Gastkommentar – DAX, S&P 500 & Co. im langjährigen Vergleich – von „Johann“

Redaktionelle Anmerkung von Hari:

Im folgenden finden Sie einen Diskussionsbeitrag unsere neues Mitglieds "Johann", den ich hier als Gastkommentar einstelle und über den ich mich sehr freue. Ich freue mich besonders, weil sich hier jemand viel Arbeit gemacht hat und ganz bewusst mutig etwas zur Diskussion stellt, mit dem Ziel die Meinung und das Feedback der anderen Blog-Leser zu bekommen. Mutig deshalb, weil man ja auch immer Gefahr läuft etwas missverstanden zu haben und sich so der Öffentlichkeit zu stellen braucht Mut.

In diesem Sinne freue ich mich auf Ihr Feedback !

Vorab von mir noch eine Anmerkung, die ich "Johann" schon im Vorfeld habe zukommen lassen: Der hier verwendete DAX ist ein Performance-Index, in dem alle jemals aufgelaufenen Dividenden aufkummuliert wurden und im DAX-Stand enthalten sind. Die hier verwendeten S&P 500 und Eurostoxx sind dagegen Kurs-Indizes ohne Ausschüttungen, die also exakt die aktuelle Marktkapitalisierung der enthaltenen Aktien (nach Gewichtung) darstellen.

Die Folge davon ist, dass der DAX im Vergleich stärker aussieht als er ist, weil er bei einer mittleren Ausschüttungsquote von ca. 2% jedes Jahr um diesen Wert besser aussieht, als er tatsächlich besser gelaufen ist. Umgedreht, bei einem Vergleich mit einer langfristigen Verzinsung, ist der DAX aber die richtige Betrachtung, weil dann gehören die Ausschüttungen zwingend dazu. Der S&P 500 erzielt also eine höhere jährliche Rendite, als es der reine Kursverlauf des Kurs-Index impliziert.

Diese Ungleichgewichte sollte man bei der Bewertung im Auge haben, das sollte uns aber nicht davon abhalten, interessante Ansichten aus dieser Analyse zu ziehen.

Ich werde mich mit weiteren Kommentaren oder Wertungen zu diesem Beitrag nun ganz bewusst zurück halten und wünsche Ihnen viel Spass beim lesen !

Ihr Hari

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Von "Johann"

Angeregt durch einen Kommentar von Hari ”Vom Marktkonsens in DAX und S&P 500“ habe ich mir DAX und S&P 500 mal genauer angesehen. Habe dazu einen Indexvergleich (bei der comdirect) angestellt und mir den Kurs vom S&P 500 (schwarz) anzeigen lassen und folgende Werte zum Vergleich hinzugefügt: DAX (rot), EuroStoxx50 (grün), 5% Zinsen pro Jahr (untere Linie), 8%Zinsen pro Jahr (mittlere Linie) und 10% Zinsen pro Jahr (obere Linie). Als Zeitraum habe ich abschließend 07.03. 1987 bis 07.03.2015! gewählt (25 Jahre bis heute). Das Ergebnis ist ziemlich interessant – vielleicht nicht für einen Profi (oder Volkswirtschaftler); aber mich (als Ingenieur und analytisch denkenden Mensch) hat es sehr nachdenklich gemacht.

In allen Aufwärtsbewegungen kommt es beim DAX zu massiven Übertreibungen im Vergleich zum S&P500. Selbst der EuroStoxx toppt den S&P Anfang 2000. Zudem schaffen es EuroStoxx und S&P in diesem Vergleich über einen sehr langen Zeitraum annähernd parallel zu laufen – siehe 2002 bis Anfang 2009 (also 7 Jahre!) Exakt parallelen Verlauf schafft DAX mit S&P nur zwischen Mitte 2002 bis Anfang 2005 – immerhin 3 Jahre). Dann plötzlich trennt sich der DAX von S&P im Jahr 2005, um genau 4 Jahre später „im Crash 2008/2009“ fast wieder auf S&P und EuroStoxx zurückzufinden. Danach trennt sich der EuroStoxx Anfang 2010 deutlich vom S&P500 und fällt ab Mitte 2011 sogar unter die “langfristige 5%-Verzinsung“! (ist das schon die Auswirkung von Griechenland oder zeigt sich bereits eine generelle Schwäche von Europe?). Der DAX hingegen entscheidet sich für die entgegengesetzte Richtung und strebt an, wieder auf die „8%-Verzinsung“ (mit einer kleinen Übertreibung) zurück zu finden.

Es sieht insgesamt also so aus, als würde sich der DAX über diesen langen Zeitraum auf eine ca. 8%-Verzinsung einpendeln (Zufall?, Normalität? Gesundes Wachstum?), wobei sehr starke Entfernungen von dieser 8%-Verzinsung (insbesondere über die 10%-Verzinsung hinaus) mit “sehr heftigen Rückschlägen” früher oder später “bestraft” werden. Weiterhin sieht man, dass aufgrund des gewählten Betrachtungszeitraums die Werte auf der y-Achse (die Steigerung in Prozent) exakt den DAX-Stand repräsentieren (2mal an den 800%, entspricht 8.000 Punkten gescheitert).

Ich frage mich nun schon ein wenig, ob die auf diese Weise produzierte Grafik einen “Blick in die Glaskugel” erlaubt, und habe diesen dennoch mal gewagt („Voraussagen soll man unbedingt vermeiden, besonders solche über die Zukunft.“ – Mark Twain) und 2 Szenarien entwickelt. Wir befinden uns am Beginn eines Bullenmarkts (1) bzw. am Beginn eines Bärenmarkts (2) (dies würde auch sehr gut zur Einschätzung von Hari passen, der seit einiger Zeit davon ausgeht, dass „in Kürze“ eine heftige Bewegung einsetzen würde, wobei die Richtung offen wäre).

