Von Untergangspropheten und Erfolg an den Finanzmärkten

Im Manager Magazin Online ist heute ein sehr schöner Artikel zu den Denkstrukturen von "Untergangspropheten" zu finden, die unser Finanzsystem und die westliche Welt im allgemeinen vor einer historischen Zäsur sehen. Bitte lesen Sie hier über eine -> Expedition in die Welt der Untergangspropheten <-.

Das Verrückte daran ist, ich gebe einigen der Ansichten ja im Kern Recht bzw. ich halte diese für durchaus denkbar und keineswegs für unmöglich - einige Ansichten sogar für wahrscheinlich. Und viele dieser Leute sind intelligent, seriös und voller Erfahrung in wirtschaftlichen und finanziellen Dingen. Auf jeden Fall mit weit mehr Erfahrung, als der durchschnittliche Wähler, der sich lieber über Orchideenthemen ereifert, sich von der Politik einlullen lässt und am Nasenring durch die Gegend geführt wird, statt die historischen Zeiten zu erkennen, in denen wir leben.

Wir können das ja aktuell wieder beobachten, wie diesen Sommer über Deutschland bewusst ein Schleier der Ruhe und Normalität gelegt wird, weil man halt im Schlafwagen am besten die Macht erhält. Dabei stehen bald nach der Wahl eine Reihe harter Wahrheiten vor uns. Nur bis zur Wahl sollte der dumme deutsche Michel davon unbehelligt bleiben, es könnte ja die zementierten Mehrheitsverhältnisse stören.

Trotzdem machen die im Artikel dargestellten Menschen in meinen Augen einen massiven und grundlegenden Fehler. Und es ist der gleiche Fehler, den auch viele Aktienanleger machen, wenn sie sich in eine Aktie verlieben und sich auf bestimmte Prognosen versteifen. Und deshalb schreibe ich in diesem Artikel ausführlich zu dieser Geisteshaltung.

Denn wenn man beispielsweise die Entscheidung schon heute "in die Pampa" zu ziehen und einen "Bunker" zu bauen als eine Investitionsentscheidung in eine Aktie betrachtet, dann verhält diese Entscheidung sich so, wie der Anleger, der einen festen Glauben in den Turnaround einer Aktie entwickelt und diese hält und hält und hält, während sie fällt und fällt und fällt. Einfach weil sein Glaube unerschütterlich ist.

Das man so an der Börse nicht erfolgreich sein kann und Glauben hier nichts verloren hat, dürfte Lesern dieses Blogs mittlerweile völlig klar sein. Und selbst wenn der Anleger dann irgendwann Recht bekommt, muss man ihn fragen warum er sein Kapital vorher jahrelang in einem "loosing Trade" gebunden hat und damit nichts Besseres gemacht hat. Denn es wäre ja immer noch früh genug gewesen in diese Aktie zu springen, wenn sie denn tatsächlich dreht. Den Vorteil gegenüber den anderen Marktteilnehmern hat man schon alleine dadurch, dass man sich der Möglichkeit des Drehens wohl bewusst ist. Alleine dadurch wird man zu den Ersten gehören, die die Chance erkennen, wenn sie denn da ist. Das jahrelange Warten vorher, hat dagegen nur Verluste produziert und zwar monetärer wie emotionaler Art.

Und es gibt einen weiteren wichtigen Aspekt. Unser Leben ist begrenzt und 10 Jahre im mittleren Lebensabschnitt - in dem man gereift und voller Wissen, aber noch ohne Krankheiten und Maleschen - sein Leben gestalten kann, sind eine Menge unwiederbringliche Zeit. Selbst also wenn in 10 Jahren das Armageddon kommt, die öffentliche Ordnung zusammen bricht und wir alle nur noch Rüben essen - macht es dann Sinn, die 10 Jahre davor in Angst zu verschenken ? Macht das die Jahre danach irgendwie besser ? Im Endeffekt begeht man so frühzeitig Selbstmord aus Angst vor dem Tod.

Die folgende Gedankenhaltung ist deshalb nach meiner Erfahrung auch für die Geldanlage ganz entscheidend:

(1) Versteifen wir uns nicht auf eine einzelne mögliche Zukunft, auch wenn sie noch so überzeugend daher kommt. Behalten wir einen offenen Geist, der Möglichkeiten und Opportunitäten erkennt. Die Welt ist weit komplexer und die Interdependenzen zu mannigfaltig, als das man mit 2 oder 3 Variablen eine zuverlässige Sicht auf die Zukunft erstellen könnte.

(2) Vergessen wir bei allem berechtigten Nachdenken über die Zukunft nicht im "Hier und Jetzt" zu leben, denn diese Zeit kommt nicht wieder. Was haben wir davon, wenn wir zwar kurz vor unserem Lebensende "Recht" bekommen, aber vorher nie gelebt haben und für unsere Lieben keine Zeit hatten ? Auf die Börse übertragen heisst das, wir nehmen die Chancen des "Hier und Jetzt" wahr und vergeuden unser Portfolio nicht im Warten auf prognostizierte Ereignisse der Zukunft.

(3) Den Wettbewerbsvorteil gegenüber den anderen Menschen erzeugen wir nicht, in dem wir zu früh auf eine Prognose aufspringen. Zu früh ist nur eine andere Form von Falsch ! Den Wettbewerbsvorteil haben wir, wenn wir uns der Möglichkeiten bewusst sind und so einen Wechsel erkennen, wenn er kommt. Und in dem wir uns so schneller anpassen können als die anderen. Wenn der Umbruch kommt, denn das ist vorher keineswegs sicher. Unser Vorteil ist also die wache Beobachtung und nicht die vorschnelle Handlung !

