, dabei geht es aber nicht mehr um Kursschwankungen, sondern nur noch um Desaster ala Enron oder Wirecard, die die Existenz des Konzerns in Frage stellen. Und dafür genügt es dem Markt locker zu folgen und einmal im Monat auf die Kurse zu schauen.

Vielleicht fragen sie sich jetzt warum gerade Dividenden?

Denn ich habe ja oft betont, dass Dividenden-Aktien nicht die erste Wahl sind, solange man sich noch in der Akkumulationsphase befindet, es sind die klassischen Investmentwerte mit -> beständigem Wachstum <- die man in der Akkumulationsphase im Depot haben muss, die bekannten TMOs also. Die Entnahmephase ändert aber definitiv die Prioritäten.

Dividendenstrategien sind in der Ansparphase zwar nicht schlecht, aber nur suboptimal, weil sie unter zwei Problemen leiden. Erstens sind frühe Ausschüttungen ja steuerlich nachteilig, weil sie das Kapital sofort vermindern, während mit gleicher Rendite im Unternehmen arbeitendes Kapital erst am Ende versteuert wird - so entsteht beim *Compounding* ein Nachteil.

Zweitens leiden diese Strategien oft darunter, dass Anleger zu gierig Aktien mit zu hohen Dividenden selektieren, die aber in der Regel wachstumsschwach sind, ich sage nur AT&T (T) als böses Beispiel und verweise auf meinen Artikel -> Stärke gebiert Stärke <- der aufzeigt wie gnadenlos der Nachteil ist, wenn man nicht auf langfristiges Wachstum setzt.

Konkret, wenn eine Thermo Fisher Scientific (TMO), die zu den Top-Aktien mit beständigen Wachstum gehört, statt ihrer Mini-Dividende in den letzten 20 Jahren eine vielfach höhere Dividende ausgeschüttet hätte, wäre die Gesamtperformance im Depot des Anlegers alleine durch den Steuereffekt schlechter geworden und wahrscheinlich noch einmal schlechter, weil TMO im Unternehmen eben eine höhere Rendite auf das Kapital erwirtschaftet, als der Anleger es selber kann. Eine höhere Dividende von TMO zu erhalten hätte also zu einem *Nachteil* und nicht Vorteil im Depot des Anlegers geführt.

Für jüngere Anleger mit Zeit, die ihr Kapital erst aufbauen, haben auf Dividenden fokussierte Strategien also die richtigen Antworten aus dem falschen Grund und sind in Ordnung, aber nicht optimal. Ausführlich habe ich das mal vor vielen Jahren in -> Die Dividende – überschätzt, overhyped, missverstanden – und trotzdem wichtig! <- erklärt.

Worum es in der Ansparphase wirklich gehen sollte ist *beständiges Wachstum* und das völlig unabhängig davon ob und wenn ja welche Dividende ausgeschüttet wird! Dividenden sind also nicht schädlich, aber nebensächlich in der Ansparphase.

Für die Anleger ab 60 aber, die sich eine Zusatzrente organisieren wollen und in die Entnahmephase eintreten, ist ein Depot mit Dividendenpapieren in der aktuellen Welt der Inflation und Niedrigzinsen ein Goldstandard.

Warum? Na weil:

  • Aktien langfristig einen eingebauten Inflationsschutz haben, ein Wert der noch stark unterschätzt wird. Viele müssen erst wieder lernen was Inflation bedeutet.
  • Man langfristig die Dividenden entnehmen kann, ohne die Substanz zu verlieren. Am Ende des Lebens ist das Depot immer noch für die Erben da.
  • Die "Ausschüttungen" der Dividenden ohne Transaktionskosten erfolgen, würde man eine Rente aus dem Bestand zahlen, müsste man Assets verkaufen und Gewinne versteuern.
  • Bei defensiver Entnahme nur der Dividenden es sogar recht wahrscheinlich ist, dass langfristig im Bestand noch echte Kursgewinne oberhalb der Inflation auftreten.