Wenden wir uns zuerst mal Szenario 1 zu, welches den beginnenden Bullenmarkt beschreiben könnte. Um diesbezüglich ein Szenario entwickeln zu können, habe ich mir den Anstieg des DAX von Ende 1996 bis Anfang 2000 betrachtet. Die Steigung „dieser Geraden“ habe ich herangezogen und diese Steigung einer Geraden in den Tiefpunkt des DAX in 20111 gelegt. Sollte es zu einer Wiederholung der Hausse zwischen 1994 bis 2000 kommen, so erkennt man, dass wir wahrscheinlich zu schnell nach oben gegangen sind. Vorausgesetzt, wir befinden uns im Szenario 1 könnten wir selbst einen Rückschlag des DAX bis auf ca. 6400 entspannt beobachten; denn etwa Mitte 2013 steht der erfolgreiche Test von 8.000 an, um 2014 dann die 10.000 zu erreichen. Übertreibungen und Euphorie könnten natürlich dafür sorgen, dass die 10.000 schon vorher „kurz berührt“ werden. Unter der Voraussetzung, dass die Parallelität der Bewegungen von S&P und EuroStoxx noch Gültigkeit hat, habe ich mit der gleichen Steigung die Aufwärtsgeraden für S&P und EuroStox eingetragen. Dies würde bedeuten, dass S&P Ende 2013/Anfang 2014 bei etwa 2.600 stehen könnte und dann zufälliger Weise“ exakt die 8%-Verzinsungslinie wieder gefunden hätte. Zu diesem Zeitpunkt wäre dann auch die Differenz zum DAX fast wieder aufgehoben!

In diesem Szenario würde auch der EuroStoxx(exakt die gleiche Steigung der Geraden wie bei DAX und S&P) mit knapp 1 Jahr Verspätung die 8%-Verzinsungslinie wieder treffen.

Szenario 2 sieht übel aus und für mich bzgl. EuroStoxx schwer erklärbar.

Eingetragen habe ich eine Gerade für den DAX, die exakt die gleiche (negative) Steigung hat, wie das Maximum Anfang 2000 bis zum MinimumAnfang 2003. Sollten wir also in einen Bärenmarkt einsteigen, könnte es bis zu einem Rückgang gehen, wobei das Minimum erst in Mitte 2013 erreicht werden könnte. Unter der Voraussetzung, dass der Aufschlag auf der 5%-Verzinsungslinie stoppt (die hat übrigens schon 2mal für den S&P gehalten!!) hätten wir gleichzeitig das Minimum des Crashs von Anfang 2009 erreicht (Zufall?), welches bei ungefähr 3.700 liegen würde (kein schöner Gedanke!). Dieses Szenario hätte aufgrund der Betrachtung der Vergangenheit allerdings nur Sinn, wenn dann auch S&P sowie EuroStoxx sich wieder zusammenfinden würden. Für den S&P würde dieses Szenario nur einen relativ kleinen Rücksetzer bedeuten, dessen Minimum sich beim Tiefststand Mitte 2010 einfinden würde! Damit aber auch der EuroStoxx sich wieder „beim Rest“ einfindet, müsste dieser allerdings steigen. Für mich eigentlich nicht erklärlich, wenn gleichzeitig der DAX „einen Niedergang erlebt“. Aber wie immer Szenario 2 genau ausgehen würde – sollte es nur annähernd so verlaufen, hätten wir nach fast 30 Jahren eine Verzinsung der Aktienmärkte von gerade einmal ungefähren 5 % durchlitten.

Ich hoffe mal für Szenario 1! Das wären zwar nur 3% Unterschied!! – aber diese hätten erhebliche Auswirkungen über knapp 30 Jahre!!

Ach ja – was man auch sehr schön sieht. Altmeister Kostolany hätte tatsächlich einmal recht gehabt. 1991 Aktien kaufen, dann schlafen und 7 Jahre später aufwachen und in Mitte 1998 alles verkaufen - wäre genial gewesen. 14 Jahre später (zu 1998) sind wir noch immer keinen Schritt weitergekommen! Ansonsten zeigt der Verlauf: wer zulange schläft wacht möglicherweise mit einem Alptraum auf.

In diesem Sinne freue ich mich auf viele Kommentare und eine rege Diskussion.

Viele Grüße
Johannes

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Nachtrag vom 10.03.12

Hallo Zusammen,

erstmals vielen Dank für die zahlreichen Kommentare und die nette Aufnahme des Ingenieurs in Eurem Kreis. Ich habe ´ne Menge gelernt und so mancher Zusammenhang war mir bislang nicht so klar. Was ich mitgenommen habe: funktioniert die Welt „einigermaßen normal“ können wir von einer mittleren jährlichen Verzinsung von ca. 8% bei Aktien ausgehen; entscheidend ist aber immer der Bezugspunkt ab dem man rechnet und logisch: je länger der Betrachtungszeitraum, desto klarer wird das Bild der Vergangenheit (nicht das der Zukunft!) und desto sicherer werden die 8% Verzinsung.

Und auch der Unterschied zwischen DAX und S&P ist mir klar geworden. Und daher möchte ich jetzt den S&P 500 verwenden, um vielleicht noch mehr aus dem Thema (mit Hilfe des Lineals) „rauszukitzeln“. Habe mir also den S&P 500 ab dem Jahr 1970 betrachtet und eine logarithmische Darstellung gewählt; dann wird die jährliche Verzinsung zu einer Geraden. In der Abbildung erkennt man den Verlauf und die obere durchgezogene Gerade ist die Gerade der ab dem 01.01.1970 berechneten 8%-Verzinsung. Die gestrichelten Geraden sind Parallelverschiebungen von dieser und ich habe versucht, die untere Begrenzung auf die größten Rückgänge zu legen. Schaut man sich den Verlauf noch genauer an, erkennt man sehr gut weitere Tops und Dows, die sich (exakt! – gibt’s dafür eine Begründung??) zwischen den gestrichelten grünen Linien befinden.

