Warum es Risikomanagement braucht

Selbst im freien Bereich werde ich mich nun wiederholen, aber es gibt Dinge die kann man nicht oft genug sagen.

Und selbst wenn man bestimmte Wahrheiten immer wieder betont, steht trotzdem jeden Tag ein neuer Kandidat auf, der sich wieder vom immer gleichen Unsinn beeinflussen lässt und wieder die gleichen Fehler macht, die schon unzählige Vorgänger in schwere Verluste getrieben haben.

Es ist der "Buy and Hold" Unsinn, das Märchen, dass es Aktien gäbe, bei denen man sich einfach "Schlafen legen" und diese laufen lassen könne, ohne hinzuschauen. Da werden Aktien "analysiert" und sich selbst bestätigend herumgereicht, bei denen man sich die Welt schönredet und sich jahrelang wohlig als neugeborener "Warren Buffett" fühlen kann, bis man dann schmerzhaft von der Realität eines Besseren belehrt wird.

Statt daraus zu lernen, wechselt diese Typologie dann aber gerne ego-schonend in die Verleugnung mit verräterischen Sätzen wie "die kommt schon wieder" oder "das ist ein langfristiges Investment". 😛

Übrigens, was breite ETFs wie zb gleich den ganzen S&P500 angeht, ist das *kein* Unsinn. Denn Indizes gehen nicht Pleite und fallen nicht auf Null, langfristig steigen diese. Mit breiten ETFs kann "Buy and Hold" ohne jeden *Check* also durchaus eine valide Vorgehensweise zum "Ansparen" sein, wenn man sich so gar nicht mit dem Markt beschäftigen will. Aber bei einzelnen Aktien? Kompletter Unfug!

In diese Falle wird von naiven, sich selbst überschätzenden Anlegern gerne auf zwei Arten gegangen, für beide Fallen werde ich unten Beispiele zeigen.

Die erste Falle ist die der gloriosen Zukunftt. Manchmal, wenn Aktien schon lange steigen, beginnt man sich einzubilden, dass deren Zukunft unvermeidbar sei, dass diese unvermeidlich sozusagen zur "Weltherrschaft" aufsteigen. In den 80ern wurde dieser Fehler zum Beispiel bei IBM gemacht, in der Gegenwart sind es die Techriesen, bei denen schnell ähnliche Mechanismen wirken.

Die zweite Fall ist die der vermeintlichen Witwen- und Waisen-Aktie, die ja Geschäft macht "das man immer braucht" und die eine lange Historie von steigenden Kursen besitzt. Aber das ist Scheinsicherheit, weil "vergangene Performance ist keine Garantie für zukünftige Ergebnisse"!

In beiden Fällen lassen sich Anleger gerne von einer Scheinsicherheit einlullen, man liest seitenlange "Analysen", die letztlich nur Selbstbefriedigung des eigenen Bias sind und lehnt sich dann wohlig zurück, als ob die Zukunft aus Vergangenheitszahlen vorhersagbar wäre. Was für eine Hybris!

Richtig ist: Es braucht bei *jeder* Aktie ein *Risikomanagement*!

Das abstrakte Wort "Risikomanagement" müsste natürlich auch erst einmal erklärt werden, das übersteigt aber diesen Artikel. Letztlich ist es ein Oberbegriff der besagt, dass man *immer* eine klare Vorstellung davon haben muss, wann ein Investment/Trade am Ende ist und die Annahme nicht mehr gültig ist, unter der man es eingegangen ist.

Risikomanagement beinhaltet also einen breiten Instrumentenkoffer an Techniken, zu denen zB Stops gehören können, es geht aber weit darüber hinaus, weil Stops haben auch ihre Nachteile und sind keine Universallösung. Man kann sein Risiko aber beispielsweise auch über die Positionsgröße steuern, über die Menge des Kapitals eben, das man überhaupt einem Risiko aussetzt. Und es gibt noch viele andere valide Techniken, wie Hedging zum Beispiel oder ganz trivial das sture Agieren entlang von gleitenden Durchschnitten.

Egal wie man es macht, jede Aktie braucht aber dieses Risikomanagement, diese klare Vorstellung davon, wann das Investment bzw der Trade am Ende ist und was man dann konsequent zu tun gedenkt.

Theoretisch sind das ja nette Sätze, aber man dringt damit nicht durch. Weswegen ich heute mal den Holzhammer heraushole um auch die Letzten zu erreichen, die sich noch irgendwo mit blindem Buy&Hold verkrochen haben, es nicht wahr haben wollen und sich die Welt schön reden.

Stellen sie sich vor, sie haben da im Depot:

  • einen hoch kapitalisierten Bluechip
  • der in einem großen Zukunftsmarkt unterwegs ist oder ein Zukunftsthema beackert
  • oder der eine "Witwen & Waisen Aktie" im Sinne "braucht man immer" ist und seit Jahrzehnten stabil die Dividenden erhöht
  • der seit Jahren nur den Weg nach oben kennt
  • der von Analysten mit Kaufempfehlungen zugeplastert wird
  • den jeder kennt

Besser geht es also kaum. Schützt sie das vor schweren Einbrüchen? Braucht man da kein Risikomanagement, weil diese Werte nach jeder Korrektur wieder steigen?

