S&P500 mit Indecision Doji – Korrektur oder Runaway Move ? – 25.01.13

S&P500 auf Steroiden. Das wäre wohl eine korrekte Beschreibung der aktuellen Situation, denn eigentlich hätte schon lange eine kleine Korrektur laufen müssen. Es sieht fast so aus, als befinden wir uns in einem sogenannten "Runaway Move".

Es erscheint mir also dringend nötig die Geschehnisse im Leitindex S&P500 in ein grösseres Bild zu rücken. Ansonsten läuft man Gefahr sich in Details zu verlieren und den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr zu sehen.

Schauen wir doch mal auf das Tageschart des S&P500 seit Anfang 2012:

S&P500 25.01.13

Das erste was man sofort sieht ist, wie überkauft dieser Markt nun ist und wie sehr er nach einer Korrektur schreit. Beachten Sie dazu die beiden roten Kreise. Nachdem der S&P500 gestern die runde Marke von 1500 erreicht hatte, bildete der Markt einen sogenannten "Indecision Doji" aus. Dieser tritt vermehrt bei bedeutenden Richtungsänderungen des Marktes auf. Beachten Sie auch wie hoch der RSI nun gelaufen ist. Auf diesem Niveau kommt es fast immer schon bald zu Gewinnmitnahmen. "Fast" immer, es gibt eine Ausnahme und das ist der Runaway Move, dazu aber später mehr.

Nun sollten Sie sich aber auch den Charakter der Aufwärtsbewegung seit November 2012 anschauen. Und vergleichen Sie diese Bewegung bitte mit dem bullischen Trend von Juni bis September 2012.

Man muss ganz klar sagen, die Bewegung von Juni bis September war eine gesunde Aufwärtsbewegung, die ganz typisch wellenartig in einem Trendkanal aufwärts führte. Starke Anstiege und technische Überdehnung wurden immer mit einer Gegenbewegung beantwortet. Das ist der Charakter eines gesunden Marktes, das "Gummiband" funktioniert.

Ganz anders dagegen die Bewegung seit November 2012. Diese Bewegung ist auf "Steroiden". Es gibt keinerlei Erholungsphasen. Die Korrektur zum Jahresende kann man ignorieren, dass war ein singulärer Event getrieben durch die "Fiscal Cliff" Ängste. Sobald diese Ängste verschwanden, nahm der S&P500 wieder seinen Anstieg auf als ob nichts passiert wäre.

Dieser Anstieg ohne jemals Luft zu holen, hat ganz eindeutig mit den Multimilliarden zu tun, die die FED nun jeden Tag in den Markt kippt, ohne diese wieder abzuschöpfen. Erinnern Sie sich bitte, dass genau zum Start dieser Bewegung im November 2012 die Liquidität aus QE3 den Markt erreichte und dann die FED sogar noch ein QE4 oben drauf gesetzt hat. So gibt es in diesem Januar jeden Tag Buy Operationen der FED, auch heute ist wieder eine grosse POMO Buy Operation.

Ich erinnere in diesem Zusammenhang noch einmal an meinen Artikel von vor 2 Wochen -> Ein kurzer Rückblick auf QE3 <-, in dem ich die Mechanismen dargestellt habe.

Das Ergebnis kann man in der Gnadenlosigkeit der aktuellen Aufwärtsbewegung erkennen. Jeden Tag fliesst frische Liquidität in den Markt und das ist ein Treibsatz wie eine Rakete. Wahrlich ein Markt auf Steroiden !

Wie geht es nun weiter ?

Erstens bleiben die Liquiditätsinjektionen der FED dauerhaft erhalten, der Treibsatz ist weiter da und stützt die Kurse.

Zweitens macht eine solche Bewegung fast nie auf dem Fuss kehrt. In einem gesunden Markt eigentlich nie. Wie eine normale Topbildung aussieht, kann man im Chart im September/Oktober 2012 beobachten: mehrere fallende Hochs, bevor es dann richtig abwärts ging. Es ist also eher unwahrscheinlich, dass der Markt von dem aktuellen Niveau aus einfach massiv nach unten dreht. Auch hier wäre der Runaway Move aber wieder die bösartige Ausnahme von der Regel.

Drittens ist auch das AAII Sentiment in den US nun auf dem höchsten (bullischen) Level seit 2 Jahren. Das ist nicht perse negativ, indiziert aber auch einigen Raum für einen "Durchschnaufer" des Marktes.

Viertens sind wir nun technisch so überkauft und der Indecision Doji so eindeutig, dass sehr viel für eine kurzfristige Korrektur spricht. Diese wird aber wohl von kurzer Dauer sein und nur die überkaufte Markttechnik bereinigen.

Summa Summarum sieht mein wahrscheinlichstes Szenario für den S&P500 also so aus:

In Kürze einsetzende Gewinnmitnahmen, die für geringe Schwäche in den kommenden Tagen führen. Dann ein erneuter Schub nach oben im S&P500. Der DAX dürfte so die untere Begrenzung des gestern skizzierten fallenden Keils testen, bevor auch er sich zu einem erneuten Anstieg aufschwingt.

Das wäre das Verhalten eines normalen, gesunden Marktes.

Leider gibt es ein Alternativszenario, das weniger positiv ist. Es kann sein, dass der Liquiditätsdruck zu stark ist, um überhaupt eine Korrektur zuzulassen. Wenn der S&P500 selbst hier unter 1500 nun nicht in den Korrektur-Modus wechselt, haben wir eindeutig einen Runaway-Move.