Was man nun rückwirkend sehr gut erkennt, ist die lange Phase des Aufstiegs von1982 bis 2000 (die 18 Jahre hat ja auch Tribun bereits erwähnt). Was ich aber im Rückblick in dieser Darstellung besonders interessant finde: es sieht fast so aus, als wäre der S&P Anfang 1996 erst mal an der oberen Begrenzung abgeprallt und noch im gleichen Jahr hat er einen erneuten „Angriff“ gestartet, der dann Ende 1996 erfolgreich war. Nach einem kurzen Rücksetzer im ersten Quartal 1997 („Mr. Market wusste wohl, dass er eigentlich den Pfad der Tugend und Bescheidenheit nicht hätte verlassen sollen – nur innerhalb der Begrenzungen darf er sich auch mal mit ein paar mehr Prozent Steigung austoben)) gab es kein Halten mehr bis Mitte 1998. Der Crash (war das damals nicht Russland) hat „ihn“ aber auch nicht zur Vernunft gebracht und unter die „obere Begrenzung“ zurück geführt.

Erst Mitte 2002 war „der Ausflug beendet“ und man befand sich wieder im „grünen Bereich“ – Mission 8% lief also wieder völlig normal weiter. Und eigentlich sieht es so aus, als hätte es noch länger so weitergehen können: wäre da 2008 nicht dieses außerordentliche Ereignis passiert – und so wie die „Massenhysterie in den 90-Jahren“ den S&P über die Obere Begrenzung gehievt hatte, so schleuderte die „Massenpanik“ 2008/Anfang 2009 den S&P unter die untere Begrenzung. Und jetzt…. Eigentlich sieht nicht besonders bedrohlich aus.

Was mich jetzt als „neugierigen Ingenieur“ noch interessierte, war: kann ich Wiederholungen von bedeutenden Ereignissen „im Chart“ finden. Aus diesem Grund habe ich den Tiefpunkt im Jahr 1982 (als der große Aufstieg begann) mit dem Top verbunden, das erstmals die obere grüne Begrenzung erreichte (das war der Höchststand im Crashjahr 1987). Diese Gerade habe ich dann kopiert und daher mit exakt gleicher Länge und Steigung in das Jahr Anfang 1995 geschoben. Dies deshalb, weil hier stark auffällig die Phase beginnt, in der sich „Mr. Market entscheidet“ das Wachstum zu beschleunigen „und auszubüchsen“. Und wo das Ende dieser Geraden endet, kann ja jeder sehen.

Ob das Zufall ist oder ob Volkswirtschaften auch Gesetze wie die Naturwissenschaften haben, weiß ich nicht. Sollte es jedoch kein Zufall sein, müsste man „das Spielchen“ ja nochmal wiederholen können. Nächstmöglicher Ansatzpunkt wäre „im Chart“ der Tiefststand Anfang 2009. Ich hab es gewagt…. Naja, würde irgendwie zur Situation seit Anfang 2009 passen – es sieht fast so aus, als würde sich Mr. Market anschicken, wieder in den grünen Bereich zu laufen. Und falls es doch kein „Volkswirtschaftsgesetz“ gibt – vielleicht haben wir Glück und „das Verschieben einer Geraden klappt ein drittes Mal“.

Ach ja – wenn wir jetzt besser als die 8% sein wollen, müssten wir vielleicht nur noch ein paar Aktien finden, die seit langer Zeit in einem z.B. 20%-Verzinsungskanal liegen und sich zudem gerade „im grünen Bereich“ befinden.
2 hab ich (aufgrund meines eigenen Kommentars hier) schon entdeckt. Aber wie so oft: hinterher sind wir alle schlauer.

Viele Grüße
Johann

Marktupdate – 07.03.12 – Vom Marktkonsens in DAX und S&P 500

17 Uhr

Es wird nun sehr spannend. Die von mir heute um 9 Uhr beschriebene Sicht "bleiben Sie vorsichtig" scheint heute auch an der Wallstreet bisher Marktkonsens gewesen zu sein.

Man erkennt es daran, dass es keine Abgaben mehr gab, aber auch keine wirklich relevanten "Buy the Dip" Käufe. Der Markt wartet nun also ab. Er will eigentlich nicht mehr verkaufen und hat sich gestern scheinbar ausreichend von "Ballast" befreit. Kaufen will er aber auch noch nicht. Und der DAX mäandert unentschlossen um die 6650er Marke.

Positiv ist aber zu werten, dass nach der ersten Handelsstunde an der Wallstreet, weitere Verkäufe der Marktelephanten ausgeblieben sind. Darauf hatte ich eigentlich gewartet. Es scheint also keinen unmittelbaren, weiteren Abgabedruck zu geben. Und wenn sich diese Erkenntnis am Markt durchsetzt, bekommen wir vielleicht heute schon im späten Wallstreet-Handel eine deutliche Bewegung nach oben.

Das macht das Ganze nun sehr unberechenbar. Der Markt ist in sehr gespannter Wartestellung. Wir sind zwar gestern weit gefallen, aber nicht weit genug um die Luft wirklich zu reinigen und eine Gegenbewegung eindeutig zum wahrscheinlichsten Szenario zu machen.

Letztlich genügt jetzt also eine Nachricht - ein kleines Streichholz - und wir zünden in die eine oder andere Richtung.