Nichts davon kann auch nur ansatzweise eine private Rente liefern! Mit einer Kombination der gesetzlichen Rente, einer abgezahlten, selbstbewohnten Immobilie und einem größeren Dividendendepot, ist man aber auch in Zeiten der Inflation recht gut aufgestellt und muss keine Ängste um Altersarmut haben!

Und klar, der Inflationsschutz von Aktien ist nicht immer perfekt, es gibt Jahre da funktioniert er nicht. Langfristig ist er aber bei Aktien sehr gut!

Die große Chance ist also, dass man sich vielleicht bald ein Dividenden-Depot zu attraktiven Kursen aufstellen kann und dieser Bärenmarkt generiert dafür gerade die große Gelegenheit!

Ist das kein Grund zum Freuen? Ich finde schon.

Rechnen wir doch mal und nehmen an, sie seien nun 60 Jahre alt, hätten 500.000€ angespart und wollen die "verrenten".

In der Variante (1) zahlen sie diese in eine Rentenversicherung ein und bekommen dafür pro 100.000€ rund 300€ garantierte Rente bis zum Lebensende. Sie haben also eine Zusatzrente von 1.500€ monatlich, am Lebensende ist das Geld aber für die Erben weg und auch wenn ihr Partner sie sehr lange überlebt hat er ein Problem. Und die Inflation frisst diesen Geldwert gnadenlos auf, am Ende rutschen sie nach Jahrzehnten mit der festen Rentensumme in die Armut. Kein guter Deal. 🙁

In der Variante (2) kaufen sie Dividenden-Bluechips und "verrenten" nur die Ausschüttung. Brutto sollte eine Rendite von gut 3% dann kein Thema sein, Netto bleibt dann nach Abgeltungssteuer sicher 2.5% pa übrig. Sie erhalten also konservativ gerechnet gute 1.000€ monatlich "Dividendenrente".

Hört sich ja auf den ersten Blick deutlich weniger an, hier gilt aber:

  • Die Substanz bleibt erhalten, am Ende des Lebens haben sie immer noch ihr volles Depot und auch ihr Partner ist weiter abgesichert und die Erben können erben.
  • Die 1.000€ werden Pi-mal-Daumen mit Inflationsschutz steigen, weil auch die Kurse steigen und die Dividendenrendite zum Kurs gleich bleibt. Nach 10-20 Jahren wird der Nominalbetrag ihrer Dividendenrente also wohl höher liegen als 1.500€ und dann geht die Schere zugunsten der Aktienrente immer weiter auf.

Das ist eher ein guter Deal. 😀 Stellt sich die Frage wie man das Dividendendepot aufbaut.

Nun gut, wer mag kann sich da mit "Analysen" verkünzeln, um es deutlich zu sagen ist es im Jahr 2022 aber eine Kontroll-Illusion mit öffentlichen Bewertungskennziffern "klüger" als der Markt sein zu wollen, wie weiland Benjamin Graham. Der konnte sich in staubigen Bibliotheken mit Fleiss noch einen echten Edge erarbeiten, im Computerzeitalter des 21. Jahrhunderts ist das bei öffentlichen Daten aber sehr fraglich. Was in den Kennzahlen steht, weiss der Markt auch alles und zieht noch viel mehr in Erwägung, als normale Anleger in der Regel überblicken können.

Sie könnten aber auch einfach einen Dividenden-ETF wie den hier von VanEck nehmen: -> VanEck Vectors Morningstar Developed Markets Dividend Leaders ETF (TDIV) <-. Das ist auch nicht falsch, hat aber Nachteile und nur einen echten Vorteil.

Der Nachteil der ETFs sind die Gebühren, bei denen gerne unterschätzt wird, wie sie sich langfristig kumulieren. 0,38% pro Jahr werden bei diesem ETF aufgerufen, hört sich ja nicht so viel an.

Sie müssen diese 0,38% pa aber den 2,5% pa gegenüber stellen, die sie jährlich nach Steuern entnehmen und dann reden wir bei den Gebühren über 15% der jährlichen "Rente". Das kummuliert sich über die Zeit sehr ungut.

