Der Markt arbeitet hart daran den Bärenmarkt hinter sich zu lassen, die Bullen scheinen wieder die Hoheit über das Geschehen zu haben und BTFD (Buy the fucking dip) ist wieder die gängige Logik geworden. 🙂
Nun erwarten sie heute vielleicht hier darüber zu lesen, aber hier im freien Bereich schreibe ich eben abseits von Aktualität, die beackere ich für die Mitglieder täglich.
Und gerade gestern habe ich dem freien Bereich via Twitter sogar temporär die Möglichkeit gegeben, meine beiden "Live Streams" der letzten beiden, bedeutenden Tage nur mit einer Registrierung frei zu lesen.
Was im freien Bereich dagegen nicht so sichtbar ist, ist die Tatsache, dass Mr. Market nicht nur aus Börseninfos besteht, es gibt auch viele andere regelmässige Themen, unter anderem auch die Geopolitik.
Das hat ja auch Logik und lässt sich von den Finanzmärkten gar nicht trennen, natürlich macht es für unsere Depots einen riesigen Unterschied ob China aufsteigt oder schrumpft, ob Amerikas Demokratie zerfällt oder sich erneuert und ob die EU sich weiter konsolidiert oder weiter zerfasert.
Jetzt könnte ich hier ja im freien Bereich eine dieser aktuellen Abhandlungen einstellen, aber seien wir mal ehrlich, das geht bei den aktuellen Themen im medialen Gewitter einfach unter.
Die Medien haben ja diese wunderbare Eigenschaft ganz plötzlich massenweise über Dinge als "Experten" zu schreiben, von denen die schreibenden Praktikanten/Redakteure/ChatGPTs noch vor Monaten keine Ahnung hatten und wenn man ehrlich ist, es zu oft auch heute nicht haben. 😛
Ein wunderbares Beispiel sind dabei aktuell doch "Panzer". Noch vor wenigen Monaten war das "Pfui Bah!", "Igitt", "Nicht nachhaltig" und die beteiligten Firmen sind auch heute noch aus ESG-Fonds zum Wohlfühlen verbannt, weil pöse, pöse.
Und heute? Heute springen einen jeden Tag in jeder Zeitung, selbst in den Hamburger und Münchener Hauspostillen der moralischen Überlegenheit, technische "Analysen" zu Panzervarianten an, die man bis dahin bestenfalls in "Igitt-Verlagen für Alt-Nazis" gesehen hat.
Was ist da passiert? Naja, der Bedarf der Leserschaft schwemmt halt die Attitüde hinweg und zum "Experten" wird man heute ja auch in 2 Stunden durch Internet-Studium oder Abschreiben. Früher waren wir 80 Millionen Bundestrainer, nun sind wir 80 Millionen Panzerexperten, ist doch eine feine Sache. 😛
Sie merken den Sarkasmus und Spott meiner Worte, das ist ja nicht zu überhören, hier bei Mr. Market waren Rüstungsaktien immer Thema, auch da als sie noch "Igitt" waren - schön als Übersicht zum Beispiel in diesem Artikel von 2017 nachzuvollziehen:
-> „Sichere“ Geldanlage? Auch 2017 immer noch Aerospace & Defense! <-
Womit ich auch wieder zum Thema Geopolitik komme. Statt mich nun also einzureihen in die vielen "Panzerschreiber", aus denen bald "Experten für Kampflugzeuge" werden dürften, will ich ihnen mal als Lesestoff einen Artikel von 2015 anbieten, den ich damals zu den Grundsatzentscheidungen geschrieben habe, vor denen die Eurozone zum Thema Griechenland stand.
Ich habe da einige sehr grundlegende Sätze gesagt und ich finde es ist doch ein guter Test für die Qualität von Gedanken, nachträglich zu schauen, wie gut oder schlecht diese nach vielen Jahren gealtert sind.
Vielleicht nehmen sie sich mal die Zeit, es geht mehr um die Gegenwart als man meint, auch wenn der Text nun fast 8 Jahr alt ist.
Und natürlich ist das auch ein bischen Werbung, vielleicht sind sie ja an weiteren Gedanken dieser Qualität interessiert, die auch 8 Jahre später noch Aktualität haben. Übrigens, als kleiner boshafter Hinweis, diese Gedanken konnten sie damals in den Hamburger und Münchener Hauspostillen der moralischen Überlegenheit eher nicht lesen, das war damals alles *toll* was Merkel gemacht hat, retten, retten, retten. 😛
Heute lesen wir eher über einen -> historischen Wohlstandsverlust der Deutschen <-, was aber natürlich alles gar nichts mit Nichts zu tun hat. Schon klar. 😉
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Dienstag 07.07.15 Geopolitische Wegscheide
Guten Morgen!