Es ist mir nun absolut unmöglich einzuschätzen, woher dieses Streichholz kommt. Ich habe im Moment auch keine Wahrscheinlichkeiten mehr zu bieten. Mein Gefühl sagt mir zwar, dass der Schuldenschnitt in Griechenland nicht scheitern wird und spätestens Morgen ein positiver Katalysator kommt. Aber das ist nur ein Gefühl und keine Grundlage für Wahrscheinlichkeitsbetrachtungen.

Uns bleibt also nur abzuwarten und so schnell wie es geht an die dann folgende Bewegung zu adaptieren. Wer sich jetzt schon unbedingt positionieren will, kann das tun, sollte aber eine Strategie haben was er macht, wenn die Bewegung in die Gegenrichtung geht !

Bis heute Abend, Ihr Hari.

Marktupdate – 07.03.12 – Bleiben Sie vorsichtig !

Marktupdate 9 Uhr

Bleiben Sie heute vorsichtig ! Wie immer ist alles eine Frage von Wahrscheinlichkeiten. Und auch wenn es natürlich durchaus möglich ist, dass wir nun heute sofort wieder V-förmig nach oben laufen, halte ich das für wenig wahrscheinlich.

Wesentlich wahrscheinlicher ist, dass wir nach einer kurzen Stabilisierung und auch einer kleinen positiven Gegenbewegung einen weiteren Schlag nach unten bekommen. Denn noch ist jeder der Meinung: "Ach, das ist ja nur eine Korrektur und Einstiegsgelegenheit".

Damit wir einen wirklichen Wendepunkt bekommen, sollte erst mehr Verunsicherung einziehen und es sollten sich viele fragen, ob sie jetzt nicht doch lieber aussteigen sollten. Ein weiterer deutlicher Abrutscher wäre dafür die Grundlage und würde den Markt möglicherweise endgültig bereinigen.

Ich versuche daher ruhig zu bleiben und nicht zu früh in den Markt zu springen, auch wenn es mich bei bestimmten Aktien durchaus schon wieder "juckt". Ich versuche mir statt dessen die Einstiegskurse zu überlegen und den Markt zu mir kommen zu lassen.

Marktupdate – 06.03.12

10 Uhr - DAX 6780

Endlich zeigen die Bären mal, dass sie noch etwas Kraft besitzen. Man hat es ja langsam schon gar nicht mehr geglaubt. Die DAX 6800 sind nun nach unten durchbrochen. Nächster Test in der Zone um 6720-6740. Wenn diese Zone auch nicht halten sollten, dann - aber erst dann - sind wir im vollen Korrekturmodus. Das wäre das erste Mal in 2012.

Erste Haltezone dann bei ca. DAX 6650, danach starke Unterstützung oberhalb 6400.

Marktupdate DAX – 05.03.12 – Ein Test für die Bären

13.30 Uhr - DAX 6847

Ein ganz kurzes Update zur Marktlage. Zum dritten Mal innerhalb kürzester Zeit, hat der DAX - wie am 28.02. und 01.03. - die 6800 von oben getestet und ist wieder abgeprallt.

Allerdings ist die Gegenbewegung im Gegensatz zu den beiden Tagen vorher bisher eher kraftlos und lässt Raum für einen weiteren Absacker.

Ich halte das für die Bären nun für eine grosse Chance. Diesen Elfmeter sollten sie jetzt versenken, denn jetzt reicht ein kleiner Auslöser um die erste echte Korrektur nach unten in Bewegung zu setzen. Kursziel wäre für mich dann DAX 6650 als erste Auffangzone.

Nur wenn das jetzt endlich passiert, werde ich die Bären wieder ernst nehmen und ein defensivere Haltung einnehmen. Denn seit Anfang 2012 haben die Bären in solchen Momenten reihenweise versagt. Sollten die Bären auch dieses dritte Mal wegen Kraftlosigkeit an DAX 6800 scheitern, steigt die Wahrscheinlichkeit erheblich, dass wir in Kürze einen Ausschlag zur Gegenseite erleben und den ersten ernsthaften Test der 7000er Marke bekommen.

Insofern halte ich das was gerade passiert für kurzfristig richtungsweisend. Denn es wird uns zeigen, ob die Bären noch am Leben sind oder so schwach und schlapp bleiben wie schon das ganze Jahr 2012.

Wenn Sie mich fragen was ich erwarte, kann ich nur meine Aussage vom letzten Freitag widerholen: Alles ist möglich, aber solange die Bären nicht beweisen das sie ernst zu nehmen sind, haben die Bullen unser Vertrauen verdient.

Das Elend der Deutschen Telekom – warum so zahm Herr Obermann ?

Aktie des Tages ist die Deutsche Telekom (WKN 555750), die mir mit den heutigen Zahlen erneut bewiesen hat, dass Sie kein zukunftsträchtiges Geschäftsmodell mehr besitzt. Es gibt für mich absolut keinen Grund, auch nur einen Cent Kapital in so einer Aktie zu haben. Auch die Dividende verschleiert für mich letztlich nur die trostlose Lage. Wenn man sich anschaut, dass die Telekom diese Dividende gerade noch so mit Mühe erwirtschaftet, stehen den Aktionären in meinen Augen noch bittere Zeiten bevor.

Dabei ist die Situation der Telekommunikationunternehmen eigentlich ein Treppenwitz. Das Internet boomt und boomt. Und Unternehmen wie Google oder Facebook bauen parasitär auf der vorhandenen Infrastruktur der Telekommunikations-Anbieter Welt-Unternehmen auf. Eigentlich sollte die Deutsche Telekom also im Geld schwimmen. Aber bei den Telekommunikationsunternehmen bleibt nichts hängen, nicht nur in Deutschland, sondern auch in anderen westlichen Ländern. Das - und nur das - ist für mich das eigentliche Problem der Telekoms der Welt.

