Wo wir am Jahresanfang stehen

Im Premium Bereich ist schon seit einer Woche wieder Betrieb und wir haben schon viel besprochen und Einiges in der sehr bewegten und profitablen KW1 mitnehmen können.

Hier im freien Bereich will ich ihnen - sozusagen aus der Umlaufbahn - einen summarischen Überblick geben wo wir aktuell am Freitag 08.01.21 stehen - mit wenigen, klaren Sätzen.

Erstens, der US-Senat ist marginal wieder in demokratischer Hand, die Vize-Präsidentin kann mit ihrer Stimme nun das Zünglein an der Waage zu Gunsten der Demokraten sein.

Das erleichtert Biden das Regieren ungemein, ohne dass es dem linken Flügel der Demokraten zu viel Einfluß gibt, denn mit nur einer "halben Stimme" Mehrheit bekommt man immer noch keine kontroversen Themen durch.

Für Big Tech wie Facebook (FB) oder Amazon (AMZN) erhöht das Risiken von Regulierung und Zerschlagung, für die breite Ökonomie erhöht es aber die Chancen eines massiven Stimulus, der nun schneller und höher kommen wird, als vorher möglich.

Der Markt nimmt das schon vorweg, seit Mittwoch "feiert" er erneut in den Sektoren, die schon am 09.11.20 mit der Nachricht zum Impfstoff aus der Corona-Baisse erweckt wurden.

Der Russell2000, der Index der kleinren US Aktien, vollzieht eine massive Rally, die Hoffnung auf die Konjunktur ausdrückt:

Zweitens gehe ich davon aus, dass Trump nach dem Geschehen von Mittwoch nun politisch zum "Outlaw" wird und sein Einfluß auf die republikanische Partei damit geringer.

Trump konnte mit seinen Brüchen ziviler Normen bisher durchkommen, weil er in der Regel nur Einzelpersonen so angegriffen hat. Das nahm man zwar mit Abscheu zur Kenntnis, war aber nicht ausreichend selbst betroffen.

Mit diesen Bildern dieser Chaoten im Kapitol, angefeuert vom eigenen Präsidenten, wird er aber auf ewig verbunden bleiben und dabei hat er sich nun nicht mit Einzelpersonen, sondern mit den amerikanischen Mythen, mit der Selbstidentität des Landes angelegt und die ist wirkmächtig.

Viele brave Bürger werden sich abwenden, was ihm dann bleibt ist eine kleinere, aber radikalere Truppe gläubiger Jünger. Das bleibt gefährlich und auch mit Einfluss, aber der Zenit ist überschritten und das Momentum hat einen Knacks. Die heutige halbgare "Concession" zeigt, dass er den Fehler nun bemerkt hat.

Dass er seine Position selbst so geschwächt hat, ist eine schöne Pirouette der Geschichte und im Sinne von Faust "ein Teil von jener Kraft, die stets das Böse will und stets das Gute schafft".

Denn Trump hätte aus der Executive heraus diese Wahl locker gewinnen können, der Gegner war schwach und in der Krise schlägt immer die Stunde der Anführer, wenn sie denn welche sind. Aber er hat - getrieben von seinen eigenen Geistern - alles dafür getan, den Gegner stark zu machen, dessen Anhänger zu Einen und selber Angriffspunkte zu bieten. Der größte "Loser" heisst also "Donald", er hat eine Wahl vergeigt, die für ihn wie ein Elfmeter war, den man nur noch eintüten musste.

Aber auch nach der Wahl hätte er noch mit Grandezza abtreten können, sein Ego befriedigen und am Image des "Comeback-Kids" basteln und so ein politischer Faktor bis 2024 bleiben. Das hat er nun wohl alles mit eigener Kraft beschädigt, seine politische Zukunft ist unklar und zweifelhaft.

Für den Markt ist das aber schon lange nicht mehr relevant, der schaut seit der Wahl nach vorne und was er sieht gefällt ihm, weil der dritte Punkt zum Tragen kommt:

Drittens garantiert das "dynamische Duo" von Yellen als Finanzministerin und Powell als FED-Chef weiter einen voll aufgedrehten Liquiditäts-Feuerwehrschlauch der FED.

Mit den Demokraten und dem Wechsel im Senat werden auch "Helicopter-Money" Konzepte im Sinne der MMT wahrscheinlicher, wovon wieder Aktien, aber auch Gold relativ profitieren werden.

Dieser Bullenmarkt ist also keineswegs zwingend vorbei und selbst wenn die jedes Jahr neu schnatternden Crash-Propheten wie eine gesprungene Schallplatte irgendwann mal recht bekommen, kann der Markt in den Jahren bis dahin noch massiv steigen und jeder der das nicht mitnimmt, sich in den Fuß beissen.