Endlose Gipfel haben wir über uns ergehen lassen müssen und immer war nach dem Gipfel gleich wieder vor dem Gipfel. Das nervt und stumpft auch ab. Und es verhindert, dass man erkennt, wann es endgültig ernst wird.
Denn dieser Moment ist nun da. Nun kann man Entscheidungen nicht mehr aufschieben und vertagen. Auf diesem Gipfel der Staats- und Regierungschefs wird eine Lösung für das griechische Drama gefunden werden, oder nicht. Und wenn nicht, ist Chaos in Griechenland, Hilfsprogramme der EU und der Grexit die zwangsläufige Folge.
Über die Scherkräfte die nun zu Tage treten, habe ich mehrfach geschrieben. Für Deutschland ist diese Entscheidung nun der Rubicon. Nach all den Fehlern und Dummheiten, die man bei der Einführung des Euros und bei der Struktur der EZB gemacht hat - ich sage nur Stimmrechte wie Malta! - ist das der allerletzte Moment, an dem man den Weg in die Transferunion noch aufhalten kann.
Die Folgen eines Fehlers hier, wären das mittelfristige Ende der deutschen Wirtschaftsstärke. Der von Transferzahlungen abhängige Süden würde zusammen mit einer Weichwährung, die Wettbewerbsfähigkeit auf die Dauer zerstören. Am Ende des Anpassungsprozesses wäre der Euroraum wieder wirtschaftlich homogen, aber homogen auf dem Niveau eines Italiens vor der Einführung des Euros.
Der andere Weg, der Weg des Grexits, führt dagegen mittelfristig zu weiteren Austritten und damit am Ende zu einer kleineren und stärkeren Währungsunion. Und damit am Ende auch zu einem kleineren Europa, einem Kerneuropa sozusagen, das dann aber sehr wettbewerbsfähig sein wird.
Wir müssen einfach erkennen, dass in einer Währungsunion kein Weg an einem homogenen Wirtschaftsraum vorbei führt. Die Ungleichgewichte sorgen für diesen Anpassungsdruck oder zerreissen die Währungsunion früher oder später. Nun also wird die endgültige Entscheidung fallen, wohin sich dieser Währungsraum entwickelt.
Der Druck auf die deutsche Position ist dabei immens. Natürlich stehen Frankreich und Italien hinter der Fassade vordergründiger Floskeln für das "andere" Europa, das Deutschlands wirtschaftliche Stärke nivelliert. Und auch wenn Spanien und Portugals Regierungen aus innenpolitisch taktischen Erwägungen gegenüber Griechenland Härte zeigen, wollen sie am Ende doch auch dieses andere Europa.
Massiven Druck macht dabei auch die US, die permanent mit Telefonaten versucht Einfluss zu nehmen und dessen Establishment aus allen Rohren gegen Deutschlands Position schiesst. Dabei spielen natürlich geopolitische Erwägungen, was die Südflanke der Nato angeht eine Rolle. Aber wir sollten uns keiner Illusion hingeben, Amerikas Eliten haben auch kein Problem damit, dass dieser nervige "Exportweltmeister" seine Wettbewerbsfähigkeit verliert. In den US sind Wirtschaft und US viel stärker miteinander verzahnt und was gut für die US Unternehmen ist, ist auch gut für die Politik.
Ausserdem ist Amerikas Politik für Europa durchaus eine Fortführung der britischen Strategie über Jahrhunderte, nach der sich auf dem Kontinent keine dominierende Macht bilden darf. England hat über Jahrhunderte immer gegen das Land paktiert, das sich auf dem Kontinent zu einer dominanten Position aufschwingen wollte und das ist aus seiner eigenen Sicht auch rational und richtig.
Auch das Amerika der Gegenwart, hat dann den grössten Einfluss auf Europa, wenn es ein zwar einiges, aber schwaches Europa gibt. Ein starkes, integriertes Kerneuropa aber, droht seinen eigenen Weg in der Weltpolitik zu nehmen und sich frei zu schwimmen. Die aus Brüssel betriebene Überdehnung der EU, die diese damit gleichzeitig fesselt und schwächt, ist eine Strategie, die immer im Interesse Amerikas gelegen hat und von Amerika gefördert wurde.