Es ist mir einfach ein Rätsel, warum die CEOs der Telefonica, France Telecom, Deutsche Telekom etc dieses Kernproblem nicht viel aggressiver angehen. Und ich meine wirklich aggressiv, mit brachialer Gewalt und allem Druck der Ihnen zur Verfügung steht. Immerhin haben sie doch teilweise den Staat als Aktionär und damit Zugang zu den politischen Zirkeln. Es braucht eine Art "Weggebühr" für die Google´s der Welt, solange das Problem keine Lösung hat, sind alle anderen Aktivitäten wie zb eine OTE zu kaufen in meinen Augen nebensächlich.

Den Regulierer lasse ich dabei als Ausrede nicht gelten. Denn der Regulierer steht unter politischer Vorgabe. Der Kampf wird also in der Politik ausgetragen. Und in der Öffentlichkeit. Und wenn man das richtig angeht, kann ich mir sehr gut vorstellen, dass man auch eine Bevölkerung motivieren kann. Man muss dem Bürger halt erklären, welche Multimilliarden an Gewinn bei Google, Facebook und Co. landen, die ohne die für sie kostenlose Infrastuktur unmöglich wären. Nur Steuern werden dafür in Deutschland nicht gezahlt. Warum eigentlich ? Eine Autobahnmaut gibt es ja für Lastwagen mittlerweile auch. Auch da muss die Infrastruktur ja erst einmal bezahlt werden.

Ich bin bestimmt auch ein Fan der Netzneutralität, aber was hat das damit zu tun ? Wo wäre das Problem, wenn die Infrastruktur-Bereitsteller in Zukunft eine gleichmässige Weggebühr nach Volumen der Nutzung verlangen ? Das wäre fair, transparent und immer noch neutral. Wer es viel nutzt wie Google zahlt dann halt auch viel. Na und ? Immerhin bleibt damit das Geld im Land, dass man dann für einen sinnvollen Ausbau der Glasfaserinfrastruktur verwenden kann.

Im Moment läuft es doch so, dass in Mountain View und Palo Alto die Milliarden Gewinne auflaufen und am Ende wir Deutsche mit Steuern die Infrastrukur des Webs bezahlen müssen, weil der Deutschen Telekom dafür mittlerweile die Kraft fehlt. Ich behaupte ganz frech: wenn man darum mal öffentlich kämpft, hat man jede Chance die Bürger und die Politik auf seine Seite zu bekommen.

Letztlich ist das ein ganz ähnliches Thema wie die Transaktionssteuer an den Finanzmärkten. Glaubt jemand ernsthaft es gäbe in Deutschland keine Internetwirtschaft, wenn tausend übertragene Megabyte vielleicht ein paar Cent "Weggebühr" kosten, die bei den Anbietern der Infrastruktur abzuliefern sind ? Das normale Internetgeschäft in Form von Shops etc würde es kaum merken und vielleicht als Folge beim Provider einen Euro mehr für die Flatrate zahlen müssen. Na und ? Aber Google und Co. würden es merken. Und plötzlich wäre es wieder wirtschaftlich, sich um eine gute Internet-Infrastruktur zu kümmern.

Also meine Herren Obermann und Co. Wenn es um die Existenz geht, sollte man doch mal langsam kämpfen. Wo bleibt die Kampfbereitschaft meine Herren ? Warum wirken Sie gerade bei dem entscheidenden Thema so schweigsam, träge und unkreativ ?

Marktupdate: Wie weit hoch geht es noch im DAX ?

Erinnern Sie sich an die erste Regel die ich Ihnen vor kurzem zu einem Runaway-Move genannt hatte ?

Sie lautete: -> Die Bewegung dauert länger als man sich vorstellen kann !

Heute habe ich für Sie ein paar harte Daten und Fakten, die das eindrücklich untermauern. Denn einer der kostenpflichtigen Dienste die ich regelmässig nutze ist Jason Goepfert´s -> Sentimentrader.com <-, in dem Marktdaten und Analysen der Behavioral Finance so aufbereitet werden, dass man daraus einen Vorteil für seine eigenen Aktivitäten ziehen kann.

Jason Goepfert hat sich die Mühe gemacht, durch die Marktdaten zurück bis 1929 zu gehen und alle Marktsituationen im S&P 500 zu identifizieren, die mit dem heutigen "Runaway-Move" identisch sind. Er nennt das "Creeper Trend" und meint damit das gleiche was ich "Runaway Move" nenne, nämlich einen Markt der immer weiter steigt und steigt ohne je richtig zu korrigieren - und das obwohl die technischen Oszillatoren alle "Korrektur" rufen. Er hat sei 1929 genau 13 nahezu zu heute identische Situationen erfasst.

Diese Analyse liefert beeindruckende Daten. Nimmt man alle ähnlichen Bewegungen der Märkte seit 1929, war die Wahrscheinlichkeit, dass der Markt 6 Monate später höher steht bei sensationellen 92% - also in 12 von 13 Fällen ! Und der mittlere Gewinn betrug 9,2% !

Natürlich ist das nur Statistik und auch 8% können eintreten und vielleicht ist diesmal wirklich alles anders. Aber solche harten Fakten und Daten bei seinen Entscheidungen zu berücksichtigen ist nach meiner Erfahrung allemal erfolgsträchtiger, als nur seinem Bauch zu folgen. Denn der Bauch liegt zu oft falsch weil er mit der "Meute" fühlt, wie jeder erfahrene Trader und Anleger weiss.

Hier also nun die Analyse von Jason Goepfert. Ich bedanke mich bei Jason, dass ich die Daten hier veröffentlichen darf:

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"Creeper" Trend

We started looking at the market's impressive momentum back in December. The studies were compelling, suggesting that the kind of price action we were seeing would most likely lead to further gains.