Wenn wir diese Denkstrukturen haben, haben wir die Grundvoraussetzung, um an den Finanzmärkten erfolgreich sein zu können. Denn dort müssen wir opportunistisch die Chancen ergreifen, die sich uns bieten. Und um diese zu erkennen, müssen wir vorher in Möglichkeiten denken - eben nicht in Weissagungen und vermeintlichen Sicherheiten.

Wenn wir aber an der Börse so agieren wie die, die sich schon heute in den Bunker zurück ziehen, wird Erfolg unmöglich sein. Und wir werden in einem "Loosing Trade" bis zum bitteren Ende sitzen. Und dann, wenn wir dann emotional am Boden sind und endlich verkauft haben - dann tritt der Fall doch ein, auf den wir so lange gewartet haben. Wer hat je gesagt, dass das Schicksal auf uns Rücksicht nimmt ?

Lassen Sie uns heute also den möglichen Untergangs-Realitäten mit Überzeugung und Selbstbewusstsein ins Gesicht lachen. Lassen Sie uns heute die Vorbereitungen auf die verschiedenen Zukunftsalternativen treffen, die wir mit sinnvollem, begrenzten Aufwand heute durchführen können. Aber lassen Sie uns erst dann beherzt und gezielt zupacken und uns festlegen, wenn es wirklich nötig wird und der Mantel des Schicksals vorbei kommt ! Mehr als ein paar wenige, gezielte Notfall-Vorbereitungen, sind bei einer prinzipiell offenen Zukunft eher sinnlos. Wichtiger ist, die Möglichkeiten der Zukunft zu durchdenken und sich so in gedanklicher Offenheit vorzubereiten.

Der Gewinn wird hier und heute gemacht. Und das Glück kann auch im hier und heute gefunden werden !

Ihr Hari

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5 Gedanken zu „Von Untergangspropheten und Erfolg an den Finanzmärkten“

  1. Hallo Hari.

    Ausgesprochen guter Beitrag.

    Der Mensch kann sich anscheinend nicht frei von Loosing Trades machen. Die Station hatte ich auch schon durchgemacht. Allerdings vor ein paar Jahren durchaus mit Plus beendet. Andere wiederum taten weh. Lernen durch Schmerzen:)
    Ich glaube auch, dass das zur allgemeinen „Börsenausbildung“ dazu gehört. Wenn man das finanziell überlebt, dann noch die Kosten, die durch das eigene Ego entstehen, weil man an etwas glaubt, dann hat man eine Chance auf Verbleib an der Börse.

    Bei Asterix und Obelix hatten die Gallier Angst, dass Ihnen der Himmel auf den Kopf fällt. Aber wie will man sich davor schützen?

    Es geht nicht um Recht haben, sondern um’s besser machen. Dazu zählt nur das hier und jetzt.

    Der Preis ist der Richter, die Börse das Spielfeld und die eigene Equtiykurve der Masstab.

    Gegen einen kleinen Notvorrat von 2-3 Wochen für sich und die Familie ist ja nichts einzuwenden. So viel sollte im Keller sein.
    Reserven und einige Redundanzen helfen in jedem System weiter um robuster zu werden.

    Gruß
    Armin

  2. Hallo Hari,

    kann mich Armin nur anschließen, ein besonders guter Beitrag. Wie immer super geschrieben, da bringt einen das Lesen nicht nur auf neue Gedanken, sondern macht einfach auch so Spaß.
    Auch inhaltlich außergewöhnlich weil man meiner Meinung nach trotz aller detailierten Gedanken, welcher Trade denn nun eine gute Chance bieten könnten, nie den Blick aufs Ganze verlieren sollte. Denn letztendlich machen wir das alles nicht zum Selbstzweck, sondern es soll ja dazu dienen uns ein angenehmeres/unabhängigeres/materiell abgesichertes Leben zu ermöglichen.

    Toll dann auch wieder die Überleitung von den allgemeinen Gedanken zu speziellen Verhaltensmustern für die Geldanlage!

    Außerdem nerven einige Untergangspropheten mit ihren Prognosen manchmal dann doch ganz schön. Ich rufe ab sofort täglich auch den Zusammenbruch des ganzen Systems für den morgigen Tag aus 🙂 Einmal werde ich dann schon irgendwann Recht haben. Und für die unzähligen Fälle wo ich falsch liege, interessiert sich eh keiner, meine Untergangspropheten-Kollegen werden ja auch nie an ihre falschen Prognosen erinnert.

    Gruss Andreas

  3. Danke Andreas,

    das mit dem permanenten Ausrufen des Systemzusammenbruchs solltest Du tatsächlich machen. Denn genau dann, wenn Du irgendwann mal Recht hast – und irgendwann wirst Du das – kannst Du Dich für die nächsten 10 Jahre als Guru herumreichen lassen, mit dem Untertitel: „hat die Krise von 2013 richtig vorhergesagt !“. 😉

    Du lachst ? So läuft das System tatsächlich in der Realität und ich kann Dir eine Reihe von bekannten „Gurus“ nennen, die so zu ihrem Status gekommen sind. Man muss nur genug Chuzpe haben.

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