Die einmaligen Gebühren von Aktien beim Einzelkauf sind im Vergleich nicht wirklich ein Problem. Nehmen wir mal an, sie kaufen für ihre 500.000€ 25 Aktien a 20.000€ und zahlen dafür jedesmal 20€ Gebühren. Dann kostet sie der Aufbau des Depots einmalig 20x25= 500€. Die 0,38% sind aber 1.900€ und das jährlich!!

Der einzige wirkliche Vorteil des ETFs ist die Tatsache, dass sie im ETF auch problemlos Dividendenaktien aus Spanien, Frankreich, Kanada, Italien etc haben können, überall da also, wo eine hohe Quellensteuer existiert, die zu mühsam zurückzuholen ist.

Wenn sie das als deutscher Steuerzahler bei Einzelaktien vermeiden wollen, müssen sie sich vor allem auf US, UK, Deutschland, Niederlande konzentrieren und vielleicht noch die Schweiz, weil da das Zurückholen der Quellensteuer noch vergleichsweise einfach ist. Dieses Universum umfasst aber 90% aller interessanten Aktien, insofern ist der Rest verschmerzbar.

Wenn wir die Quellensteuer weglassen, sehe ich wenig Grund die oben genannten 1.900€ im Jahr Rendite wegzugeben. Und das bei Aktien, die keine Raketenwissenschaft sind, zumal die Anzahl der größeren Dividendenwerte sowieso begrenzt und überschaubar ist.

Als pragmatischen Vorschlag im Sinne "KISS", nehmen sie sich 3 große Dividenden-ETFs, werfen die Einzelaktien in einen Korb und ziehen daraus die 20-40 Werte, die ihnen am meisten zusagen und die ihnen vom Geschäftsmodell her am Stabilsten erscheinen. Da haben sie ihr Dividenden-Depot! Besser sind die ETFs auch nicht.

Hier sind beispielsweise die ersten 20 der Holdings des VDIV - nicht unbedingt meine Selektion, aber auch kein schlechter Startpunkt:

Fazit:

Wer über seine Rente nachdenkt und in einem Alter ist, in dem sich die Akkumulationsphase dem Ende nähert, findet mit diesem Bärenmarkt eine Gelegenheit vor, die jubilieren lassen sollte!

Denn das ist er, der "Notausgang" aus dem Inflationsdruck, der bei vielen Menschen ohne Aktien-Affinität zu Altersarmut führen wird.

Mit Kursen die am Ende des Bärenmarktes 20, 30 oder vielleicht 40% gefallen sein werden, hat man ein Einstiegsniveau für eine "Verrentung", das man als Chance betrachten sollte und das langfristig recht sicher einen Bestand des Kapitals garantiert - soweit überhaupt irgendetwas "garantiert" ist, denn genau genommmen ist nichts "garantiert" und alles kann anders kommmen und Pleite gehen. Diese Binsenweisheit darf aber nicht davon abhalten, die relativ sinnvollsten Schritte zu tun!

Ich rede mit dem Ansatz auch nicht das Wort nun *alles* auf einen Schlag so zu verrenten. Nein das würde ich mit 60 noch nicht tun, ich würde mir in dem Alter immer noch gute Teile im aktiven Depot behalten, mit dem man auf Kurssteigerungen setzt und die Basis weiter erhöht. Die Teilnahme am Geschehen der Märkte hat auch Wert über den rein monetären Effekt hinaus und sie schützt dann auch davor, bei den Dividendenwerten katastrophale Entwicklungen zu übersehen.

Aktive Teilnahme an den Märkten macht also immer noch Sinn und Spass auch, aber warum nicht mit Teilen einen Einstieg in die Verrentung finden? Dieser Bärenmarkt ist dafür Chance!

Und das ist der Perspektivwechsel, den ich ihnen versprochen habe. Jede Krise schafft große Chancen, auch diese. Eigentlich eine Binsenweisheit, aber vielleicht doch nicht?

Ihr Michael Schulte (Hari)

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