The effective time frame for those studies was 1-3 months, and it's definitely safe to say that so far the momentum has continued. We're seeing a "creeper" uptrend similar to what we've seen a few other times since the 2009 bottom.

Let's go back and look for other times the market has performed similarly.

What we're looking for are those times when the market was at a multi-month extreme, but not at multi-year highs. These gives us intermediate highs that aren't necessarily comparable to times when the market was making all-time highs.

Also, the S&P 500 had to have gone at least a month, 21 trading days, without suffering more than a -0.6% loss, as it has done this time. Actually, it has gone 27 days, but we're only requiring 21 here.

The results are impressive.

In the shorter-term, the S&P's returns were good, but between 3-6 months, they were fantastic. Losses were rare, and average returns were 2 to 3 times greater than random.

Equally impressive is that it took a median of 224 days - nearly a year - before the S&P put in a 3-month high, meaning a peak that wasn't exceeded for at least the next 3 months. And in the voyage to put in that peak, the S&P managed to tack on an average of another 25%.

The poorest performer among them took another 40 days, and +4.2%, before peaking.

This obviously conflicts with much of the sentiment data we've been discussing for the past few weeks. Given the persistence of this trend, we'd continue to hold off on bets against it until there is solid evidence that the momentum has cracked.

Source: Sentimentrader.com

Marktupdate 03.02.12 – Beschäftigungszahlen in den US

Die Beschäftigungszahlen in den US waren in jeder Hinsicht ausgezeichnet und eine grosse positive Überraschung ! Damit scheint klar, dass die USA langsam aus der Rezession kommen, was für die Weltkonjunktur extrem positiv ist. Die Märkte springen entsprechend dynamisch hoch und der S&P 500 knackt im Future die alten Hochs.

Aber Vorsicht ! Mr. Market hat eine historische Tendenz, dass gerade bei so guten Zahlen nach dem initialen Schub dann erst einmal wieder abverkauft wird. Hört sich verrückt an, ist aber die Realität.

Ich würde also erst einmal abwarten was nach der Handelseröffnung an der Wallstreet passiert. Die Marke 1333 im S&P 500 sollte im echten Handel und dauerhaft zum Handelsschluss gehalten werden, erst dann ist das Signal ernst zu nehmen.

Mittelfristig sind das aber ganz hervorragende Aussichten und für die Marktteilnehmer an der Seitenlinie wird die Situation jetzt immer prekärer.......

Vom Elend der Charttechnik und der Börsenkultur – Eine Wutrede

Vor kurzem hatte das Handelsblatt wieder zum Frankfurter Gespräch geladen und was dort vorgestern als Ergebnis den Weg in die Presse fand, hat das Zeug als perfektes Anschauungsmaterial für das ganze Elend der Charttechnik und die nicht existente Börsenkultur in Deutschland zu dienen.

Lesen Sie vielleicht zunächst einmal -> hier <- den Artikel mit dem reisserischen Titel "Experten erwarten heftigen DAX-Einbruch".

Da haben wir also auf der einen Seite diese sogenannten "Experten", die in dem Artikel mit Aussagen zitiert werden, die für mich persönlich irgendwo zwischen Trivialität und Blödsinn liegen. Jetzt will ich zugunsten der Herren annehmen, dass ihre Argumentation im Gespräch tatsächlich weit differenzierter war, als es der Artikel vermuten lässt. Nur warum lässt man sich dann derart oberflächlich darstellen ? Ich würde mir das verbitten und wenn die Redaktion darauf nicht eingehen will und meine differenzierte Argumentation nicht drucken will, dann sollen die halt was von anderen Leuten veröffentlichen. Niemand wird doch gezwungen daran teilzunehmen.

Als ob das aber nicht reicht, werden in dem Artikel wieder fröhlich Zukunftsaussagen gemacht und konkrete DAX Ziele genannt. Die Schlagzeile ist ja das beste Beispiel. Dabei macht seriöse Markttechnik gar keine exakten Zukunftsaussagen, aber dazu später mehr. Darüber hinaus waren diese "Experten" in den vergangenen Jahren eher die perfekten Kontraindikatoren. Letztes Jahr wurde beim Frankfurter Gespräch lauthals das Ende der Goldhausse ausgerufen. Das Ergebnis durften wir dann bei 1900 USD bewundern. Das es immer noch Leser gibt, die diesen "astrologischen" Zukunftsbetrachtungen Beachtung schenken ist wirklich erstaunlich. Aber schon zwei Tage später ist es halt vergessen nach dem Motto "was interessiert mich mein Geschwätz von gestern" und wenn dann der Markt in einer Woche tatsächlich kräftig absackt - und irgendwann wird er das aus ganz anderen Gründen ohne Frage tun - dann kann man sagen "ich habs ja gesagt".

Auf der anderen Seite haben wir nun aber die Reaktion von Otto Normalanleger, die man in den Kommentaren zum Artikel nachlesen kann. Da werden Kübel an Häme über solche Zukunftsaussagen und die Charttechnik perse vergossen und man könnten deshalb meinen, dass die Anleger doch klüger geworden sind. Wenn man aber genau hinsieht merkt man, dass viele der Kommentatoren zwar erkennen wie unsinnig diese pauschalen Zukunftsaussagen sind, mit dem Kind aber gleich das Bade mit ausschütten und die Charttechnik perse als "bunte Linien" verunglimpfen. Ganz verdenken kann man es diesen Kommentatoren ja nicht, denn wenn diese Technik so dilettantisch verkauft wird, muss man sich auch nicht wundern, wenn die Mehrzahl der Normalanleger keinen Zugang dazu entwickelt. Da man eine Linie auch schnell gezogen hat, gibt es ja leider auch zu viele die damit hausieren gehen, ohne die Grundlagen und Prinzipien - und damit auch die Grenzen - der Technik wirklich verstanden zu haben.

