Nach dem Handelsschluss an der Wallstreet, möchte ich mich noch einmal in Ruhe und ohne die Hektik des Handelstages, der Entwicklung beim Goldpreis widmen. Unter anderem, weil die heutige Entwicklung einfach laut danach schreit. 🙂 Zu deutlich kann man heute sehen, wie die Anleger von technisch agierenden Programmen hin und her geworfen werden.
Im voran gegangenen Artikel habe ich ja deutlich gemacht, dass ich die Entwicklung des Goldpreises seit November fundamental nicht mehr verstehe. Dem ist auch nichts hinzu zu fügen. Das sollte uns aber nicht hindern, einfach mal ganz unvoreingenommen auf den Chart zu schauen.
Hier ist er also der gleiche Stundenchart von XAUUSD, den ich Ihnen heute um 12 Uhr gezeigt habe, nun nur ein paar Stunden später.
So ein schöne inverse Schulter-Kopf-Schulter Formation haben Sie auch schon lange nicht mehr gesehen, oder ? Die schreit ja geradezu danach bis 1680 USD weiter zu laufen.
Was war passiert ? Wie technisch abzusehen, fand gegen 12 Uhr eine Stabilisierung wegen schlichter technischer Überdehnung statt, die ich auf dem Chart des früheren Artikels mit dem roten Kreis beim RSI indiziert hatte.
Dann ging der Goldpreis in Wartestellung bis zu den US Arbeitsmarktdaten um 14.30 Uhr. Und als diese nicht mit einer Verringerung der Arbeitslosenquote kamen, ging es stark nach oben. Denn nach der neuen FED Kommunikation, bedeutet ja eine sinkende Arbeitslosenquote eine schnellere Beendigung der QE Massnahmen, was schlecht für Gold wäre - zumindest wenn man glaubt, dass die FED überhaupt aus der Geldflut wieder rauskommt und die Zinsen tatsächlich anheben könnte. Ich glaube es eher nicht, weil es wegen der Bondrenditen und damit Zinslast der USA gar nicht geht und am völlig überdehnten Anleihenmarkt ein Desaster auslösen würde, aber das ist eine andere Geschichte.
Wäre die Arbeitslosenquote stark gefallen, hätte es heute wohl ein Schlachtfest im Goldkurs gegeben. So wurde das Reversal in Gang gesetzt und das lief mal wieder nach technischem Lehrbuch. Die Formation ist auf jeden Fall aktiviert und das Kursziel rechnerisch ca. 1680 USD.
Schön ist auch zu sehen, wie durch diese volatile Bewegung zwischen dem 02.01. und dem 04.01. wahrscheinlich jede Menge menschlicher, mittelfristiger Trader rausgekegelt wurden, gewonnen haben wohl primär die Maschinen. "Whipsawed to Death" nennt man das im Amerikanischen und am Ende ist im Kurs gar nichts passiert, ausser das die Menschen Geld verloren haben.
Wenn Sie jetzt aber glauben in Sachen Gold "Hosianna" rufen zu können und alles sei in Butter, möchte ich daran erinnern, das genau diese technischen Formationen wie die inverse SKS seit November nicht mehr funktionieren. Schauen wir doch mal auf das gleiche Chart, nur aus Tagessicht:
Mit rotem Pfeil habe ich die Stelle im November markiert, die nicht hätte passieren dürfen und ohne Vorwarnung den neuen Abwärtstrend definierte, statt zu neuen Höchstständen hoch zu laufen. Und ich habe Ihnen zwei Trendlinien für einen Abwärtstrend eingemalt und auch gleich erneut den grünen Pfeil der aktuellen inversen SKS Formation.
Bei so viel technisch induzierten Abläufen, werden Sie nun auch nicht mehr überrascht sein, dass das rechnerische Ziel der SKS (der grüne Pfeil) bei 1680 USD ziemlich genau mit der ersten fallenden Trendlinie zusammen fällt. Wirklich spannend wird es aber in meinen Augen erst, wenn wir auch die zweite Trendlinie knacken (den grünen Stern) und Gold wieder über 1700 USD zieht. Wenn das mit bis dahin weiter funktionierender Markttechnik unterlegt ist, werde ich ab dem grünen Punkt einen Long-Trade wieder ernsthaft in Erwägung ziehen. Aber nicht vorher.
Hoffnung macht aber die grosse Trendlinie die ich Ihnen eingezeichnet habe, die nun seit dem Mai 2012 als Unterstützung eines übergeordneten Aufwärtstrend dient, der mit der heutigen riesigen Fahne auch erneut bestätigt wurde. Aus dieser Perspektive sieht das Bild des Goldkurses also gar nicht so schlecht aus.
Auch die Fibonacci-Retracements erlauben interessante Aussagen, denn der "Whipsaw" der letzten Tage war ein fast perfektes Pingpong zwischen dem 62er und 38er Retracement des grossen Anstiegs seit Mai 2012. Ich habe diese Retracements aber nicht mehr in den Chart integriert, da er ansonsten jede Lesbarkeit verloren hätte. Ich bin ein Fan der optischen Konzentration auf das Wesentliche. Aber auch die Fibo-Retracements zeigen eindrücklich, wie stark hier Algos gezielt im Spiel sind.
Ich erinnere aber erneut daran, dass wir seit 2 Monaten nun so hin und her geworfen werden wie in den letzten beiden Tagen. Also Vorsicht mit technischen Schlussfolgerungen. Und wir haben nun ein zulaufendes Dreieck im Tageschart, dass zwar statistisch öfter nach oben aufgelöst wird als nach unten, aber was ist bei Gold derzeit schon normal ?
Ich persönlich warte die 1700 USD ab und wenn ich dann vorher noch einen grossen "Buying on Weakness" Print im ETF GLD sehen würde und so wüsste, das Big Money wirklich wieder einsteigt, dann lasse ich mich auch gerne wieder überzeugen. Aber zunächst mal hat mir nun der Goldpreis was zu beweisen, denn der hat mich zuletzt nur an der Nase herum geführt.
Ich wünsche Ihnen ein schönes Wochenende !
Ihr Hari
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