Es stimmt also, die USA wollen ein einiges Europa und sind ein Freund der europäischen Einigung. Aber sie wollen ein schwaches, überdehntes Europa, das nur eine lose Klammer ist und kein starkes Kerneuropa, das seinen eigenen Weg in der Welt geht.
Aus der rationalen Erkenntnis dieser strategischen Interessenlagen der US, muss man aber im Umkehrschluss die US nicht zum Feind Europas erklären. Das sind die US nicht und der Hass auf Amerika der sich da teilweise entlädt, hat tiefer liegende Züge, die sich auch gegen eine freiheitliche Wirtschaftsordnung richten, in der der Markt das zentrale Ausgleichsmedium ist. Und wenn uns die US etwas Gutes nach dem Krieg gebracht haben, dann eine Wirtschaftsordnung, die zu Wohlstand geführt hat und individuelle, freiheitliche Lebensentwürfe erlaubt.
Nein, die US haben halt einfach nur Eigeninteressen, wie alle anderen Mächte auch und die sind völlig legitim. Unser Problem, gerade in Deutschland ist aber, dass wir verlernt haben, unsere Eigeninteressen zu verfolgen und überhaupt klar zu identifizieren.
Russland dagegen dürfte unentschieden sein. Einerseits würde man sehr begrüssen, wenn sich Europa aus der Dominanz der US löst und einen eigenen Weg geht. Andererseits fällt es mir schwer mir vorzustellen, dass man ein sehr starkes und gut integriertes Kerneuropa unter deutscher Dominanz vor der Haustür haben möchte. Was für Russland geostrategisch das Beste wäre, wäre sicher die Zersplitterung, also der Zerfall Europas in Einzelstaaten, von denen sich einige wieder Richtung Russland orientieren und damit Russland Einfluss in Europa geben. Die auf moralische Zersetzung Europas ausgerichtete Propaganda der staatlich finanzierten Auslandsmedien, weist in diese strategische Richtung, die aus Sicht Russlands auch logisch und nachvollziehbar ist.
Auch hier muss man Russland deswegen nicht zum Feind Europas erklären, es hat halt geostrategische Interessen und die sind erst einmal legitim. Unsere Interessen im Kern Europas aber auch, wir müssen nur lernen, diese wieder zu verfolgen und zu formulieren.
Was uns Russland aber in 100 Jahren nie gebracht hat, ist eine auf individuelle Freiheit ausgerichtete Gesellschaftsordnung. Insofern sollten alle "Hasser" Amerikas sich mal klar machen, dass sie nur deshalb medial sich so weit aus dem Fenster lehnen können, weil sie die Vorteile dieser Gesellschaftsordnung geniessen, die uns historisch autoritätsverliebten Deutschen, erst Amerika nahe gebracht hat.
Zurück aber zum aktuellen, politischen Geschehen.
Viele denken, heute würde über Griechenland entschieden. Ich sehe das nicht so, das ist nur der vordergründige Anlass. Heute wird eine Grundsatzentscheidung fallen, in welche Richtung sich die Währungsunion entwickelt. Und daraus folgend, wird sich auch die EU verändern.
Überdehntes aber schwaches Europa oder kleineres, aber starkes Kerneuropa. Das ist die Frage, die ausgelöst durch den Katalysator Griechenland, nach meiner Einschätzung nun wirklich ansteht.
Ehrlich gesagt kann ich mir nicht vorstellen, dass eine Typologie wie Merkel unter diesem massiven Druck von aussen die Führung übernimmt und den Weg Europas in ein Kerneuropa und eine Konsolidierung einschlägt. Ich erwarte, dass sie in der Substanz nachgibt und lieber ihre Fraktion diszipliniert, das ist nämlich einfacher und wird gelingen. Am Ende ist die Fraktion halt immer noch ein Kanzlerwahlverein, wie schon seit Jahrzehnten.
Für uns bedeutet das dann, dass wir Deutschland und die Vorstellung eines starken, wettbewerbsfähigen und an Leistungsfähigkeit orientierten Europas abschreiben können und die Transferunion endgültig da ist.
So sehe ich die geostrategische Welt hinter der Fassade der öffentlichen Verlautbarungen. Und so sehe ich das, was nun auf dem Spiel steht.
Ich behaupte nicht, die Weisheit gefressen zu haben und in allem Recht zu haben, obige Zeilen sind nur mein Meinungsbild und meine geostrategische Sicht auf Europas Zukunft. Ich wollte Ihnen einfach nur mal aufschreiben, wie ich persönlich als historisch und politisch interessierter Mensch, das Spiel hinter der Fassade im Moment erlebe und interpretiere