Warum erklärt eigentlich nicht mal jemand seriös, was man mit Charttechnik erreichen kann und wo ihre Grenzen liegen ? Denn richtig und seriös ausgeführte Chartanalyse ist weit mehr als "bunte Linien" und gleichzeitig weit weniger als der "heilige Gral" zur Zukunftsvorhersage. Es ist einfach eine für Anlageentscheidungen wichtige Technik, die Indizien über den Marktzustand liefert, nicht mehr und nicht weniger. Indizien, aber keine Gewissheiten - der Unterschied ist bedeutend !

Das ist ja auch kein Wunder, denn die Charts bilden ja nur das Verhalten der Massen an Menschen ab, die in der Vergangenheit am Markt gehandelt haben. Mit bunten Linien hat das wenig zu tun, mehr mit der Visualisierung der Massenpsychologie - auch Marktsentiment genannt. Und menschliches Massenverhalten hat halt schon seine Muster, wer das nicht sehen will beraubt sich selber freiwillig eines wichtigen Bausteins, der ihm einen kleinen Vorteil bei der Anlage verschaffen könnte.

Im Gegensatz zu dem was solche Schlagzeilen implizieren, macht seriöse Charttechnik auch keine verbindlichen Aussagen über die Zukunft, sie beschreibt nur das Verhalten der Marktteilnehmer in Gegenwart und Vergangenheit. Und aus diesem Verhalten kann man mit Erfahrung Rückschlüsse für die Wahrscheinlichkeiten zukünftigen Marktverhaltens ziehen. Nicht mehr, aber eben auch nicht weniger !

Ein weiterer Punkt der gerne verkannt wird - besonders von noch unerfahrenen Jüngern der Charttechnik: man darf sie auch nicht zu exakt nehmen, denn sie unterliegt massiv der Selbstbezüglichkeit. Wenn zum Beispiel der ganze Markt auf eine exakte Marke wie 7000 starrt, werden die Marktteilnehmer sich adaptieren und versuchen schon vorher zum Zug zu kommen. So ist der Erfolg einer charttechnischen Marke auch gleichzeitig ihr Untergang, denn alleine durch die gemeinsame Beobachtung der Marke verändert sich schon das Marktverhalten und die echte Reaktion findet etwas verschoben an anderer Stelle statt. Wer also mit allgemein bekannten, auf die Kommastelle exakten Marken bei Widerständen und ähnlichem operiert, macht sich was vor und wird garantiert von den Haien im Markt abgefischt. Das bedeutet aber nicht, dass Widerstände nicht existieren, man muss sie nur als Zonen verstehen, deren exakte Ausprägung im permanenten Fluss von Beobachtung und Handlung aller Marktteilnehmer ist. Denn auch für die Charttechnik kann man den Spruch von Warren Buffet anwenden: Sie ist simpel, aber nicht einfach !

Und so weiter, ich könnte endlos so weitermachen. Im Kern - und richtig eingesetzt - ist Charttechnik und Markttechnik aber ein sinnvoller Weg um Massenpsychologie sichtbar zu machen. Und es ist nicht die Schuld dieser Technik, wenn jemand damit unseriösen Kokolores betreibt. Genauso wenig wie es Schuld der Physik ist, wenn sie jemand verbiegt um verquere Weltanschauungen zu verbreiten. Wenn die Mehrzahl der privaten Anleger begreifen würde, wie wichtig die Massenpsychologie für die Kursentwicklung ist und das diese durchaus ihre Muster hat, dann wären wir in der Börsenkultur einen erheblichen Schritt weiter und Otto Normalanleger würde an der Börse weit erfolgreicher sein.

Mit solchen Artikeln wird aber auf jeden Fall genau das Gegenteil erreicht und alle können sich nun fröhlich in ihren Vorurteilen bestätigt sehen.

Mich ärgert das - und deshalb habe ich mir diese Wutrede hier mal erlaubt. Ich hoffe Sie sehen mir das nach ....

Marktupdate – zur Technik eines „Runaway Move“

Mit seiner dynamischen Bewegung über 6600 im DAX, hat der Markt heute die Wahrscheinlichkeit meines -> hier <- skizzierten Szenarios (1) weiter erhöht, die Möglichkeit eines Runaway-Move im DAX sollte man nun sehr ernsthaft in Erwägung ziehen ! Zwar sieht dieser Ausbruch über 6600 kurzfristig eher nach einem kleinen Top im DAX aus und ich rechne eher damit, dass der Markt nun noch einmal Luft holt, die Dynamik der Bewegung ist aber nun so hoch, dass es durchaus bald weiter nach oben gehen könnte.

Leider ist ein solcher "Runaway-Move" keineswegs so positiv, wie sich das auf den ersten Blick anhört. Denn auch für die Bullen unter uns ist es sehr schwierig, eine solche Bewegung erfolgreich mitzugehen. Denn leider ist in so einer Phase das normale Schwingen des Marktes zwischen einem "überkauften" und "überverkauften" Marktzustand völlig ausser Kraft gesetzt. Und damit verliert die Kursentwicklung jede Berechenbarkeit. Denn der Druck durch frisches Geld von der Seite ist so hoch, dass es kaum noch zu relevanten Korrekturen kommt. Und wenn, dann dauern diese gerade mal einen Tag, danach wird wieder aggressiv gekauft. So füttert die Hausse sich selbst und am Ende rennt alles in den Markt, weil es scheinbar nur noch nach oben geht.