Bullshit!

Ich könnte ihnen dazu hunderte Beispiele der Vergangenheit zeigen, aber eindrucksvoller ist sicher die Gegenwart.

Was ich ihnen nun zeige sind 5 Charts bewusst in linearer Darstellung, damit man die ganze Dramatik im eigenen Depotstand überhaupt nachvollziehen kann.

In den Charts sind beispielhaft klassische Brüche von Trends und Unterstützungen markiert, an denen man sehr simpel hätte handeln können - mit einem lila Pfeil markiert. Das heisst nicht, dass das die einzige oder beste Methodik wäre, es soll nur visualieren, dass es klare Punkte gab, an denen man hätte Handeln können und das war auch "mittendrin" möglich, wenn man sich an das Prinzip von Trends und Unterstützungen halten würde.

Deshalb braucht man ein Risikomanagement:

Der Markt hat uns mehrfach angeschrien und *Vorsicht!* gerufen. Aber auch davor habe ich die Topbildung markiert, die schon vor dem ersten lila Pfeil zu Vorsicht gemahnt hatte. Es gab auch noch genügend andere Signale in der Markttechnik, auf die ich jetzt nicht eingehen will, weil das Bild so schon genügt.

Wer zu borniert war das zu sehen und darauf zu reagieren, hat von 10.000€ in der Aktie nun mehr als 7.000€ verloren. Und komme mir keiner mit der schwachsinningen "die kommt schon wieder" Logik, es gab keinen Grund diesen Absturz mitzumachen, keinen! Das Kapital könnte längst in besseren Assets sein. Das zumal viele dieser Art Aktien erfahrungsgemäß eben *nicht* mehr wiederkommen werden, nur eine kleine Minderheit dieser "fallen Angel" schaffen später eine Rückkehr zu alter Glorie.

Ein weiterer Versuch die Wahrheit wegzuschieben ist dann die Behauptung, dass man diese Stellen zum Ausstieg ja erst hinterher erkennen kann. Auch das ist so Unsinn, wenn man sich einfach nur an die Regeln für Unterstützungen und Trends hält. Schauen sie mal, was ich vor genau einem Jahr -> hier dazu gesagt habe <-, da war das Risiko eindeutig zu sehen und es war auch klar, was zu tun war.

Und natürlich gibt es mitten im Absturz auch diese naiven "Helden", die die Aktie dann für "billig" halten und kaufen, weil sie so sehr ihren "Analysen" vertrauen, eine "tolle SWOT-Analyse" gemacht haben oder sich sonstwie auf vielfältige Art und Weise einbilden, mehr als der Markt zu wissen. Dabei hat die Regel "greife nie in ein fallendes Messer" ihren Sinn.

Und wissen sie was? Auch eine Aktie die schon 99% gefallen ist und deren Kurs unter einem Euro liegt kann sich noch problemlos halbieren. Und aus "investierten" 1.000€ werden auch dann nur 500€ - man nennt das "Prozentrechnung". 😛

Und deshalb braucht man ein Risikomanagement:

Und deshalb braucht man ein Risikomanagement:

Und deshalb braucht man ein Risikomanagement:

Witwen- und Waisen Aktie, gut "durchanalysierte" Aktie .... Ho Ho Ho

Und deshalb braucht man ein Risikomanagement:

So, ich hoffe der Holzhammer hat gewirkt. Auf Adidas (ADS), Shopify (SHOP) und viele, viele andere habe ich heute gnädig verzichtet. 😛

Oben sagte ich dann, dass "Buy and Hold" mit breiten ETFs durchaus eine valide Vorgehensweise zum "Ansparen" sein kann. Damit habe ich aber nicht gesagt, dass es optimal ist ganz auf ein Risikomanagement zu verzichten. Was legitim ist, muss deswegen noch lange nicht gut oder die optimale Vorgehensweise sein.

Denn selbst bei einem Index-ETFs stellt sich doch die Frage, warum man unbedingt einen Absturz wie Lehman mitgehen soll, wenn man auch den nach den gleichen Prinzipien erkennen kann:

Und auch zum Jahreswechsel 2021 auf 2022 war die Gefahr zu sehen, die Mitglieder von Mr. Market haben von mir auf jeden Fall zu Weihnachen 2021 klare Worte zum Risiko gehört, die "Distribution" war da schon in den Charts zu sehen, aber das ist eine andere Geschichte.

Wer will nun immer noch Aktien einfach blind halten und nicht mehr hinschauen? Dann nur zu, aber jammern sie hinterher nicht bei mir. 😛

Übrigens, Risikomanagement kann man lernen. Es ist einfach Handwerkszeug, verbunden mit Selbsterkenntnis, weil uns eben unsere Pschologie dabei gerne Streiche spielt. Auch das können sie bei Mr. Market lernen, sie müssen es aber wollen.

Ihr Michael Schulte (Hari)

1 Gedanke zu „Warum es Risikomanagement braucht“

  1. Spitzen Artikel, genau diese direkte Art hat mich überzeugt Mitglied zu werden. Ich bin sehr froh den Schritt gemacht zu haben.

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