Oder anders gesagt, nachdem man 80% Gewinn mitgenommen hat, akzeptiert man dann gerne die 10-20% Verlust vom Hoch, bis man erkennen kann, dass die Party nun vorbei ist. Das ist der Weg. 😉

Falls jemand nicht weiss was los ist, hier ist noch einmal die Geldmenge M1 der USA seit den 90er Jahren. Das Chart ist logarithmisch, linear sähe es noch mehr nach einem Start einer Falcon 9 von SpaceX aus. 😛

Viertens, der statistisch typische Ablauf nach einem starken 4. Quartal kennt eine Fortsetzung der Stärke im Januar - zumindest in der ersten Hälfte - und dann zunehmende Korrektur-Gefahr ab Ende Januar in den Februar hinein.

So wie das zB in 2018 gelaufen ist, die Stärke im Januar haben wir bisher schon:

Es wird auf keinen Fall exakt so ablaufen, aber Stärke in der ersten Januar-Hälfte und dann zunehmende Korrektur-Gefahr ist der statistisch "normale" Ablauf.

Fünftens, so ein starkes 4. Quartal wie letztes Jahr spricht statistisch eher für ein starkes, folgendes Börsenjahr. So eine Korrektur im Q1 wie oben genannt ist da in der Regel eine Chance und wäre zu begrüssen.

Das ist übrigens das Langfristchart des S&P500 seit 1975 in logarithmischer Darstellung.

Schauen sie wie lang die Aufwärtsbewegung in den 90ern war. Sie sehen, dass die Steigung ab 1995 viel stärker wurde als aktuell. Vielleicht beginnen wir gerade mit dieser Phase, die Steigung nimmt nun sichtbar zu.

Es gibt aber keinen zwingenden Grund, warum das nicht noch ein paar Jahre weitergehen könnte, bevor eine echte Baisse wie 2008 wieder ansteht oder vielleicht sogar der "große Reset". "Könnte", nicht muss, der Markt muss gar nichts und die Zukunft ist unbestimmt.

Sechtens wird die Welt in 2021 wahrscheinlich aus der Covid-Depression erwachen, einer Nacht die wie immer kurz vor dem Morgen am Dunkelsten ist. Die Aktien-Märkte nehmen das schon seit dem 09.11.20 vorweg, seit die Nachricht von der BioNTech/Pfizer Impfung kam.

Man kann sich immer irgendwelche Desaster vorstellen, ein Griff Chinas nach Taiwan zum Beispiel, der bei der großen Abhängigkeit der westlichen Welt von taiwanesischen Chips massivste Konsequenzen hätte - eine neue "Kuba-Krise" sozusagen.

Was aber gerne vergessen wird, ist sich die viel näherliegenden Konsequenzen der Geldschwemme vorzustellen. Die Notenbanken bemühen sich ja immens eine Inflation hervorzurufen, da nur das erlauben würde, die Schuldenberge wegzuschmelzen. Stellen sie sich mal vor, die hätten damit doch Erfolg?

Was glauben sie wohl, wo die Menschen dann ihr Geld noch intensiver als jetzt hintragen werden? Tipp: Die Riester-Rente ist es nicht. 😛

Wir sollten vorsichtig optimistisch bleiben und mit dem Trend laufen, denn der ist unser Freund. Wenn der dreht, ist es früh genug die Seiten zu wechseln.

Siebtens, dieses Jahr steuern wir in Deutschland auf eine Bundestagswahl zu, die - sollte Merkel wirklich abtreten - die politische Landschaft weit stärker verändern wird, als wir uns im Moment vorstellen können. Da werden Dinge in Bewegung geraten, die in 16 Jahren Merkel in unseren Köpfen verblasst sind und wir einfach nicht mehr gewohnt sind. Ja, es gibt ein Leben nach Merkel und das ist gut so. 😛

Für uns als Bürger wird das wichtig sein, für die Märkte bleibt es ein Nebenthema - nett zu wissen, aber nicht wirklich entscheidend. Denn auch wenn der DAX bald 40 Werte beinhaltet, bleibt Deutschland Entwicklungsland was den Kapitalmarkt angeht, die Musik spielt an der Wallstreet und zunehmend in Asien. Außerdem ist Deutschland in Vielem was die Unternehmen und die Börse betrifft, sowieso kein souveränes Land mehr, sondern Brüssel der wichtigere Ort.

Egal wer hier also bei der Wahl gewinnt oder verliert, wenn der S&P500 stark fällt, wird es auch der DAX tun. Allerdings wird der DAX nicht sicher steigen, wenn der S&P500 steigt - das hat aber mit der -> Konstruktion des DAX <- zu tun und ist ein anderes Thema. 😉

Summa Summarum wird das Geheimnis des Erfolges auch in 2021 wieder nicht darin liegen herumzuraten, sondern dann wenn etwas Relevantes passiert die richtigen Konsequenzen zu ziehen - zu *Reagieren* also, statt zu Raten!

Ich gehe von einem guten, aber "schwierigeren" Anlagejahr als 2020 aus. Schwieriger, weil ich nicht mit so langen, gleichmässigen Anstiegsphasen rechne wie wir sie aus dem März-Tief heraus in 2020 hatten. Die Bewegungen werden vielleicht zerhackter werden, mehr schwankend und weniger berechenbar, aber die Chance ist gut, dass wir am Ende in den Indizes wieder höher stehen.

Ihr Michael Schulte (Hari)

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