Das Ende einer solchen Bewegung ist aber leider zu oft ein kleiner Crash und das Problem dabei ist: wann der kommt ist nicht wirklich vorhersagbar, da Marktzyklen und Sentimentanalyse in so einer Bewegung ausser Kraft gesetzt sind. Wer aber den bewährten Methoden von Zyklen und Sentiment folgt, wird bei einem Runaway-Move garantiert viel zu früh aussteigen und den Hauptteil der Bewegung nach oben verpassen.

Grund genug, dass wir uns deshalb mal am Beispiel anschauen sollten, was so ein "Runaway-Move" wirklich bedeutet. Glücklicherweise haben wir perfekten Anschauungs-Untericht bei der Kursentwicklung von Silber im letzten Frühjahr:

Wie Sie sehen, startete Silber die Bewegung im Januar 2011 bei gut 25USD um 3 Monate später im April 2011 bei fast 50USD zu toppen - eine Verdoppelung in nur 3 Monaten ! Danach folgte ein crashartiger Absturz bis fast 30 USD.

Schaut man sich den Chart genau an, lassen sich daraus für mich die folgenden Lehren ziehen:

1. Wer den klassischen Methoden der Markttechnik gefolgt war, hat den Markt schon nach einem Monat bei ca. 33 USD verlassen, weil Silber da schon überkauft war. Und hat damit den Schwerpunkt der Bewegung verpasst. Bitte beachten Sie, dass rein vom Zeitablauf her, dieser Moment im Februar 2011 mehr oder weniger dem heutigen Ablauf der Rally entspricht. Es waren gerade mal ein guter Monat vergangen. Das heisst keineswegs, dass die Bewegung aktuell genau so laufen muss. Ich will nur klarmachen, dass eine solche Bewegung meistens länger andauert als man denkt.

2. Wer einmal rausgeflogen war, dem gab der Markt keine Chance via signifikantem Rücksetzer wieder aufspringen zu können. Selbst wer die Korrektur im Februar richtig getimed hatte und bei vielleicht 33 USD abgesprungen war, kam später nicht mehr zu besseren Kursen an Bord.

3. Gegen Ende der Bewegung gab es eine Art Kaufpanik, die sich an der Beschleunigung des Anstiegs nachvollziehen lässt. Auch diese Kaufpanik dauerte Wochen und damit länger als sich die meisten vorstellen konnten.

4. Das Top wurde genau dort markiert, wo der Markt nach einem kurzen Rücksetzer nicht mehr in der Lage war, kurz danach neue Höchststände zu erreichen.

5. Wer beim Top nicht in Windeseile aus dem Markt war, hat in kürzester Zeit fast seine gesamten Gewinne wieder verloren.

Was ich daraus lerne:

-> Der Versuch das Ende der Bewegung vorher zu ahnen wird scheitern und man wird zu früh aussteigen.
-> Sich keine Gedanken zu machen und einfach mitzulaufen führt zwangsläufig dazu, dass man seine Gewinne wieder abgibt.

Die einzige für mich sichtbare Lösung aus so einem Dilemma ist daher:
Stur und ohne langes Grübeln mit einem Trailing Stop agieren !

Ein Trailing Stop ist ein Stop, der jeden Tag nachgezogen wird, so dass der Abstand zum Kurs immer gleich bleibt. Entscheidend ist dabei, den Abstand so zu wählen, dass man durch die normalen Korrekturen nicht ausgestoppt wird.

Würden wir dazu die Korrektur von gestern im DAX als Massstab nehmen, hatten wir Intraday eine Bewegung von 120 DAX Punkte nach unten. Mit Sicherheitsspielraum könnte man also aktuell vielleicht 150 DAX Punkte Abstand wählen und dann hoffen, dass einen ein Runaway-Move in so luftige Höhen zieht, dass die 150 Punkte oder 2,5% potentieller Verlust nicht ins Gewicht fallen.

Auch diese Taktik ist keine Garantie für Erfolg, denn Mr. Market fällt dann sicher gerne mal 152 Punkte bevor er zu neuen Höchstständen aufbricht, diesem hinterhältigen Kerl ist das allemal zuzutrauen. 😉 Aber eine brauchbare Strategie ist es trotzdem und nach meiner Erfahrung allemal besser als nach "Bauchgefühl" irgendwas zu machen. Denn so erwischt man einen Runaway-Move garantiert nicht, der Bauch sagt einem viel zu früh: raus, raus !

Soweit ein paar hoffentlich hilfreiche Gedanken zu solchen Marktbewegungen. Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen, die Möglichkeit eines solchen "Runaway-Move" ist nun durchaus vorhanden, garantiert ist das aber keinesfalls ! Alle drei von mir genannten Szenarien sind nach wie vor möglich, auch wenn sich die Wahrscheinlichkeiten nun weiter Richtung Szenario (1) verschoben haben.

Betrachten Sie obigen Vergleich mit Silber 2011 also bitte nicht als Vorlage wie es nun im Markt weitergeht, ich garantiere Ihnen, es kommt nicht genau so, bestenfalls ähnlich !

Aber ich finde man kann sich anhand des Beispiels klar machen, wie man im Falle des Falles bei einer solchen Bewegung agieren sollte und welche Fallstricke auf dem Weg lauern.

Und eine Wahrheit sollte man aus dem Beispiel Silber in jedem Fall mitnehmen: selbst wenn wir jetzt noch wochenlang im DAX hoch laufen und vielleicht sogar die 7000er Marke erreichen, wir werden dann definitiv im ersten oder zweiten Quartal einen scharfen Einbruch erleben. Bei aller positiven Stimmung ist nun also nicht die Zeit um gedankenlos dem Markt hinterher zu laufen ! Es ist aber auch nicht die Zeit um sich nur aus Bauchgefühl gegen den Markt zu stellen !

Bleiben Sie also geduldig und wachsam. In diesem Sinne wünsche ich erfolgreiches Handeln.