Ein Runaway-Move in dieser Situation ist aber keine gute Nachricht. Denn die Risiken der Bewegung steigen dann immens und erlauben eigentlich nicht mehr, die Bewegung beruhigt mitzugehen. Wie böse ein Runaway Move oft ausgeht, habe ich in einem Artikel zur -> Technik eines Runaway Moves <- ausführlich dargestellt.

Auf wenn es sich etwas verdreht anhört, es wäre jetzt sehr wünschenswert, dass der Leitindex S&P500 nun zu einer kleinen Korrektur ansetzt. Das wäre Zeichen eines gesunden Marktes. Läuft der Index von hier aber weiter hoch, steigen die Risiken auf ein kaum tragbares Niveau und ein kleiner Funke kann zu einem gewaltigen Rutsch führen.

Sie müssen den Markt immer mit einem Gummiband vergleichen. Ein gesunder Markt schnappt zurück, wenn das Gummiband zu sehr gedehnt ist. In seltenen Fällen dehnt sich das Gummiband aber ohne Pause immer weiter. Das Ergebnis ist dann ein plötzliches Reissen des Gummibandes - ohne jede Vorwarnung. Und aufgrund dieses Risikos ist es immens schwer, am Ende eines Runaway Moves als Trader wirklich Geld zu verdienen. Denn Stops sind dann aufgrund des immensen Overnight-Risikos weitgehend wertlos.

In diesem Sinne wünsche ich uns nun eine kleine, gesunde Korrektur und Ihnen gute Entscheidungen ! Mr. Market interessiert sich aber nicht für meine Wünsche, vergessen Sie das nie !

Ihr Hari

*** Bitte beachten Sie bei der Nutzung der Inhalte dieses Beitrages die -> Rechtlichen Hinweise <- ! ***

4 Gedanken zu „S&P500 mit Indecision Doji – Korrektur oder Runaway Move ? – 25.01.13“

  1. @Hari; wer hat denn nun Recht; Mr. Market oder die Analysten? Bei Klöckner und Salzgitter hatte man seit Mitte November das Gefühl, dass sich Aufwärtstrends gebildet haben, die nach wie vor intakt sind. Auch die Zahlen aus China sind eigentlich positiv für die Stahlbranche. Heute nun 2 Abstufungen durch Analysten für die beiden Werte. Ist es eigentlich noch Wert, diesen Einschätzungen von Experten Bedeutung zu schenken, wenn man das Gefühl hat, dass insbesondere bei Klöckner der leichtere Weg scheinbar der nach oben ist? Trotzdem zeigt die negative Meinung spürbare Wirkung in diesem heute so positiven Umfeld. Beachtest Du solche Meldungen eigentlich noch nach Deiner langen Börsenerfahrung?

  2. @Johann, Analystenkommentare interessieren mich überhaupt nicht. Das ist „weisses Rauschen“. Es gibt ganz seltene Ausnahmen, wenn man wirklich weiss, dass der Analyst sehr nah am Unternehmen dran ist und weiss wovon er redet. Das sind aber die berühmten Ausnahmen, die die Regel bestätigen.

    Für mich sind im Sektor zwei Dinge massgeblich. (1) Die sichtbaren Aufwärtstrends, the trend is your friend until it ends (2) Die sich sichtbar positiv entwickelnden Konjunktursignale aus China, Europa und USA. Und wenn die Konjunktur kommt, kommt auch der Stahl. So einfach, da braucht man keine Analysten für. Vom Timing her kann man damit immer noch ein paar Monate zu früh sein, die Tendenz weist aber aus meiner Sicht klar nach oben und die aktuellen Kurse von Klöckner und Salzgitter sehe ich eher als mittelfristige Gelegenheiten.

    Siehe auch mein Kommentar an Ramsi zu den Chartmarken von Salzgitter.

  3. Eigentlich von der “ gesunde Market“ nach 5 Jahren Lehman Story sieht momentan so aus:
    UBS – 10.000 in Nov 2012;
    Anfang der Woche
    Commerzbank – 6000;
    Heute:
    Hypo-Vereinsbank -1000;
    HSBC – 2000;
    Royal Bank of Scotland – 5500;

    Denken dass es damit endet? Nein, es ist nur der Anfang. Jetzt keinen Tag ohne guten Nachrichten und das wichtigste davon wurde uns von eurobeamten mitgeteilt: crisis is over))

  4. Gestern habe ich auf -> FuW <- etwas gelesen, und man kann bezüglich Euro wohl noch keine Entwarnung geben.

    Das zugrundeliegende Problem bleibt bestehen, nämlich daß der Eurokurs für die deutsche Wirtschaft viel zu tief ist, und für die südeuropäischen Länder viel zu hoch. Dieses Problem kann nur durch eine Konvergenz der Wirtschaftspolitiken gelöst werden. Ob das für den Süden und irgendwann auch für Frankreich auf die Dauer durchhaltbar ist, das ist sehr die Frage. Mit geldpolitischen Mitteln alleine wird man die Sache nicht lösen können. Draghi hat es bislang ganz hervorragend gelöst. Aber das wird auf lange Sicht nicht reichen.

    Der nächste Schauplatz ist Italien, wo Ende Februar gewählt wird. Dies wird eine richtungsweisende Entscheidung werden.

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